Torwart

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Torwart vor 5 Tagen 4 2
SO RIECHT GELD
Eau d'Orange Verte ist seit Jahren meine Geheimwaffe. Ich habe immer eine Flasche davon zu Hause. Ich habe das Deo, die Seife und die wirklich wunderbare Gesichtscreme. Der Duft ist sehr gut. Sehr frisch. Geheimnisvoll tief durch die Orange. Weniger flirrend, als Citrusdüfte. Tiefer und gründlicher. Ich mag den Duft. Dennoch trage ich ihn kaum. Es gibt nur einige wenige Anlässe, an denen ich ihn trage. Und dabei geht es dann um Geld. Es geht um geschäftliche Besprechungen. Wenn viele Menschen, die man gar nicht unbedingt um sich haben möchte, in einem Raum sitzen und man gezwungen ist, dabei zu sitzen und auch noch was (sinnvolles) zu sagen. Da sitzen sie dann, die teuren Uhren und die teuren Smartphones (manche haben auch zwei vor sich liegen) und diskutieren. Sie zeigen, wie wichtig sie sind. Ich möchte nicht dort sein, muss aber. Hier kommt meine Geheimwaffe ins Spiel. Ich habe weder die Uhr, noch das Smartphone. Nicht das grosse Auto draussen vor der Glasscheibe stehen und schon gar nicht die wichtigen Freunde mit den tollen Jobs. Ich habe nur ein einfaches weisses Hemd und Eau d'Orange Verte. Kurz bevor ich ins Meeting gehe, sehr grosszügig aufgetragen, betrete ich den Raum und setze mich an meinen Platz. Der Duft breitet sich aus. Nicht aggressiv, aber die Frische nimmt den Raum schnell ein. Die Tiefe setzt sich. Die Orange belebt. Jetzt spreche ich. Es ist ein Duft, der jenseits von allem liegt. Er vermittelt, so unglaublich dies auch klingen mag: Geld. Leute haben Respekt vor Geld. Also haben sie auch Resekt vor Leuten, die nach Geld riechen. Genau dies vermittelt dieser Duft. Alleine dass man ihn trägt, signalisiert den anderen: "hier spricht der Chef". Die teure Uhr braucht es hier nicht mehr, auch nicht das wichtige Smartphone. Der auf den Körper geschneiderte Anzug würde zu dem Duft lächerlich wirken. Der Duft genügt sich selbst. Nur eine Jeans (sie muss nicht mal sauber sein), ein einfaches weisses Hemd und dieser Duft zeigen den anderen, dass ich nicht auf einer Ebene mit ihnen bin, sondern direkt von meiner Villa am Comer See komme. Und so ist es vielleicht auch (irgendwann in einer anderen Zeit...).
Lustigerweise meinte ein Freund vor ein paar Jahren an Silvester, er wünsche sich für das kommende Jahr eine Tasche voller Geld. Ich hab ihm eine einfache Tasche nähen lassen und eine Flasche Eau d'Orange Verte reingepackt. Mehr Geld geht nicht!
In meinem "normalen" Leben muss ich nicht nach Geld riechen. Dann nehme ich all die anderen schönen Düfte über die ich hier von Zeit zu Zeit schreibe. Nur die Creme findet dauerhaften Einsatz. Sie erfrischt und ich nehme sie gerne an warmen Tagen. Sie hat eine wunderbare Textur. Es gibt kaum eine bessere und ein kleines bisschen nach Reichtum riechen kann auch im Alltag nicht schaden...
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Torwart vor 6 Tagen 4
UND WEG IST ER...
Weg, es gibt ihn nicht mehr. Vor zwei oder drei Jahren habe ich ihn mir mal wieder gekauft und ganz schnell danach ist er verschwunden. Es war mein Duft in jungen Jahren. Um 2002 habe ich ihn zuerst gerochen. In Stuttgart. Der Duft hat damals alles erfüllt. Es war, als gäbe es nur diesen Duft. Er stand für die Zeit damals. Alles war leicht. Der Duft auch. Nur ein Hauch, aber sehr intensiv. Die Feige, die irgendwann hochkam und intensiv wurde. Sehr verführerisch. Ideal im Frühling, kurz bevor der Sommer kommt. Der Duft nicht zu warm, dass man den Winter noch spürt und doch noch nicht frisch genug, dass es schon Sommer wäre. Das hat ihn ideal gemacht. Ein Duft für die Zeit, wenn das Alte vorbei ist und das Neue noch nicht da. Das Leben sollte so sein, wie dieser Duft. Er war extravagant. Das schwere Glas des Flakons hatte etwas luxoriöses, amerikanisches. Nicht so bieder wie Ralph Lauren, sondern neu. Eine Zeit auf die man sich gefreut hat. Ich hatte ihn dann viele Jahre nicht mehr. Vor ein paar Jahren habe ich ihn dann nochmal gekauft. Es gab ihn noch bei Sephora. Ich mag ihn noch immer und benutze ihn ab und zu. Aber er scheint mir nicht mehr so intensiv zu sein. Er geht etwas unter. Die Zeit hat sich verändert und auch das Duftempfinden. Der Flakon ist noch immer sehr schön und eignet sich prima als Briefbeschwerer. (Briefe vom Finanzamt sind weniger furchteinflössend, wenn ein toller, schwerer Flakon drauf steht.) Er strahlt noch immer Luxus aus und lässt an dieses neue Amerika denken, das nun auch ein altes ist. Er ist nicht mehr neu, eher etwas romantisch. Die Feige ist noch immer lecker. Aber sie erzählt nun mehr von einer Zeit, die es nicht mehr gibt. So wie eben nun auch den Duft.
