Under My Skin 2017

FrauLohse
12.11.2022 - 11:45 Uhr
29
Top Rezension
7
Preis
8
Flakon
6
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft

Grosses Kino: unanständig sauber?

Auf diesen Duft war ich nicht gefasst. Ich liebe es, wenn ich mir weder von den Duft Noten, noch von den Beschreibungen ein Duftbild zurecht fantasieren kann, denn nur so entstehen die größten Überraschungen.

Under my Skin hat mich umgehauen. Beim ersten Sprüh vom Lavendelpfeffer weggeblasen, um dann festzustellen, das kommt mir so bekannt vor, es erinnert mich. Doch diese Erinnerung, so nebulös wie sie ist, will sich nicht greifen lassen. Ist es, weil der Duft alt anmutet, ohne vintagig zu sein? Eins ist er nicht: oldschool. Ist es die Nelke, hab ich das schon mal gerochen, erinnere ich eine Person, es will sich nicht offenbaren.

Warum liegt hier eigentlich Stroh? Riechst du Stroh, bist du kein Chuck Norris der Düfte. Ja zu Anfang gesellt sich die hier oft verortete Stroh oder Käsenote minimal dazu, wird jedoch recht zügig untergepudert, unter die Haut gekehrt.

Mich mutet der Duft unanständig an in den ersten Stunden unserer Neubegegnung und ich war mir unsicher, ob ich ihn draußen tragen wollte oder nur für mich genießen.

Doch dieser Duft wird einfach immer schöner. Besonders nach sieben, acht Stunden hat sich ein schmelzig, süssliches Puder entwickelt, das sich für mich deutlich zibetgeschwägert darstellt. Jetzt ist nur gar kein Zibet im Duft drin. Na ja macht nichts. Riecht unverschämt gut. Jedenfalls wird es immer tiefer hier im Duft und und je mehr innere Temperatur ich entwickele, desto mehr duftet er aus mir heraus.

Es riecht nun abgepudert salzighautig, aber auch buttrig und erscheint sehr diffus, durchaus wahrnehmbar, aber nicht parfümig.

Diese wahnsinnig schönen Sprüher verteilen den Duft unfassbar gut, auch nur minimalst angedrückt. Man benötigt wirklich nur winzige Tropfen, um locker 24 Stunden zu duften.
Kam Stoff mit dem Duft in Berührung, kann man sich mit dem Stoff nochmal neu beduften. Das kannte ich bisher nur von Roja. Und genau da verorte ich Bianchi auch, wenngleich die Duftrichtung anders ist. Der Duft fühlt sich natürlich an. Nicht synthetisch.

Allerdings ist der Duft keine Melange der Verblendung, er vollzieht Stationen und ist bewusst drauf angelegt, dass man diese auch nachvollziehen kann. Im Nachgang dreht der Duft in eine ruhige Richtung, die im Gegensatz zu dem stürmischen und euphorischen Auftakt steht. Under my Skin ruht dann in sich selbst, gänzlich selbstzufrieden, schnurrend mit halb geschlossenen Augen.

Nun könnte ich sinnieren über Leidenschaft und Schweiß, aber es war vollkommen anders.
Der Mann des Hauses, immer schrecklich unerfreut über meine Schlafdüfte, kam eines Morgens ins Bett gekrochen und meinte plötzlich "oh mein Gott, du riechst sooo gut, was ist das nur" und kuschelte sich so eng an mich, dass ich dachte unser Bett wäre geschrumpft. Da hatte der Duft bereits seine sechs, sieben Stunden auf meiner Haut verweilt.

Und jetzt die Enttäuschung für alle Versauten, der Mann hatte folgende Assoziation: frisch gebadet und mit was Tollem eingecremt, auf das er sich keinen Reim machen konnte.
Unanständig? Hmmm. Also eher unanständig sauber?

Macht auch nichts, ich liebe diese Haut. Dieses salzige Fell. Dieses leise, zarte Schnurren. Winzige Tropfen im Ausschnitt und Nacken, die sich so herrlich in meine Nase kräuseln.

Ob es jetzt Zufall war, dass mir am Freitag der Kollege permanent auf den Pelz kroch, obschon er dies sonst nicht tut? Oder ob dieses sauber unanständige Dingen dafür sorgt, dass andere Menschen förmlich in einen hinein kriechen wollen? Das bleibt zu beobachten.
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