RoMi58

RoMi58

Rezensionen
Filtern & sortieren
1 - 5 von 29
RoMi58 vor 8 Jahren 15 6
9
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Zitronen- Wacholder- Kräutersmoothie!
Liebe, hochgeschätzte Vorkommentatorinnen und - kommentatoren! Ja schreibt Ihr denn eigentlich alle über denselben Duft? Zitronen oder Sellerie?? Lasst mich ein Wort einlegen für meinen anscheinend so kontroversen Sommerliebling!

„Obstsalat“ - mein erster Dufteindruck direkt nach dem Aufsprühen. Herrlich natürliche, fruchtig-saure Zitrone, dazu saftige Grapefruit, und vielleicht eine dezente Basis von Banane. Garniert mit viel Grün, würzig und leicht minzig, nicht scharf, nicht stechend, eine sanfte Frische.

Schnitt / Ein anderes Aromabild: Meine Großtante pflegte Kopfsalat nicht mit Essig, sondern mit frischgepresstem Zitronensaft und etwas Zucker zu marinieren. Mir war das als Bub neu und ungewohnt, aber ich fand es wunderbar. Ein bisschen so ähnlich, sanft würziges, chlorophyllreiches Grün und frisches Gelb, ist Aer. /

(Auf Sellerie wäre ich nie gekommen, aber nachdem ich die Vorkommentare gelesen habe: Ja, mit etwas Phantasie und gutem Willen kann ich das rausriechen! Ist wohl die gelb- grüne Kombination, die so wahrgenommen werden kann.)

Wichtig die Wacholderbeere, die Fruchtsalat und Kräutern eine dezent herb- ginnige Raffinesse verleiht, die Air interessant und nie langweilig werden lässt.

Das alles ruht auf einer zurückhaltenden, stoffigen, erdigen Basis, meinen lieben Vetiver meine ich wiederzuerkennen. Damit habe ich die Farben des Duftes zusammen: warmes Zitronengelb, saftiges Kräutergrün und stoffig- erdiges Ocker.

Recht hautnah bleibt das, aber viele Stunden anhaltend, auch an einem warmen Sommertag. Die Aromen sind gut verbunden und verwoben, so dass der Charakter des Duftes sich im Verlauf wenig ändert. Zusammen macht das einen in Hautnähe gut und lange wahrnehmbaren, sehr natürlich wirkenden, stimmungsaufhellenden, zitrischen Wohlfühlduft, sanft-frisch für sonnige und heiße Tage und lächelnd wärmend für kühle Wolkentage.

Die stoffige Vielschichtigkeit des Duftes kann in unserer individuellen Erinnerungsorchestern anscheinend ganz unterschiedliche Saiten anschlagen - was die kontroversen Eindrücke der Vorkommentare gut erklärt.
Aus italienisch- ländlicher Dorfidylle sollen die Düfte von Angela Ciampagnas stammen, der Flacon geschmückt mit der nachgebildeten Fensterrosette der gotischen Dorfkirche. Bis auf Ducalis, der irgendeinen synthetisch wirkenden, für mich unangenehmen „Stich“ hat, finde ich alle wunderschön und eigen. Allen gemeinsam ist, dass sie voll und stoffig wirken, ein bisschen erdig, salzig, ein bisschen archaisch, fassvergoren.... Da wurden nicht einzelne Duftmoleküle kunstvoll mit einer Pipette zusammengefügt, sondern natürliche Rohstoffe im ganzen vermixt und vergoren (was Leimbacher als „Funken Animality“ beschreibt, würde ich so erklären). Kein fruchtaromatisiertes Wasser, kein klarer Fruchtsaft, sondern naturtrüber vollmundiger Smoothie (fast) ohne künstliche Aromastoffe. Und so wirkt auch Aer: Nicht im stylisch- sterilen Duftchemielabor entstanden, sondern als zitroniges Aerosol aufsteigend aus Miraculix‘ Zaubertrankkessel. Mir gefällt’s!

P.S. 1: unisex
P.S. 2: schöner kantig- antikisierender Flacon mit patinierter Metallkappe (und gotischer Rosette beim 100 ml- Flacon) - passt schön zum Duftkonzept!
6 Antworten
RoMi58 vor 8 Jahren 13 6
7
Sillage
5
Haltbarkeit
7
Duft
Lost in Dark Woods
Zunächst wollte ich entlang der obigen Duftnoten kommentieren, getitelt hätte ich: Lost in Space!

Ich wollte schreiben, dass der Parfümeur das farbige Foto der warmen, mediterranen Zypressen in den Schwarz- Weiß- Modus überführt hat, dann den Kontrast hochdrehte bis zum Maximum und schließlich die verbliebenen Scherenschnitt- Zypressen noch leicht verpixelte: Aus sonnendurchfluteten harzig- duftigen Zypressen wurde so ein ästhetisch- distanziertes abstraktes Duft- Bildnis, herabgekühlt auf Weltraum- Temperatur.

