UndrStateMan
Ich reise nicht, um anzukommen
vor 8 Monaten - 07.09.2023
8 7
Nichts ist beständig ...

"Nichts ist beständig ...

...außer der Wandel." - Aus dem Gedicht "Hermann und Dorothea".

Ich habe neulich mein Reiseetui einmal auf Vollständigkeit geprüft.
Darin befindet sich auch für Notfälle immer ein kleiner Flakon Lagerfeld Classic
…ein Duft, den ich vor über einer Dekade gerne getragen habe.

Da es ein schöner Septembertag war, der bei mir auch ein wenig die Entspannung eines Urlaubs erweckte, habe ich ihn aufgetragen…
… und festgestellt, dass es auch andere Leute gibt, die gerne einmal wegfahren.

Kurzer Einwurf einer Hintergrundgeschichte:
Wie manch geneigter Leser wissen wird, leben ich ja in einem Dorf im Süden von Bayern.
Und jedes Dorf bei uns hat ja einen Wirt.
Und dieser Wirt stellt normalerweise das Übliche zur Verfügung…
…köstliche, gutbürgerliche Speisen…
…einen schicken Biergarten mit mindestens passabler Aussicht für den Sommer…
…und typisch bayerische Hopfensmoothies von lokalen Brauereien, um vom Stammtisch aus den Tag abklingen zu lassen und über Gott, Welt, Politik, Chef, Nachbarn, Partner, Kinder, Haustiere, Stallvieh und sonst auch jeden zu lästern, der gerade nicht da ist…

… habe ich gesagt jedes Dorf?
Nun… seit ein paar Jahren ist das bei uns leider nicht mehr der Fall.

...was passiert ist?
Nun… der Pächter hat einfach gesagt: „Ich geh' dann mal in den Ruhestand“.
Tja… und da sich dann irgendwie keiner gefunden hat, der die Wirtschaft irgendwie weiterführt, gab es Leerstand.

Und da so ein Leerstand sich zu Rendite ungefähr so verhält wie Karl Lagerfeld zu Heidi Klum, hat der Eigentümer des Gebäudes Mietwohnungen daraus gemacht.

Ein Terrassenteil meiner Wohnung liegt auf der Straßenseite gegenüber von diesem neuen Gebäudekomplex.
Sowohl meine Wohnung, als auch dieser Gebäudekomplex wiederum liegen in einem schönen Urlaubsbereich, der sog. „Sommerfrischler“ mit ihren Rädern anlockt…
… und die haben dann auch gut und gerne mal Hunger… *seufz*...

Jetzt ist jedoch leidiger weise auch heute noch im Internet (und Hinterkopf) diese Lokalität zu finden.

Und jetzt beginnt die Hintergrundgeschichte mit meinem Urlaubsfeeling zu kollidieren:
Man sitzt draußen… entspannt gerade… genießt die Kopfnote… denkt an nix Böses und plötzlich kommt von der Seite ein Störgeräusch:
„Können Sie uns weiterhelfen, hier war doch mal eine Lokalität…“
Was man mit einem:
„Ja, die war dort drüben, das sind jetzt Mietwohnungen, es gibt aber folgende Alternativen….“
quittiert.

Man entspannt weiter… genießt die Herznote… denkt immer noch an nix Böses, bis plötzlich wieder von der Seite ein Störgeräusch in die Ohrmuschel gerät:
„Können Sie uns weiterhelfen, wo ist denn Adresse xy, wir können es nicht finden…“
Ich ziehe mein Smartphone heraus, gebe die Adresse ein und erkläre nochmal, wo man gerade ist und wo man eigentlich sein sollte…

Man entspannt weiter… genießt die Basisnote… denkt sich langsam, ob nicht doch das Urböse unter dem Liegestuhl lauert, bis die Störgeräusche wieder ertönen:
„Können Sie uns weiterhelfen, wir würden eine Toilette benötigen, und der Gastwirt hier ist ja nicht mehr da, gibt’s hier sonst was Öffentliches?“
Und ja, an dieser Stelle wurde die Sache dann doch ein wenig kritisch, da ich genau wusste, dass wir nix Öffentliches haben, der Ruf der Natur kontinuierlich lauter wird und ich in meiner Wohnung eigentlich eine Lösung dafür hätte…
… ich sage jetzt einmal nicht, wie diese Situation ausgegangen ist…

Meine Rückschlüsse und Erkenntnisse aus diesen Erlebnissen:
1) Kein Notfall-Reiseparfum auftragen, wenn du nicht gerade am Reisen bist, man könnte genau die falschen Erlebnisse damit verknüpfen
2) Organisiere ein Stopp-Schild, auf dem steht: „Den Wirt gibt’s nimmer, dafür am Strandbad eine Alternative“
3) Ergänze es mit einem Zusatzschild: „Für Reiseauskünfte wenden Sie sich bitte an die Touristeninformation“
4) Ergänze es weiterhin mit einem Zusatzschild: „Es gibt hier auch keine öffentlichen Toiletten“
5) Lege darunter eine Schale deiner Weinkorken, um nicht unhöflich zu wirken

Ich werde den Duft aus meinem Reisegepäck entfernen und stattdessen in Zukunft einfach einen Tester mitnehmen…
Den kleinen Flakon finde ich übrigens in seiner Schlichtheit irgendwie zu niedlich, um ihn nicht im Glasschrank zur Schau zu stellen.

Abschließend habe ich übrigens auch noch ein Störgeräusch für dich übrig:

Da steh' ich nun, ich armer Tor, und riech nicht mehr, als wie zuvor...

8 Antworten

Weitere Artikel von UndrStateMan