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1 - 5 von 8
Smnbkr vor 2 Jahren 8 4
by order of the peaky f***ing blinders
England, Ende des 19. Jahrhunderts. Das Empire hat in den letzten Zügen des viktorianischen Zeitalters mit Arbeitslosigkeit und Kriminalität zu kämpfen. In den Großstädten Liverpool, Manchester, London, Leeds und Birmingham bilden sich aus der armen Arbeiterklasse in diesen Jahren vermehrt Straßengangs heraus, die sich mit dem jeweiligen Block identifizieren und aus Langeweile und Streitsucht Kämpfe mit Schuhen, Gürteln und Ziegelsteinen anzetteln.

Im armen Birminghamer Stadtteil Small Heath wird 1899 der 20-jährige Edward Derrick wegen Trunkenheit und Gewalt gegen einen Polizeibeamten verhaftet, es ist nicht das erste Mal, dass der Kleinkriminelle den Ordnungshütern auffällt. Der offiziell als Maurer arbeitende junge Mann gehört einer Bande an, die die Straßen der „Second City“ einige Zeit in Angst und Schrecken versetzt: den „Peaky Blinders“. Zusammen mit ungefähr 80 weiteren „backstreet razor gangs“ sorgen sie dafür, dass sich die Arbeiterklasse nicht mehr zu später Stunde auf die Straße traut.

Gut 120 Jahre später sind die damals gefürchteten Peaky Blinders aufgrund der von BBC produzierten Serie weltbekannt. Auch wenn einige Details in der Darstellung, so die Rasierklingen in den Schiebermützen und das in der Serie vorherrschende Gefühl von Glamour und Reichtum, nicht mit den historischen Fakten übereinstimmen, ist es doch aufgrund der Atmosphäre und Bildgewalt meine absolute Lieblingsserie. Charaktere wie Tommy Shelby, Michael Gray oder Alfie Solomons kommen stets adrett und gentlemanly gekleidet daher. Und auch wenn dieses Detail eine erneute kontrafaktische Darstellung zur Folge hätte, da die echten „peakys“ höchstwahrscheinlich weder das Geld noch die Kontakte gehabt haben, um an diese Art Luxusgüter zu gelangen, so habe ich mich stets gefragt, wie meine Lieblingsfiguren aus der Serie wohl riechen…….

Nun, den passenden Duft für Thomas Michael Shelby, OBE, habe ich gefunden. Es ist dieser hier. Journey Man von Amouage.

Das Opening, ohne ob meiner immer noch limitierten Nase zu sehr auf die einzelnen Duftnoten eingehen zu wollen, hat für mich einen eher scharfen Touch. Verschiedene Gewürze wie Kardamon und Szechuanpfeffer sind (wahrscheinlich) der Grund für mein Empfinden, nicht umsonst ist der Duft im Onlineshop der Pariser Nischenparfümerie „jovoy“ als „epicé“ (scharf) gekennzeichnet. Etwas Frische mischt sich mit der schon im Opening zu erahnenden Wärme, die im Drydown dann präsenter wird und dominiert, wahrscheinlich zurückzuführen auf Noten wie Tabak, Weihrauch und Tonkabohne. Ein Sprüher reicht für mindestens sechs Stunden gute Projektion, Menschen, die neben dir stehen, werden dich riechen, alle anderen sollen es nicht.

Thomas Michael Shelby, OBE ist der James Bond der englischen Zwischenkriegszeit. Maßgeschneiderte Anzüge, akkurat gestutztes Haupthaar, selbstbewusstes Auftreten, lebemännischer Lifestyle. Man bekommt den Eindruck eines Anführers, eines Mannes, der nichts dem Zufall überlässt, der alles akribisch plant, dessen Aufstieg von einem Zigeunerjungen der Straßen Birminghams in die höchsten Kreise der britischen Politik die logische Konsequenz aus seinen Charaktereigenschaften ist. Trotzdem ist er ein working class hero mit brachialer Loyalität seiner Familie und seinem engsten Freundeskreis gegenüber.

