Reclaras

Einen heiligen Gral habe ich bislang noch nicht gefunden. Zu viel wollte ich immer probieren und auch die Blindkäufe mehrten sich. So auch bei Rumeur. Er war schlicht günstig zu haben und bei Lanvin, einem alten Traditionshaus, macht man sicher nichts falsch. Aber erwartet hatte ich sicher nicht viel. In aller Munde war ja vor allem Éclat d'Arpège um die 2012 und eben ihre große Schwester.

Der Flakon und der Titel erweckten bei mir auch nicht den Anschein eines besonders exquisiten Wässerchens. Nachdem ich den Duft nun aufgebraucht habe, kann ich sagen, dass es sich hier definitiv um einen Geheimtipp handelt. Er wird nachgekauft, und das sage ich zum ersten Mal.

Leicht metallisch kommt er daher, aber gleichzeitig warm und seidig. Ein "cleaner" Duft, der für mich auch etwas wie frisch gewaschene Wäsche hat. Er könnte ein Flanker von Idylle von Guerlain oder J'adore sein, denn alle teilen diesen lieblichen Grundton. Nur Rumeur eckt mehr an, ist etwas "unruhiger" im Gesamtbild. Er verschmilzt bei mir perfekt mit der Haut zu einem Eigenduft. Als ich ihn ein Jahr lang fast ausschließlich trug, umarmte mich mal eine Freundin und sagte: hmm, du riechst so gut nach du. Da wusste ich, dass er bleiben muss.

Da sich in meinem Repertoire bereits "Princess" aus dem Hause Wang befindet, wurde ich schnell neugierig was die unzähligen Flanker dieser Linie angeht, denn hübsch anzuschauen sind die Herzchen ja. Im TK- Maxx erschwang ich mir dann "rock princess" für sanfte 14,99 EUR.

Der Duft startet mit Himbeeren, dies jedoch eher subtil, nicht wirklich fruchtig. Untermauert wird dies mit etwas Ledrigem, ich rieche hier am ehesten dem Moschus. Kokos ist weit weg. Die Kopfnote verzieht schnell, was bleibt, ist ein für mich nicht schwerer, aber rauchiger Duft. Leider langweilig in seiner Gesamtheit.

Das Marketing ist eindeutig gehalten: Princess ist ein Duft für die widerwillige Prinzessin, die ihr Amt zwar annimmt, im Herzen aber dennoch gegen das ihr aufgebürdete Zeremoniell ist. Sie trägt Krone und Kleid, trinkt den Champagner aber auf Ex, feiert ungezügelt, schläft aus bis in die puppen, wickelt sich morgens die feine Damastbettwäsche um und lässt sich das Frühstück ans Bett bringen.

Für dieses Bild fehlt dem Duft aber eben genau dieses Rebellische, der Bruch in der Harmonie, das Unerwartete, ja, vielleicht die schiefe Krone, das zersauste Haar oder der verrucht hinabgeglittene Träger des pompösen Seidenkleides.

Princess steht bei DM in den Regalen. Unprätentiös. In einer Reihe mit Mexx und Betty Barclay. Und das wirft leider ein ganz falsches Bild auf dieses kleine Meisterwerk.

Es ist ein süßer Duft, ja, schlicht und ergreifend. Aber dann auch wieder nicht. Er ist unvergleichlich. Ich rieche vor allem: Kakao, ja, der Duft, der einem entgegenströhmt, wenn man als Kind die Kaba Dose aufmachte. So, aber etwas sanfter, weniger herb. Die Kopfnoten rieche ich nicht raus, wenn überhaupt ein wenig Aprikose. Eine leichte Vanille kommt hinzu. Er ist leicht pudrig. Aber all diese süßen Komponenten erscheinen wohl ausgeglichen durch... ja, das ist mir ein Rästel. Jedenfalls ist es nicht so beißend süß wie "candy" von Prada, wie die süße Vanille in Hypnotic poison, es ist weniger aufdringlich, kein "lautes" süßes Parfum, aber auch nicht "pure cotton candy".

Meine Assoziation einer Frau für die der Duft maßgeschneidert ist: Charlotte York von Sex and the City. Eine romantische Frau, in ihrem Stil verspielt, aber dennoch klassisch. Mal rosa und pink tragend, aber immer erhobenen Hauptes, selbstbewusst, nicht mädchenhaft, nicht Reese Witherspoon in Natürlich Blond. Nein, die Frau in meiner Vorstellung trägt keinen Chihuahu, vielleicht eher einen anmutigen Labrador zu ihrem pinken Kleid. Sie trägt ihn, während sie die frisch geschnitten Rosen in der Vase zurechtrückt, um danach auf einer weißen Couch zu sitzen, einen grünen Tee zu trinken und sich Zeitschriften für Innenarchitektur anzusehen.

