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6 - 9 von 9
oYo vor 12 Jahren 10 5
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Sinnlicher Ätherflug
Vor einigen Tagen stand ich vor meiner Probensammlung, ratlos, was ich denn an diesem Abend ausprobieren könnte. Vielleicht kennt Ihr diesen Zustand nach konzentrierter Arbeit, in dem man eigentlich gar nicht so recht weiß, was man gerade fühlt oder braucht. Also griff ich eher wahllos in ein Gläschen mit kleinen Probenphiolen und L'Eau de Kasaneka lag in meiner Hand. In einer Parfumerie 2007 erstanden, hatte mir der Duft damals überhaupt nicht gefallen, und das angebrochene Pröbchen schlummerte seitdem in meinem Schrank. Mit der Erwartung eines eher langweiligen Duftes tropfte ich mir großzügig etwas aufs Handgelenk. Die Kopfnote war wohl über die Jahre verdunstet, ich nahm kaum einen Dufthauch wahr und verteilte den halben Milliliter komplett auf meiner Haut.

Eine leicht aquatisch-fettige Note begleitet von ein paar Blümelein und einem Hauch Würze konnte ich erahnen, als ich meine Nase auf die Haut drückte. Enttäuscht, daß der Duft mir nicht ein winziges Bißchen entgegenkam, ließ ich meinen Arm sinken und wandte mich anderen Dingen zu. Doch dann kam die Überraschung!

Nach etwa 15 Minuten umwehte mich plötzlich ein zarter, unglaublich transparenter, wohliger Blütenschleier. Eine leicht fettige Rose und eine grüne Gartennelke, eingebettet in eine Spur Heliotrop, erhoben sich so fein und leicht, daß mir der Duft fast kühl erschien. Allmählich wurde der Duft strahlender, intensiver und wärmer, blieb dabei aber durchsichtig und ätherisch. Ich fühlte mich von dem Duft sachte hochgehoben und schwebte mit einem seeligen Lächeln durch einen Raum voller zarter, schöner Gefühle (fragt meinen Mann, der war dabei!). Zu meiner großen Überraschung füllte sich der ganze Raum mit dem Duft. Wie konnte das sein, eine so starke Sillage und gleichzeitig diese unglaubliche Transparenz und Feinheit?

Nach 1,5 Stunden löste fruchtiger Ylang Ylang die anderen Blüten ab, trat gemeinsam mit Heliotrop in den Vordergrund und tanzte mit ihm einen wechselnden Reigen zarter Leidenschaft und wärmender, mandeliger Süße. Mein Schwebeglück ging über in eine körperlich-ätherische Sinnlichkeit. Seufz...

Nach etwa 3 Stunden verabschiedete sich der Ylang Ylang fast ganz in eine leicht pudrige Moschus-Vanille-Basis, die mich ein wenig an Traubenzucker erinnerte, begleitet von der letzten Erinnerung an Blüten und Heliotrop. Auch wenn die Landung eine sanfte war, schmeckte mir der Bodenkontakt in dieser Kombination nicht besonders. Moschus gefällt mir oft sehr gut, hatte hier aber für mich nach dem erhebenden Erlebnis etwas nahezu Gewöhnliches und Ernüchterndes. Wie schade.
5 Antworten
oYo vor 12 Jahren 12 9
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Die Seenymphe
Eigentlich schreibe ich Kommentare erst, wenn ich einen Duft schon ein wenig kennengelernt habe. Aber diesmal mache ich eine Ausnahme und beschreibe meine allererste Begegnung mit diesem Duft. Das hat auch einen Grund: Ich mag Irisdüfte bisher eigentlich nicht besonders, die pudrige Süße bereitet mir oft Kopfschmerzen. Aber dieser Duft hier hat mich sehr sachte an das Thema herangeführt, wenn auch die Konfrontation am Ende der für mich spannenden Duftentwicklung dann doch sehr direkt ist. Wer einen 'Schnellkurs' im Begreifen von pudriger Iris braucht, dem kann ich 'Iris Pallida' wärmstens empfehlen... ;-)

