L'Original

Sparkling Sand 2017

FungShangLou
28.07.2019 - 16:05 Uhr
13
Top Rezension
4
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
4
Duft

Skurriles Geruchs-Glücksrad - oder aber auch: SOS, der Medizinschrank ist von der Wand gefallen!

Keine Ahnung. Ich weiß es wirklich nicht. Wie soll ich bitte diesen Duft, diese vielen, vielen Düfte zu unterschiedlichen Zeiten des Duftverlaufs, akkurat wiedergeben? Ich bin überfordert.

Okay, schauen wir uns doch zunächst die Dufttyp-Einordnung der Community unten an.
Dieser Duft hat verdammt viele unterschiedliche Stimmen bekommen! Sieht man sich das etwas versteckte Radardiagramm an, sogar noch mehr. Und ziemlich genau so empfinde ich Sparkling Sand!

Sparkling Sand ist wie... wie hieß es noch in Game of Thrones? Shade of the Evening, das Getränk der Hexenmeister, das nach allem schmeckt das man je geschmeckt hat und noch mehr. Sparkling Sand ist Alles und Nichts zur gleichen Zeit. Leder? Ja und Nein. Holz? Ja und Nein. Aprikose? Ihr seht worauf ich hinaus will..?!

Ich mache noch einen Versuch und beschreibe den Duft von Beginn an:

Opening: Kratzige Zitrone, sehr frisch und sauer mit minimal krautigem Einschlag. Fast hätte es ein Sommer-Duft sein können. In wenigen Minuten hat sich die Illusion abgewandt, es riecht rauchiger. Gleichzeitig ist es, als wäre man in einem geschlossenen Raum in dem Kräuter-Tee aufgesetzt wird. Nicht so, als rieche man direkt an der Tasse, sondern als läge dieser schwere Wasserdampf des Tees in der Luft - Vermutlich ist es die Kamille. Nochmals später, die frische Zitrone wurde verarbeitet, in dem Tee liegt eine bittere Zitronenzeste, die Frucht wurde entsorgt. Der Duft wird warm und schwer, ich rieche kräftiges Zedernholz. Da Zeder schnell ledrig riechen kann, ist auch eine Assoziation von Leder möglich, aber nein, kein authentisches Leder. Sieh an, Oma ist aus dem Bad gekommen und setzt sich zu ihrem Tee. Sie riecht raumfüllend nach ihrer Hautcreme, die sehr süß, sehr cremig, sehr pudrig und sehr synthetisch daher kommt. Wie stark parfümierte Chemie eben. Entfernt mag man darin Iris und Vanille erkennen, aber nur entfernt. Ich beschwere mich über den starken Duft, da meint sie es gut und versprüht einen Lufterfrischer. Eine dumpfe Wolke von "Aprikose" erfüllt den Raum. Es kam aus einer Sprühflasche, was soll man erwarten: nein, das ist keine authentische Aprikose, dafür ist sie zu dumpf und nicht spritzig oder fruchtig genug. Ich bekomme Kopfschmerzen, was für ein Durcheinander! Aber das ist nur der Duft in den ersten 10 Minuten.

Die nächste Etappe des Dufts wird noch schwieriger. Omas Hautcreme und der Lufterfrischer schwinden, sie verharren noch seicht in der Luft, oder meine Nase hat sich einfach daran gewöhnt. Es riecht holzig-ledrig, keines von beidem so richtig oder als solches zu erkennen. Es wäre verfehlt den Duft holzig zu nennen, es geht nur in die Richtung. Vielmehr ist er dunkel und rauchig. Es gesellt sich eine grüne Komponente hinzu, die gleichsam dunkel ist. Herbe, kratzige Kräuter ohne jeglichen Hauch der Frische. Wären die Kräuter sowas wie Salbei oder Lavendel, wären sie Barbershop-mäßig frisch und belebend. Diese hier sind abgestorben, wie Unkraut an dem noch Erde klebt. Durch das rauchige könnte man auch meinen, es wäre eine absurde Tabakmischung für Opas Pfeife. Nehmen wir noch die restlichen Anklänge von Hautcreme und Lufterfrischer hinzu, eher eine noch absurdere Mischung aus der Shisha-Bar.

Nochmals später ist das krautige noch viel ausgeprägter, ohne die diabetische Süße hintenrum zu verlieren. Es riecht scharf medizinisch. Opa verköstigt seinen Lieblings Kräuterlikör und der, mit dem ich mich unterhalte, hat einen unangenehmen Atem von Salmiak-Pastillen. Man möchte behaupten es riecht so, als wäre der gut sortierte Medizinschrank von der Wand gefallen und in die Hausbar gekracht. Pfui, so müssen vor ein paar hundert Jahren traditionelle Apotheken gerochen haben! Im späten Drydown empfinde ich ihn kühler und staubig. Ist das der namensgebende Sand? Ich denke nicht, riecht eher wie staubige Luft nachdem in der Wand gebohrt wurde. Resümierend war der Duft die meiste Zeit über sehr süß, subtil fruchtig und daher für mich eher feminin. Aber bei diesem ganzen Drum-Herum und von allem Etwas, was bedeutet da noch feminin?

Und damit haben wir echt so ziemlich jeden Duft und jede Duftrichtung abgearbeitet, alles und nichts zur gleichen Zeit: Obstig, aschig, zitrisch, ledrig-holzig, warm, pudrig, krautig, grün, vanillig, rauchig, dunkel, frisch, schwer, Tee, Kamille, würzig, bitter, medizinisch, staubig, kühl. Was bitte ist das?

Ja, dieses Parfum ist unique. Einzigartig. Selten. Unvergleichbar.
Aber ist es als Gesamtkomposition gut? Für mich ist es wirklich alles aber kein Gedicht!

Es gibt ja Parfum das derart schlimm ist, das man es gar nicht mehr als Parfum bezeichnen kann. Das kann ich von Sparkling Sand nicht behaupten; Es riecht trotzdem wie "gewollt" und nach Parfum. In dem Sinne: Nein, keine Duft-Vollkatastrophe, aber allemal ein skurriles Geruchs-Glücksrad!
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