Redna

Redna

Rezensionen
Redna vor 8 Jahren 12 6
Die Ruhe nach dem Sturm
Da Creed Original Vetiver einer der ersten Nischendüfte war, der mich sofort beim ersten Öffnen der Probe begeistert hat, war es für mich naheliegend, zunächst mal zahlreiche weitere Vetiver-Düfte zu testen - auch, wenn der oben genannte eigentlich gar nicht typisch für diese Richtung ist. So ist - Terras Empfehlung sei Dank - auch Sel de Vetiver auf meiner Liste gelandet. Da ich kurz vorher auch Heeleys Sel Marin gestestet hatte, den ich auch nicht schlecht fand, war die Verbindung aus Vetiver und Meer doppelt reizvoll.
Um es gleich vorweg zu nehmen: Schon nach dem ersten Aufsprühen war mir klar, dass ich diesen Duft haben will. Ich habe ihn von Anfang an als für mich selbstverständlich empfunden. Warum das so ist, fällt mir gar nicht leicht, zu beschreiben.

Sel de Vetiver beginnt sehr frisch, die deutliche Grapefruit-Note lässt ihn die ersten Minuten spritzig und säuerlich erscheinen. Man merkt dabei aber bereits, dass es so nicht bleiben wird und der Duft wandelt sich schnell: Es folgt sehr deutlich wahrnehmbares Salz, das eine rauhe Textur verleiht. Es ergibt sich bei mir im Kopf das Bild von Meer, das sich direkt nach einem Sturm gerade wieder beruhigt hat. Ich fühle mich quasi auf einen ins Meer ragenden Holzsteg versetzt, auf dem man die ersten warmen Sonnenstrahlen nach einem Sturm genießt. Die Umgebung ist noch nass, von Salzwasser getränkt. Die Kombination mit dem Vetiver sorgt für das alte Holz oder dunkle nasse Holzplanken eines alten Schiffes oder eines Steges in diesem Bild. Gleichzeitig strahlt der Duft eine gewisse Wärme aus, als käme gerade die Sonne wieder hervor, die für eine Intensivierung der Duftwahrnehmung in der durch die Verdunstung noch kalten Luft sorgt.
Dort angekommen, ist die Veränderung nur noch marginal, was mich aber nicht im geringsten stört. Die Grapefruit-/Zitrusnoten verschwinden nach einiger Zeit komplett, was den Duft noch etwas wärmer werden lässt.
Vielleicht ist es gerade diese Kombination, die ich so toll finde: Einerseits repräsentiert der Duft rauhes, frisches Meer, andererseits wirkt er kein bisschen ungemütlich. Einerseits ist er ganz sicher kein runder, weicher, gefälliger Wohlfühl-Kuschelduft, andererseits ist er kein bisschen aggressiv oder unangenehm, in seiner Rauheit doch sehr stimmig und rund.

Sel Marin und Sel de Vetiver sind übrigens, trotz Überschneidungen in Duftnoten und Thema, zwei gänzlich unterschiedliche Düfte: Sel Marin ist im klassischen Sinne aquatisch, sehr kühl, es dominieren Algen und er enthält meerestypische Duftnoten, die vielleicht nicht jeder als angenehm empfinden wird. Ich empfinde sie als passend und den Duft durchaus auch als spannend, sehe ihn in erster Linie im Sommer. Das Salz spielt in Sel de Vetiver eine größere Rolle, der auf mich durch den Vetiver "dunkler" und etwas voller, schwerer wirkt...eher etwas für Herbst und vielleicht Frühling.

Die ersten Stunden ist die Silage von Sel de Vetiver in meinen Augen genau richtig: Deutlich wahrnehmbar, nicht aufdringlich. Von der Haltbarkeit der Projektion her würde ich mir ein wenig mehr Ausdauer wünschen. Nach 5-6 Stunden nehme ich ihn hautnah noch sehr deutlich wahr, die Projektion hat dann aber schon spürbar gelitten.
Derzeit habe ich noch eine Abfüllung. Neigt sich diese zur Neige, wird definitiv ein Flakon folgen. Sel de Vetiver ist einer meiner beiden Standarddüfte für diesen Herbst geworden.
6 Antworten
Redna vor 8 Jahren 7
Nur zur äußeren Anwendung!
Interessanter Stoff!

Die genannten wesentlichen Duftnoten kann ich gut nachvollziehen: Die ersten paar Minuten dominiert Gin und der Duft ist zunächst überraschend frisch. Das hält aber nur kurz an und schlägt dann um in die beschriebene Mischung aus schwerem, süßen Rum (z.B. "Blue Mauritius") mit etwas Trockenfrüchten - eine sehr runde, weiche, intensive Mischung. Fast etwas rosinig.

