Tecon

Ohne Parfumo hätte mich wohl nichts bewogen, in nächster Zeit eine Rituals-Filiale zu besuchen. Die haben also Parfum... und das auch noch gar nicht so schlecht bewertet. Abgesehen von vielen anderen netten Sachen, die es dort zu entdecken gab, habe ich mich also kurzerhand vor Ort durch die EdP probiert... und mich schließlich für No. 06 entschieden.

Vetiver & Bergamot ist kein aufregender oder opulenter Duft. Ich würde ihn als einen Wohlfühlduft für die eigenen vier Wände sehen. Beispielsweise als angenehmes, sanftes und leichtes Parfum nach dem Duschen, ohne gleich die komplette Wohnung einzudieseln. In der Öffentlichkeit, beim Ausgehen oder im Büro würde er aufgrund seiner geringen Sillage zumindest nicht negativ auffallen und wäre so gesehen für alle Anlässe geeignet, wo man lieber dezent im Hintergund bleiben möchte.
Die Haltbarkeit ist entsprechend der Leichtigkeit des Duftes gerade noch mittelmäßig, kommt also in der Hinsicht bei Weitem nicht an Green Irish Tweet von Creed heran, zu welchem ich ein paar wenige Gemeinsamkeiten ausmachen konnte. (Der Vergleich ist allerdings nicht ganz angemessen.)

Insgesamt ein gelungener, dezenter Duft, der sich mit der Zeit kaum verändert, was aber auch ganz gut so ist. Man hat zudem ein gutes Gefühl, in der Gewissheit natürliche Duftnoten am Körper zu tragen, was einen gedanklich in eine sommerliche Waldlichtung hineinversetzt. Trotz Deklaration als Männer-Parfum, sehe ich No. 06 übrigens als eindeutigen Unisex-Duft. Der Flakon ist schlicht und schön: Ein einfacher Glas-Kubus mit silbernem Vapo, der von einem ebenfalls einfachen "Holzklotz", in dessen Oberseite der Markenname eingraviert ist, abgedeckt wird. Das ganze fasst sich solide an und hat mich sofort überzeugt. (Erinnert etwas an die kleineren Flakons von Nasomatto.)

Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist gut. Rituals No. 06 kostet regulär rund 40 Euro / 50 ml. Aktuell befindet es sich im Sale, die Verkäuferin sagte, es würde jetzt auslaufen. Dass man das Parfum auch online nicht mehr bei Rituals bestellen kann, bestätigt die Aussage zunächst. (Gleiches gilt wohl für No. 18.)

Kann das gut gehen? Kann ein US Modeunternehmen aus New York einen modernen, glaubwürdigen, "japanischen" Duft herausbringen, der europäische Nasen überzeugt? Komplizierte Angelegenheit, denn was japaner unter einem japanischen Duft verstehen ist mit ziemlicher Sicherheit etwas anderes als das, was Europäer mit dem Land der aufgehenden Sonne assoziieren, ist bestimmt anders als das, was US-Amerikaner mit Japan verbinden. Letztendlich bleibt wohl nur, sich nach dem eigenen Empfinden zu richten und ggfls. die Namensgebung zu ignorieren.

Aufgrund einer starken Zitrusnote in Verbindung mit dezentem Grün würde ich in Owari eigentlich aus Gewohnheit einen südländischen, mediterranen Duft erriechen. Relativ früh wird es ganz leicht holzig und somit etwas herb, was das EdP für Männer besser tragbar macht aber Frauen nicht verschrecken braucht. So gesehen, ein gelungener Unisex.

Auch wenn ich keinen Unterschied zwischen Mandarine und Owari-Mandarine erkenne (gibt es da überhaupt einen?), kann ich mich mehr und mehr mit der Japan-Verbindung anfreunden, wenn man bedenkt, dass sich das Land nicht nur durch Technologie und Betonwüsten definiert, sondern vor allem durch einzigartige Kultur und viel Natur in Klimazonen von kalt-gemäßigt bis subtropisch. Und das kann ich in Owari durchaus wiedererkennen. Entgegen seiner italienischen Bekannten, handelt es sich hier nämlich durchaus um einen winterlichen Duft (klar Mandarine), der in der kalten Jahreszeit weihnachtlich und im Sommer erfrischend wahrgenommen werden kann.

Die Haltbarkeit ist für einen frischen Duft in Ordnung, dürfte für ein Parfum dieser Preisklasse (130 €/100 ml) allerdings noch ein wenig besser sein. (Auf der Haut bei mir ca. 4 Std.)
Die Duft-Entwicklung ist nicht besonders abwechslungsreich, was man als Schwäche auslegen kann, aber nicht muss. Ich sehen darin nur eine klare Aussage und eine gerade Linie der man folgt. Schnörkellos, leicht, japanisch. Owari ist nicht aufregend, aber schön.

