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Journey Man 2014

Smnbkr
02.02.2022 - 10:34 Uhr
8
Sehr hilfreiche Rezension

by order of the peaky f***ing blinders

England, Ende des 19. Jahrhunderts. Das Empire hat in den letzten Zügen des viktorianischen Zeitalters mit Arbeitslosigkeit und Kriminalität zu kämpfen. In den Großstädten Liverpool, Manchester, London, Leeds und Birmingham bilden sich aus der armen Arbeiterklasse in diesen Jahren vermehrt Straßengangs heraus, die sich mit dem jeweiligen Block identifizieren und aus Langeweile und Streitsucht Kämpfe mit Schuhen, Gürteln und Ziegelsteinen anzetteln.

Im armen Birminghamer Stadtteil Small Heath wird 1899 der 20-jährige Edward Derrick wegen Trunkenheit und Gewalt gegen einen Polizeibeamten verhaftet, es ist nicht das erste Mal, dass der Kleinkriminelle den Ordnungshütern auffällt. Der offiziell als Maurer arbeitende junge Mann gehört einer Bande an, die die Straßen der „Second City“ einige Zeit in Angst und Schrecken versetzt: den „Peaky Blinders“. Zusammen mit ungefähr 80 weiteren „backstreet razor gangs“ sorgen sie dafür, dass sich die Arbeiterklasse nicht mehr zu später Stunde auf die Straße traut.

Gut 120 Jahre später sind die damals gefürchteten Peaky Blinders aufgrund der von BBC produzierten Serie weltbekannt. Auch wenn einige Details in der Darstellung, so die Rasierklingen in den Schiebermützen und das in der Serie vorherrschende Gefühl von Glamour und Reichtum, nicht mit den historischen Fakten übereinstimmen, ist es doch aufgrund der Atmosphäre und Bildgewalt meine absolute Lieblingsserie. Charaktere wie Tommy Shelby, Michael Gray oder Alfie Solomons kommen stets adrett und gentlemanly gekleidet daher. Und auch wenn dieses Detail eine erneute kontrafaktische Darstellung zur Folge hätte, da die echten „peakys“ höchstwahrscheinlich weder das Geld noch die Kontakte gehabt haben, um an diese Art Luxusgüter zu gelangen, so habe ich mich stets gefragt, wie meine Lieblingsfiguren aus der Serie wohl riechen…….

Nun, den passenden Duft für Thomas Michael Shelby, OBE, habe ich gefunden. Es ist dieser hier. Journey Man von Amouage.

Das Opening, ohne ob meiner immer noch limitierten Nase zu sehr auf die einzelnen Duftnoten eingehen zu wollen, hat für mich einen eher scharfen Touch. Verschiedene Gewürze wie Kardamon und Szechuanpfeffer sind (wahrscheinlich) der Grund für mein Empfinden, nicht umsonst ist der Duft im Onlineshop der Pariser Nischenparfümerie „jovoy“ als „epicé“ (scharf) gekennzeichnet. Etwas Frische mischt sich mit der schon im Opening zu erahnenden Wärme, die im Drydown dann präsenter wird und dominiert, wahrscheinlich zurückzuführen auf Noten wie Tabak, Weihrauch und Tonkabohne. Ein Sprüher reicht für mindestens sechs Stunden gute Projektion, Menschen, die neben dir stehen, werden dich riechen, alle anderen sollen es nicht.

Thomas Michael Shelby, OBE ist der James Bond der englischen Zwischenkriegszeit. Maßgeschneiderte Anzüge, akkurat gestutztes Haupthaar, selbstbewusstes Auftreten, lebemännischer Lifestyle. Man bekommt den Eindruck eines Anführers, eines Mannes, der nichts dem Zufall überlässt, der alles akribisch plant, dessen Aufstieg von einem Zigeunerjungen der Straßen Birminghams in die höchsten Kreise der britischen Politik die logische Konsequenz aus seinen Charaktereigenschaften ist. Trotzdem ist er ein working class hero mit brachialer Loyalität seiner Familie und seinem engsten Freundeskreis gegenüber.

Warum ausgerechnet dieser Duft seiner ist? Kann ich dir nicht genau sagen. Man kann Tommy Shelby nicht in seine einzelnen Eigenschaften zerlegen, er kommt als perfektes Gesamtpaket. Man kann ihn nicht einfangen, sein Charisma nicht beschreiben. Er ist überall und nirgendwo. Was auch immer er ist, dieser Duft unterstreicht ihn. Ergänzt ihn dort, wo es eigentlich keiner Ergänzung bedurft hätte.

„a tent, then a boat, then a house, now a mansion…. that´s something, isn´t it?“
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