Trägt man den Duft in der Öffentlichkeit, muss man damit rechnen, einen falschen Eindruck zu hinterlassen - zumindest während der ersten 2 Stunden. "Versoffen" trifft es da echt. Das macht den Duft aber auch spannend! Er ist nicht im eigentlichen Sinne alkoholisch, als ob man an einer Flasche hochprozentigem schnuppern würde. Nicht im geringsten! Aber er imitiert das Empfinden, als würde man einen warmen Raum betreten, in dem bereits seit einiger Zeit gezecht wird. Oder als ob jemand an einem vorübergeht, der vor kurzem reichlich getrunken hat.
Es ist schwer zu beschreiben, warum ich das trotzdem für einen schönen Duft halte...er strahlt dabei eine intensive Wärme und eine gewisse Süffigkeit aus, wirkt durchaus hochwertig und komplex! Ich empfinde das als wahnsinnig angenehm und überlege, ob ich nicht doch....nein, ich werde mich an die Überschrift meines Kommentars halten!

Hintergründig nimmt man das Sandelholz und ein bisschen auch den Tabak schon früh sehr dezent wahr - beides sorgt dafür, dass der Duft nicht zu klebrig und auf keinen Fall schlabberig wird. Im Verlauf tritt diese Basis weiter in den Vordergrund und der Duft wird etwas weniger verrucht, im gesellschaftlichen Sinne quasi weniger anstößig. Der süße Rum wandelt sich im Laufe der Zeit ein bisschen Richtung dichte, schwere Vanille, ohne seine Herkunft ganz zu verleugnen.

Die Haltbarkeit ist exzellent, nach dem Mittag aufgesprüht und ich rieche ihn hautnah noch am nächsten Morgen. Die Projektion lässt meinem Empfinden nach erst nach etlichen Stunden langsam nach - die ersten ca. 2 Stunden ist sie schon ziemlich deutlich.

Les Jeux sont Faits ist genau das richtige Parfüm, um die eigene Fahne an einem verkaterten Tag zu perfektionieren. Man kann ihm natürlich auch die Schuld in die Schuhe schieben, ;)
Einen Flakon kaufen werde ich ganz so bald nicht, dafür würde ich ihn vermutlich zu selten tragen bzw. haben momentan alltäglicher nutzbare Düfte bei mir noch Vorrang - sollte mir einmal eine Abfüllung über den Weg laufen, könnte ich durchaus schwach werden. In irgendeiner Form wird er irgendwann einziehen.
0 Antworten
Redna vor 8 Jahren 11 3
Boah stinkt das geil!
Ich bin erst seit kurzem hier, habe noch nicht wirklich Ahnung von Parfüm und bin gerade erst am Anfang, mich durchzuprobieren und einen Überblick zu gewinnen. Da ich einerseits für Cocktails, Rum und gute Zigarren zu begeistern bin, andererseits auch schon auf Cuba war und dieses Land sehr schätze, stand Czech & Speake - Cuba schon sehr früh auf der Testliste. Anhand der bisherigen Kommentare hier und auch nach meinem ersten Testsprühstoß hätte ich nicht gedacht, dass es ausgerechnet dieser Duft werden würde, über den ich nun meinen ersten Kommentar schreibe. Aber da "Cuba" mich genauso gespalten hat, wie es meine Vorschreiber zu spalten scheint und da ich bei den enthaltenen Themen ja eigentlich wissen sollte, wovon ich rede, probiere ich es mal!

Vorab: Wer nach Cuba will und aufgrund des Duftes nun vom Urlaub abgeschreckt ist: Ihr könnt beruhigt hinfliegen! ;)

Bei meinem ersten Test auf Papierstreifen habe ich mich erschreckt, zuerst angewidert abgewendet und hatte einen Moment Schwierigkeiten, den "Duft" erstmal wieder aus der Nase zu bekommen.
Ein paar Tage später - sichergestellt, dass ich diesen Tag niemanden mehr sehen muss und mit dem Ziel, mich eh gleich auf den Balkon zu setzen - habe ich es dann aber gewagt, mir den Duft trotzdem auf den Arm zu sprühen. Gleichzeitig habe ich auch nochmal einen Teststreifen benetzt.

