24.10.2013 - 10:45 Uhr
Profumo
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Profumo
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26
Was ein trinkender und rauchender Lino Ventura durchaus hätte tragen können...
Aha, eine Hommage an die männlichen Ikonen des französischen Filmes der 60er Jahre also... Wenn hinter diesem Duft nicht François Hénin, (der Mann, der die Marke „Jovoy“ wiederbelebte), sowie Dorothée Piot (die so wunderbare Düfte wie „Memoir Woman“ und „Chambre Noire“ kreierte) stünden, würde ich sagen: vergesst den Marketing-Sums, wurde ohnehin nur zusammengeschwurbelt, um einem saft- und kraftlosen Wässerchen halbwegs eine Daseinsberechtigung zu verpassen...
Aber nein, weit gefehlt, ganz, ganz weit!
Dieser Duft ist nicht nur richtig gut, er vermittelt auch viel von den ursprünglichen Assoziationsquellen:
„Les Jeux sont fait ist ein Parfum, das mein Vater getragen hätte oder andere Männer der gleichen Generation. Diese Männer haben den Krieg und die Besetzung überlebt. Die Menschen waren arm und Kriminelle machten ihr Geld mit Prostitution, Casinos, Rennen und Erpressung. Um diese Epoche besser verstehen zu können, empfehle ich den Film ‘Les Tontons Flingueurs’. Der Duft ist von dieser Zeit inspiriert, als Parfums für Männer eher unpopulär und eigentlich nicht existent waren.“ (F.Hénin)
Und wirklich: sprüht man „Les Jeux sont Faits“ auf, ist all das – zumindest für mich – durchaus nachvollziehbar. Der Duft startet trocken und bitter, mit deutlicher Angelika-Note im Zentrum und einer Mords-Fahne im Schlepptau. Ja, die Jungs von damals tranken gerne und nicht zu knapp. Kein pappsüßes Wodka-Red-Bull, nein, Cognac, Gin oder Whisky waren für Mann-Männer wie Lino Ventura die Alkoholika der Wahl, zumindest im Film. Und gequarzt wurde auch, und wie. Am besten ohne Filter. Gauloises oder Gitanes, ganz egal, Hauptsache schwarz und kernig. So ziehen auch durch „Les Jeux sont Faits“ die denkbar dicksten Rauchschwaden, vernebeln alkoholgeschwängerte Hinterzimmer in denen das letzte Hemd verzockt wird.
Und wer glaubt, schon damals habe Mann sich täglich geduscht, deodoriert, parfümiert, oder gar epiliert, der irrt. Mann wusch sich, nicht mit Ph-neutralen Waschlotionen sondern eher scharfen Seifen, absolvierte sorgfältig die Rasur und klatschte sich anschließend brennendes Rasierwasser der Marke Pitralon ins Gesicht.
Deo? Fehlanzeige.
Im Laufe des Tages umwehte ihn mal mehr, mal weniger ein intensiver werdender Schweißgeruch, der aber als typisch „männlich“ akzeptiert und nur äußerst selten in Frage gestellt wurde.
Tatsächlich – und spätestens jetzt wird es so manchen gruseln – findet sich dieses einschlägige, scharfe Odeur auch hier: ein gute Dosis Kreuzkümmel sorgt dafür, und wer dieses Gewürz allein seines Geruches, insbesondere seiner schweißigen Nuancen wegen noch nie mochte, der wird auch diesen Duft verabscheuen.
Alkohol-Fahne, Raucher-Atem und Schweißgestank – schlimmer geht´s nimmer möchte man meinen, aber ganz so schlimm ist es dann doch nicht. Hinter dem nicht mehr ganz sauberen, munter seinen Lastern frönenden Kerl steckt nämlich durchaus ein verträglicher, kultivierter, ja charmanter Typ, der nur eine besonders raue Schale braucht um seine Verletzbarkeit, seinen weichen Kern zu verbergen: leichte Vanille-Noten, ein paar wenig süße Frucht-Akzente, weiches Sandelholz und harzig-balsamisches Labdanum sorgen für einen abmildernden Sound, der aber nie, auch nicht in der allerletzten Verlaufsphase des Duftes, das Raue, Herbe und Trockene des Duftes überwiegt. Dafür sorgt auch eine satte Portion erdig-würziges Patchouli, das mich augenblicklich an Givenchys „Gentleman“ erinnert.
