Cool Moon 1990 Eau de Toilette

Schule
10.10.2016 - 18:14 Uhr
7
Sehr hilfreiche Rezension
5
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft

Wer parodiert schon Otto…

Nach einigen Jahren stiefmütterlicher Beschäftigung mit Düften, ne Handvoll für mich guter Sachen waren immer da, hat es mich mal wieder gepackt.

Gemischte Gefühle, einerseits die Ernüchterung über das aktuelle Mainstream-Angebot und dem Nachtrauern nach den Düften meiner Duftsozialisation als junger Mann Anfang der 90er Jahre, und andererseits den Verheißungen der modernen Zeit mit besserer Dokumentation und besserer Verfügbarkeit von alt und neu.

Einen Duft gab es dabei, der mich immer verunsichert und dessen Namen ich vergessen hatte, oder hatte ich mir einen falschen Namen eingeprägt?

Kurz davor, einen Foreneintrag mit der Bitte um Hilfe zur Identifikation zu schreiben, kam er mir dann bei einem Verkäufer verschiedener Miniaturen wieder unter. Man trifft sich immer zweimal…

Keine Ahnung, wie ich damals an diesen blassgelben Gesellen gekommen war, ein angebrochener 100 ml-Flakon ohne Deckel und mit kaputter Sprüheinheit. Einem Freund beim Umzug geholfen und das Ding dann geschenkt bekommen? Es bleibt ein Rätsel. Was ich aber noch sehr gut weiß, war das stiefmütterliche Dasein in meiner Sammlung. Verschlossen mit dem genau passenden Schaft eines angeknabberten Schulfüllers, um das Verdunsten zu vermeiden…

Immer mit gemischten Gefühlen getragen, nie dafür Komplimente bekommen, bei Dates tunlichst vermieden… Und dennoch hat er sich Mitte der 90er in mein Hirn gefräst, klar, dass ich ihn wieder kaufen musste.

Und nun mache ich heute die Miniatur auf, und die Erinnerungen sind alle wieder da. Ich habe ihn gerne getragen, wenn ich alleine auf Achse war. In irgendwelchen Kellerclubs, muffig, mit Nebelmaschine, hat er sich durch das Halbdunkel geschnitten.

Eine komische Kategorie, einerseits süß ohne besondere Details, andererseits mit einer penetranten Schärfe und synthetischer Kühle ausgestattet.

Meine Assoziation war immer, dass jemand mit begrenzten Mitteln, begrenztem handwerklichen Geschick und minderwertigen Zutaten den Auftrag hatte, sowas in der Art wie Otto Kerns Cycle nachzuempfinden.

Süße Düfte mag ich an sich gar nicht so gerne, aber es gibt ein paar Ausnahmen, auch wenn diese hier nicht als so süß gelten mögen - Cycle, der die Süße mit Harzigkeit verband und daraus etwas besonderes machte, Rochas Globe - der eine romantische Schwere hatte, die ich gerne roch, aber kaum selbst tragen mochte und Spirit, der meinem Vater nicht gefiel und den ich als Teenager erbte und in Ermangelung von bezahlbaren Alternativen auftrug und mir damit immer etwas „too much“ vorkam. Und irgendwo in diesem Feld bewegt sich auch Cool Moon, allerdings in einer schnöden, billigen, rotzigen Art.

Das, was Cycle hatte, den Übergang der Süße in seine Harzigkeit, und damit das Süße, Romantische aufbrechen konnte, wird hier ins Groteske gezogen.

Süßlichkeit ohne besondere Tiefe und dazu kommt eine klare, scharfe Note, die ich kaum beschreiben kann. In Ermangelung besserer Vergleiche, muss ich es sagen - es ist für mich der Geruch von einem Klostein. Oder Scheuerpulver. Linear - es ist alles gleich da und bleibt auch so. Die Duftpyramide ist hier eine Säule. Kunsthonig und eben Klostein.

Süßlichkeit allein trägt nicht, und Klostein alleine … muss ich nichts zu sagen. Zusammen funktioniert es plötzlich doch, es kommt etwas unwirkliches, synthetisches dabei raus. Etwas abgefahrenes, unfreiwillig entstanden, denkt man. Vielleicht nur damaliges Drogerie-Niveau? Mag sein.
Ist aber auch egal.

Aus der Erinnerung dämmert mir nun wieder, dass es noch andere Düfte gab, die in die gleiche Kerbe hauten - süßlich und stechend. Am ähnlichsten schätze ich noch Jade Man ein, sehr merkwürdig, dass sich zu jenem Kameraden hier noch niemand geäußert hat, war eigentlich damals gängig bei Schlecker und Konsorten. Auch an Private Number for men, dessen Blumigkeit durch das Harzige ersetzt wurde, werde ich erinnert.

Alles in allem ein Duft, der polarisiert, und manch einem - zurecht - einfach nur billig und synthetisch vorkommen mag. Aber irgendwie hat er was, Ecken und Kanten, die ich manchmal heute vergeblich suche.
2 Antworten