Weiterer Test an einem ruhigen Urlaubstag, zuvor Infos gegoogelt: Sugi, die „japanische Zeder“, ist nicht eigentlich eine Zeder sondern stellt eine eigene Pflanzenfamilie. Schnellwüchsig, in Japan ein wichtiger Forstbaum, in Monokulturen besonders nach dem 2. Weltkrieg viel gepflanzt. Das helle Holz wird zu Essstäbchen, japanischen Sitzmatten, Möbelstücken. Aus Samen lassen sich Bonsais ziehen. Die Bilder der Sugi- Wälder zeigen dunkle, abweisend wirkende Monokulturen, einzelne Sugi- Bäume stehen knorrig, dunkel und ernst.

Jetzt glaube ich, den Duft besser zu verstehen: Von mediterranen Zypressen tausende Kilometer entfernt!

Gin nach dem Aufsprühen - mag sein. Dann entwickelt sich dunkles Koniferen- Grün, auch ein wenig krautig, Petersilie assoziiere ich. Eine winzige Pipi- Note, die ich beim ersten Test wahrzunehmen meinte, finde ich bei weiteren Tests nicht wieder. Dunkelgrün, Koniferennadeln und Krautiges verlieren rasch an Intensität und es bleibt wenige Stunden lang ein hautnaher, ruhiger, ernster, sich minimal erwärmender Holzduft, der die Ahnungen der Kopfnoten weiterträgt.

Reduzierter Zen- Duft, dunkel und ernst und kühl. Ungeeignet für einen lebhaften Arbeitstag. Schön für einen trüben, freien Tag, an dem ich mir Alleinsein und Melancholie erlaube - wunderbar beschrieben von den Vorkommentatoren.

Und doch: Heute meditiere ich lieber unter einer warmen mediterranen Zypresse als verloren im dunklen, kühlen Sugi- Wald.
6 Antworten
RoMi58 vor 8 Jahren 20 7
10
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
9.5
Duft
Sommerlicher Sehnsuchtsort!
Vorweg: Herzlichen Dank Dir, M3000! Dein Pröbchen des phantastischen DAHAB hat mich auf die Scent Stories von MiN New York gestoßen. Das Discovery Set Vol. 1 mit 11 Düften wurde wenig später eines meiner liebsten Schatzkästchen. Dass mich von 11 Duftgeschichten fast jede einzelne erfreut und gleich mehrere begeistern, ist mir noch nie widerfahren!

Dune Road wurde mein erster Flacon der Reihe - auch der Jahreszeit geschuldet:
Und das ist das Geheimnis des gläsern glänzendenden stylisch schwarzen Flacons: Eine frische, leichte, warme, würzige Meeresbrise!

Der Dünenweg führt an eine einsame Küste, vielleicht am Atlantik, an einem sonnigen Sommertag in einer warm- gemäßigten Klimazone. Ich lege mich in den Sand, lasse mich von den Sonnenstrahlen kitzeln, höre nur den Wind und das Summen von ein paar Bienen und Fliegen. Es duftet nach Seewasser, Gras, Sand, Kräutern und etwas Harz. Die Luft und die mich umwehenden Düfte sind kühl, klar und rein. Die Duftnoten erinnern mich an Rosmarin (frisch und etwas harzig), vielleicht auch das Holz und Harz von flachen Strandkiefern, trockene Grasbüschel im Sand (Vetiver!), und Borretsch (krautig- grün, salzig, aquatisch). Mit den aquatischen Anteilen des Dufts assoziiere ich so etwas wie Gurkenwasser - das wirkt ungemein sanft, klar und natürlich, viel weniger streng, ölig und synthetisch, als ich es von anderen „Küstendüften“ (Sel Marin, Salina, Acqua di Sale) kenne.

(Entspanntes Meditieren im warmen, wohlduftenden Spa mit einer kühlenden, beruhigenden Gurkenmaske auf dem Gesicht wäre eine andere Assoziation, auch wenn ich dergleichen noch nie erlebt habe :-)).

Die entspannend- belebenden Spätsommer- Spätvormittags- Sonnenstunden am Strand verfliegen mir viel zu schnell! Die Mischung der Duftkomponenten bleibt während des Duftverlaufs recht konstant, die sonnig- grasig- holzig- warmen Duftkomponenten halten etwas länger an als die aquatisch- frischen (aus Vormittag wird Mittag), die anregend-schmeichelnde Brise verliert nach etwa 4-6 Stunden langsam an Kraft und verebbt allmählich. Aber die Erinnerung daran zaubert mir auch Stunden später noch ein Lächeln ins Gesicht - und ich darf ja nachsprühen und freue mich schon auf die nächsten Stunden in der Sonne auf der Düne!