Ganz so Patchouli-lastig ist „Les Jeux sont Faits“ allerdings nicht – aber auch nicht so manierlich. Blüten fehlen hier gänzlich, andererseits aber auch übermäßig animalische Akzente (sieht man von den schweißigen Nuancen einmal ab), sodass sich „Les Jeux sont Faits“ irgendwo zwischen der erotisch aufgeladenen Wildheit von Carons „Yatagan“, der maskulinen, trocken-herben Aura von Halstons „Z-14“ und der rauchgeschwängerten Schwermut von Rochas’ „Monsieur“ bewegt.
Ob der Duft damals, wie F.Hénin behauptet, komponiert und getragen worden wäre, wage ich zu bezweifeln: zu modern sind Formensprache und Proportionen – ein Eau de Parfum mit Noten wie Angelika und Cumin auf einer orientalischen Basis, wäre bestenfalls den Damen der zwanziger und dreißiger Jahre angedient worden und ganz bestimmt nicht den Herren der sechziger Jahre. Da waren, wenn überhaupt, leise Düfte à la „Eau Sauvage“, Givenchys „Monsieur“ oder Carvens „Vetiver“ en vogue. Dennoch ist „Les Jeux sont Faits“ ein schönes Spiel mit dem ‚was wäre wenn...’, denn aus heutiger Sicht scheint es ja durchaus möglich, dass die Jungs von damals diesen Duft getragen hätten. Doch ich vermute, er wäre abgelehnt worden, als Damenduft im Trench-Coat sozusagen.
Heute aber, im Zeitalter des allgegenwärtigen ‚Retro’ hat ein solches Spiel mit der Vergangenheit (siehe auch die Rückbezüge von „Histoires de Parfums“ und anderen) durchaus seine Reize.
Doch ist „Les Jeux sont Faits“ selbst im Heute wirklich tragbar?
Ich weiß es nicht. Ganz bestimmt nicht von der Masse als solchen, dafür ist er viel zu kantig, zu unsüß, zu charakterstark. Wer aber genau so einen Duft sucht, der wird hier fündig – ein viriler Duft für maskuline Frauen und Männer.
Sehr schön, aber auch weit, weit ab vom Mainstream!
Aber nein, weit gefehlt, ganz, ganz weit!
Dieser Duft ist nicht nur richtig gut, er vermittelt auch viel von den ursprünglichen Assoziationsquellen:
„Les Jeux sont fait ist ein Parfum, das mein Vater getragen hätte oder andere Männer der gleichen Generation. Diese Männer haben den Krieg und die Besetzung überlebt. Die Menschen waren arm und Kriminelle machten ihr Geld mit Prostitution, Casinos, Rennen und Erpressung. Um diese Epoche besser verstehen zu können, empfehle ich den Film ‘Les Tontons Flingueurs’. Der Duft ist von dieser Zeit inspiriert, als Parfums für Männer eher unpopulär und eigentlich nicht existent waren.“ (F.Hénin)
Und wirklich: sprüht man „Les Jeux sont Faits“ auf, ist all das – zumindest für mich – durchaus nachvollziehbar. Der Duft startet trocken und bitter, mit deutlicher Angelika-Note im Zentrum und einer Mords-Fahne im Schlepptau. Ja, die Jungs von damals tranken gerne und nicht zu knapp. Kein pappsüßes Wodka-Red-Bull, nein, Cognac, Gin oder Whisky waren für Mann-Männer wie Lino Ventura die Alkoholika der Wahl, zumindest im Film. Und gequarzt wurde auch, und wie. Am besten ohne Filter. Gauloises oder Gitanes, ganz egal, Hauptsache schwarz und kernig. So ziehen auch durch „Les Jeux sont Faits“ die denkbar dicksten Rauchschwaden, vernebeln alkoholgeschwängerte Hinterzimmer in denen das letzte Hemd verzockt wird.