Der Haken, wie leider viel zu oft: er hält nicht lange, der kleine Zauber. Wäre dem so, Gott, ich würde nur noch mit ihm umhüllt das Haus verlassen.

Liebes Parfumhaus Coty, wie wäre es mit einem Extrait de parfum?

Es begab sich eine noch recht debütantische Parfumliebhaberin in eine kleine ambitionierte Parfümerie, mit dem Wunsch, zum ersten Mal etwas Exquisites zu ergattern. Zur Wahl standen Serge Lutens mit seinen Kreationen Nuit de Celophane und Daim blond auf der einen Seite. Und auf der anderen Seite etwas von Annick Goutal. Ja, bei Letzterer war es, ich gebe es zu, der schön romantisch gehaltene Flakon, der mich sehr betörte. Das Auge spielt, man muss es zugeben, nicht selten mit. Und bei der Auswahl, da wird bestimmt was dabei sein. Bis dato kannte ich kein eau de charlotte und kein irgendwas hadrien, ich wusste nur, dass Annick Goutal parisisch gut sein soll. Nun denn kam die Verkäuferin und schwärmte von dem recht aktuell rausgekommenen "vent de folie". Ja, der ist ganz toll, entfaltete sich brilliant und überhaupt sehr einmalig, wie ja alle von Goutal, unbedingt probieren. So tat ich, auf dem Handrücken und überhaupt. Schön war er irgendwie ja schon. Schwer einzuordnen: frisch und herb, ein kleinen Ticken süß vielleicht. Völlig eingelullt, dass er was ganz Besonderes sei, kaufte ich ihn, trug ihn, und war recht schnell enttäuscht. Enttäuscht von der Haltbarkeit, die, ich bin großzügig, bei unter einer Stunde liegt. Ein "ganz besonderer" Goutal also. Im Endeffekt habe ich Vent de folie als Haarparfum umfunktioniert, aber auch hier: jedes Shampoo duftet länger, und ich muss inzwischen sagen, auch aufregender..
und all das zu Lasten des guten Serge..ach weh.

Fazit: Eine lehrreiche Lektion in den Anfangszügen meiner Parfumleidenschaft. Und wohl ein tiefer Fall der Annick Goutal.

Kommt bei ihr Kenner des Hauses und verratet mir, was hier wirklich dem Rang und Namen der Marke würdig ist.

Ja, Anfang der 2000er gab es neben der "Mädchen" und "Girl" auch noch die "Sugar". Und eben in diesem - ja wohl bestem und leider irgendwann eingestelltem Girly-Magazin - , gab es in einer Ausgabe ein Beauty-Interview mit Holly Valance. Das war die mit dem nur minder gutem One-hit-wonder "Kiss Kiss", seinerzeit aber Ikone aller uns 13-jährigen, immerhin fast Mittelstüflerinnen. Und immerhin hieß es unter den Jungs damals, dass die "ganz geil" sei. Nun denn musste man schon einmal lesen, was die Frau so zum "Schön machen" benutzt. Ihre absoluten Beauty Favoriten, so stand es da, zig mal gelesen und nie vergessen: 1.) Die anti-blemish solution Seife von clinique, 2.) John Frieda Anti Frizz Serum und 3.) Gucci Rush 2. Und so dackelten wir in den nächsten "Dougi" und besorgten uns natürlich nur das, was man sich gerade noch leisten konnte, nämlich die Haarspülung und hey, John Frieda, das war für uns damals "high end". Das Gucci Rush 2, an dem wurde zunächst nur geschnuppert, aber das musste natürlich auch irgendwie her. Nach irgendeiner guten Englischarbeit dann war es soweit, Mama war in guter Stimmung und ich durfte mir mal ein Parfum aussuchen. Nachdem der erste Versuch mit Hypnotic poison vielleicht doch etwas zu gewagt war, musste es dann Rush sein. Das erste Mal benutzt, ja, ich glaube, da hatte ich auch so ein pinkes "Miss Sixty" Oberteil an und vielleicht Stiefel, die nach vorne hin spitz waren (wie gesagt, Anfang 2000er) und das war in der Kombination mit Rush auf dem Pausenhof selbstredend der killer. Hach, insgesamt hat dieser Duft so eine tolle Mischung, denn er ist nicht teeny-pappig-süß wie Britneys fantasy, sondern nur leicht und kurzweilig und was bleibt, ist mehr eine frische Süße, ja, wäre der Duft eine Schorle, so wäre es eine Himbeerschorle. Wäre er ein Cocktail, so vielleicht ein Virgin Colada serviert mit Schirmchen. Und genauso wie man den jenseits der 25, wenn überhaupt, als "habe ich immer mit 16 getrunken, will ich mal wieder probieren" bestellt, steht es um Rush.. irgendwann ist es leider vorbei. Aber schön, ja, schön war es mit ihm.