Mein Vergleich mit anderen „Meeres- und Küstendüften“:
Im Vergleich zu Acqua di Sale (der ist öliger, schwerer, muffiger), Sel Marin (der ist schärfer, algiger) oder Salina (der ist lauter, synthetischer und enthält Sonnencreme) ist Dune Road transparenter und luftiger und hat zusätzlich diese herrliche botanisch- harzige Holz- und Trockengrasnote.
Im Vergleich zu Finisterre (der wirkt beliebiger und in der Aussage unschärfer, auch etwas zitrisch) ist Dune Road thematisch klarer, puristischer, „sauberer“ und anhaltender.

Die Sillage ist die einer frischen Brise - nicht laut oder aufdringlich.

Der Bauhaus- inspirierte Flacon im vornehm schimmernd samtigen Schwarz mit magnetisch schließender Holzkappe betont die Wertigkeit des Duftes - ich finde ihn sehr schön!

Billig ist die Duftreise zur Sehnsuchtsdüne zwar nicht - aber ihren Preis wert!
7 Antworten
RoMi58 vor 8 Jahren 14 7
7
Sillage
7
Haltbarkeit
10
Duft
Frühlingsmystik - Frühlingskraft!
Sacre Du Printemps - die Ballettmusik von Strawinsky! Mir vor Jahrzehnten als Orgelmusik erstmals begegnet: Kraftvoll, herb, schön! Uraufführung 1913, damals revolutionär, Missfallen erregend. Dargestellter Ritus: Opferung einer Jungfrau an den Frühlingsgott!

Dieser Anspruch des Namens: Sacre Du Printemps - Duft von Vincent Micotti!

Start: Smaragdgrün, feucht-erdig, rauchig. Frischer Presssaft von Frühlingsblumenblütenstengeln. Galbanum wohl ein Hauptakteur, Johannisbeerblatt eher untergeordnet dienend. Ein Spaziergang im Morgennebel im dunklen Wald, Tau tropft von den Baumen, Moostau benetzt die Füße, irgendwo weiter weg frisch geschlagenes Holz. Kühle, Strenge, Stille, Sicherheit. Ein Versprechen auf Frühlingswärme, Sommerfrische.

Herz: Erste Sonnenstrahlen brechen durch. Aufsteigende milde Wärme, Boden duftet nun trockener, torfiger, das Grün milder, einen Hauch anisig (Angelikawurzel).

Basis: Ausklingen des Frühlingsmorgenspaziergangs, Nebel lichten sich, über den Äckern liegt die zarte grüne Decke bereits gekeimter Saaten und im Garten blühen duftlos Märzenbecher und Crocus, Tulpen und Narcissen knospen bereits, aber weit und breit noch kein Blütenduft: Vetiver als Baustein für sonnenangewärmte Frühlingserde. Trocknendes Holz fernab.

Zusammenfassung: Das Steigen der Säfte, die Umwandlung des Mineralischen ins Lebendige durch Photosynthese, die magischen Versprechen des Frühlings sind Thema dieses Duftes. Ein Duft wie Erdenrauch, Smaragd und Chlorophyll. Überaus naturhaft wirkend.

Hätte nicht gedacht, mir einmal einen Duft zu diesem (!) Preis zuzulegen (kleiner Trost: es gibt noch Teurere!). Doch die kleine Gratisprobe, die mir die netten Leute von Ys Uzac einer Duftsendung beigelegt hatten, hat mich vom ersten Anwehen an „geflasht“ (Verb entlehnt bei Dave Gahan). DER Frühjahrs- und Sommerduft für feierliche Anlässe: Die Hochzeit meiner Patentochter (kürzlich), die Hochzeit eines jungen Kollegen (vor paar Tagen). Demnächst die Hochzeit eines Neffen: Freu mich auf das große Fest und den Duft, der mich begleiten wird: Optimistisch, kraftvoll, würdig, schön.....

Später erfuhr ich, Vincent Micotti habe für die Gewinnung der Duftpflanzen und Duftextrakte teils direkt mit den Bauern gearbeitet - glaube ich sofort.

Haltbarkeit für einen Duft dieser Preisklasse nicht sehr ausdauernd, für einen durch und durch grünen und natürlich wirkenden Duft aber gut. Schöne, eher zurückhaltende, unangestrengte Sillage.

