Sabi

Zwei Gesichter hat dieser Duft.

Der Auftakt haut einen um so bombastisch ist er, stechend grün, kühl und expressiv, als würde ein Grünpflanzengewächshaus explodieren und die Einzelteile fliegen einem um die Ohren. An dieser Stelle gemahne ich an die Vorsicht bei unbekannten Düften sonst fällt man wie ich fast ins Koma...

Warum hat dieser Duft es dann trotzdem in meine Sammlung geschafft?
Die wirklich sehr stechend grüner geht's nimmer grüne Anfangsnote legt sich und wird, obwohl noch immer grün, ruhiger, sie "sinkt zu Boden" wie in der Luft wirbelnder Rauch der sich beruhigt.
Dadurch wird der PCTG für mich tragbar, er ist nun kühl, sophisticated und hochelegant, man stelle sich Grace Kelly dazu vor.

Nach ca. einer Stunde linst langsam die Tuberose mehr hervor und macht das Ganze etwas weicher und tiefgründiger, dunkler nicht mehr so ein schillernd helles Grün.

Das Allerbeste allerdings ist der Drydown, nach STUNDEN, der PCTG hält wirklich ausserordentlich gut und auch die Sillage ist super, kommt der welt allerschönste hinreissendste cremigste verführerischste Tuberose in voller Pracht hervor.
In diesem Stadium suchte ich jedesmal verzweifelt was da so unfassbar toll duftet bis ich dann irgendwann kapierte, das ist dieser zu Beginn supergrüne eher herbe Duft.
Was für eine Wandlung!

Dieser Duft ist wie eine Dame, eher der klassische nüchterne Typ, ein wenig spießig vielleicht, eine sehr kühle Blondine. Zur Arbeit trägt sie die Haare zum Chignon und eine Brille ziert ihr feines Näschen.
Abends aber dann löst sie ihr Haar und schüttelt die Locken aus, ist hinreissend sinnlich, dunkelrote Nägel und Lippenstift.
Die biedere "Lehrerin" verwandelt sich in einen Vamp, so ist dieser Duft für mich.

Faszinierend. Und daher gab ich, nach immer wieder testen und am Anfang entsetzt sein und später hingerissen sein, dann irgendwann nach und holte ihn mir in meine Sammlung.

Morgen geht er auf die Reise zu seiner neuen Besitzerin. Mir war das Warten auf die Traumtuberose, so schön sie auch ist, einfach zu anstrengend.

Es war und ist ein wahres Verbrechen dass dieser Duft eingestellt wurde.

Diese Allegorie ist ein sehr besonderer Duft für mich und ich trage ihn nur zu einer ganz bestimmten Jahreszeit, zum Glück ist sie nun endlich wieder da!
Vorgestern war der erste richtig kalte neblig verhangene Tag, braunes Herbstlaub knistert unter meinen Füssen, die Welt schaut trostlos aus, aber ich fühle mich aufgefangen in meinem Duft. Meine wunderschöne Allegorie wärmt mich von innen heraus, stimmungsaufhellend durch den Zimt im Auftakt, wappnet er mich gegen die Düsternis um mich herum.
Bei warmem, freundlicherem Wetter mag ich ihn nicht tragen, denn da fehlt ihm das Gegengewicht.
Er ist üppig, düster, samtweich, würzig ohne wirklich orientalisch zu sein, holzig, nie zu herb...ein Juwel.
Golden wie das bunte Herbstlaub, wie gemacht für gemütliche Stunden vor dem Kamin oder ausgedehnte Spaziergänge bei unwirtlichem Wetter - der schönste Herbstduft.

Zu Beginn erinnert er mich sehr an Shiseidos Feminite du Bois, zimtig und auch ein wenig weich fruchtig.
Dann eröffnet sich das Herz, ganz besonders schön verbinden sich Gewürznelke, Koriander und Kardamom miteinander, dies ist mir das liebste an diesem Duft, ich könnte singen, so wunderbar ist er...voll und würzig, dabei aber nicht so wuchtig wie FDB. Er ist ausgefeilter und hat doch mehr Ecken und Kanten an denen man sich genussvoll "stoßen" kann.

