30.12.2018 - 07:29 Uhr
Serenissima
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Serenissima
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19
Wien um 1900: eine bewegte Epoche - ein Duft! (eine Zeitreise)
Das muss schon eine verrückte Zeit gewesen sein: in der Hofburg regierte noch Kaiser Franz Joseph II. und dies seit mehr als fünfzig Jahren. "Der alte Kaiser" war eine Konstante im Leben Wiens; wenn auch nicht gerade fortschrittlich.
Als Gegenpol entwickelte sich die "Moderne" mit Macht.
Gerade in Kunst und Kultur kam es zu großen Umbrüchen; allein schon die Kunstvereinigung "Wiener Secession" bewegte die Gemüter. Die einen waren entsetzt - die anderen erfreut: endlich tut sich etwas!
Gustav Klimt, dessen Todestag sich 2018 zum hundertsten Mal jährt, gehörte zu deren Gründungsvätern; zusammen mit Joseph Hoffmann und Koloman Moser, die später auch die noch heute bekannten "Wiener Werkstätten" gründeten. Der Begriff des "Jugendstils" wurde hier geboren.
Diese Bewegung umfasste nicht nur die Kunst: sie veränderte das gesamte Leben - wenn man es zuließ.
Im Berliner "Bröhan-Museum" am Charlottenburger Schloss sind viele Werke, gerade des alltäglichen Gebrauchs, wie Möbel, Geschirr und Besteck, ausgestellt: vieles schnörkellos und sehr funktionell!
Für Wirbel in Wien sorgte auch "die schönste Frau der Stadt", die "Muse von Wien": Alma Schindler-Mahler-Gropius-Werfel.
Verheiratet mit Gustav Mahler, dem zuliebe sie ihre eigene Kunst, die Musik, völlig hintanstellte (der "Meister" duldete keinen anderen "Götter" neben sich!). Dieser Verzicht führte zur einer Unzufriedenheit, die Alma durch eine Affäre mit Walter Gropius zu mildern versuchte. Zwischen beiden Männern stehend, entschied sie sich schließlich für Gustav Mahler; heiratete aber nach dessen Tod tatsächlich Walter Gropius.
Angeblich soll die Bezeichnung "Bauhaus" auf sie zurückgehen; er umfasst Walter Gropius' Traum "alles, was mit dem Bauen zu tun hat, unter einem Dach zu vereinen".
Alma verließ Gropius schließlich, nachdem sie Franz Werfel kennenlernte: er sollte ihr letzter Ehemann werden!
So ganz nebenbei unterhielt sie lebhafte Liebschaften: Alexander Zemlinsky, bei dem sie Klavierstunden nahm, war der erste, wenn auch noch "fast" platonische Liebhaber. Nach Mahlers Tod folgte der Maler Oskar Kokoschka. (Er wurde sehr viel später mit dem Gemälde von Konrad Adenauer für die sog. "Kanzler-Galerie" beauftragt.)
Kokoschkas berühmtes Gemälde "Die Windsbraut" zeigt ihn und die schlafende Alma Mahler im Auge des Orkans. Ein wahrer Sturm war entfacht - Wien hatte erneut einen "Aufreger".
Alma deckte damals wirklich fast alle kulturellen Bereiche ab: Musik durch Gustav Mahler und vorher Alexander Zemlinsky; Architektur durch Walter Gropius; Literatur - Franz Werfel und die Malerei durch Oskar Kokoschka und gerne auch Gustav Klimt. Diese "Beziehung" wurde allerdings gleich im Entstehen von Almas Mutter und ihrem Stiefvater unterbunden.
Gustav Klimt war in seinem Malerkittel ein allseits bekannte Erscheinung. In den Wiener Salons riss man sich nicht nur um ihn; man "zerriss sich auch die Mäuler" über ihn. Er war vielseitig und nicht nur als Maler und "Frauenversteher" tätig.
So wurden z.B. viele, der damals skandalösen "Reform"-Kleider, die im Haute-Couture-Salon der "Schwestern Flöge" großen Anklang und Absatz fanden, von ihm entworfen. Diesen führte seine lebenslange Geliebte Emilie Flöge mit ihren beiden Schwestern.
