Wombat81

Wombat81

Rezensionen
Wombat81 vor 2 Jahren 8 2
9
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Expressionistisches Sizilien-Gemälde
Grundsätzlich bin ich vorsichtig, wenn Düfte allzu sehr beworben werden. Zu aggressives Influencer-Marketing und ich verliere in der Regel erst einmal das Interesse. Zu viele enttäuschte Erwartungen. Auch habe ich mit Xerjoff-Düften bislang eher ernüchternde Erfahrungen gemacht. Naxos hätte ich also beinahe an mir vorbeigehen lassen. Und das wäre schade gewesen, denn Naxos ist grandios.

In vielen Beschreibungen wird er als Honig-Duft beschrieben: Süß, gourmandig, Zitronenkuchen. Das trifft auch alles irgendwie zu. Und trotzdem ist Naxos für mich in erster Linie ein Fougère bzw. ein Fougère-Gourmand-Crossover. Und was für einer. Ich glaube, ich habe noch nie eine ähnlich betörende Inszenierung des Lavendels erlebt, der auf der bekanntesten Mittelmeerinsel - und Naxos soll ja eine Ode an Sizilien sein - meterhoch gedeiht.

In Naxos wirkt der Lavendel kräftig, würzig, aromatisch und wird umgarnt von Zimt, der an sizilianischen Zimtlikör denken lässt. Eingebettet ist dieser Lavendel-Zimt-Akkord in ein aromatisches Meer aus Zitruszesten. Der Honig bildet die Leinwand für diesen wunderbaren Auftakt, den ich als gar nicht so mainstreamig empfinde. Er ist schon eher ein expressionistisches Sizilien-Gemälde, das uns Xerjoff hier präsentiert. Kraftvoll flutet die Kopfnote die Sinne.

Nach dieser furiosen Overtüre, die überraschend lang ausfällt, zieht Naxos sich zurück und wird leiser. Der Honig beginnt sich bemerkbar zu machen. Dazu meine ich, eine ganz klare Heliotropin-Note zu erschnuppern, die ihm eine mandelige, leicht metallische Aura gibt. Diese Note liebe ich bereits seit "Pegasus | Parfums de Marly". In dieser Phase werden aus dem Zimtlikör sizilianische Zimtschnecken, das allzeit präsente Vanillin verstärkt den Gourmand-Charakter.

Dieser Übergang, vom italienischen Fougère zum Gourmand zeichnet ihn auch ganz klar als Nischenduft aus, denn Naxos hat einen in tollen Verlauf mit prägnanten Kontrasten. Ich hatte ja befürchtet, dass er mir in der Herznote zu süß wird. Aber nein, das tut er nicht. Es ist nämlich kein klebriger Honig, der mir nach ein paar Stunden um die Nase weht, sondern ein Lavendel-Honig. Eine überzeugende Metamorphose.

Nun bin ich eigentlich kein Fan von Basisnoten, weil sie mir oft zu flach, zu charakterlos und oftmals auch artifiziell in die Länge gezogen wirken. Auch Naxos zieht sich in der Basis hautnah zurück und klingt auf einem sauberen, schönen Vanilleakkord aus - immer noch mit der Erinnerung an den Honig. Aber Naxos darf das, weil er einen so furiosen Verlauf hat und man mit ihm gerne die Ruhe nach einem Tag unter sizilianischer Sonne genießt.

Ein großes Dankeschön an Xerjoff für diesen wunderbaren Duft, der über die konzeptionelle Stimmigkeit hinaus auch einfach ein Lehrstück des Parfümeurs-Handwerks ist. Die natürlichen Noten sind so perfekt aufeinander abgestimmt, die Synthetik unterstützend, aber nie aufdringlich, dass mir beim besten Willen nichts einfällt, was ich hier kritisieren könnte. Die Sillage vielleicht, die dann doch nach wenigen Stunden schon hautnah wird? Geschenkt. Naxos ist ein Duft, den ich in erster Linie für mich selbst trage, auch wenn ich überzeugt bin, dass auch mein Umfeld gerne mit auf diesen olfaktorischen Trip auf die italienische Mittelmeerinsel kommt.
2 Antworten
Wombat81 vor 2 Jahren 7 2
8
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
9.5
Duft
Werkstatt-Romantik, die mich an Zuhause erinnert
Pegasus ist für mich ein besonderer Duft, ein Duft, den ich nicht mehr missen möchte, weshalb er hiermit auch meine erste umfassende Rezension bekommt.

