Terre d'Hermès Eau Intense Vétiver 2018

Apicius
04.09.2018 - 07:16 Uhr
26
Top Rezension
8
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
5.5
Duft

Ein Flanker eines Flankers

Vetiver ist nicht gleich Vetiver. Während die Klassiker die schöne, dunkelgrüne Note dieser exotischen Graswurzel mit Eleganz inszenieren, gehen neuere Interpretationen oft ganz eigene Wege. Zu letzteren gehört Terre d'Hermès Eau Intense Vétiver.

Der Duft eröffnet zitrisch-frisch, wobei die als Bergamotte bezeichnete Note ungewöhnlich lange hält. Sie erschien mir etwas anders, nicht ganz typisch. Der Schluss liegt nahe, dass statt des natürlichen Bergamotteöls ein synthetischer Duftstoff verwendet worden sein könnte. Hinter das Zitrische stellt sich eine frische grüne Note, die ich als "gurkig" empfunden habe - eine seltsame Kombination für einen Herrenduft.

Nach und nach bekommt die zitrische Note mehr Bodenhaftung. Das Frische tritt zurück zugunsten einer etwas rauhen Holzigkeit. Dieser mittlere Bereich der Entwicklung ist bereits nach etwa einer Stunde durchschritten. Zurück bleibt eine trockene, moderne Holznote, wie wir sie schon aus dem Terre d'Hermès Flanker "Eau Très Fraîche" kennen, streckenweise immer noch mit zitrischem Anklang.

In der Tradition von Ellena wird man von Hermès keine überkomplexen Parfums erwarten dürfen. Ein paar gut kombinierte Riechstoffe - das muss reichen. Dieser Linie folgt auch Christine Nagel, aber mit Einschränkung. Den Kopf mit Gurkennote finde ich reichlich verstiegen; mich spricht das nicht an.

Ganz offenbar war Ellenas Eau Très Fraîche der Blueprint für Nagels Eau Intense Vétiver. In der Basisnote treffen beide in einer vermutlich identischen Holznote zusammen. Doch während Ellena zeigt, dass auch ein puristisches Konzept - Zitrus trifft trockenes Holz - vollkommen ausreichend sein kann, erscheint mir Nagels Werk als Verschlimmbesserung.

Wer übrigens die charakteristische aromatische Note des populären Originaldufts in der Nase hat, könnte von beiden Flankern enttäuscht sein; an ihre Stelle ist trocken-synthetische Holzigkeit getreten. Mit dem Original hat beides nichts mehr zu tun.

Und was ist jetzt mit dem intensiven Vetiver? - Tja, da muss man schon reichlich guten Willen aufbringen. Ich rieche davon kaum etwas. Allenfalls eine gewisse Rauheit und Kratzigkeit im mittleren Duftverlauf erinnert an einen weniger eleganten Aspekt des Vetivers. In vielen klassischen Vetivers haben die Parfümeure das erfolgreich übedeckt.

Vetiver hat einen guten Klang, darin muss man wohl den Grund für solche Namesgebungen sehen. Ich halte wenig davon, Parfums mit Duftnoten zu bezeichnen, die dann nicht oder kaum wahrnehmbar sind. Das verwirrt, vor allem den Parfumanfänger.

Von Christine Nagel kennen wir schöne Düfte. Mir scheint, sie hatte die Vorgabe, sich eng an Ellenas Eau Très Fraîche anzulehnen. Doch manches sollte man besser lassen, wie es ist.
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