Er hält und hält und schmiegt sich dabei umhüllend an mich. Im weiteren Verlauf wird er sanfter und runder und in der Basis empfinde ich ihn wieder sehr ähnlich dem FDB.

...
Ich begrüße jeden Nieselregen, dass ist genau die Szenerie die er braucht um sich voll zu entfalten.


Nachtrag am 19.8.2016
Mich hat heute das seltene Glück ereilt, einen Flakon dieses ausserordentlichen Schatzes zu einem reellen Preis zu bekommen...wie wundervoll dass er nun nach jahrelanger Sehnsucht in meine Sammlung einziehen darf!

Es ist früher Morgen, die Vögel zwitschern und die Sonne lässt ihre ersten Strahlen golden auf den weissen Sand fallen. Alles ist festlich geschmückt, weiß-golden, teuer, nobel, ein wenig extravagant und sehr feminin, so wie dieser Duft.
J´adore l `absolu - das olfaktorische Brautkleid.

Stünde ich kurz vor dem "wunderbarsten Tag meines Lebens", es gäbe nur einen Duft für mich, nämlich diesen, er ist wie gemacht für diese freudige Erwartung, dieses extrem Weibliche, dabei aber auch ein wenig prunkvoll. Leider, leider, wüsste ich nur nicht wann ich ihn jemals sonst tragen sollte, er wäre mir für jede andere Situation einfach immer zu viel. Was bei einer Hochzeit genau richtig ist, eben alles ein bisschen mehr, das Make-up, die Haare, der Duft, das passt so dann nicht mehr in das richtige Leben.
Das Absolu ist ein Duft der mich mit seiner überbordenden weißen Blütenfülle einhüllt und die Sillage dazu ist überwältigend, genau passend für den Anlass, niemand wird einen "übersehen", man ist ganz klar der Star.
Der Jasmin ist gleich zu Beginn heftig, fast erstickend, wenn auch sehr schön, nahezu erschlagend. Puh, ein anstrengender Duft, eben wie ein Hochzeitstag es auch in den allermeisten Fällen ist.

Wie das weiße Brautkleid ist er üppig, luxuriös, feminin und er hält und hält, den ganzen Tag und zur Party reicht sicher eine nur kurze Auffrischung.

Er ist eine "White Flowerbomb" ohne zu süß zu sein. Blumig, weiß-blütig, ladylike aber für den "normalgebrauch" far too much. Fast ein "Blumenoverkill", spielt er in der gleichen Liga wie Songes, auch ein traumhafter Duft, den ich aber nicht zu tragen aushalte.

Die Hochzeit am Strand, der Pavillon geschmückt, die Geiger und die Harfe spielen, die Braut trägt Blüten (vorzugsweise Fangipani) im Haar, der Bräutigam steht mit Tränen in den Augen vor ihr...dazu dieser rauschhafte Duft, perfekt!

Für eine Hochzeit würde ich sofort JA sagen, meine unbedingte Empfehlung, aber ansonsten wüsste ich nicht wann/wozu ich ihn tragen sollte.

Und wenn schon, dann würde ich dem alten Absolu den Vorzug geben, das neue ist ein wenig heller, gleißender, das alte war vollmundiger, wuchtiger. Jemand schrieb dort den sehr passenden Vergleich, das neue sei " eine Perlenkette, das alte wie ein Bernsteingeschmeide".
Wenn schon dann die "volle Dröhnung" die es aber bedauerlicherweise nicht mehr gibt, dann würde ich es mir vielleicht überlegen...

...aber mehr auch nicht.