Trotz all seiner Amouren blieb Emilie wohl die einzige Liebe seines Lebens, seine Muse und sein häufigstes Modell.
An willigen Frauen, wie ihm auch Modell stehen wollten, mangelte es Gustav Klimt nie: ob er wirklich mit jeder der bekannten Wienerinnen, die er porträtierte, mindestens ein kurzfristiges Verhältnis hatte, bleibt sein Geheimnis.
So ziert auch "Gustav Klimt Vienne 1901 "Judith" EdP" (so der volle Name dieses erstmals 1990 erschienen Duftes) ein Bildnis der Adele Bloch-Bauer (der "goldenen Adele"); ein Ausschnitt aus dem 1901 fertiggestellten Gemälde "Judith und Holofernes". Der abgeschlagene Kopf des Holofernes ist am Rand gerade noch sichtbar.
"Gustav Klimt Vienne 1907 "Der Kuss" EdP" (erschienen 1995) zeigt die berühmte "Kuss-Szene" zwischen Gustav Klimt und Emilie Flöge; das Gemälde wurde 1907/08 fertiggestellt.
Als ich durch Zufall eine Miniatur von "Vienne 1901" erstand, erzählte mir der Inhalt natürlich sofort viele Geschichten aus dieser bewegten Epoche.
Allerdings löste dieser Erwerb auch eine unerwartete Recherche aus.
Die in Rosaviolas Kommentar erwähnten Duftnoten, waren mit meinem Empfindungen und zufällig gefundenen Aufzeichnungen nicht vereinbar: ich roch ganz deutlich Veilchen!
Wie wir beide anschließend auch recherchierten: wir kamen auf keinen gemeinsamen Nenner!
So kontaktierte ich schließlich "Klimt Parfums Salzburg" und erhielt nicht nur Antwort, sondern auch eine Liste der Duftnoten beider "alten" Düfte mit Fotos. (Auch hier fand eine Reformulierung statt.)
(Herrn Kurt Kornfeld von "Klimt Parfums Salzburg" an dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank!)
"Vienne 1901" enthält viele meiner Lieblingsduftnoten; die meisten ein wenig unmodern, aber nicht weniger geliebt.
Der Auftakt durch einen großzügigen Strauß weißen Jasmins, dem so wunderbar großblütigen, ist schon ganz schön gewaltig. Er erinnert an ein schweres weißes Samtkleid mit herrlichem Faltenfall.
Veilchen und Maiglöckchen (für manchen hier zwei schwere Geschütze) gesellen sich zum Jasmin; der Glanz der Aldehyde überzeugt auch hier: es entsteht so ein vollmundiges, leuchtendes Duftgemälde: der Samt beginnt zu schimmern!
Fruchtig reife Himbeeren und Pfirsiche bringen ein wenig Spritzigkeit in Form von leichter Säure in diese Melange. Die Rose zeigt anschließend aber ganz deutlich: Freunde!Hier regieren die Blüten, nicht die Früchte!
Ein Abendspaziergang durch einen warmen frühsommerlichen, blühenden Garten wird hier offenbar.
Die leicht erotisierenden Basisnoten - jeder Duft für sich kann ein Problem darstellen, aber auch faszinieren - vollenden hier eine betörenden Duftkomposition.
"Vienne 1901" ist wirklich nicht leicht zu ertragen; es muss der passende Tag für diesen Ausflug ins dekadente Wien sein! Ein Tag, zum dem mindestens ein Glas rosé Champagner passt!
Dann allerdings entwickelt sich ein außergewöhnliches Duftwesen; ein Stück Parfumkunst der alten Schule!
Die Haltbarkeit ist außergewöhnlich; deshalb sollte vorher vielleicht überlegt werden, ob es der richtige Tag für diesen Duft ist: er ist sehr treu - um nicht zu sagen: sehr, sehr anhänglich!
"Vienne 1901" erzählt lebendig Geschichten aus einer lang vergangenen Zeit, zaubert beeindruckende Gemälde und rauschende Töne!
Die Entscheidung, ob man dies zulassen möchte, liegt bei jedem selbst: ich liebe diese Zeitreisen!
