Verdandi

Mal wieder auf der Suche nach einem Duft der die Seele in Schwingung bringt stolperte ich über "La nuit Tresor" Tresor...ok...kenn ich von früher. Nett aber für mich persönlich auch nicht mehr. "Tresor in love" war mir vor kurzem über den Weg gelaufen und war nun auch nicht grad ein Höhenflug.
Dementsprechend skeptisch beäugte ich den durchaus hübschen Flakon.
Also einfach mal beherzt zugegriffen und aufgesprüht. Und dann... war ich in eine duftige Wolke gehüllt!
Theodor Krämer kam mir in den Sinn:

Mir ist's, als blühten aller Sehnsucht Keime
Melodisch auf,
Als fliegen geisterflüsternd deine Träume
Zu mir herauf.
Ich fühle plötzlich in den dunklen Locken
Ein leises Wehn;
Die Ahnung ruft, die vollen Adern stocken,
Die Pulse stehn.
Es war dein Geist, und heilig auf der Wange
Fühlt ich den Kuss;
An deiner Lippen küssenden Gesange
Kannt ich den Gruß.
Es war dein Geist! Es war der Hauch der Liebe!
Hast mein gedacht!
O, dass sie ewig, ewig, ewig bliebe
Die schöne Nacht!

Und das tut sie. Noch nach Stunden umwölkt sie gelegentlich meine Nase.
Die Sillage ist nicht zu verachten, aber weich und nicht als Hammer der die Mitmenschen erschlägt.
Wie bei anderen schon erwähnt sehe auch ich ihn als Kuschelduft und nicht als femme fatale.
Eine gewisse Schwere und Süße bringen die schwarze Rose, die Vanilleorchidee und der Weihrauch durchaus aufs Tablett.
Aber doch eher ein "auf-der-Veranda-mit-der-Kuscheldecke-im-Schaukelstuhl-den-Sonnenuntergang-betrachten".
Verführerisch auf subtile Art.
Bei mir steht er auf jeden Fall auf der Will-haben-Liste!

Ich nehme mir Klaus Gordziel zur Hilfe:

Wenn ich dich beschreiben sollte
müßte ich ein Maler sein.
Ich würde meinen Pinsel
in die Farbe tauchen
und mit wenigen Linien
deinen Körper skizzieren.
Wenn ich dich beschreiben sollte
müßte ich ein Komponist sein.
Ich würde dich in Noten zerlegen
und dich in den schönsten Tönen
wieder auferstehen lassen.
Wenn ich dich beschreiben sollte
müßte ich ein Fotograf sein.
Ich würde mich an deiner
Silhouette begeistern und
eine Menge Filme verbrauchen
um den Augenblick zu treffen.
Wenn ich dich beschreiben sollte
müßte ich ein Dichter sein.
Ich würde dich mit den
schönsten Worten bedecken
um dich zu bekleiden.
Wenn ich dich beschreiben sollte
müßte ich all diese Fähigkeiten
in mir tragen
und ich würde ein Gemälde
aus Farbe, Musik, Bild und Worten
malen und es würde dir nicht gerecht werden.

Und es tut mir leid liebe Parfumos. Ich habe nicht das geringste Bedürfnis diesen Duft zu zerpflücken! Alle Freunde der Manifestos werden wissen was ich meine. ER ist einfach wunderbar rund und einfach schön. Süß aber kein bißchen schwer.
Vielleicht nicht für den Hochsommer, aber dafür hab ich meinen Manifesto Eclat.
Er reiht sich gelungen in die Manifesto-Reihe ein.
Nach gut neun Stunden hab ich ihn immer noch in seiner zart zuckrigen Note am Handgelenk.

Wie Hermann Hesse schon schrieb:



Flügelt ein kleiner blauer
Falter vom Wind verweht,
Ein perlmuttener Schauer,
Glitzert, flimmert, vergeht.
So mit Augenblicksblinken,
So im Vorüberwehn
Sah ich das Glück mir winken,
Glitzern, flimmern, vergehn.

Das verkörpert für mich den Duft ganz gut. Nach dem aufsprühen steigt mir direkt die Freesie zart in die Nase. Ein Hauch der Johannisbeere ist im Hintergrund erkennbar. Sehr schnell gesellt sich das Herz dazu. Jasmin, Magnolie und Veilchen in einer ausgewogenen Mischung. Dezent süß und sehr gefällig.
Wenn sich Moschus und Vanille zu Wort melden wird es schön warm und rund.
Ein wirklich angenehmer Zeitgenosse für die wärmeren Tage.
Aber dann kommen die fehlenden 20% der Bewertung..... So schön er ist so schnell ist er leider auch wieder weg.
Die Freude weilt etwa zwei Stunden.
Aber im Zweifelsfall hat Frau ja eine Handtasche in der meist so viel Kram Unterschlupf findet das da ein Flakon nicht weiter auffällt ;-)

Ich möchte diesen Duft nicht wirklich bewerten denn Unrecht will ich ihm auch nicht tun. Vielleicht ist die Beziehung meiner Hautchemie und diesem Wässerchen auch einfach eine olfaktorisch zum scheitern verurteilte Geschichte.
Die Duftpyramide las sich toll...ich steh auf Himbeere und auch dezente Vanille. Dies verführte mich zu einem Blindkauf.
Ich freute mich wie Hulle als der Postbote kam und sprühte fröhlich drauf los.
Dann kam für meine Nase ein eher traumatisches Erlebnis. Was mir da entgegen wölkte war einfach nur eine Plantage von rosa Pfeffer in deren Zwischenräumen für mich nicht definierbarer Pflanzenbewuchs wucherte.
Ok, dachte ich mir, geben wir ihm ein bisserl Zeit. Hoffte immer noch auf Himbeeren....oder wenigstens Vanille.
Irgendwann rettete mich nur noch Wasser und Seife und ein ordentlicher Sprüher meines YSL-lieblings um mich bei meiner Nase zu entschuldigen.
Ich beneide meine Vorbewerter um die gelungene Liebesgeschichte.

Also: Dies ist keine Bewertung sondern ein Rat. Lieber erstmal testen vorm Kauf.

Sollte man meinen wenn man Vanille und Mandel liest. Aber nein...diese Assoziation kommt meinem Näschen nicht.
Stattdessen treffe ich auf Vanille in seiner reinsten Form. Aber nicht diese chemisch bearbeitete Backvanille sondern eine warme, weiche, runde Nuance. Das seichte Mandelaroma macht den Duft durchaus gefällig.
Also die Adjektive: warm, weich,seicht...
Dieses Parfum ist kein extrovertierter Schreihals sondern eher die nette Dame von nebenan.
Und da hab ich auch meine persönliche Überleitung...Dame....denn irgendwie empfinde ich es als ein wenig altbacken. An meinem Handgelenk vollführt es auch keine Purzelbäume. Heißt: Kein Duftverlauf. Sillage eher körpernah. Die Haltbarkeit liegt bei dezenter Nutzung bei etwa fünf Stunden.
Vanille im Parfum ist schön aber Parfum in Vanille mir doch einfach zu viel des Guten.
Aber wer ein Faible für Vanille hat sollte seine Nase durchaus mal an diesen Flakon führen.