Warum ausgerechnet dieser Duft seiner ist? Kann ich dir nicht genau sagen. Man kann Tommy Shelby nicht in seine einzelnen Eigenschaften zerlegen, er kommt als perfektes Gesamtpaket. Man kann ihn nicht einfangen, sein Charisma nicht beschreiben. Er ist überall und nirgendwo. Was auch immer er ist, dieser Duft unterstreicht ihn. Ergänzt ihn dort, wo es eigentlich keiner Ergänzung bedurft hätte.

„a tent, then a boat, then a house, now a mansion…. that´s something, isn´t it?“
4 Antworten
Smnbkr vor 2 Jahren 6 2
9
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Les histoires des parfums – chapitre 6 – la plus sombre/lumineuse des nuits
Wer meine Rezensionen kennt, fragt sich spätestens jetzt wahrscheinlich: wieder Paris? Redet er wieder nur von Paris, Paris, Paris? Ja, das tut er, weil sich die Stadt des Lichts wie kaum etwas anderes in seinen Gedanken ausgebreitet hat, und er nicht umhin kommt, sich jeden Tag in Gedanken an die Zeit dort zu verlieren. Vielleicht sollte er in Betracht ziehen, der Stadt mit einem Roman a la Ernest Hemingway zu huldigen; bis jetzt ist es jedoch nur bei einigen Parfumrezensionen geblieben, in denen er seine heiße und innige Leidenschaft zur Stadt der Liebe verschriftlicht hat…

„Nach und nach, über viele Jahre hinweg habe ich die Welt als Ganzes erkannt, als eine ganze Einheit, einen unsichtbaren Felsen voller bemerkenswerter Individuen, großer Herrscher, gekrönter Häupter, ehrenvoller Stammesführer, alle mit großer Verantwortung und angetrieben durch ihren unauslöschlichen Glauben. Der Eifer und die ruhelosen Seelen hinter diesen eindrucksvollen Persönlichkeiten inspirieren mich und treiben mich immer weiter an.“

Wer glaubt, ich rezitiere einen Text aus einem philosophischen Standardwerk oder einem bibelähnlichen Buch, der irrt. Es sind, mot par mot, die Gedanken und die Vision des französischen Parfümeurs Stephane Humbert Lucas, der, so will es der Zufall, auch noch aus Paris stammt. Und dicker hätte man wahrlich nicht auftragen können, monumentaler hätte man seinen Antrieb und seine Leidenschaft, etwas Kreatives zu schaffen, nicht verbildlichen können. Was steckt hinter diesen großen Worten, mit denen Monsieur Lucas seine Kunst beschreibt?

Ich möchte, ich kann nicht für alle kleinen Kunstwerke seiner Nischenparfümreihe „777“ sprechen, doch aber für einige davon. Zum ersten Mal entdeckt, begutachtet und gerochen wurden sie in der Vorweihnachtszeit des Jahres 2019 im „Printemps Haussmann“, dem bekannten Luxuskaufhaus in der Nachbarschaft des „Palais Garnier“. Das seit 1865 existierende Gebäude birgt seit geraumer Zeit einen in Europa unvergleichlichen Schatz an allen Luxusartikeln, die das Herz des gut betuchten Mannes/der gut betuchten Dame begehrt. So auch eine komplette Parfumabteilung, die sich schier endlos über die zweite Etage eines Flügels des Hauses erstreckt und die bei jedem Parfümliebhaber für Schweißausbrüche sorgen dürfte. Nach einigen zaghaften Schritten (beäugt von mehreren Verkäuferhyänen) durch die mir bekannten Parfümmarken (Parfums de Marly, Creed, Nasomatto, Le Labo etc.) fielen mir mehrere, sehr kleine Flakons auf, die nicht nach Aufmerksamkeit schrien, meine nun jedoch hatten. Gestanden haben sie unter dem Schriftzug „Stephane Humbert Lucas“, und die Aufmachung des Schaufensterns (gerne einmal auf der Facebook-Seite von SHL stöbern, dort findet sich besagtes Schaufenster nach einigem Herunterscrollen) war genug, um meine Nase in genau diese Richtung zu bewegen.