Der Duft trifft auf die Haut, ein Schwall von Anis kommt mir entgegen, so daß ich für einen Moment fast zurückzucke, dann neugierig an meinem Handgelenk schnuppere. Aber da befindet er sich schon auf dem Rückzug, hinterläßt eine kurz im Dämmerlicht des Morgens aufleuchtende silbergraue Lichtspur und schmiegt sich dann in die Gesamtkomposition der Morgenluft ein. Ich folge der Spur und stehe vor einem See. Dichter Nebel hängt über ihm, ein dunkelgrüner, feuchtmodriger Geruch nach Veilchenblatt und Iriswurzel steigt von ihm auf. Langsam geht die Sonne auf, verdeckt vom Nebel, ein hellgraues Licht voller Mystik und Zauber.

Nach einer halben Stunde gewinnt die Sonne an Kraft und die dichten, feuchten Wolken heben sich allmählich, aber die Luft bleibt diesig, ein zarter Dunst liegt wie ein hauchdünner Schleier über dem See, als wolle er seine Geheimnisse nicht ganz preisgeben. Ein sanfter, pudriger Duft steigt auf, jetzt kann ich sie sehen - die Iris. Sie entfaltet ihre Blütenblätter und verströmt sich immer leuchtender in hellem Licht. Ich schaue genauer hin und erkenne eine Nymphe, sie ist bezaubernd jung, hat samtige, weiße Haut, und strahlt doch etwas Uraltes aus. Nie wirft sie ihre Schleier ab, doch sind sie so hauchzart, daß sich jede Rundung ihres sinnlichen Körpers erahnen läßt.

Es wird langsam wärmer, nach einer weiteren Stunde umspielen holzige Noten den pudrigen Dunst, der jetzt die ganze Luft erfüllt. Der Duft lädt zum Verweilen ein, und ich betrete den gerade getrockneten Steg aus Zedernholz, der etwas auf den See hinausführt, wo die grünen, sumpfigen Gerüche des Ufers nicht mehr wahrnehmbar sind. Die Nymphe ist gar nicht schüchtern, neugierig kommt sie näher und legt sich neben mich.

Zwei weitere Stunden vergehen, in denen ich ihre Nähe spüren kann und der Irisduft immer präsenter wird. Es ist angenehm warm, nicht heiß oder schwül, eher wie an einem schönen Sonnentag im Spätsommer. Ein sehr sanfter Patchouli und ein Hauch Vetiver tauchen alles in goldenes Licht, das aber im Laufe der nächsten 1,5 Stunden immer stärker überstrahlt wird von weißem Moschus.

Sind es ihre Schleier, die so intensiv nach Moschus und Iris riechen? Spielerisch lege ich einen Zipfel des Schleiers über mein Gesicht, das Licht um mich her wird immer heller, es blendet mich nicht, aber ich kann den See jetzt nicht mehr wahrnehmen. Ich fühle mich eingehüllt von den Schleiern, ich verliere meine Orientierung und bekomme Kopfschmerzen. So viel Iris und weißer Moschus, das ist mir einfach zu pudrig. Ich versuche, mich aus den Schleiern zu befreien, da greift die Nymphe nach meiner Hand und zieht mich ganz nah an sich heran.

