StefanW

Sultan Pasha ist ein Meister im Zusammenbringen zahlreicher Duftstoffe zu einem einheitlichen und fantastischen Parfum. Hier rieche ich dunkle Schokolade, starken Kaffee und alten Cognac. Und das so überzeugend und intensiv, dass ich meine diese Zutaten auch zu schmecken. Dabei riechen diese so unglaublich frisch und saftig, dass der Eindruck entsteht, dass tatsächlich Schokolade, Kaffee und Cognac in der Nähe sein müssen. Ein Duft bringt mich zur unmittelbaren Imanigation dieser Genussmittel. Tabak rieche ich erstaunlicherweise nicht. Das mag damit zusammenhängen, dass ich keine Erfahrung damit habe und auch noch nie an einem Tabakblatt gerochen habe. Daher sind für mich diese drei Noten so im Vordergrund. Auch die anderen Bestandteile der Duftpyramide rieche ich kaum heraus. Sie unterstützen vielmehr den Gesamteindruck, was ich erstaunlich finde, da ja Zibet, Biber, Hyrax und Moschus dabei sind. Diese animalischen Bestandteile wirken so gar nicht penetrant tierisch. Sie nehmen sich als Eigengeruch zurück zugunsten des leckeren Gesamteindruckes. Das Gleiche gilt für das bengalische Oud, das doch häufig barnyardig daherkommt. Haltbarkeit und Sillage sind für ein reines Öl unglaublich gut. Weniger als ein Tropfen auf dem Handgelenk füllt den ganzen Raum aus. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist bei Parfums schwer zu bewerten. Hier liegt eine ausgezeichnete Leistung vor. Das Parfum ist zwar teuer, aber es ist eines der günstigsten von Sultan Pasha. Die Frage ist, ob es genügend Gelegenheiten gibt dieses Öl aufzutragen. Es hält ja lange und es projiziert. Es ist eigentlich ein guter Abendduft. Der Abend sollte aber lang sein um diesen Attar zu würdigen.

Der Duft beginnt mit einer deutlichen Animalik, in die Richtung Kuhstall. Aber eine fruchtige Süße ist immer dabei, wahrscheinlich kommt sie vom Pfirsich. Auch das Oud kann fruchtig riechen. Nach dem Öffnen der Probe habe ich mich aufgrund dieser Animalik zuerst nicht getraut, das Öl aufzutragen. Ich weiß durch Erfahrung, dass der Kuhstall Geruch beim Oud nach ca. 15 - 90 Minuten vergeht. Also habe ich dann doch das Öl aufs Handgelenk getupft. Kurz darauf sagte meine Frau, in ca. 5 Meter Entfernung: „ Das riecht aber nicht gut.“ Nach einer Stunde hatte sich der Kuhstall Geruch in einen ledrigen Ton verwandelt, der mich an einen Pferdesattel erinnert. Nun machten sich auch blumige Noten bemerkbar, besonders die Rose. Immer ist dabei die fruchtige Süße wahrnehmbar. So etwas kenne ich von Tuscan Leather, nämlich die Kombination von Leder und süßer Frucht. Rauchige Noten kann ich nicht wahrnehmen. Eine Spur Indolik ist vorhanden. Sie kommt vielleicht von einigen Blüten. Je näher ich meine Nase zum Handgelenk bringe, desto deutlicher nehme ich einen harzigen Geruch wahr. Ich meine auch etwas Biber zu riechen, obwohl er nicht in der Duftpyramide auftaucht. Nach einiger Zeit kommen holzige Noten dazu. Der Duft hat nach ca. 3 Stunden ein Sillage von ca. 10 cm. Er bleibt einige Stunden ledrig, fruchtig, blumig, holzig. Dann ist er nur noch hautnah wahrzunehmen. Meine Frau sagte zwei Stunden, nachdem ich das Öl aufgetragen hatte: „Jetzt riecht es besser.“ Sie roch in der Nähe meines Handgelenkes, im Raum war der Duft nicht mehr wahrzunehmen. Wenn der Anfang nicht wäre, dann wäre das Parfum zwar durchaus herausfordernd aber dennoch angenehm und harmonisch abgestimmt, das sehr nach natürlichen Bestandteilen und deshalb hochwertig riecht.