Dabei war ich von Pegasus bei der ersten Begegnung gar nicht mal so beeindruckt: Seltsam unnahbar, trocken, widerspenstig. Ich wollte die Probe bereits wieder im Souk veräußern, doch irgendetwas motivierte mich dazu, den Duft immer wieder aufzutragen. Er faszinierte mich. Da war diese Note, die ich nicht zu fassen bekam. Normalerweise kann ich allen Noten ein bestimmtes Bild oder eine Stimmung zuordnen: Hell oder dunkel, warm oder kalt; Winter oder Sommer - ihr kennt das sicherlich. Bei Pegasus wollte mir das aber einfach nicht gelingen. Von allem etwas, sowohl warm als auch kalt, sowohl Winter als auch Sommer. Feminin oder maskulin? Schwer zu sagen!

Wie sahen das denn die anderen? Eine Assoziation, die hier auf Parfumo immer und immer wieder hergestellt wird und die der Ästhetik des Flakons entspricht: Metallisch, er riecht metallisch. Aber wie riecht Metall? Metall ist für mich eigentlich nichts, das ich mit einem bestimmten Duft in Verbindung bringe - außer es ist stark oxidiert und dann möchte ich eigentlich nicht nach Metall riechen. Eine Analyse der Duftpyramide hat mich irgendwann zum Heliotrop gebracht: Der soll ein bisschen nach Vanille, Mandel, aber auch pudrig und gleichzeitig trocken und ein bisschen zitrisch riechen. Von allem etwas. Eine Weile lang habe ich mich mit diesem Erklärungsansatz begnügt - Heliotrop war meine Erklärung für den Geruch von Metall.

Und so habe ich Pegasus die letzten Monate getragen, er wurde so etwas wie mein Winter-Signature. Und dann, über die Weihnachtstage, fiel es mir wie Schuppen von den Augen, oder besser gesagt von der Nase; plötzlich hatte dieser Duft ein Bild und das sieht folgendermaßen aus: Mein Vater ist ein Heimwerker. Einer von der Sorte, die ein renovierungsbedürftiges Haus gekauft und es in jahrzehntelanger Arbeit in ein unverkennbares Zuhause verwandelt haben. Über diese Zeit hat er sich im Keller unseres Hauses eine Werkstatt eingerichtet, die immer weiter wuchs und gedieh. Als Kind war ich immer gerne dort, und ich habe den Ort immer mit einem sehr markanten Geruch verbunden: Benzol, Schmierfett, Holz, Sägespäne und viele andere Gerüche, die sich zu einem Eindruck verbanden. Wer gerne Garagen riecht, kann sich sicher vorstellen, was ich meine. Nicht jede Facette dieses Dufts ist angenehm - andere aber machen süchtig, besonders dann, wenn sie an Erinnerungen gekoppelt sind.

Das ist für mich Pegasus. Der verklärte Geruch nach heimischer Werkstatt, minus all die penetranten Noten, minus das Dreckige und Unangenehme. Er ist das Angenehme, das bleibt. Kein Duft, der so plakativ ist, dass er an ein romantisiertes Gemälde oder eine Szene aus einer schlechten Schmonzette erinnert, sondern etwas ausgesprochen Individuelles und Besonderes. Er ist der Duft meines Vaters. Er erinnert mich an zuhause. Mittlerweile bin ich im mittleren Alter, mein Vater aber heimwerkert immer noch, so gut er eben kann. Nicht mehr so intensiv und ausdauernd wie früher. Aber der Geruch ist derselbe geblieben. Und er begleitet mich nun. Auch wenn ich mittlerweile eine eigene Familie, ein eigenes Zuhause habe.

Danke, PdM!
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