Die Wahrheit über die richtige Ansprache

Während der letzten schönen Spätsommertage hält es Nod mitunter nicht in seinem stickigen Büro unter dem Dach. Bei mehr als einer Gelegenheit entwischt er, den Laptop unter den Arm geklemmt, in den nahegelegenen Biergarten. Unter freiem Himmel geht ihm die Arbeit gleich viel leichter von der Hand - bis er eines Tages vor sich auf dem Tisch eine neue Karte entdeckt, die ihn aus dem Konzept bring. Gemeint ist nicht etwa die Speisekarte. Die ist unverändert in deutsch gehalten, damit kommt er ganz gut zurecht. Gemeint ist vielmehr eine Karte, auf deren Vorderseite "Bitte duzen", auf deren Rückseite hingegen "Bitte siezen" steht. Eine schwierige Frage, findet Nod, über die er noch gar nicht so richtig nachgedacht hat. Er hat sich da bislang immer auf sein Bauchgefühl verlassen. Dass er nun völlig situationsfrei eine Entscheidung treffen soll, findet er irgendwie problematisch. Intuition hilft da nicht weiter, und zu allem Überfluss kommt ausgerechnet in diesem Moment die Bedienung zu ihm an den Tisch. Was bleibt ihm anderes übrig, als die Verwirrung stiftende Karte kurzerhand als Fächer zweckzuentfremden? Praktisch ist es ja - ihm wird sowieso gerade etwas heiß.

Trotz der unverhofften kleinen Erfrischung: die zuvor so entspannte Stimmung ist irgendwie dahin. Zwar hat er noch den rettenden Einfall, die "Du/ Sie"-Karte unter der Speisekarte zu verstecken; am Ende ist er aber froh, als er zurück in die Sicherheit seines kuscheligen Büros flüchten kann. Wenigstens hier stellt ihm niemand die Frage aller Fragen, obwohl... Wie ist das eigentlich auf Parfümix? Nod überlegt. Den Parfümixen untereinander lässt er da völlig freie Hand. Er selbst zählt sich ja zur Fraktion der unerschrockenen Duzer. Geht es allerdings um das Regelwerk oder Anschreiben eher formeller Natur hat er bisher lieber auf Höflichkeit gesetzt. "Sie" erschien ihm da angemessener - doch ist das überhaupt noch zeitgemäß? Nod kommt ins Grübeln. Vielleicht sollte er diese ganzen Standardschreiben lieber einmal überarbeiten?

Oha - die Schwierigkeiten beginnen bereits mit der richtigen Begrüßung! "Sehr geehrte/r..." findet er doch ein wenig steif. "Hey" dagegen mag als Anrede auf einer PW wohl durchgehen; in Kombination mit einem Ablehnungsbescheid etwa wirkt es aber zu flapsig. Was er bräuchte, ist eine mit allen möglichen Inhalten kompartible Ansprache. "Moin Moin" zum Beispiel, das fände er gut. Allerdings ist diese Allzweckform einer Begrüßung seines Wissens nach wohl eher im norddeutschen Raum verbreitet. Die süddeutschen Parfümixe könnten sich dadurch benachteiligt fühlen und nun ihrerseits ein "Servus" oder "Grüß Gott" einfordern, ganz zu schweigen von den angrenzenden Ländern. Zwar meint Nod sich dunkel zu erinnern, dass man sich in der Schweiz mit "Ciao" anspricht. Doch schon bei den Österreichern ist er mit seinem Latein oder vielmehr seinen Sprachkenntnissen am Ende. Wenn er dann noch an die diversen Fähnchen auf den Seiten der Parfümixe denkt, wird ihm ganz anders... Er beschließt, es vorerst bei "Hallo" zu belassen.

Die Frage "du" oder "Sie" ist damit allerdings immer noch nicht geklärt. Eigentlich möchte er das auch nicht einfach für alle entscheiden, sondern die Wahl lieber den Parfümixen überlassen. Kurz erwägt er, jeden einzelnen persönlich anzuschreiben. Das würde aber doch etwas zu lange dauern. Besser wäre es, wenn man das unter "Einstellungen" selbst entscheiden könnte. Spontan fallen ihm da vier Möglichkeiten ein:

1. "Bitte siezen Sie mich."

2. "Kannst du zu mir sagen ;-)"

3. "Ich will überhaupt nicht direkt angesprochen werden!"

4. "??? Is mir egal... Lese weder Regeln noch Spam.. ."

So, jetzt muss er noch die Texte entsprechend überarbeiten und in vierfacher Form bereitstellen, sowie für Kandidat Nr. 4 den Zufallsgenerator integrieren. Ganz schön viel Arbeit - dabei ist das Wetter noch so schön und er wollte heute eigentlich mal früher Feierabend machen. Gibt es nicht eine einfachere Lösung?

Man könnte vielleicht die Parfümixe darüber diskutieren und abstimmen lassen... Eine gute Idee, findet Nod. Schnell richtet er die Wahlkabine in Form eines entsprechenden Threads ein und hofft auf zahlreiche Teilnahme. Dann macht er sich in bester Stimmung auf den Weg zurück in den Biergarten - wie er die Karte dort legen wird, weiß er ja inzwischen.