(Vielleicht gelingt es mir auch einmal, einige Tropfen von "Klimt Parfum Vienne 1907 "Der Kuss" EdP" testen zu können; der Vergleich der beiden Düfte könnte interessant werden.)
Als Gegenpol entwickelte sich die "Moderne" mit Macht.
Gerade in Kunst und Kultur kam es zu großen Umbrüchen; allein schon die Kunstvereinigung "Wiener Secession" bewegte die Gemüter. Die einen waren entsetzt - die anderen erfreut: endlich tut sich etwas!
Gustav Klimt, dessen Todestag sich 2018 zum hundertsten Mal jährt, gehörte zu deren Gründungsvätern; zusammen mit Joseph Hoffmann und Koloman Moser, die später auch die noch heute bekannten "Wiener Werkstätten" gründeten. Der Begriff des "Jugendstils" wurde hier geboren.
Diese Bewegung umfasste nicht nur die Kunst: sie veränderte das gesamte Leben - wenn man es zuließ.
Im Berliner "Bröhan-Museum" am Charlottenburger Schloss sind viele Werke, gerade des alltäglichen Gebrauchs, wie Möbel, Geschirr und Besteck, ausgestellt: vieles schnörkellos und sehr funktionell!
Für Wirbel in Wien sorgte auch "die schönste Frau der Stadt", die "Muse von Wien": Alma Schindler-Mahler-Gropius-Werfel.
Verheiratet mit Gustav Mahler, dem zuliebe sie ihre eigene Kunst, die Musik, völlig hintanstellte (der "Meister" duldete keinen anderen "Götter" neben sich!). Dieser Verzicht führte zur einer Unzufriedenheit, die Alma durch eine Affäre mit Walter Gropius zu mildern versuchte. Zwischen beiden Männern stehend, entschied sie sich schließlich für Gustav Mahler; heiratete aber nach dessen Tod tatsächlich Walter Gropius.
Angeblich soll die Bezeichnung "Bauhaus" auf sie zurückgehen; er umfasst Walter Gropius' Traum "alles, was mit dem Bauen zu tun hat, unter einem Dach zu vereinen".
Alma verließ Gropius schließlich, nachdem sie Franz Werfel kennenlernte: er sollte ihr letzter Ehemann werden!
So ganz nebenbei unterhielt sie lebhafte Liebschaften: Alexander Zemlinsky, bei dem sie Klavierstunden nahm, war der erste, wenn auch noch "fast" platonische Liebhaber. Nach Mahlers Tod folgte der Maler Oskar Kokoschka. (Er wurde sehr viel später mit dem Gemälde von Konrad Adenauer für die sog. "Kanzler-Galerie" beauftragt.)
Kokoschkas berühmtes Gemälde "Die Windsbraut" zeigt ihn und die schlafende Alma Mahler im Auge des Orkans. Ein wahrer Sturm war entfacht - Wien hatte erneut einen "Aufreger".
Alma deckte damals wirklich fast alle kulturellen Bereiche ab: Musik durch Gustav Mahler und vorher Alexander Zemlinsky; Architektur durch Walter Gropius; Literatur - Franz Werfel und die Malerei durch Oskar Kokoschka und gerne auch Gustav Klimt. Diese "Beziehung" wurde allerdings gleich im Entstehen von Almas Mutter und ihrem Stiefvater unterbunden.
Gustav Klimt war in seinem Malerkittel ein allseits bekannte Erscheinung. In den Wiener Salons riss man sich nicht nur um ihn; man "zerriss sich auch die Mäuler" über ihn. Er war vielseitig und nicht nur als Maler und "Frauenversteher" tätig.
So wurden z.B. viele, der damals skandalösen "Reform"-Kleider, die im Haute-Couture-Salon der "Schwestern Flöge" großen Anklang und Absatz fanden, von ihm entworfen. Diesen führte seine lebenslange Geliebte Emilie Flöge mit ihren beiden Schwestern.
Trotz all seiner Amouren blieb Emilie wohl die einzige Liebe seines Lebens, seine Muse und sein häufigstes Modell.