Einen so komplexen Duft, der aber zugleich harmonisch in eine Richtung geht, habe ich noch nie gerochen. Der Gesamteindruck ist dunkel, etwa dunkles Holz wie Ebenholz oder Teer oder dunkler Tabak. Der Geruch wirkt auch sehr dicht und schwer. Das allein ist es aber nicht, was ihn so faszinierend macht. Nacheinander in kurzen Abständen kommt jeweils eine andere Note deutlich zum Vorschein, manchmal Weihrauch, dann Wachs, sofort danach Hyrax oder ein dunghafter Geruch, im nächsten Moment kommen Rosen zum Vorschein und geben dem Geruch eine edlen Charakter durch eine sehr feine Blumennote. Der Duft changiert ständig, wobei der Gesamteindruck erhalten bleibt. Diese unterschiedlichen Noten passen alle gut zusammen, sie harmonieren miteinander zu einem einheitlichen Gesamteindruck. Nichts stört. Es gibt keinen scharfen Kontrast. Dieser Duft ist ein olfaktorisches Kunstwerk, weil alles so gut zusammenpasst. Ob diese dunkle Richtung einem gefällt, ist dann Geschmacksache bzw. eine Frage der persönlichen Vorliebe. Ich mag auch nicht immer so dunkle Noten. Aber die Qualität steht außer Frage. Möglicherweise ist es gerade dieses für die Nase herausfordernde Dunkle und Schwere, dass die Aufmerksamkeit so auf die unterschiedlichen Nuancen auf sich lenkt und die Sensibilität für einzelne Duftnoten steigert. Leider hat Sultan Pasha diese Probe nur in sehr kleiner Menge geschickt. Dieser Attar ist auch einer seiner teureren. Vielleicht sollte ich eine etwas größere Abfüllung bestellen.

Die Kreationen von Russian Adam sind herausfordernd und darum auch interessant und etwas Besonderes unter den Düften, auch wenn ich sie nicht tragen würde, weil ich sie als zu Gewagt empfinde. Manche seiner Düfte, die ich gerochen habe, rufen sofort eine Erinnerung hervor. Manchmal an ein indisches Geschäft in Südostasien (in Indien selbst war ich noch nicht), manchmal an eine chinesische Beerdigung, manchmal an den Lamatempel in Peking, manchmal an einen Ziegenstall. Aquilaria Blossom erinnert mich an meine Großmutter, die wohl 4711 getragen hat. Das war in den Sechziger- und Siebzigerjahren. Im Vordergrund ist ein Orangen- und Neroliduft. Dazu gesellen sich anfangs noch Weihrauchnoten. Später kommen blumige Elemente mit einem Wachsgeruch dazu. Dieser Wachsgeruch kommt wohl von dem Oud. Ich habe vor Kurzem thailändisches Oud Öl mit Champa Attar von Areej le dore aufgetragen, und das Ergebnis war ebenso blumig-wächsern. Nach einigen Stunden rieche ich auch Animalik, das Sekret des Bibers macht sich immer mehr bemerkbar. Dennoch ist Neroli immer mit dabei. Das ist anscheinend der Grund, warum ich mich an meine Großmutter erinnere. Für Neroli-Liebhaber ist der Duft sicher ideal. Ich bin mir nicht so sicher, ob meine Begeisterung dafür so groß ist, um einen vollen Flakon zu erwerben. Diesen Duft zu bewerten fällt mir deshalb schwer. Die Haltbarkeit und die Sillage sind gut. Wer auf einen dichten und komplexen Neroliduft steht, dürfte hier seine Freude haben.

Thai Borai ist das erste natürliche Oud Öl, das ich getestet habe. Ich schicke voraus, dass ich mehrer Parfüme, die Oud enthalten gerochen habe und trotzdem keine genaue Vorstellung hatte, wie das reine Oud denn nun riecht. Dann habe ich erfahren, dass Oud unterschiedlich riecht je nach Herkunft, Art der Destillation und Alter. Deshalb bestellte ich auf Empfehlung eines erfahrenen Oud Kenners einige Öle von Mellifluence. Das Ergebnis ist für mich durchaus interessant. Thai Borat hat eine dunkelbraune Farbe, es ist zähflüssig und riecht zunächst leicht nach Menthol und süßlich nach Trockenfrüchte. Mit der Zeit nimmt das Mentholische ab und der Geruch wird wächsern und erinnert mich an Schuhcreme. So bleibt der Eindruck über ca. 8 Stunden. Dann kommt eine leicht rauchige und hölzerne Note. Nach 30 Stunden und zweimal Duschen ist der Geruch immer noch am Handgelenk. Dabei ist der Duft immer nur hautnah, er projiziert kaum. Ich frage mich nun, was ich mit dem Öl machen soll. Der Duftverlauf ist sicher interessant und nicht unangenehm, aber auch nicht mehr. Ich werde demnächst ausprobieren, wie es riecht, wenn ich das Öl eines anderen Duftstoffes auf der Haut dazugebe, etwa Zimt, Kardamom, oder etwas Blumiges. Die Haltbarkeit jedenfalls ist enorm.