Torwart
14.04.2024 - 16:50 Uhr
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WER VERSTECKT SICH DA?

Ich bin ja seit längerem auf der Suche nach günstigen Düften und solchen, die vergessen wurden oder gar nie erst bekannt waren und ihr Dasein daher in den unteren Regalen fristen. Das hatte ich schon mehrfach beschrieben. Einer dieser Düfte ist "Bazar" von Christian Lacroix. Wie kam ich auf ihn? Eigentlich über einen anderen Duft. Es war "C'est la Vie", ebenfalls von Christian Lacroix. Wie er riecht weiss ich nicht, aber ich mochte immer schon den Flakon, entworfen von Elizabeth Garouste and Mattia Bonetti, zwei Helden der 1990er Jahre. Ich wollte daher im letzten Jahr mal "C'est la vie" kaufen. Leider nicht mehr verfügbar und im Netz nur zu Höchstpreisen alte Exemplar. Durch viele Klicks bin ich dann bei "Bazar" gelandet, den ich nicht kannte. Kurz die Beschreibung dazu gelesen, geschaut, wer alles mitgemischt hat. Tolle Namen, bekannt von tollen Kreationen. "Bazaar" erschien mir ideal. Was frisch und fruchtig riecht gehört in meine Sammlung. Vor allem, wenn es dem Sommer zugeht und ich Sehnsucht nach Früchten und dem Süden bekomme. Früchte stehen für mich für Süden, eine Terrasse (in einem tollen Hotel, das ich mir nie leisten könnte) und auf das Meer schauen. Überall Körbe mit Früchten. So stelle ich mir das vor. Ein Duft vermittelt, wenigstens für einen Moment, diese Realität für mich. "Bazar" versprach das alles und mit ein paar weiteren Klicks war es für einen günstigen Preis gekauft (und lag vom Preis her um ein vievielfaches unter dem des ersehnten Hotelzimmers). Ein paar Tage später klingelt der nette Postmann und bringt meine Bestellung. Karton auspacken und eine wirklich schlimme, kitschige Dose in der Hand halten. Meine Enttäuschung war gross. Sowohl Verpackung, wie auch Flakon, in meinem Augen eine Schande. Für mich ist der Flakon wichtig. Gut muss er gemacht sein und schwer. Schönes, schweres Glas. "Bazar" kommt sehr billig daher. Billiges gestanztes silbernes Blech (wahrscheinlich Plastik) und noch viel billigeres orange-farbiges Plastik. Das Schlimmste aus den letzten Jahren des alten und den ersten beiden Jahren des neuen Jahrtausends. Dieser "Bazar" war optisch eher eine Kirmes. Auf dem Weg zum Mülleimer wollte ich die Hoffung nicht ganz aufgeben und habe kräftig gesprüht. Unterarme, Hals und ... er war da, der Süden, die Terasse, das Obst. Wunderbar, ein schöner Duft, der einen entführt. Ein Duft, wie eine Reise an einen warmen Sehnsuchtsort. An ein Filmset zu einem längst vergessenen Film, wie z.B. "Tod auf dem Nil". Der Gedanke an diesen atmosphärischen Film liegt hier nicht ganz fern. Wenn man bedächtig schnüffelt kommt man dem Nil tatsächlich sehr nahe. Ich roch meinen alten Freund "Un Jardin sur le Nil" von Hermes durch. Ganz leicht und leise schimmert er durch und hüllt einen ein in diesen weichen, wunderschönen Duft. Nun war ich der gute Hercule Poirot gworden und sollte herausfinden, wie ich diesen, mir lieb gewonnenen, vertrauten Duft in "Bazar" wiedergefunden habe. Ich musste meine Schnüffelnase nicht lange in die Aufklärung dieses Falles stecken. Wie bei jeder vernünftigen Aufklärung schaut man sich, wie wir alle wissen, zuerst die Verdächtigen an. "Viele Köche verderben den Brei" heisst es. In diesem Fall waren es genau drei Köche und der Brei war nicht verdorben. Die Liste ihrer Entwürfe durchgegangen und schnell fündig geworden. 2002 "Bazar", 2005 "Un Jardin sur le Nil". Drei Jahre dazwischen. Ein Designer, zwei Düfte und ohne es zu ahnen riecht man daher im "Bazar" von Christian Lacroix einen exklusiven Hauch von Hermes durch. Den fruchtigen Obstkorb bekommt man als Geschenk noch oben drauf. Was will man mehr und wer denkt bei all den schönen sinnlichen Überraschungen noch über den armen, unglücklichen Flakon nach?
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