Es sind jetzt wohl insgesamt 6 Stunde vergangen, darum zieht mich der Duft so nah an die Haut - ihre Haut, die so dünn ist, daß sie durchscheinend wirkt und hellviolett schimmert. Sie zieht meinen Kopf auf ihre Schulter und ich kann mich entspannen. Jetzt wird es mir plötzlich klar: die Iris ist ein Herzensduft! Es geht hier nicht um heiße Liebe und brennende Leidenschaft, sondern um eine sehr warme, beständige, golden leuchtende Freude im Herzen, die sich fast wie flüssiger Duft in mir ausbreitet. Mit einem Schlag sind meine Kopfschmerzen weg, sanft löse ich mich aus ihrer Umarmung, nur manchmal noch führe ich das Handgelenk an meine Nase, um das Herzensgefühl wieder aufzusuchen. Dann verabschiedet sich der Moschus und die Nymphe legt sich schlafen in ein Bett aus Vetiver und Patchouli, wo sie langsam verblaßt.
9 Antworten
oYo vor 12 Jahren 14 8
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
10
Duft
Keine Kompromisse
Ja, es stimmt. Dieser Duft riecht wirklich nach Kirchenweihrauch. Aber diese Assoziation ist für mich eher Nebensache. Da ich Weihrauch liebe und schon seit Jahren räuchere, kann ich mich ganz und gar auf den Duft einlassen, ohne mich mit Bildern der katholischen Ehrwürdigkeiten zu belasten.

"Cardinal" ist - so finde ich - nichts für weiche, sanfte, verträumte Momente, obwohl Weihrauch das oft und gerne mit sich bringt. Sehr klar, hell und strahlend eröffnet der Duft seine weiten Räume. Fast metallisch und mit einer gewissen Härte betritt er die Hallen in seiner sehr zitrischen, präsenten Kopfnote. Mir wird jetzt erst klar, was den kirchlichen Weihrauch für einen Exorzismus so brauchbar macht. Es ist nicht die umhüllende, mystische, rauchige Komponente, die hier erst viel später in den Vordergrund tritt, sondern die Zitrusnoten in ihrer goldenen Strahlkraft begleitet von eindringlichem Pfeffer. Er hebt die eher scharfen, würzigen Töne des Weihrauchs hervor, der selbstverständlich immer der unangefochtene Herrscher des Duftes bleibt.

Diese Kombination erzeugt in mir ein Gefühl der Stärke und Kompromißlosigkeit. Und nein, ich fühle mich von ihm durchaus nicht exorziert. Im Gegenteil, wer den Mut aufbringt, sich auf den Duft ganz und gar einzulassen und das Gold in klingende Vibration zu versetzen, der wird dem ihm innewohnenden Höhenrausch nicht mehr standhalten können. Letztendlich verbergen sich in diesem Rausch die zielgerichtete Sprungkraft und der heiße Jagdtrieb des Raubtiers, das zu vertreiben sich die Kirche dereinst zum Ziel gesetzt hat. Seine abgründige, animalische und unbegreifliche Lust findet hier in der fokussierten, leuchtenden und erhebenden Klarheit sein Spiegelbild.

Geradlinig und aufrecht ist der Duft, Verspieltheit ist nur in feinsten Nuancen wahrnehmbar. Nach etwa einer Stunde wehen sehr selten und nur für kurze Momente hauchzarte aldehydische Gespinste an mir vorbei, auch etwas Feingrünes schwebt andeutungsweise mit, vielleicht eine Facette der Myrrhe oder des Vetiver, den ich ansonsten hier gar nicht herausriechen kann. Auch die Süße nimmt sehr zögerlich zu, während die zitrische Schärfe noch nicht bereit ist, ihren Platz zu verlassen.

Erst nach zwei bis drei Stunden hat sich die Kopfnote ganz verflüchtigt. Immer noch sehr hell, aber nicht mehr so durchdringend, entläßt der Duft mich aus seinen geweihten Krallen. Die sanften, weichen, feinrauchigen und jetzt sehr viel freundlicheren Seiten des Weihrauchs breiten sich aus und summen noch einige Stunden leise vor sich hin.

