
Tom14
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Eingekochte Orange
Auf der Suche nach einem belebenden, aber dennoch weich gebetteten Sommerduft - oder sagen wir ruhig: einer bezahlbaren Alternative zum unübertrefflichen Bigarade concentree - habe ich nun HISTOIRE D'ORANGERS auf der Haut. Selten war so schnell klar: Das wird nichts mit uns. Wer Grand Neroli (Atelier Cologne), Vetiris (Lubin) und Bigarade concentree (Malle) kennt und mag, kann hier nur enttäuscht werden. So etwas einlullend Klebriges ist mir selten unter die Nase gekommen. Man kann sich auch in den Garten vor die mexikanische Orangenblume stellen und die Blüten auf der Haut ausdrücken. Das Ergebnis dürfte ähnlich sein.
Der Strauch entfaltet seinen Reiz erst in einem gewissen Abstand zur Nase. Doch während man von der Orangenblume durch ein paar Schritte nach hinten leicht Abstand nehmen kann, ist man dem aufgesprühten Duft hilflos ausgeliefert. Mir fehlt hier eindeutig der Gegenspieler zur cremig-eingekochten Monothematik der Orangenblüte, die zwar sehr weich, aber auch sehr muffig ist. Belebend geht anders. Müsste ich einen Beipackzettel schreiben, stünde dort: Absolute Kopfschmerzgefahr. Und wer jetzt sagt: "Selber schuld, es steht ja schon in der Beschreibung, dass hier keine Bitterorange verarbeitet ist", hat natürlich völlig recht.
Der Strauch entfaltet seinen Reiz erst in einem gewissen Abstand zur Nase. Doch während man von der Orangenblume durch ein paar Schritte nach hinten leicht Abstand nehmen kann, ist man dem aufgesprühten Duft hilflos ausgeliefert. Mir fehlt hier eindeutig der Gegenspieler zur cremig-eingekochten Monothematik der Orangenblüte, die zwar sehr weich, aber auch sehr muffig ist. Belebend geht anders. Müsste ich einen Beipackzettel schreiben, stünde dort: Absolute Kopfschmerzgefahr. Und wer jetzt sagt: "Selber schuld, es steht ja schon in der Beschreibung, dass hier keine Bitterorange verarbeitet ist", hat natürlich völlig recht.
Für "Gucci Envie"-Vermisser?
Nachdem mir Woody Mood viele viele Stunden mit seiner anfänglich etwas lautstarken, aber dann wunderbaren hellgrün-mystischen Stimmung geleuchtet hat und ich mich schon fragte, ob der Sillage überhaupt mal irgendwann die Luft ausgeht, sprang mir plötzlich ein Duft ins Gedächtnis, der von vielen hier seit Jahren schmerzlich vermisst wird und der mit diesem Duft einen möglichen Nachfolgekandidaten gefunden hat. Entweder trügt mich mein Gedächtnis oder hier scheint dieselbe Basis durchzuschimmern wie beim Gucci Envie. Grün, harmonisch, mit leichter und frischer Süße.
Metaphysische Kuscheldecke
Mit Kuscheldecken ist das so eine Sache. Mit Kuscheldüften ebenso. Aus Kuschel wird leicht Kitsch. Da man im Grunde jeden Duft als Decke bezeichnen könnte und da man – behaupte ich – ohne Kuscheldecke nicht existieren kann und folglich immer auf der Suche nach dem wahren Kuscheldeckenduft ist, erlebt man auch regelmäßig die große Enttäuschung: So gerne man sich einkuscheln will, so ungern will man sich einkitschen (lassen).
Unter Kitschverdacht steht AUTOPORTRAIT mit Sicherheit nicht. Der Duft wärmt auf die balsamisch harzige Weise. Eine unsüße, dunkle Wärme, wie man sie auch von HOMME SAGE (Divine) kennt oder von OM (Miller et Bertaux), wobei bei letzterem viel mehr Weihrauch mit im Spiel ist. Pudrig, wie manche schrieben, empfinde ich AUTOPORTRAIT gar nicht, ich finde ihn eher süffig. Und stets schimmert eine gewisse Herbheit durch, die den Moschus der Herznote erdet. Die Basis gehört zum Schönsten, was ich kenne. Hier verschmelzen Zeder, Moss, Vetiver und Harz zu einer sehr ausdauernden Einheit, die nie aus dem Gleichgewicht gerät.
Man hat mit AUTOPORTRAIT Bodenhaftung und ist zugleich schon fast jenseitig, dem Irdischen enthoben. Ob man diesen Zustand nun 'auf sich selbst zurückgeworfen' nennen mag oder sich eher einem transzendenten Ort überantwortet fühlt, spielt gar keine Rolle. In jedem Falle herrscht Harmonie und Einklang – mit sich selbst oder mit dem Kosmos oder mit beidem. Für mich ist AUTOPORTRAIT ein absolut gelungener Wurf, der die Extreme zusammenführt, der Erde und Himmel verbindet. Eine metaphysische Kuscheldecke, unter der man sich wunderbar verstecken und von der kalten Welt abschotten kann, aber die zugleich so durchlässig ist, dass man nie den Kontakt zu den oberen Sphären verliert.
Der Duft ist sehr ausdauernd und kann ohne Einbußen auch schwach dosiert werden.
