Cuba 2002 Cologne

Redna
10.09.2016 - 11:15 Uhr
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Top Rezension

Boah stinkt das geil!

Ich bin erst seit kurzem hier, habe noch nicht wirklich Ahnung von Parfüm und bin gerade erst am Anfang, mich durchzuprobieren und einen Überblick zu gewinnen. Da ich einerseits für Cocktails, Rum und gute Zigarren zu begeistern bin, andererseits auch schon auf Cuba war und dieses Land sehr schätze, stand Czech & Speake - Cuba schon sehr früh auf der Testliste. Anhand der bisherigen Kommentare hier und auch nach meinem ersten Testsprühstoß hätte ich nicht gedacht, dass es ausgerechnet dieser Duft werden würde, über den ich nun meinen ersten Kommentar schreibe. Aber da "Cuba" mich genauso gespalten hat, wie es meine Vorschreiber zu spalten scheint und da ich bei den enthaltenen Themen ja eigentlich wissen sollte, wovon ich rede, probiere ich es mal!

Vorab: Wer nach Cuba will und aufgrund des Duftes nun vom Urlaub abgeschreckt ist: Ihr könnt beruhigt hinfliegen! ;)

Bei meinem ersten Test auf Papierstreifen habe ich mich erschreckt, zuerst angewidert abgewendet und hatte einen Moment Schwierigkeiten, den "Duft" erstmal wieder aus der Nase zu bekommen.
Ein paar Tage später - sichergestellt, dass ich diesen Tag niemanden mehr sehen muss und mit dem Ziel, mich eh gleich auf den Balkon zu setzen - habe ich es dann aber gewagt, mir den Duft trotzdem auf den Arm zu sprühen. Gleichzeitig habe ich auch nochmal einen Teststreifen benetzt.

"Cuba" beginnt auf Papier wie auf Haut zunächst sehr aggressiv und springt einen förmlich an.
Rum? Ja, heller, sprittiger, junger Rum - kein weicher, lang im Fass gelagerter oder gar süßer Rum, wie man ihn hier oft findet.
Minze? Ja, aber scharfe Minze, wie man sie in Deutschland viel zu häufig in Supermärkten und auch in Cocktails durchschnittlicher Bars findet - nicht so weich, rund und voll, wie "richtige" Mentha Nemorosa, wie sie in gut gemachten Mojito gehört.
Limette? Ja, leider auch so viel, wie in Europe in Mojitos zu finden ist.
Tabak? Obwohl ich Tabak in all seinen Reifestadien kenne, vom Feld bis zur fertigen Zigarre, habe ich auch eher dem Eindruck "Fäkalnote" zugestimmt.
Soweit der Anfang von "Cuba".

An dieser Stelle ein kurzer Einschub: Mojitos in Mitteleuropa sind häufig viel zu zucker- und limettenlastig und unterscheiden sich kaum von Caipi. Sämtliche Mojitos, die ich auf Cuba getrunken habe - und das waren einige - waren deutlich rum- und minzlastiger mit einem viel frischeren und leichteren Geschmack. Dadurch sind sie zwar etwas sprittiger. Das wird aber durch die viel rundere und intensivere Minze, die nicht so sauer ist, wie der nur ganz dezent hinzugefügte Limettensaft, gut wieder aufgefangen.

Aber: Bei keinem anderen der von mir bislang getesteten Düfte finde ich den Unterschied zwischen der bleibenden Aggressivität auf Papier und der Entwicklung auf meiner Haut größer.
Auf Papier bleibt "Cuba" nahezu, wie es angefangen hat - der Duft verliert natürlich an Intensität, bleibt aber unrund und auch für mein Empfinden unerträglich. Riecht so Cuba? Zum Glück nicht! Aber auf der Haut, zumindest auf meiner, gibt es eine deutliche Entwicklung:
Die Fäkalnote zu Beginn - ich bleibe bewusst bei dieser Beschreibung durch meine Vorkommentatoren - wird bedeutend gefälliger und verschwindet schließlich. Zwischenzeitlich fühle ich mich erinnert an noch nicht fertig fermentierten Tabak. So riecht es in einem Trockenschuppen, der erst vor kurzem mit frisch geerntetem Tabak bestückt wurde. Auch dort hat man eine deutliche Ammoniaknote als Parallele zum Klärwerk, trotzdem erkennt man schon, dass es sich um Tabak handelt. Das war bei "Cuba" auf meiner Haut nach vielleicht 30 Minuten der Fall. Zu dieser Zeit ist der Duft immer noch weit entfernt vom Geruch einer fertigen, gelagerten unangezündeten Zigarre, die auch von Nichtrauchern meist als angenehm empfunden wird. Diese Note macht eine weitere Entwicklung durch und erst nach einer guten Stunde hatte auch ich die Assoziation zu wohlig-weich, aber kräftig-dunkel riechendem, fertigen Zigarrentabak.
Der Rum tritt recht bald in den Hintergrund, ebenso wird die Limette mit ihren Zitrusnoten und die Minze nach und nach runder und weicher, milder, wie es sich gehört. Dies alles bleibt aber präsent, so dass der Duft insgesamt nicht wirklich dunkel und schwer wird, sondern weiter auf der frischen, sommerlichen Seite bleibt. Zusammen mit dem Tabak eine tatsächlich außergewöhnliche, spannende Kombination!

Fazit: Riecht so Cuba? Nein! Obwohl...doch, ein bisschen schon. Nach einer guten Stunde auf der Haut sage ich jedenfalls nicht mehr "zum Glück", sondern meine Meinung über den Duft hat sich, verglichen zum Beginn des Duftes, so verändert, wie der Duft auf meiner Haut sich verändert hat. "Cuba" greift gekonnt zahlreiche Themen auf, die auf Cuba allgegenwärtig sind, die man deutlich wiedererkennen und nach einiger Zeit auf der Haut vielleicht sogar lieben wird.
Übrigens: Die Noten "Oldtimer-Abgase", "Reis mit Bohnen", "Meer" und die wundervolle Landschaft Cubas lässt Czech & Speake unberücksichtigt. ;) Schweiß konnte ich im Übrigen auch nicht im Duft wiederfinden.

Jetzt, wo ich zwei Mal die ca. achtstündige Haltbarkeit des Dufts genossen habe, will ich mehr von dem Zeug, als nur die kleine Probe. Durch die erste gute halbe Stunde muss man halt durch. Elf Stunden im Flugzeug nach Cuba dauern länger und die Sitznachbarn stinken womöglich schlimmer. Und das Papier werfe ich weg. "Cuba" gehört auf die Haut. Im Sommer.
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