Nach Taklamakan und Soleil de Jeddah, beides unfassbare Kunstwerke, jedoch meiner Meinung nach schwer bis gar nicht tragbar, war O Hira der dritte Flakon, den ich in der Hand hielt und testete. Liebe auf den ersten Sniff war es beileibe nicht; zu heavy, zu außergewöhnlich, zu stechend, zu schwer zu tragen waren auch beim dritten Stephane-Humbert-Lucas-Duft meine ersten Eindrücke und Assoziationen. Trotzdem triggerte dieser Geruch etwas in meinem Gehirn, und ich war gewillt, ihn mit nach Hause zu nehmen und dort noch einmal in aller Ruhe zu testen (wenn ihr nicht sicher seid, was ihr von einem Duft beim ersten Test in einem überfüllten Kaufhaus halten sollt, so nehmt sie als Pröbchen mit nach Hause und gebt euch dem Test noch einmal in aller Ruhe hin; es sind zwei verschiedene Dufterlebnisse) .

Gesagt, getan; weil die diesmal sehr freundliche SHL-Verkäuferhyäne leider kein Pröbchen für mich hatte (weil sie nicht wollte oder nicht konnte, sei einmal dahingestellt), entschied ich mich, mein Handgelenk für diesen interessanten, jedoch schwer einzuordnenden Duft herzugeben.

Alles, was dann folgt, kann ich nur noch in Nuancen rekonstruieren. Nach circa zehn Minuten nahm mich der Duft völlig für sich ein, betäubte jegliche Sinne und ließ es mir Schwarz vor Augen werden. Immer wieder an meinem Arm riechend, verließ ich den RER A, der mich eigentlich nach Hause bringen sollte, und stieg am „Charles de Gaulle – Etoile“ (die Station beim Arc de Triomphe) aus, da ich dringend nach draußen musste. Warum? Ich weiß es nicht mehr genau, wahrscheinlich, weil ich dem Duft die Kulisse und den Raum geben wollte, die er verdiente, und er im vollen RER zu ersticken drohte.

So lief ich mit dem Duft noch eine Weile durch die frühabendlichen Pariser Straßen, vom Trubel an der Champs-Elysees und am Arc de Triomphe weg und hin zum Parc de Monceau, nur ein paar hundert Meter weiter. Am Boulevard de Courcelles war ich schließlich eins mit dem Duft geworden, und ich wusste, dass ich einen Diamanten entdeckt hatte. Dieser Duft, der laut den im Netz von Monsieur Lucas publik gemachten Duftnoten nur aus fossilem Amber besteht und der für einen hier nicht genannten, jedoch sehr stolzen Preis zu haben ist, ließ mich nicht mehr los. Ich stand mitten in Paris und war ratlos. Gefangen. Im Rauch, in der trockenen Harzigkeit, in der wunderbaren Würze, und in der ganz kleinen, aber feinen Parallele zu meinem Herzensduft Grand Soir. In der königlichen Wolke, die mich umhüllte. In der scheinbaren, undurchdringlichen Dunkelheit, die dieser Duft in mir auslöste und die nur zu einem komplett schwarzen oder dunklen Outfit wirklich passen möchte. Und in den konträren Eindrücken, die ich zeitgleich mit dem Dufterlebnis mit den Augen haben durfte; die hell erleuchteten Straßen des achten Arrondissements der Stadt, die mir so viel bedeutet und die ich so sehr liebe.

Wenn ihr wissen möchtet, wie ich mich in diesem Moment gefühlt habe, scrollt gerne hoch und lest euch noch einmal die Worte des Schaffers dieses unfassbaren Duftes durch. Besser kann, besser möchte ich es nicht beschreiben. Merci, Monsieur Lucas!

Bisous!
2 Antworten
Smnbkr vor 2 Jahren 16
10
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft
les histoires des parfums - chapitre 5 - Lagerfeld-Attitüde oder "le manque des mots"
Carlisle. Schön, dass es dich gibt.

Ich traf dich zum ersten Mal im kalten Pariser Winter des Jahres 2019. Du bist mir wärmstens aus mehreren Richtungen empfohlen worden.

Bei meiner ersten Parfums-de-Marly-Probe übersah ich dich schier. Nicht, dass dein Äußeres unauffällig wäre. Nein, ganz und gar nicht. Prachtvoll und elegant stehst du da in deinem schwarzen, adretten Outfit, und jeder, der dich sieht, kennt auch sofort deinen klangvollen Namen.