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Torwart vor 1 Monat 3
WER VERSTECKT SICH DA?
Ich bin ja seit längerem auf der Suche nach günstigen Düften und solchen, die vergessen wurden oder gar nie erst bekannt waren und ihr Dasein daher in den unteren Regalen fristen. Das hatte ich schon mehrfach beschrieben. Einer dieser Düfte ist "Bazar" von Christian Lacroix. Wie kam ich auf ihn? Eigentlich über einen anderen Duft. Es war "C'est la Vie", ebenfalls von Christian Lacroix. Wie er riecht weiss ich nicht, aber ich mochte immer schon den Flakon, entworfen von Elizabeth Garouste and Mattia Bonetti, zwei Helden der 1990er Jahre. Ich wollte daher im letzten Jahr mal "C'est la vie" kaufen. Leider nicht mehr verfügbar und im Netz nur zu Höchstpreisen alte Exemplar. Durch viele Klicks bin ich dann bei "Bazar" gelandet, den ich nicht kannte. Kurz die Beschreibung dazu gelesen, geschaut, wer alles mitgemischt hat. Tolle Namen, bekannt von tollen Kreationen. "Bazaar" erschien mir ideal. Was frisch und fruchtig riecht gehört in meine Sammlung. Vor allem, wenn es dem Sommer zugeht und ich Sehnsucht nach Früchten und dem Süden bekomme. Früchte stehen für mich für Süden, eine Terrasse (in einem tollen Hotel, das ich mir nie leisten könnte) und auf das Meer schauen. Überall Körbe mit Früchten. So stelle ich mir das vor. Ein Duft vermittelt, wenigstens für einen Moment, diese Realität für mich. "Bazar" versprach das alles und mit ein paar weiteren Klicks war es für einen günstigen Preis gekauft (und lag vom Preis her um ein vievielfaches unter dem des ersehnten Hotelzimmers). Ein paar Tage später klingelt der nette Postmann und bringt meine Bestellung. Karton auspacken und eine wirklich schlimme, kitschige Dose in der Hand halten. Meine Enttäuschung war gross. Sowohl Verpackung, wie auch Flakon, in meinem Augen eine Schande. Für mich ist der Flakon wichtig. Gut muss er gemacht sein und schwer. Schönes, schweres Glas. "Bazar" kommt sehr billig daher. Billiges gestanztes silbernes Blech (wahrscheinlich Plastik) und noch viel billigeres orange-farbiges Plastik. Das Schlimmste aus den letzten Jahren des alten und den ersten beiden Jahren des neuen Jahrtausends. Dieser "Bazar" war optisch eher eine Kirmes. Auf dem Weg zum Mülleimer wollte ich die Hoffung nicht ganz aufgeben und habe kräftig gesprüht. Unterarme, Hals und ... er war da, der Süden, die Terasse, das Obst. Wunderbar, ein schöner Duft, der einen entführt. Ein Duft, wie eine Reise an einen warmen Sehnsuchtsort. An ein Filmset zu einem längst vergessenen Film, wie z.B. "Tod auf dem Nil". Der Gedanke an diesen atmosphärischen Film liegt hier nicht ganz fern. Wenn man bedächtig schnüffelt kommt man dem Nil tatsächlich sehr nahe. Ich roch meinen alten Freund "Un Jardin sur le Nil" von Hermes durch. Ganz leicht und leise schimmert er durch und hüllt einen ein in diesen weichen, wunderschönen Duft. Nun war ich der gute Hercule Poirot gworden und sollte herausfinden, wie ich diesen, mir lieb gewonnenen, vertrauten Duft in "Bazar" wiedergefunden habe. Ich musste meine Schnüffelnase nicht lange in die Aufklärung dieses Falles stecken. Wie bei jeder vernünftigen Aufklärung schaut man sich, wie wir alle wissen, zuerst die Verdächtigen an. "Viele Köche verderben den Brei" heisst es. In diesem Fall waren es genau drei Köche und der Brei war nicht verdorben. Die Liste ihrer Entwürfe durchgegangen und schnell fündig geworden. 2002 "Bazar", 2005 "Un Jardin sur le Nil". Drei Jahre dazwischen. Ein Designer, zwei Düfte und ohne es zu ahnen riecht man daher im "Bazar" von Christian Lacroix einen exklusiven Hauch von Hermes durch. Den fruchtigen Obstkorb bekommt man als Geschenk noch oben drauf. Was will man mehr und wer denkt bei all den schönen sinnlichen Überraschungen noch über den armen, unglücklichen Flakon nach?