"Cuba" beginnt auf Papier wie auf Haut zunächst sehr aggressiv und springt einen förmlich an.
Rum? Ja, heller, sprittiger, junger Rum - kein weicher, lang im Fass gelagerter oder gar süßer Rum, wie man ihn hier oft findet.
Minze? Ja, aber scharfe Minze, wie man sie in Deutschland viel zu häufig in Supermärkten und auch in Cocktails durchschnittlicher Bars findet - nicht so weich, rund und voll, wie "richtige" Mentha Nemorosa, wie sie in gut gemachten Mojito gehört.
Limette? Ja, leider auch so viel, wie in Europe in Mojitos zu finden ist.
Tabak? Obwohl ich Tabak in all seinen Reifestadien kenne, vom Feld bis zur fertigen Zigarre, habe ich auch eher dem Eindruck "Fäkalnote" zugestimmt.
Soweit der Anfang von "Cuba".

An dieser Stelle ein kurzer Einschub: Mojitos in Mitteleuropa sind häufig viel zu zucker- und limettenlastig und unterscheiden sich kaum von Caipi. Sämtliche Mojitos, die ich auf Cuba getrunken habe - und das waren einige - waren deutlich rum- und minzlastiger mit einem viel frischeren und leichteren Geschmack. Dadurch sind sie zwar etwas sprittiger. Das wird aber durch die viel rundere und intensivere Minze, die nicht so sauer ist, wie der nur ganz dezent hinzugefügte Limettensaft, gut wieder aufgefangen.

Aber: Bei keinem anderen der von mir bislang getesteten Düfte finde ich den Unterschied zwischen der bleibenden Aggressivität auf Papier und der Entwicklung auf meiner Haut größer.
Auf Papier bleibt "Cuba" nahezu, wie es angefangen hat - der Duft verliert natürlich an Intensität, bleibt aber unrund und auch für mein Empfinden unerträglich. Riecht so Cuba? Zum Glück nicht! Aber auf der Haut, zumindest auf meiner, gibt es eine deutliche Entwicklung:
Die Fäkalnote zu Beginn - ich bleibe bewusst bei dieser Beschreibung durch meine Vorkommentatoren - wird bedeutend gefälliger und verschwindet schließlich. Zwischenzeitlich fühle ich mich erinnert an noch nicht fertig fermentierten Tabak. So riecht es in einem Trockenschuppen, der erst vor kurzem mit frisch geerntetem Tabak bestückt wurde. Auch dort hat man eine deutliche Ammoniaknote als Parallele zum Klärwerk, trotzdem erkennt man schon, dass es sich um Tabak handelt. Das war bei "Cuba" auf meiner Haut nach vielleicht 30 Minuten der Fall. Zu dieser Zeit ist der Duft immer noch weit entfernt vom Geruch einer fertigen, gelagerten unangezündeten Zigarre, die auch von Nichtrauchern meist als angenehm empfunden wird. Diese Note macht eine weitere Entwicklung durch und erst nach einer guten Stunde hatte auch ich die Assoziation zu wohlig-weich, aber kräftig-dunkel riechendem, fertigen Zigarrentabak.
Der Rum tritt recht bald in den Hintergrund, ebenso wird die Limette mit ihren Zitrusnoten und die Minze nach und nach runder und weicher, milder, wie es sich gehört. Dies alles bleibt aber präsent, so dass der Duft insgesamt nicht wirklich dunkel und schwer wird, sondern weiter auf der frischen, sommerlichen Seite bleibt. Zusammen mit dem Tabak eine tatsächlich außergewöhnliche, spannende Kombination!

Fazit: Riecht so Cuba? Nein! Obwohl...doch, ein bisschen schon. Nach einer guten Stunde auf der Haut sage ich jedenfalls nicht mehr "zum Glück", sondern meine Meinung über den Duft hat sich, verglichen zum Beginn des Duftes, so verändert, wie der Duft auf meiner Haut sich verändert hat. "Cuba" greift gekonnt zahlreiche Themen auf, die auf Cuba allgegenwärtig sind, die man deutlich wiedererkennen und nach einiger Zeit auf der Haut vielleicht sogar lieben wird.
Übrigens: Die Noten "Oldtimer-Abgase", "Reis mit Bohnen", "Meer" und die wundervolle Landschaft Cubas lässt Czech & Speake unberücksichtigt. ;) Schweiß konnte ich im Übrigen auch nicht im Duft wiederfinden.

Jetzt, wo ich zwei Mal die ca. achtstündige Haltbarkeit des Dufts genossen habe, will ich mehr von dem Zeug, als nur die kleine Probe. Durch die erste gute halbe Stunde muss man halt durch. Elf Stunden im Flugzeug nach Cuba dauern länger und die Sitznachbarn stinken womöglich schlimmer. Und das Papier werfe ich weg. "Cuba" gehört auf die Haut. Im Sommer.
3 Antworten