Eine mit Puder überstäubte nicht zu süße Himbeere, von Anfang bis Ende.
Mit erstaunlicher Haltbarkeit und gut wahrnehmbar.
Jemand weiter unten schrieb " mein Himbeerlolli ist ins Babypuder gefallen" das trifft es perfekt.

Vielleicht wäre ich weniger voreingenommen wenn nicht gerade Guerlain diesen Duft herausgebracht hätte, da erwartet man einfach etwas anderes. Das ist als würde Paolo Coelho plötzlich Comics rausbringen, ok aber irgendwie verstörend.
Guerlain wollte wohl einerseits provozieren, wie der Name schon erahnen lässt und dann vielleicht auch wirklich einfach nur versuchen alte Pfade zu verlassen und mal etwas ganz anderes zu probieren, eine neue Zielgruppe anzuvisieren...zu dieser Zielgruppe gehöre ich dann wohl nicht.

Wenn schon so ein Duft, dann finde ich das Lolita Lempicka mit ihrem L eau en blanc, dieses Thema sehr viel feiner und ansprechender umgesetzt hat.

Es ist mein Glück das sich der Geruchssinn ändert, denn heute, nach zwei Schwangerschaften (die dufttechnisch jeweils alles durcheinanderbrachten) und meiner teilweisen Geruchsblindheit die zu 70% abgeklungen ist, kann ich endlich "Vol de Nuit" wahrnehmen.
Früher konnte ich ihn nur ganz dunkel erahnen und habe ganze Armadas an Schals und Pullis mit ihm eingesprüht um ihm näherzukommen, genützt hatte das alles nichts, aber jetzt...

Mein Titel mag hochtrabend klingen aber für mich ist es die schlichte Wahrheit, es gibt nichts das sich dufttechnisch mit "Vol de Nuit" messen kann.

Er startet ein ganz wenig herb mit leichter Bitterkeit, aber das ganz unglaubliche Herz des Duftes blitzt auch dort schon durch.

Ich sehe ihn wirklich und sofort, einen samtschwarzen Nachthimmel, eine warme Nacht mit lindem Wind, es ist ruhig, von fast meditativer Ruhe. Dann blinzeln nach und nach die Sterne am Himmel auf. Man hört das Rauschen des Windes und das gleichmäßige Surren der Propeller, unter uns die Wüste, endlos...unendlich, wie dieser Duft.

Genauso ist er für mich "Vol de Nuit", ein ruhiger Duft, meditativ, um zur Ruhe zu kommen, ausgleichend, er hat eine so weiche Schwingung. Er ist dunkel und samten, unbedingt ein Abend/Nachtduft, zwar kein Verführer, aber am Tag empfinde ich ihn als nun ja, verschwendet, seines eigentlichen Sinnes beraubt.

Ich denke es ist diese betörende und auch ein wenig geheimnisvolle Mischung aus der Iris, Aldehyden, Narzisse und Vanille im Herzen die ihn so unglaublich macht, einfach die perfekte Guerlinade für mich.

Erstaunlicherweise ist es das EDT das mich so berührt. Ich habe auch das Extrait probiert, bei der modernen Variante konnte ich das Wesen des Duftes nicht wiedererkennen, er wirkt auf mich wie ein völlig anderer Duft. Die Vintagevariante ist eine wahre Raubkatze, erschlagend diese Masse an Galbanum, nach Stunden, wenn man sich etwas erholt hat, ist die Basis allerdings von träumerischer Schönheit, der Weg dahin ist mir allerdings einfach zu anstrengend, harte Arbeit!

Ich werde mir ganz sicher bald eine Flasche dieses unfassbaren Elixiers in mein Parfümschränklein stellen, ein unverzichtbarer Teil. All meine anderen Düfte muss ich nun auf 90% herunterstufen um meinen "Nachtflug" genügend würdigen zu können.

Ich stimme dem Statement unten aus vollstem Herzen zu "God bless Guerlain for still doing this stuff."