Sockosophie

Sockosophie

Rezensionen
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6 - 7 von 7
Sockosophie vor 5 Jahren 19 3
10
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Das Sterben des Sommers
Wenn man einen kleinen Blick auf meine Sammlung wirft, fällt dem einen oder anderen vielleicht auf, dass die meisten Düfte darin einer bestimmten Kategorie zuzuordnen sind.

Böse Zungen würden sie mit Wörtern wie "massentauglich", "einfallslos", "safe" oder wohlmöglich "redundant" versehen, noch bösere Zungen als "Youtuber Designerliste" verschreien und was soll ich sagen? Falsch wäre das in keinem Fall, ein wenig elitär gedacht vielleicht, aber nicht falsch.

Wenn man mir vorwerfen will das ich nur nach Komplimentwürdigkeit Düfte ausgewählt hätte, ich hätte dem nichts entgegenzusetzen. Am Anfang meiner Reise war das vohrnehmlich mein Ziel, was sich aber, durch diverse Pröbchen die mich hier jeden Monat ein wenig ärmer machen immer weiter wandelt.
Das schlägt jetzt die Brücke zu Terre d'Hermès. Übrigens ein reiner Blindkauf aufgrund der Bewertungen dieses Forums, ganz am Anfang meiner Sammlerzeit (bezeichnend nicht wahr?) welchen ich aber wirklich nie bereut habe.

Dieser Duft hat mir wirklich nie viel positives Feedback eingebracht, aber ich war nach dem ersten Sprühstoß sofort und nahezu manisch gefesselt. Dieser Duft war Kunst und hat in mir den Wunsch nach Kunstverständnis geweckt.

Der Auftakt, welcher übrigens bei mir mit am stärksten zwischen Papier und Haut variiert, ist scharf, er schreit mich nahezu an. Es fällt mir gemeinhin schwer einzelne Komponenten herauszuschnuppern, aber die Orange/Grapefruit hier ist nun wirklich herausstechend.
Ebenso der "Dreck" den ich schon nicht mehr bestimmt zuordnen kann.
Mit der Zeit wird die Holzigkeit von Vertiver und Zeder stärker ohne die Orange und die Frische aus dem Rampenlicht zu drängen.
Ich bin eigentlich niemand der den Duft auf den Handrücken sprüht aber bei Terre d'Hermès erwische ich mich immer wieder dabei, damit ich dem Duftverlauf folgen kann.


Haltbarkeit und Sillage sind für mich nahezu Perfekt, man hat die ersten 4 Stunden minimum eine wunderschöne Glocke aus Duft um sich, die einen magischen, von mir selbst noch wahrnehmbaren Schleier hinter sich herzieht ohne auch nur ein wenig aufdringlich zu werden.
Ich rieche ihn auch nach 10 Stunden noch, wenn auch schwächer und sehr Hautnah. Er ist ruhig und Klassisch. Kein Altherrenduft aber er strahlt wirklich Eleganz aus, passt eher zu ich sage mal "geordneter" Kleidung als zu Tanktop und Shorts.
Terre d'Hermès ist zu jeder Jahreszeit tragbar, er ist quasi Lexikonwürdig für einen Signaturduft. Ich für meinen Teil sehe aber schon in der bersteinfarbenen Flüssigkeit wann dieser Duft perfekt passt.

Dieses Parfum ist für mich der Inbegriff des Herbstes.
Wenn der Sommer langsam sein letztes Leben aushaucht,
wenn die Sonnenstunden mehr aufs Dämmerlicht zugehen als noch prall zu sein.
Diese wundervolle Zeit bevor das Blättersterben wirklich begonnen hat und man melancholisch wird.
Terre d'Hermès ist das Sterben des Sommers,
in Öl destillierte Vergänglichkeit.
3 Antworten
Sockosophie vor 5 Jahren 20 9
5
Flakon
3
Sillage
3
Haltbarkeit
8.5
Duft
Das generische Maskulinum
Warum fängt man mit seinem ersten Kommentar hier mit einem so polarisierenden Duft an?

Dem Alltagsduft schlechthin, dem Inbegriff von verschwendeter Kreativität, dem Toastbrot der Herrendüfte und Begründer der zu gleichen Teilen geliebten und verschrienen "blauen Welle"?

Aus demselben Grund aus dem Ich diesen Duft trotz seiner, ich sage mal freundlich "Schlichtheit" und für mich doch untypischen fehlenden Haltbarkeit liebe. Er ist zu teuer, er bleibt nicht Mal 5 Stunden bei mir und man muss mir schon sehr nahe kommen, um Ihn wahrzunehmen. Er ist nach meinen heutigen Standards fürchterlich langweilig und banal... nichts Besonderes und doch... Wenn ich ihn aufsprühe, wenn ich am Flakon rieche, muss ich unfreiwillig Lächeln. Denn wisst Ihr, Er hier.... Er war mein Erster.

Ohne Bleu de Chanel wäre ich nicht auf Parfumo. Ich würde vermutlich noch Rossmann Parfum für ein paar Groschen tragen und mich mit Adidas oder schlimmer Axe zufriedengeben. Mir wäre ein so wunderbares Hobby durch die Lappen gegangen.

Meine Ex-Freundin hatte mich damals damit angesteckt und mir davon berichtet, wie unglaublich es an jemand anderem gerochen hatte. Das war nach mehrmaliger Wiederholung ihrerseits so hängengeblieben, dass ich es probieren musste. Ich hatte noch nie soviel Geld für einen Duft ausgegeben und war demnach auch in wirklich hoher Erwartung.

Als ich ihn das erste Mal aufgesprüht hatte, merkte ich schon das Bleu etwas anderes war als ich es bisher von der Selbstbeduftung kannte. Der hier fühlte sich irgendwie Edel an. Ich hatte keine Ahnung von Noten, Haltbarkeit geschweige denn was eine Sillage war, aber Bleu de Chanel roch damals für mich wie eine Offenbarung. Mein Selbstbewusstsein schwang sich in neue Höhen, was auch dadurch hervorgerufen wurde, dass ich direkt beim ersten Tragen ein überschwängliches Kompliment einer jungen Dame am Arbeitsplatz bekam.

Heutzutage trage ich den blauen nur noch selten oder zu besonderen Anlässen, er ist vielleicht schlicht, aber ob man es nun gut oder schlecht findet, wie Massenkompatibel dieser Duft ist und vor allem warum er es ist, Bleu de Chanel bleibt ein Garant für positive Resonanz.
9 Antworten
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