...den Weihnachtsmann. :) Ich wüsste nicht, wessen Signatur Creeds Bois du Portugal sonst sein sollte? Wenn er ihn trägt, während er den Elfen beim Kekse backen in der warmen Küche zusieht, steigt ihm der Duft nicht gleich zu Kopf. Wenn ihm das Kind auf seinem Schoß die diesjährigen Wünsche äußert, fühlt es sich vertraut und nicht eingeschüchtert. Auf der nächtlichen Schlittenfahrt über der kalten Winterlandschaft, gibt er ihm Wärme und lässt ihn nicht frösteln. Und wenn er aus dem letzten Karmin kommt, überwiegt vielleicht noch immer der angenehme Zimt (?) gegen die rauchige Asche. Selbst im Urlaub in seiner portugiesischen Sommerresidenz kann er sich in Sandalen in die Öffentlichkeit trauen.
An Fabelwesen, wie Napoleon und so, glaube ich nicht. Aber die Existenz des Weihnachtsmanns ist hiermit erwiesen. Und der ist ziemlich cool. QED.

Ich kann die Begeisterung, die zur Zeit für dieses EdT vorherrscht nicht ganz verstehen. Durch die zahlreichen Kommentare und Blogs habe ich September unbedingt testen wollen. Und das habe ich getan: Morgens / am Tage, abends / nachts. Ich habe reichlich September versprüht, mehrmals nachgesprüht, um mich sozusagen über den Tag zu retten. Auf meiner Haut ist der Duft leider zu jeder Zeit sehr kurzweilig. Ein spannender Duftverlauf erschließt sich mir auch nicht, was ich allerdings auch nicht erwartet habe.

Trotzem habe ich den Duft an sich mit guten 70 % bewertet, da ich ihn angenehm finde und sehr tragbar. Außerdem sehe ich hier tatsächlich mal einen echten Unisex-Duft. Wer aber einen richtigen Orangen-Duft möchte, also ein großes Glas O-Saft, von dem man lange trinken kann, anstatt einer kleinen Schorle, sollte sich Orange Sanguine (Atelier Cologne) zuwenden. Ich bin zudem gespannt auf den Vergleich mit 02 Owari (Odin NY), der zumindest auf dem Teststreifen ähnlich zu sein scheint.

Noch eine Info für die Flakon-Liebhaber: Offenbar wird die aktuelle Version von September die letzte in einem bedruckten Fläschchen sein. Die folgenden Flakons (alle Düfte dieser Serie von Kormann haben scheinbar den gleichen) werden nur noch durch ein Umhängeschild zu unterscheiden sein.

"Tragen Sie ihn wie einen Smoking" war einer der Werbe-Slogans, die Dior Homme (und auch Intense) angekündigt hatten. Tatsächlich ist die Assoziation nicht so weit hergeholt, wie es sonst oft der Fall ist. DHI hat einen edlen, wertvollen Charakter und ist in keiner Weise zurückhaltend. Durch die pudrigen und süßen Noten bleibt der Duft relativ weich, das herbe und männliche ist deutlich wahrnehmbar, bleibt aber im Hintergrund. Insbesondere dem Kommentar von Mariella kann ich da nur zustimmen: Man könnte DHI fast für einen Unisex-Duft halten. Ich kann mir vorstellen, dass er manchen Frauen stehen würde. (Wer sich an die Dior-Werbung erinnert... in einer Sequenz ist zu sehen, dass sich auch die Frau damit einsprüht. Ob das nun ein schlecht versteckter Hinweis sein sollte, oder doch nur die Sehnsucht nach dem männlichen Geruch impliziert, darf jeder selbst versuchen zu beurteilen.)

DHI war mein erstes bewusst ausgesuchtes Parfum und mein Einstieg in die gehobene Preis- und Qualitätsklasse. Daher habe ich eine besondere Verbindung zu diesem Duft. Die Parfum-Version ist, verglichen mit dem EdT, etwas süßlicher und schwerer, wie ich finde. Daher würde ich nun eher das EdT bevorzugen, da ich eigentlich kein Fan von allzu viel Süße und Puder bin und sich die ausgezeichnete Haltbarkeit der beiden Versionen kaum unterscheidet.

Ich trage dieses EdP nur zu bestimmten Gelegenheiten oder um dem weiblichen Geschlecht einen Gefallen zu tun. ;) Die Sillage ist unglaublich und wird aus meiner Sammlung wohl nur noch von Duro übertroffen. Ich trage ihn wie einen Smoking, auch wenn ich keinen trage.