Marseille Comme des Garçons 2021
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Hilfreiche Rezension
Kernseife und Weltschmerz
Auf einem Trip durch Frankreich machten wir Halt in Marseille. Die mediterranen Altbauten rekelten sich in der Sonne, als wir einfuhren. Das Leben spross aus jeder Ecke, Autos verstopften die Straßen und die Unruhe war ansteckend. Wegen der Erfahrungsberichte von Diebstahl und Gewalt verbargen wir unser Hab und Gut im Auto, aus dem wir die letzten Tage lebten vor fremden Blicken. Wir markierten unseren Parkplatz auf der Karte, damit wir es im asphaltierten Labyrinth wiederfinden.
Menschen murmelten sich ihre Tagespläne zu oder torkelten bei Rot über die Ampel, während wir nur zögerlich die Straße überquerten, weil wir nicht von lebensmüden Mopedfahrern gerissen werden wollten und eine grüne Fußgängerampel hier keine Jurisdiktion hat. Es gehört wohl zum Savoir-vivre, dass die Verkehrsregeln nur eine reine Empfehlung sind. Die Personen, die in jeder Sicht nüchtern schienen, strahlten eine Grundaggressivität aus, trugen ihren Weltschmerz nach außen und kontemplierten die nächste Schlägerei oder spurteten hektisch über die Schlaglöcher, damit sie keine Motorhaube schmücken. Bilder haben wir nur wenige gemacht, weil das Handy zu zücken jedes Mal das Risiko barg, es zu verlieren. Dabei war die Stadt eine alternde Augenweide und so schön anzusehen.
Es war Hochsommer und die imposante Architektur bot Zuflucht in ihrem Schatten. Es wurde so hoch gebaut, wie es der technische Fortschritt zur Zeit der Errichtung erlaubte. Man starrte stetig in den Himmel, um nicht das Zeitgefühl in den von den Häusern verdunkelten Wegen zu verlieren. Es war den ganzen Tag Abend, während man in den Gassen versucht hat, seinen Weg zu finden. Alles, was man mit gestreckten Armen erreichen konnte, war in Graffiti gehüllt. Die Gehwege waren abgenutzt und müde, weil sie zu viel gesehen haben. An einer Ecke blickte man in eine scheinbar endlose, kerzengerade Straße, welche sich gen Horizont hinabwölbte und von den verzierten Bauten umrahmt war. So war die französische Großstadt auf ihrem Sterbebett mit vielen dieser Lichtblicke bestückt, die den Atem raubten.
Eine unvergleichbare urbane Aussicht, aber wir wussten, dass wir nicht allzu viel Zeit in Marseille verbringen wollten. Nicht nur, weil wir uns nicht willkommen fühlten, aber auch, weil der Schweiß sich mit dem Dove Deo vermengt hat und die Dusche im nächsten Airbnb unseren Namen rief. Deswegen ist dieses Eau de Toilette von Comme des Garçons wahrscheinlich die näheste Sommererinnerung für mich, weil ich nie viel gereist bin und ich die von mir besuchten Sandstrände an einer Hand abzählen kann. Es ist der Hitzschlag in der Dachgeschosswohnung inmitten einer Beton-Metropole und die kalte Dusche mit Kernseife auf der mit Deodorant besprühten, verschwitzten Haut. Ebenso wunderschön wie die namensgebende Stadt mit einem dreckigen Unterton, weil unter all der Schönheit doch eine Anstrengung liegt zu sein.
Menschen murmelten sich ihre Tagespläne zu oder torkelten bei Rot über die Ampel, während wir nur zögerlich die Straße überquerten, weil wir nicht von lebensmüden Mopedfahrern gerissen werden wollten und eine grüne Fußgängerampel hier keine Jurisdiktion hat. Es gehört wohl zum Savoir-vivre, dass die Verkehrsregeln nur eine reine Empfehlung sind. Die Personen, die in jeder Sicht nüchtern schienen, strahlten eine Grundaggressivität aus, trugen ihren Weltschmerz nach außen und kontemplierten die nächste Schlägerei oder spurteten hektisch über die Schlaglöcher, damit sie keine Motorhaube schmücken. Bilder haben wir nur wenige gemacht, weil das Handy zu zücken jedes Mal das Risiko barg, es zu verlieren. Dabei war die Stadt eine alternde Augenweide und so schön anzusehen.
Es war Hochsommer und die imposante Architektur bot Zuflucht in ihrem Schatten. Es wurde so hoch gebaut, wie es der technische Fortschritt zur Zeit der Errichtung erlaubte. Man starrte stetig in den Himmel, um nicht das Zeitgefühl in den von den Häusern verdunkelten Wegen zu verlieren. Es war den ganzen Tag Abend, während man in den Gassen versucht hat, seinen Weg zu finden. Alles, was man mit gestreckten Armen erreichen konnte, war in Graffiti gehüllt. Die Gehwege waren abgenutzt und müde, weil sie zu viel gesehen haben. An einer Ecke blickte man in eine scheinbar endlose, kerzengerade Straße, welche sich gen Horizont hinabwölbte und von den verzierten Bauten umrahmt war. So war die französische Großstadt auf ihrem Sterbebett mit vielen dieser Lichtblicke bestückt, die den Atem raubten.
Eine unvergleichbare urbane Aussicht, aber wir wussten, dass wir nicht allzu viel Zeit in Marseille verbringen wollten. Nicht nur, weil wir uns nicht willkommen fühlten, aber auch, weil der Schweiß sich mit dem Dove Deo vermengt hat und die Dusche im nächsten Airbnb unseren Namen rief. Deswegen ist dieses Eau de Toilette von Comme des Garçons wahrscheinlich die näheste Sommererinnerung für mich, weil ich nie viel gereist bin und ich die von mir besuchten Sandstrände an einer Hand abzählen kann. Es ist der Hitzschlag in der Dachgeschosswohnung inmitten einer Beton-Metropole und die kalte Dusche mit Kernseife auf der mit Deodorant besprühten, verschwitzten Haut. Ebenso wunderschön wie die namensgebende Stadt mit einem dreckigen Unterton, weil unter all der Schönheit doch eine Anstrengung liegt zu sein.
7 Antworten


Aber der Duft klingt relativ fein..