Bellemorte
26.10.2017 - 05:06 Uhr
12
Sehr hilfreiche Rezension
6
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
8
Duft

Gerania non odet

Für lateinischen Nonsense entschuldige ich mich... ich hatte nie Latein :-D

Ich mag ja keine explizit blumigen Düfte (als Parfum tragen), von Lavendel mal abgesehen und inzwischen werde ich scheinbar auch etwas altersmilde und kann florale Noten als Nebendarsteller akzeptieren. Aber die Rosengeranie nimmt eine sehr emotionale Sonderstellung bei mir ein. Und das hat zwei Gründe:
Meine Urgroßmutter bzw. ihre Wohnung hat immer nach den Weihrauchgeranien gerochen, die sie überall stehen hatte. Als sie Anfang der 90er recht plötzlich starb, vererbte sie mir neben ihren beiden Parfums (Opium und Shalimar) auch diverse ihrer Pflanzen. Diese silbrig-grünblättrigen, mit kleinen zartrosa Blüten übersähten Pflanzen (die übrigens tatsächlich etwas gegen Mücken helfen), wachsen heute bei uns nun quasi überall - auf dem Balkon (duften himmlisch, wenn die Sonne drauf steht oder man die Blätter berührt), im Garten, vor dem Haus, an der Garagenwand... Fast, als wäre Oma Mariechen noch hier.
Mein zweiter intensiver Kontakt mit der Rosengeranie war einige Jahre später, als ich nach einem schweren Unfall längere Zeit in KH und Reha war. Ich bekam von einer inzwischen verstorbenen Freundin (Verkehrsunfall) ein Duftöl geschenkt, in dem Rosengeranie ein Hauptbestandteil war. Der Duft dieses Öls begleitete mich durch die sehr schwierige Phase, vom nichts bewegen können übers Laufen lernen bis zum Abitur.

In der Folge berühren mich Düfte, die eine bestimmte Geraniennote enthalten immer sehr stark - auch wenn ich sie nur selten für mich im Alltag tragbar finde, fühle ich mich immer hingezogen.

Delicacy hat genau diese Geraniennote - blumig und trotzdem grün, fast zitrisch unterlegt, trotz der typischen Süße, ein Hauch von Weihrauch. Für mich treten alle anderen Noten daneben in den Hintergrund. Nachdem ich die Pyramide gelesen hatte, konnte ich mit etwas Konzentration Patchouli sowie holzige und moosige Noten erschnuppern, die den Duft insgesamt ein wenig erden und binden. Auch das Sandelholz ist da - ein weicher, süßlich-cremiger Unterbau, fast wie eine Bodylotion, der die manchmal etwas stechend werdende Rosengeranie weicher, geschmeidiger macht. Aber in meiner Wahrnehmung ist das ein Geranienduft...

Realistisch betrachtet ist der Duft recht eindimensional und tatsächlich dicht am Duftlampenöl eines Esotherikvertriebs. Das ist per se nichts Schlechtes aber eben auch nichts, was ich als Parfum auf der Arbeit oder als Ausgehduft tragen wollen würde. Auch Haltbarkeit und Sillage dieses ölbasierten Dufts sind eher mau. Er ist also eigentlich nichts besonderes... und trotzdem mag ich ihn.
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