Unter Kitschverdacht steht AUTOPORTRAIT mit Sicherheit nicht. Der Duft wärmt auf die balsamisch harzige Weise. Eine unsüße, dunkle Wärme, wie man sie auch von HOMME SAGE (Divine) kennt oder von OM (Miller et Bertaux), wobei bei letzterem viel mehr Weihrauch mit im Spiel ist. Pudrig, wie manche schrieben, empfinde ich AUTOPORTRAIT gar nicht, ich finde ihn eher süffig. Und stets schimmert eine gewisse Herbheit durch, die den Moschus der Herznote erdet. Die Basis gehört zum Schönsten, was ich kenne. Hier verschmelzen Zeder, Moss, Vetiver und Harz zu einer sehr ausdauernden Einheit, die nie aus dem Gleichgewicht gerät.
Man hat mit AUTOPORTRAIT Bodenhaftung und ist zugleich schon fast jenseitig, dem Irdischen enthoben. Ob man diesen Zustand nun 'auf sich selbst zurückgeworfen' nennen mag oder sich eher einem transzendenten Ort überantwortet fühlt, spielt gar keine Rolle. In jedem Falle herrscht Harmonie und Einklang – mit sich selbst oder mit dem Kosmos oder mit beidem. Für mich ist AUTOPORTRAIT ein absolut gelungener Wurf, der die Extreme zusammenführt, der Erde und Himmel verbindet. Eine metaphysische Kuscheldecke, unter der man sich wunderbar verstecken und von der kalten Welt abschotten kann, aber die zugleich so durchlässig ist, dass man nie den Kontakt zu den oberen Sphären verliert.
Der Duft ist sehr ausdauernd und kann ohne Einbußen auch schwach dosiert werden.
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Orange für jede Situation
Wer – wie ich – findet, dass eine fruchtige Orange in ein Trinkglas gehört, aber nicht auf die Haut, gibt Orangenparfums möglicherweise von vornherein keine Chance. Das könnte ein Irrtum sein. Denn erstens sind Orangenparfums keineswegs immer fruchtig und zweitens gibt es unter den unfruchtigen – oder sagen wir vielleicht besser: unsüßen - Orangenparfums auch eine große Artenvielfalt: Von herb (Concentré d'Orange Verte) bis ambriert (Eau des Merveilles). Eine großartige Entdeckung auf dem Orangenfeld war für mich unlängst (Dank an Turandot) das Grand Neroli (Atelier Cologne), das die Orange auf eine ganz andere Art kredenzt. Sie ist trocken, aber nicht bitter. Sie ist samtig-weich (Moschus in der Basis), aber nicht süß. Sie entfaltet sich wie ein Cologne, bleibt aber viele Stunden hautnah wahrnehmbar. Der Duft macht, abgesehen von den anfangs stärkeren Hesperiden, erfreulicherweise keine große Entwicklung durch. Er hält von Anfang bis Ende sein schön komponiertes Niveau (-ach, dieses elende Warten auf die erlösende Endnote bei vielen Düften, gähn...).
Getragen habe ich Grand Neroli bislang nur im Winter, aber er wird bald – diese Prognose sei mir jetzt schon gestattet –, ohne viel Aufhebens von sich zu machen, einen heißen Sommertag kühlen und einen kühlen Abend warm machen. Ein Duft, der sich fast jeder (Wetter-, Stimmungs-) Situation anpasst. Ausgewiesen ist er als unisex, aber er könnte manchen Männern evtl. zu weich sein bzw. deren Frauen. Oder was sagen die Damen?
Getragen habe ich Grand Neroli bislang nur im Winter, aber er wird bald – diese Prognose sei mir jetzt schon gestattet –, ohne viel Aufhebens von sich zu machen, einen heißen Sommertag kühlen und einen kühlen Abend warm machen. Ein Duft, der sich fast jeder (Wetter-, Stimmungs-) Situation anpasst. Ausgewiesen ist er als unisex, aber er könnte manchen Männern evtl. zu weich sein bzw. deren Frauen. Oder was sagen die Damen?
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Die Legende von der Schlichtheit
Das klingt ja alles sehr verlockend. Schlicht und edel. Nur drei Zutaten. Orange, Amber und Zeder. Doch ich glaube diesem Mythos der Einfachheit nicht. Mit größter Erwartung sprühe ich APOM auf. Verläuft die erste Phase noch sehr überzeugend und überzeugt mich auch die dritte noch zwei Tage später (auf den Pulli gesprüht hält APOM locker zwei, drei Tage durch und wird da sogar richtig schön und ausbalanciert), so ist die zweite Phase leider eine ziemliche Enttäuschung. Ganz anders als erwartet, braut sich da im Laufe der ersten 10 Stunden eine Wolke - der Duft ist so intensiv, dass ich ihn „Wolke“ zu nennen wage - zusammen, die ich nicht anders als schwülstig (und sehr feminin) bezeichnen kann und an der man sich leicht überriecht. Keine Frage – gebraut ist APOM mit erstklassigen Ingredienzien, aber er ist keineswegs so reduziert aufs Wesentliche, wie es die legendenhaft dreifaltige Duftpyramide glauben machen will. Hätte der Meister doch nur auf die (unerwähnten) Schmier-, Gleit- und Verstärkerstoffe verzichtet! Also, zwei Tage Nase zuhalten, dann ist er toll.
Nachtrag einige Wochen später. Mein Eindruck nach weiteren Tests rutscht leider weiter ins Negative ab. Die ersten 12 Stunden nach dem Aufsprühen ist APOM für mich leider nur ein schwülstiges Damenparfum.
Nachtrag einige Wochen später. Mein Eindruck nach weiteren Tests rutscht leider weiter ins Negative ab. Die ersten 12 Stunden nach dem Aufsprühen ist APOM für mich leider nur ein schwülstiges Damenparfum.
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