Imprévu 1968 Eau de Cologne

Serenissima
29.02.2024 - 01:03 Uhr
12
Top Rezension
8
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft

Imprévu - nicht ganz unerwartet

Gänzlich unerwartet kam es damals allerdings, das Duftpäckchen von Can777, gefüllt mit drei Vintage-Düften von Coty: „Emeraude“, „Archange“ und „Imprévu“ bereicherten plötzlich meine Sammlung; alle drei Schönheiten aus einer anderen Zeit, aus einer anderen Welt.
Welch großartige Duftkompositionen öffneten ihre geheimen Duftkammern für mich.

Inzwischen durften sie weiterreisen, bekamen eine andere „Herrschaft“, die sie schmücken und erfreuen dürfen: Meine Sammlung musste (und muss) verschlankt werden und wenn sich ein besonderer Duftmensch meldet, dem ich sie gern anvertraue, gehen auch jetzt immer noch Flacons auf die Reise.

Mir bleiben, außer dem Vergnügen ihre Bekanntschaft gemacht und einige Zeit mit ihnen gelebt zu haben, hier aufgeschriebene Eindrücke, Erinnerungen oder Geschichten, oder aber wie bei „Emeraude“ und „Imprévu“ Notizen, die auf irgendwelchen Zetteln irgendwo herumliegen und mir ab und zu wieder in die Finger kommen und so Aufmerksamkeit erregen:
Farbige Duftnoten entsteigen dann rasch hingeschriebenen Worten und verknüpfen sich plötzlich wieder zu einem Kunstwerk aus unterschiedlichen Aromen, die ein harmonisches Ganzes bilden.
So auch bei „Imprévu“: Diese Komposition klingt, wohltönend und gekonnt arrangiert.
Wie könnte es bei dem Opus eines Parfümeurs namens Bernard Chant auch anders sein.

Wir treffen, wie bei jedem Kind seiner Zeit (Ausgang der sechziger Jahre erschienen), auch bei „Imprévu“ schon im Eau de Cologne einen Reichtum an wohlduftenden, gekonnt ausgewählten Bestandteilen in voller Pracht, von denen einige inzwischen leider kaum noch oder nur noch kupiert und so ihrer Ursprünglichkeit beraubt, verwendet werden.
Dazu gehören u. a. die seit Coco Chanels „N°. 5“ so lebendig übersprudelnden Aldehyde, die auch hier für den sonnendurchfluteten Charme der Zitrusnoten im frisch-würzigen, mit freundlichem Veilchenblau gesäumten Auftakt sorgen.
Die fruchtige Frische von Bergamotten und Pomeranzen erhält so ein besonderes Leuchten und entzündet zur Eröffnung kleine Aromafeuerwerke auf der Haut.
Die Sinne so geweckt, feiern sie überbordende weiße und intensiv duftende Jasmin-Akkorde und Ylang-Ylangs Strahlen, bevor sich eine klassische Basis der sechziger Jahre mit einer guten Portion Eichenmoos kratzig-würzig meldet und zu einem ausgewogenen Ausklang beiträgt.
Aromatisch harzig-rauchig und Vetiver begleitet erlangt diese Schönheit ihren Höhepunkt, wo sie durch eine Haube aus warmer Vanille und Moschus, mit leicht animalischer Note, herrlich und rund abgeschlossen, geschliffen und so zum Glänzen gebracht wird.

Unerwartet ist an „Imprévu“ nichts; wer sich ein wenig mit der Duftwelt zu dieser opulenten, vielfältigen und später auch farbenfrohen Zeit beschäftigt hat oder diese, wie ich, noch aus persönlichem, zeitnahem Erleben kennt, weiß, dass dem Haus Coty hier ein feines Duftschmuckstück (gleich in unterschiedlicher Intensität) gelungen ist; tragbar und schmückend, dabei aber auch mit einer eigenen charismatischen Persönlichkeit ausgestattet.

Dieses Eau de Cologne verfügt weder über eine außergewöhnliche Sillage noch über eine extrem lange Haltbarkeit, entspricht so aber dem, was man bei seiner Herkunft erwarten darf.
Ich fand einen angenehmen, schmückenden Begleiter durch den Tag, stilvoll mit französischer Eleganz.

Fein, dass diese herrlichen Düfte in vielen Sammlungen immer noch überlebt haben und uns auch heute noch erfreuen können, indem sie durch einfaches Sprühen unsere Träume reisen lassen.
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