Flacon: mystischer Goldglanz auf geheimnisschwarzem Glas!
7 Antworten
RoMi58 vor 8 Jahren 19 6
8
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Roadmovie!
Rrroooaarrrrr….. Rauchwolke, Teer, Zitrone: Start der Duftreise an einem kühlen, luftigen Sommermorgen in der Großstadt. Benzin- und Asphaltdämpfe der Sommernacht und die Erinnerung an den Abend im Jazzkeller liegen noch in der Luft, Obstkisten mit Zitrus vom Straßenhändler, der gerade aufgebaut hat, steuern zitronige Frische bei, der kühle Morgenwind bläst schon eine Ahnung der Düfte des Landes (Felder, Wälder….) in die Stadt. Von ferne erinnert mich der Auftakt an Knize Ten, kann leider nicht mehr vergleichen, Probe liegt lange zurück: wohl der Rauch und das Urbane.

Die Reise führt uns durch Vorstädte aufs Land. Wir besuchen ein Sägewerk - es duftet nach frisch gesägtem, von der Hitze des Sägeblatts angebrennzeltem Holz. Wir haben viel Muße und bestaunen nebenan ein von Terpentinschwaden durchzogenes Maleratelier. Die kräftigen Farben: Grau, braun, grün, ocker - wie der Duft, der uns begleitet!

Später, gegen Mittag, schlendern wir durch einen sehr lichten Nadelwald, die Wärme der starken Sonnenstrahlen lässt den Duft der Kiefern- und Tannenzapfen vom Waldboden aufsteigen. Wir sind uns nicht ganz sicher, meinen aber, dass uns gelegentlich schwach- süßliche Schwaden eines besonnten Lavendelfelds anwehen, das in der Nähe liegen muss.

Am Nachmittag des warmen, sonnigen Augusttages, die Getreidefelder sind schon abgeerntet, wohl brennen irgendwo Strohfeuer, führt uns das schmal gewordene Strässchen an die Stelle, wo wir ankommen werden. Der Wind hat aufgehört, es ist still, in der Nachmittagssonne werden die Dufteindrücke zurückhaltend, Heu, Stroh, trockene Kräuter, trockenes Moos, Totholz der nahen Feldhecke verströmen ein knisternd- ruhiges, zurückhaltendes Aroma, fast cremig (das ist wohl die Tonkabohne). Eingehüllt in den ausklingenden holzig- milden Duftteppich ahnen wir immer noch etwas von Asphalt, Rauch und Terpentin, lassen die Erinnerung des Tages vorbeiziehen…..

On The Road ist tatsächlich eine Duftreise, ein Roadmovie. Ähnlich mit dominanter Rauchnote sind Mississippi Medicine und Burning Barbershop von D.S. & Durga. Mississippi Medicine ist zitrischer und heller, Burning Barbershop süßlicher und lavendeliger. Als Farben würde ich Mississippi Medicine hellgelb- schwefelgelb- grau zuordnen, Burning Barbershop lila- grau und On The Road grau- hellbraun- grünocker. Die beiden Durga- Düfte sind etwas pastelliger, On The Road kräftiger gezeichnet, wie ein ausdrucksstarker, aber doch harmonischer Farbholzschnitt.

Sachlicher, ästhetisch proportionierter Flacon. Mit Fotokunst gestalteter, schöner Umkarton, beim Bestellen kann das Titelfoto frei ausgewählt werden. Inspirierender Duft, inspirierte Gestaltung (gilt auch für die Website von Timothy Han). Duftname verweist auf den Roman von Jack Kerouac, 1957: Inhalt wird in Wikipedia mit „Sex, Drugs ‚n‘ Jazz“ charakterisiert, wilde Reise zweier Männer durch den nordamerikanischen Kontinent bis Mexiko. Sollte ich wohl mal lesen!

(Persönliches P.S.: Düfte mit Birkenteernote hatten mich bisher eher abgeschreckt, Knize Ten hatte ich damals rasch verworfen und auch bei den genannten beiden D.S. & Durga- Düften überwog anfangs spontan Abneigung, aus der aber später Zuneigung wurde. Warum jetzt die Entscheidung für einen Flacon von „On The Road“? Vielleicht war ich jetzt einfach reif für einen Rauchduft, für DIESEN Duft. Vielleicht, dass ich den Duft - kurz vor Weihnachten - zu einem Zeitpunkt erstmals trug, der zum Namen des Duftes passte: Die völlig überraschende Umwandlung meines Nachbarhauses (Einfamilienhaus, ländlich- dörfliche süddeutsche Großstadtrandlage) in eine Unterkunft für Flüchtlingsfamilien aus Syrien und dem Irak: Die sich mit den Familien ergebenden neuen, beeindruckenden, auch freundschaftlichen Kontakte, deren bewegte Geschichten, lassen erleben, wie „To Be On The Road“ eine menschliche Grundbefindlichkeit ist. Gut, wenn es zwischenzeitlich auch ein „Ankommen“ gibt!)
6 Antworten
1 - 5 von 29