An willigen Frauen, wie ihm auch Modell stehen wollten, mangelte es Gustav Klimt nie: ob er wirklich mit jeder der bekannten Wienerinnen, die er porträtierte, mindestens ein kurzfristiges Verhältnis hatte, bleibt sein Geheimnis.
So ziert auch "Gustav Klimt Vienne 1901 "Judith" EdP" (so der volle Name dieses erstmals 1990 erschienen Duftes) ein Bildnis der Adele Bloch-Bauer (der "goldenen Adele"); ein Ausschnitt aus dem 1901 fertiggestellten Gemälde "Judith und Holofernes". Der abgeschlagene Kopf des Holofernes ist am Rand gerade noch sichtbar.
"Gustav Klimt Vienne 1907 "Der Kuss" EdP" (erschienen 1995) zeigt die berühmte "Kuss-Szene" zwischen Gustav Klimt und Emilie Flöge; das Gemälde wurde 1907/08 fertiggestellt.
Als ich durch Zufall eine Miniatur von "Vienne 1901" erstand, erzählte mir der Inhalt natürlich sofort viele Geschichten aus dieser bewegten Epoche.
Allerdings löste dieser Erwerb auch eine unerwartete Recherche aus.
Die in Rosaviolas Kommentar erwähnten Duftnoten, waren mit meinem Empfindungen und zufällig gefundenen Aufzeichnungen nicht vereinbar: ich roch ganz deutlich Veilchen!
Wie wir beide anschließend auch recherchierten: wir kamen auf keinen gemeinsamen Nenner!
So kontaktierte ich schließlich "Klimt Parfums Salzburg" und erhielt nicht nur Antwort, sondern auch eine Liste der Duftnoten beider "alten" Düfte mit Fotos. (Auch hier fand eine Reformulierung statt.)
(Herrn Kurt Kornfeld von "Klimt Parfums Salzburg" an dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank!)
"Vienne 1901" enthält viele meiner Lieblingsduftnoten; die meisten ein wenig unmodern, aber nicht weniger geliebt.
Der Auftakt durch einen großzügigen Strauß weißen Jasmins, dem so wunderbar großblütigen, ist schon ganz schön gewaltig. Er erinnert an ein schweres weißes Samtkleid mit herrlichem Faltenfall.
Veilchen und Maiglöckchen (für manchen hier zwei schwere Geschütze) gesellen sich zum Jasmin; der Glanz der Aldehyde überzeugt auch hier: es entsteht so ein vollmundiges, leuchtendes Duftgemälde: der Samt beginnt zu schimmern!
Fruchtig reife Himbeeren und Pfirsiche bringen ein wenig Spritzigkeit in Form von leichter Säure in diese Melange. Die Rose zeigt anschließend aber ganz deutlich: Freunde!Hier regieren die Blüten, nicht die Früchte!
Ein Abendspaziergang durch einen warmen frühsommerlichen, blühenden Garten wird hier offenbar.
Die leicht erotisierenden Basisnoten - jeder Duft für sich kann ein Problem darstellen, aber auch faszinieren - vollenden hier eine betörenden Duftkomposition.
"Vienne 1901" ist wirklich nicht leicht zu ertragen; es muss der passende Tag für diesen Ausflug ins dekadente Wien sein! Ein Tag, zum dem mindestens ein Glas rosé Champagner passt!
Dann allerdings entwickelt sich ein außergewöhnliches Duftwesen; ein Stück Parfumkunst der alten Schule!
Die Haltbarkeit ist außergewöhnlich; deshalb sollte vorher vielleicht überlegt werden, ob es der richtige Tag für diesen Duft ist: er ist sehr treu - um nicht zu sagen: sehr, sehr anhänglich!
"Vienne 1901" erzählt lebendig Geschichten aus einer lang vergangenen Zeit, zaubert beeindruckende Gemälde und rauschende Töne!
Die Entscheidung, ob man dies zulassen möchte, liegt bei jedem selbst: ich liebe diese Zeitreisen!
(Vielleicht gelingt es mir auch einmal, einige Tropfen von "Klimt Parfum Vienne 1907 "Der Kuss" EdP" testen zu können; der Vergleich der beiden Düfte könnte interessant werden.)
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