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Top Rezension
Und ewig lockt die grüne Fee
Absinth ist, das dürfte feststehen, eine hochprozentige Legende. Mittlerweile ein wenig ent-mystifiziert und ein gerupftes Huhn (weil ohne das Nervengift Thujon). Nichtsdestotrotz ist das Wermutgetränk nach wie vor ein Faszinosum.
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Wen es interessiert (historisch Desinteressierte mögen doch bitte zur nächsten Passage springen und sich schämen):
Das Licht der Welt erblickte die "grüne Fee" in der Schweiz in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Um 1830 wurde sie als Heilmittel in der französischen Armee eingesetzt. Französische Soldaten sind es auch gewesen, die das Getränk mit nach Paris brachten. Dort avancierte Absinth im Laufe des 19. Jahrhunderts zum Modegetränk der Bohème und zur Muse überhaupt aller Wahnsinnigen. Toulouse-Lautrec, Van Gogh, Baudelaire und Oscar Wilde zelebrierten ganz öffentlich die "grüne Stunde". Elaborierte Trinkrituale mit prächtigen Absinthfontänen, kunstvollen Absinthlöffeln und seltsamen Reservoirgläsern begründeten einen wahren Kult. Unzählige Skandale und einen Mordfall später wurde Absinth verboten und fristete bis zum Ende der 1990er ein Dasein im Zwielicht der Illegalität.
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Soviel zum Mythos Absinth. Wie steht es nun um das gleichnamige Parfum? Riecht es überhaupt nach Absinth? (Ent-)Hält es, was es verspricht: Den mysteriösen Zauber der "grünen Fee"?
Ja, absolut, definitiv.
Zum einen duftet "Absynthe" tatsächlich nach Absinth, nämlich nach Wermut, (Stern-)Anis und Safran. Alles Zutaten, die neben Kräutern und Fenchel im Absinth enthalten sind. Dennoch riecht die Duftvariante nicht beschwipst. Sie enthält lediglich die wohlriechende "Seele" des Kultgetränks, nicht seinen alkoholischen Odeur. Die Trägerinnen brauchen sich um ihren guten Ruf keine Sorgen zu machen.
(Anmerkung am Rande: Nein, ich trinke keinen Absinth. Ich nippe noch nicht mal. Ich stecke nur meine Nase rein, wenn ein Parfumo-Kommentar dies erfordert.)
Absinth ist also definitiv drin wo "Absynthe" drauf steht. Gleichzeitig ist die "Hauptzutat" aber wundervoll umrahmt: Eine dunkle, grüne, mystische Komposition aus Blüten und vor allem Hölzern und Gewürzen zähmt die "grüne Fee", schlägt sie aber nicht k.o.
Der Duftverlauf ist erfreulicherweise ein konstanter: Schon zu Anfang riecht man Herz und Basis und in der Basis schwingen die anderen beiden Noten deutlich mit. Die "grüne Fee" ist hier also nicht völlig verzickt.
Der Gesamteindruck ist hypnotisch grün, psychedelisch grün, abgrundtief grün. Allerdings nicht typisch grün. Alles das, was grüne, hesperidische Düfte so schwierig (oder auch unerträglich) für Viele macht, ist hier gar nicht erst mit von der Partie. Keine Moose, kein Zitrus, nichts Krautiges. Der Duft ist ANDERS grün: Irritierend, verführerisch, flüsternd!
Aber auch haltbar? Selbst in moderater Dosierung umschwirrt "Absynthe" die Trägerin wie eine giftgrüne Dryade: Den ganzen Tag und in einer Intensität, die das Parfum beinah sommeruntauglich macht. Dies hätte ich angesichts der Tatsache, dass "Absynthe" eine Lacroix-Avon-Ausgeburt ist, nicht eben erwartet.
In diesem Sinne: Hoch die Reservoir-Gläser, die grüne Stunde hat geschlagen!
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Wen es interessiert (historisch Desinteressierte mögen doch bitte zur nächsten Passage springen und sich schämen):
Das Licht der Welt erblickte die "grüne Fee" in der Schweiz in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Um 1830 wurde sie als Heilmittel in der französischen Armee eingesetzt. Französische Soldaten sind es auch gewesen, die das Getränk mit nach Paris brachten. Dort avancierte Absinth im Laufe des 19. Jahrhunderts zum Modegetränk der Bohème und zur Muse überhaupt aller Wahnsinnigen. Toulouse-Lautrec, Van Gogh, Baudelaire und Oscar Wilde zelebrierten ganz öffentlich die "grüne Stunde". Elaborierte Trinkrituale mit prächtigen Absinthfontänen, kunstvollen Absinthlöffeln und seltsamen Reservoirgläsern begründeten einen wahren Kult. Unzählige Skandale und einen Mordfall später wurde Absinth verboten und fristete bis zum Ende der 1990er ein Dasein im Zwielicht der Illegalität.
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Soviel zum Mythos Absinth. Wie steht es nun um das gleichnamige Parfum? Riecht es überhaupt nach Absinth? (Ent-)Hält es, was es verspricht: Den mysteriösen Zauber der "grünen Fee"?
Ja, absolut, definitiv.
Zum einen duftet "Absynthe" tatsächlich nach Absinth, nämlich nach Wermut, (Stern-)Anis und Safran. Alles Zutaten, die neben Kräutern und Fenchel im Absinth enthalten sind. Dennoch riecht die Duftvariante nicht beschwipst. Sie enthält lediglich die wohlriechende "Seele" des Kultgetränks, nicht seinen alkoholischen Odeur. Die Trägerinnen brauchen sich um ihren guten Ruf keine Sorgen zu machen.
(Anmerkung am Rande: Nein, ich trinke keinen Absinth. Ich nippe noch nicht mal. Ich stecke nur meine Nase rein, wenn ein Parfumo-Kommentar dies erfordert.)
Absinth ist also definitiv drin wo "Absynthe" drauf steht. Gleichzeitig ist die "Hauptzutat" aber wundervoll umrahmt: Eine dunkle, grüne, mystische Komposition aus Blüten und vor allem Hölzern und Gewürzen zähmt die "grüne Fee", schlägt sie aber nicht k.o.
Der Duftverlauf ist erfreulicherweise ein konstanter: Schon zu Anfang riecht man Herz und Basis und in der Basis schwingen die anderen beiden Noten deutlich mit. Die "grüne Fee" ist hier also nicht völlig verzickt.
Der Gesamteindruck ist hypnotisch grün, psychedelisch grün, abgrundtief grün. Allerdings nicht typisch grün. Alles das, was grüne, hesperidische Düfte so schwierig (oder auch unerträglich) für Viele macht, ist hier gar nicht erst mit von der Partie. Keine Moose, kein Zitrus, nichts Krautiges. Der Duft ist ANDERS grün: Irritierend, verführerisch, flüsternd!
Aber auch haltbar? Selbst in moderater Dosierung umschwirrt "Absynthe" die Trägerin wie eine giftgrüne Dryade: Den ganzen Tag und in einer Intensität, die das Parfum beinah sommeruntauglich macht. Dies hätte ich angesichts der Tatsache, dass "Absynthe" eine Lacroix-Avon-Ausgeburt ist, nicht eben erwartet.
In diesem Sinne: Hoch die Reservoir-Gläser, die grüne Stunde hat geschlagen!
8 Antworten


Schön geschrieben!