Und wer glaubt, schon damals habe Mann sich täglich geduscht, deodoriert, parfümiert, oder gar epiliert, der irrt. Mann wusch sich, nicht mit Ph-neutralen Waschlotionen sondern eher scharfen Seifen, absolvierte sorgfältig die Rasur und klatschte sich anschließend brennendes Rasierwasser der Marke Pitralon ins Gesicht.
Deo? Fehlanzeige.
Im Laufe des Tages umwehte ihn mal mehr, mal weniger ein intensiver werdender Schweißgeruch, der aber als typisch „männlich“ akzeptiert und nur äußerst selten in Frage gestellt wurde.
Tatsächlich – und spätestens jetzt wird es so manchen gruseln – findet sich dieses einschlägige, scharfe Odeur auch hier: ein gute Dosis Kreuzkümmel sorgt dafür, und wer dieses Gewürz allein seines Geruches, insbesondere seiner schweißigen Nuancen wegen noch nie mochte, der wird auch diesen Duft verabscheuen.
Alkohol-Fahne, Raucher-Atem und Schweißgestank – schlimmer geht´s nimmer möchte man meinen, aber ganz so schlimm ist es dann doch nicht. Hinter dem nicht mehr ganz sauberen, munter seinen Lastern frönenden Kerl steckt nämlich durchaus ein verträglicher, kultivierter, ja charmanter Typ, der nur eine besonders raue Schale braucht um seine Verletzbarkeit, seinen weichen Kern zu verbergen: leichte Vanille-Noten, ein paar wenig süße Frucht-Akzente, weiches Sandelholz und harzig-balsamisches Labdanum sorgen für einen abmildernden Sound, der aber nie, auch nicht in der allerletzten Verlaufsphase des Duftes, das Raue, Herbe und Trockene des Duftes überwiegt. Dafür sorgt auch eine satte Portion erdig-würziges Patchouli, das mich augenblicklich an Givenchys „Gentleman“ erinnert.
Ganz so Patchouli-lastig ist „Les Jeux sont Faits“ allerdings nicht – aber auch nicht so manierlich. Blüten fehlen hier gänzlich, andererseits aber auch übermäßig animalische Akzente (sieht man von den schweißigen Nuancen einmal ab), sodass sich „Les Jeux sont Faits“ irgendwo zwischen der erotisch aufgeladenen Wildheit von Carons „Yatagan“, der maskulinen, trocken-herben Aura von Halstons „Z-14“ und der rauchgeschwängerten Schwermut von Rochas’ „Monsieur“ bewegt.
Ob der Duft damals, wie F.Hénin behauptet, komponiert und getragen worden wäre, wage ich zu bezweifeln: zu modern sind Formensprache und Proportionen – ein Eau de Parfum mit Noten wie Angelika und Cumin auf einer orientalischen Basis, wäre bestenfalls den Damen der zwanziger und dreißiger Jahre angedient worden und ganz bestimmt nicht den Herren der sechziger Jahre. Da waren, wenn überhaupt, leise Düfte à la „Eau Sauvage“, Givenchys „Monsieur“ oder Carvens „Vetiver“ en vogue. Dennoch ist „Les Jeux sont Faits“ ein schönes Spiel mit dem ‚was wäre wenn...’, denn aus heutiger Sicht scheint es ja durchaus möglich, dass die Jungs von damals diesen Duft getragen hätten. Doch ich vermute, er wäre abgelehnt worden, als Damenduft im Trench-Coat sozusagen.
Heute aber, im Zeitalter des allgegenwärtigen ‚Retro’ hat ein solches Spiel mit der Vergangenheit (siehe auch die Rückbezüge von „Histoires de Parfums“ und anderen) durchaus seine Reize.
Doch ist „Les Jeux sont Faits“ selbst im Heute wirklich tragbar?
Ich weiß es nicht. Ganz bestimmt nicht von der Masse als solchen, dafür ist er viel zu kantig, zu unsüß, zu charakterstark. Wer aber genau so einen Duft sucht, der wird hier fündig – ein viriler Duft für maskuline Frauen und Männer.
Sehr schön, aber auch weit, weit ab vom Mainstream!
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