fracollector

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Rezensionen
fracollector vor 3 Monaten 6 3
9
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
5
Duft
Ich hätte ihn gern gemocht …
Immer wieder taucht der Name "Greenley" ja in einschlägigen Besprechungen auf, immer wieder ist das Urteil ein durchweg positives. Manche gehen sogar so weit zu sagen, es sei DER beste Sommerduft. Mein Interesse war also geweckt, ein Blick in die Duftnoten: spritziger grüner Apfel – hört sich gut an. Ich mag ja eigentlich eine schöne Apfelnote wie z.B. beim Yves Saint Laurent Y.

Doch leider kam beim Greenley alles anders. Ich habe mir eine kleine Abfüllung besorgt und ihn erwartungsvoll aufgesprüht, was ich aber da gerochen habe, war längst nicht so frisch und spritzig, wie ich das erwartet hätte, eher eine eigentümliche Mischung aus Spritzigkeit und einer gewissen … Muffigkeit(?). Das olfaktorische Gefühl erinnert mich an das Erlebnis, wenn man nach einer örtlichen Betäubung vom Zahnarzt mit noch taubem Mund ein Eis isst: Eine gewisse Frische ist vorhanden, doch alles in allem bleibt vor allem ein dumpfer Eindruck. Dieses Gefühl verstärkt sich im weiteren Drydown leider sogar. Wo der Greenley am Anfang noch mit einer nicht unbeträchtlichen Frische aufzuwarten weiß, bleibt bald nur noch diese Muffigkeit. Eine Art kratzige, dumpfe dunkle Holzigkeit dominiert den weiteren Dufteindruck.

Ich habe mich nun also auf die Suche begeben, woran dies liegen könnte. Hier auf dieser Plattform bin ich nach einiger Recherche auf Meinungen gestoßen, die mir zumindest einmal einen Erklärungsanstoß liefern: Anscheinend benutzen einige Parfumhäuser einen synthetischen Duftstoff namens Ambrocenide (nicht mit Ambroxan zu verwechseln, was sehr angenehm duftet!) und dieses wird von Menschen verschieden wahrgenommen. Manche finden den Duft sehr angenehm und freuen sich über die "Beastmode"-Haltbarkeit, die er einem Duft verleiht. Manche finden diesen Duftstoff jedoch auch zutiefst abstoßend und beschreiben den Eindruck als kratzig-holzig. Ein hin und wieder gegebenes Beispiel für diesen Effekt ist die Erba Pura / Erba Gold - Kreation von Xerjoff, die bekanntlich komplett die Geister scheidet. Ich kann mir nur vorstellen, dass dieser synthetische Duftstoff auch im Greenley seine Anwendung gefunden haben könnte, da mich die Störnote durchaus an die Störnote von Erba Pura / Erba Gold erinnert, die ich persönlich überhaupt nicht leiden kann.

Insofern freue ich mich für jeden hier, der dieses Parfum nicht so wahrnimmt wie ich und sich am erfrischenden Apfel erfreuen kann – für mich ist er jedoch leider nichts. Dabei hätte ich ihn doch so gerne gemocht.

P.S.: Ich möchte absolut nicht ausschließen, dass ich einem Confirmation-Bias aufgesessen sein könnte. Daher freue ich mich auch sehr über divergierende Meinungen oder sachliche Berichtigungen, sollte ich mich irren.
3 Antworten
fracollector vor 5 Monaten 9 2
10
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Der Duft, der immer geht
Nachdem der Sedley von Parfums de Marly mein erster wirklicher Nischenduft war, habe ich mich nach längerer Überlegung nun auch dazu entschieden, meine erste Rezension diesem außergewöhnlichen und dennoch nicht herausstechenden Duft zu widmen. Da ich wirklich noch(?) nicht die Nase dafür habe, ganz präzise die einzelnen Duftnoten zu beschreiben und einzuordnen, möchte ich mich erst einmal auf meinen Eindruck bzw. meine Assoziationen beschränken.

Der Duft ist insofern nicht einzigartig, als er ein bewährtes Rezept umsetzt. Es ist ein klassischer, schön abgestimmter Freshie, der zu Beginn mit einer starken, jedoch keineswegs unangenehmen Zitrik startet. Das Opening dürfte man von einigen Freshies auf dem Markt in ähnlicher Art und Weise kennen: aquatisch, zitrisch, und eine subtile Minze. Etwas Derartiges ist sicherlich keine Weltneuheit, aber dennoch scheint es mir meisterhaft umgesetzt und riecht sehr angenehm.

Was den Duft tatsächlich außergewöhnlicher macht, ist meines Erachtens die weitere Entwicklung. Wo dieser in den ersten 15-20min sehr intensiv ist und eine starke Sillage aufweist, zieht er sich daraufhin (zumindest bei mir) eher zurück. Der Duft wird deutlich hautnäher, aber dafür kommen andere Noten zum Vorschein. Ich würde die nun eingetretene Phase mit dem Adjektiv seidig beschreiben. Nun hat er etwas leicht Blumiges an sich (den Lavendel erkenne ich dabei und laut Duftpyramide ist auch Rosengeranie dabei), was äußerst passend von den darunter liegenden holzigen Noten ergänzt wird. Von da an entwickelt sich der Duft, zumindest bei mir, weniger weiter und behält diese doch eher einzigartige Mischung aus sanfter aquatischer Frische, einer leichten Blumigkeit und den eher trocken und edel erscheinenden Hölzern bei. Diese Phase hält nun eine ganze Weile. Bei mir sind definitiv ca. 8h drin, jedoch wird er gen Ende hin doch eher hautnah.

Einige User beschweren sich hier über die geringe Haltbarkeit des Duftes. Diesem Urteil kann ich nur bedingt zustimmen – ich verstehe aber, woher es stammt. Einerseits ist es so, dass der Duft seine anfängliche frische Power eher zügig einbüßt. Die eher seidige, geschmeidige und ruhigere Phase ist bereits schnell erreicht. Andererseits glaube ich, dass man als Träger dieses Duftes bereits relativ schnell eine Duftblindheit gegenüber diesen eher sanften und gediegenen Geruchseindrücken entwickelt (ich zumindest definitiv!). Mir wurde jedoch von mehreren Seiten aus versichert, dass man den Duft durchaus noch wahrnimmt, selbst wenn ich ihn selbst nicht mehr bemerke.

Was verbinde ich nun mit dem Duft und für welche Situationen ist er zu empfehlen? Meiner Meinung nach ist der Sedley von PdM ein absoluter Allrounder. Ich könnte mir keine Situation vorstellen, in der dieser als unpassend oder gar störend wahrgenommen werden könnte. Egal ob auf der Arbeit, bei einem Treffen mit Freunden, in der Oper oder auf einem Date, falsch machen kann man mit diesem Duft nichts. Er ist ausgesprochen angenehm und kann niemandem missfallen. Und genau das ist meiner Meinung nach seine größte Stärke: Für jede Situation, die vielleicht schwer einschätzbar ist, in der man niemanden stören möchte, ist der Griff zum Sedley beinahe schon obligatorisch. Klar, ein gewagter Duft ist es nicht und man wird sicherlich auch keine Menschenmenge damit dazu bewegen können, sich auf der Straße nach einem umzudrehen. Aber, so meine ich, häufig will man das auch gar nicht. Denn sind wir nicht alle dankbar für einen Duft, der als verlässlicher Begleiter in jeder erdenklichen Situation unterstützt und nie für Unbill sorgt?
2 Antworten