Dieser Duft ist für mich in gewisser Hinsicht eine Herausforderung. Er kommt in seiner Entfaltung nicht sonderlich komplex daher, die Einzelkomponenten lassen sich bis auf wenige eigentlich kaum oder gar nicht herausriechen und tanzen keinerlei Duftreigen. So geradlinig "Cardinal" auch auftreten mag, langweilig wirkt er dadurch keineswegs. Er besticht durch seine unausweichliche Präsenz, an der man sich nicht vorbeimogeln kann. Ich habe ihn in verschiedenen Stimmungslagen getragen. Besonders in einer sehr weichen und sanften Stimmung ist er mir einfach zu hart und aufdringlich. Aber wenn ich selbst kraftvoll und aufgeladen bin, dann fühle ich mich durch den Duft noch mehr gestärkt und getragen.
8 Antworten
oYo vor 12 Jahren 13 6
7.5
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
8
Duft
Patchouly an zartbitterer Crème Vanille
Das Ätherische Öl Patchouli ist einfach meins, ich liebe es erdig und gruftig, süß und sinnlich, herb und griffig. Drum ist es nicht leicht, meinen Ansprüchen an eine Komposition rund um Patchouli zu genügen. Er muß für mich im Vordergrund stehen und sollte in den Charakteristika der gewählten Sorte unterstützt und mit überraschenden Komponenten ergänzt werden.

Ist dies in dem Duft Patchouly von Profumum Roma gelungen? Beim Aufsprühen stelle ich mit Zufriedenheit die schwere Öligkeit des Parfums fest, ein leicht brauner, glänzender Film auf dem Handgelenk, der mit der Zeit zwar die Farbe verliert, nicht aber sein samtig weiches Hautgefühl. Der Duft von Patchouli umschmeichelt mich, eher eine süße Sorte, nicht so schwer, kein bißchen gruftig, sondern samtig und freundlich.

Auch der Weihrauch weht zart hindurch und gibt ihm genau das Rauchig-Sinnliche, was so ein Duft für mich braucht. Recht schnell gesellt sich mehr Süße hinzu, Labdanum vielleicht und Benzoe. Nach etwa einer halben Stunde dann kommt etwas Bitteres zum Vorschein. Ich vermute eine holzige Komponente, ob es das Sandelholz ist, vermag ich nicht zu sagen, denn das rieche ich jetzt noch nicht heraus. Mit Bitterkeit komme ich noch ganz gut zurecht, wenn sie in der Intensität auch nicht gerade mein Favorit ist. Aber sie wird hier begleitet von einer leicht seifigen Vanille, die für mich persönlich den ganzen Duft verdirbt. Vanille als Begleiter zu Patchouli? Hm, das paßt für mich so gar nicht.

Natürlich ist und bleibt Patchouli der Hauptvertreter, der sich immer wieder in den Vordergrund spielt, nicht aufdringlich, sondern warm, sinnlich und ruhig. Nach einigen Stunden tritt auch die Vanille wieder etwas in den Hintergrund und macht nun richtig Platz für Labdanum und einen ganz sanften Hauch von Weihrauch und Sandelholz, das sich in der Zwischenzeit auch immer wieder mal kurz blicken ließ.

Patchouly ist eine wunderschöne, freundliche, eher süße Komposition, die einen den ganzen Tag umspielt wie das warme, goldene Licht eines Sonnenuntergangs im Süden. Wer mit Patchouli noch nicht ganz auf Du steht, aber sich schon mehr als einen Hauch davon zutraut, dem kann ich diesen Duft sehr empfehlen. Auf dem Riechstreifen war ich hin und weg von ihm, aber meine Haut hat leider die Tendenz, besonders Vanillenoten in jeder Variation hervorzuheben. Das Problem habe ich bei anderen Düften auch, darum wird dieser Patchouly nun zu meinem großen Bedauern wohl doch nicht in meinem Schrank landen - es sei denn, er steht meinem Mann besser, der ihn aber noch nicht getragen hat.

In einem Punkt muß ich Duftbetty übrigens meine vollste Zustimmung geben: Patchouli und auch andere schwere Düfte sind nicht nur etwas für den Winter! Im Gegenteil bieten sie an heißen Tagen eine aufregende Sinnlichkeit, die jeden Sonnenstrahl zu einem ganz besonderen Genuß macht.
6 Antworten
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