Du riechst mächtig. Du riechst arrogant. Dekadent. Straight forward. Keine Kompromisse, entweder Schwarz oder Weiß. Ja oder Nein. Wie Karl Lagerfeld. Dir gehört die Welt, aber du brauchst dafür nichts zu tun.

Du riechst wie 1001 Pariser Nächte. Nicht greifbar. Wunderschön. Geheimnisvoll. Voller Licht, gleichzeitig dunkel wie die schwärzeste Nacht. Schnell da, jedem den Atem raubend, und gleich wieder weg. Nicht nach Aufmerksamkeit suchend. Und doch bekommst du sie immer.

Du riechst wie die perfekte Ergänzung zu einem schwarzen Anzug. Kein öder Business-Anzug. Ein High-Fashion-Anzug. Dior Homme, Comme des Garcons, Ann Demeulemeester oder Les Hommes. Hoher Vatermörder-Kragen, wie Lagerfeld. Ein, zwei Silberschmuckstücke, etwas weitere Hose, Tattoos auf den Händen. Zwanglose Eleganz.

Du riechst wie jemand, der ruhig ist. Der nichts sagt. Nichts sagen muss. Sein bloßes Auftreten lässt alle mit offenem Mund zurück. Der sich langsam bewegt. Ohne Eile, ohne Zeitdruck. Zeit ist sowieso relativ für ihn. Wozu hetzen. Die Welt passt sich ihm an, nicht umgekehrt.

Eindrücke, die dich versuchen zu beschreiben. Die versuchen, dich irgendwie einzufangen, dich erklärbar zu machen. Zum Scheitern verurteilt. Du musst gerochen werden, um beurteilt werden zu können. Obwohl dir die Urteile sowieso egal sind………
0 Antworten
Smnbkr vor 3 Jahren 13 2
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
juste quelques mots …
blauer Himmel
irgendwann Mittags
22 Grad in Paris
leichter Wind über der Stadt
Jardin du Luxembourg
ein paar Mädchen
ein paar Jungs
Flanieren
leichtes Leben
savoir vivre
Ein Duft in der Luft
was ist das?
alle schauen hin
wo kommt der her?
alle schauen sich um
wer kann das sein?
das blaue Pferd
keiner sieht es
alle merken es
zwanglose Präsenz
nur kurz vorbeigaloppiert
schon wieder weg
jeder lächelt
nur ein Eindruck
der so viel bewegt
danke Percival
für diese Momente

2 Antworten
Smnbkr vor 3 Jahren 29 5
10
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft
les histoires des parfums - chapitre 4 - die Katze aus Paris
Teil 4 der Pariser Parfumgeschichten um den mittlerweile 20-jährigen Protagonisten aus Deutschland, der ein Freiwilliges Soziales Jahr in Paris macht und sich dabei die Zeit mit Parfumtouren durch alle Arrondissements vertreibt, führt uns erneut in die Nähe des Jardin des Tuileries.

Nachdem er schon in der Parfums-de-Marly-Boutique seine „Duftmarke“ hinterlassen konnte und es mittlerweile sogar geschafft hat, dass die zwei sehr netten Verkäuferhyänen mit ihm auf Landessprache kommunizieren, weil er so oft und nachdrücklich das Französische bemüht hatte, steuerte er nun die direkt nebenan gelegene MEMO-Boutique an. Schockverliebt von dem wundervoll eingerichteten Lädchen (wirklich wahr, googlet den oder geht hin) und den kunstvoll designten Duftflakons, die er vorfand, bemerkte er die an diesem Tag anwesende Verkäuferhyäne zuerst nicht. Als sie die (ebenso wie alles andere) wunderbare Wendeltreppe aus dem Lager hinaufkam, erschrak er fast ein bisschen. Sie erwies sich jedoch eher als eine Schmusekatze, sprach ihn hyänen-untypisch in sanftem Französisch an, und gab ihm während des gesamten Aufenthaltes die Zeit und den Raum, den er brauchte.

Unser Protagonist war gänzlich unvorbereitet in die Boutique gegangen, und so musste jedes Parfum ausgetestet werden.