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Torwart vor 1 Monat 2
TACTICS - MEINE TRAUMWIESE
Tactics kenne ich schon lange. Ich hatte es schon als Teenager und es war einer meiner ersten Düfte (so wie Cristalle von Chanel). Ich habe immer irgendwo eine Flasche stehen. Ich nehme es sehr selten. Oftmals rieche ich nur an der Flasche. Ich liebe den Flakon, den dichten, schweren, weissen Flakon mit dem goldenen Logo. Die gedrehten Quadrate ergeben ein "T". Der befremdliche grüne Rand an der Verschlusskappe irritiert. Ein Flakon wie aus dem Setting eines Science Fiction Films. Beim Öfnnen, erstmal tief einatmen. Der Duft nimmt einen mit. Er entführt einen in eine weite, cleane, fremde, aber bekannte Landschaft. Man hat frisch gemähte Wiesen vor Augen. Ein Duft, der irgendwo zwischen Vergangenheit und Zukunft liegt. Ein Duft, ungewöhnlich, der genau so riecht, wie der Flakon aussieht. Kein Duft für jeden Tag. kein Duft, den man wirklich riecht, vielmehr eher fühlt. Noch weniger ein Duft, auf den man angesprochen wird. Ein Duft, den man dann zur Hand nimmt, wenn man mental eine Pause braucht, wenn einen viele Leute gleichzeitig sehr geärgert haben. Ein Duft zum Entfliehen. Ein Hauch, der einen mitnimmt und fortträgt. Leicht, frisch, sehr grün und sehr flüchtig. Ein sehr privater Duft, den man sich aufträgt, für ein, zwei Studen und der dann entflieht. Ein Duft, der einem einen Raum bietet. Er ist nichts für den Herbst oder Winter, aber er ist wunderbar im späten Frühjahr und im Sommer. Er kühlt ab. Eine dunkle Jeans, ein weisses Hemd und der flüchtige Duft nach Tactics. Mehr braucht es an manchen Tagen nicht, um alles zum Besseren zu wenden.
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Torwart vor 1 Monat 6
Wo steht mein Auto?
Wo steht mein Auto? - fällt mir zu dem Duft ein. Vor einigen Jahren, gut fünf oder sechs, bin ich mit einem Freund (mit dem ich leider nicht mehr befreundet bin, aber das ist eine andere Geschichte) in einer kleinen fränkischen Stadt gelandet. Wir haben geparkt und waren essen. Ungeduldig, wie ich bin, lief ich noch kurz in den Drogerie-Markt in der Nähe vom Parkplatz, während wir auf das Essen gewartet haben. Ich habe den üblichen Drogerie-Kram gekauft, was man halt so kauft und ging an dem Parfum-Regal vorbei. In Drogerie-Märkten sind die Düfte ja nicht so der Brüller. Aber ich laufe gerne vorbei, weil sie immer so bunt sind und mir das gefällt. Ausserdem findet man Düfte, von denen man sonst nicht denkt, dass es sie gibt, oder man denkt, es gibt sie schon ganz lange nicht mehr. Nun, am Regal schaue ich runter und sehe diesen kleinen bescheidenen grünen Karton. Irgendwas um 12 Euro. Elisabeth Arden. Ich mag Elisabeth Arden und gehöre zu den Leuten, die früher die Eight Hour Creme benutzt haben (kennt die noch jemand?). Ich nehme also den Karton in die Hand und weil ich früher das Bvlgari mit dem grünen Tee so gerne mochte, habe ich mir was vom Tester aufgesprüht. WOW! ich war hin und weg. Ein ganz einfacher, ganz frischer Duft mit einer strahlend klaren Aussage. Einer, der einen einfach ganz schnell irgendwo hin mitnimmt, Irgendwo, wo alles toll ist und es keinen tristen Alltag gibt. Wie meine Vorautorin schreibt, ein Gefühl, wie im Spa. Das kann ich nachvollziehen. Ich habe nochmal ordentlich nachgelegt und weil man manches Mal geizig ist bei Dingen, die günstig sind, bin ich raus zum essen. Gegessen, ins Auto gesprungen und losgefahren. Mittendrin stop, umdrehen, in den Markt gehen und die Flasche kaufen. Mein ideales Autoparfum. Im Sommer, auf langen heissen Fahrten, sprühen und in die Frische eintauchen. Im Winter bei langen trüben Fahrten, sprühen und die Frische spüren und das Frühjahr, das vor einem liegt. Ein ganz einfacher Duft, mit grosser Wirkung. Erst vor kurzem habe ich erfahren, dass er von Francis Kurkdjian entworfen wurde. Nun, toller Designer, günstiger Preis. Nach Jahren im Auto war die Flasche leer und ich hatte es irgendwie vergessen, bis ich letzte Woche wieder mal in einem Drogerie-Markt war, in die untere Reihe geschaut habe und dieses Mal nicht geizig war. Mittlerweile ist mein Fach im Auto leer und der Duft steht auf meinem Schreibtisch. Er erfrischt mich mit seinem tollen Citrusduft und irgendwie denke ich jetzt immer etwas schwermütig an den guten Freund zurück, der mir verloren gegangen ist.
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