So wirklich zusagen wollte ihm zuerst keines. Das „Lalibela Oud“ war ihm zu feminin, die anderen Düfte irgendwie zu farblos. Den „Irish Leather“ sollte er später noch für sich entdecken; an diesem Tag maß er jedoch auch diesem Duft keine größere Bedeutung bei. Am Ende waren tatsächlich nur noch zwei ungetestete Memos übrig: „Marfa“ und, aus irgendeinem Grund, „African Leather“. Diesen hatte er als einzigen Duft schon einmal irgendwo gehört. „Marfa“ gefiel ihm sofort. Sehr deutlicher Tuberose-Akkord, weicher, anschmiegsamer Geruch; nicht zu übersehende (oder überriechende) Parallelen zu „Soleil blanc“ von Tom Ford. Ja, dieser gefiel ihm sehr. Sehr sehr sogar.

Warum er ihn (3 Travel-Atomiser für 90€) nach ungefähr fünf Minuten kaufte, obwohl er nur die Kopfnote kannte, kann ich euch heute nicht mehr beantworten. Er tat es aber. Lief zur Metro mit einem unguten Gefühl. Roch immer wieder am Teststreifen. Und wusste beim Umsteigen im weltbekannten Bahnhofs „Châtelet - les Halles“, dass er einen Fehler gemacht hatte. Er mochte dieses Parfum, ja, durchaus. Aber er wollte so nicht riechen. In diesem Moment etablierte er für sich eine Beschreibung für eine bestimmte Art Parfums: toller Duft, aber nur als Raumduft. Man selbst solle so eher nicht riechen.

Was nun mit dieser neu gewonnenen Gewissheit. Auf jeden Fall nicht die Neuerwerbung auspacken. Das Geld zurück würde er aber auch nicht bekommen. Höchstens einen Gutschein. Oder aber würde er einen Umtausch machen können. Aber wogegen. Ihm gefiel doch kein Duft aus dem Haus. Merde!!!! Der erste Parfum-Fehlkauf. Es erwischt ja jeden Mal, sagte er sich. Wusste aber auch, dass es nicht hätte passieren müssen. Lustlos schaute er sich noch einmal die Pröbchen aus der Einkaufstüte von „Memo“ an, sprühte „African Leather“, den einzigen noch nicht getesteten Duft des Hauses, auf das Handgelenk, und ging niedergeschlagen ins Bett.

Er wachte um 2:40 Uhr auf, da er dringend aufs Örtchen musste. Er ging schnurstracks, und war schon fast wieder in seinem Zimmer, als er die Augen etwas weiter aufmachte. Was riecht denn hier so angenehm? Er schnüffelte an seinem Handgelenk….. und sah die Raubkatze. Graziös, elegant, anmutig. Scharfe Krallen, aber nur, wenn sie muss. Ruhig, jedoch auch tödlich laut, wenn sie muss. Unauffällig im hohen Steppengras, auf der Jagd jedoch unübersehbar schnell und mörderisch. Und ja, ich rede noch immer vom Duft. Vielmehr rede ich vom Dufterlebnis, das der 20-jährige FSJler in dieser Nacht im Westen von Paris hatte.

Am Morgen danach wollte er den Duft noch einmal testen… brauchte er aber gar nicht. Er war immer noch auf dem Handgelenk wahrnehmbar, hatte sich kaum gewandelt, und verschlug ihm noch immer die Sprache. Er machte sich bei nächster Gelegenheit auf, und tauschte den schönen, aber für ihn untragbaren Raumduft gegen ein neues Haustier. Ein gefährliches Haustier. Eine Katze, mit der er auch ausgehen kann. Nein, mit der er ausgehen musst. Die ihren Auslauf braucht. Ihr Territorium, um zu performen. Die wenig zu machen braucht, um sich Respekt zu verschaffen. Ihre bloße Anwesenheit reicht. Die auf der Jagd tödlich zuschlagt. Der keine Beute entkommt.

Merci, Memo, für ein Haustier der Extraklasse. Für einen tierisch guten Begleiter, der nur am Anfang etwas zu sehr die Krallen ausfährt, nur um dann zehn Stunden plus die Wüste dekadent unsicher zu machen.

African Leather

das einzige Raubtier in Paris
5 Antworten
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