FungShangLou

FungShangLou

Rezensionen
FungShangLou vor 4 Jahren 43 14
5
Flakon
4
Sillage
4
Haltbarkeit
6
Duft
Tom Ford’s: [hier einen weiteren, unpassenden, schmutzig-doppeldeutigen Namen einfügen]
Rose Prick ist ein repräsentatives Exempel meiner aktuellen Beziehung mit Tom Ford. So muss sich wohl das Klischeebild des verflixten 7. Jahres anfühlen. Einst die große Liebe auf den ersten Blick, plötzlich hat man sich voneinander entfernt und fragt sich, wo der Geliebte hin entschwunden ist. Ich wache morgens auf und sehne mich nach dem Glanz der frühen Stunden. Wie ein Erinnerungsfoto halte ich Tuscan Leather in meinen Händen und rieche daran, um mir vor Augen zu führen, dass die Liebe noch da ist. Aber selbst das gelingt mir nur schwer, bist du doch gegenwärtig nur noch ein seichtes Wässerchen.
Oh Tom, wir müssen reden...

Für alle, die diesen Kommentar nur nach einer prägnanten Beschreibung dieses Dufts durchforsten, ich mache es euch einfach und antizipiere das Resümee:
Bildschönes Opening von fruchtig saftiger Rose, kippt zeitig, danach dermaßen 08/15-süßer-Patchouli-Damenduft aus einer x-beliebigen Drogerie, wie ich es von Tom Ford noch nie erlebt habe.

Fangen wir aber ganz von vorne an.
Nach Tom Fords konsequenter Epidemie von Lavendel Düften erscheint nun der dritte Duft mit auffallend provokativem Titel, die klar aus der üblichen Namensgebung entfallen. Wer weiß, vielleicht eine Trilogie, die hoffentlich hier ein Ende findet. Schauen wir doch mal zurück:

2017 veröffentlicht Ford seinen *räusper* streng limitierten Duft Fucking Fabulous.
Wenn Ford eines kann, dann Marketing. Mit einem plakativen, provokanten Titel wie diesen, der sich durch Namen, Flakon-Design und vor allem Preis, gänzlich abhebt vom Rest der Private Blends, wird FF zum Hit ... für Toms Geldbeutel.

Einmal Blut geleckt wird es weiterhin blutig-rot, ein Jahr später erscheint Lost Cherry. Hat man sich beim Vorgänger bereits darüber gestritten, ob der Titel wirklich passend ist, so setzt Lost Cherry noch einen oben drauf. Umgangssprachliches, zweideutiges Englisch: Lost Cherry - die Unschuld verlieren. Da bekommt blutig-rot doch eine ganz neue Bedeutung. Puh, schnell weiter zum nächsten:

Und der neuste, auch noch vulgäre, Geniestreich aus dem Hause Ford: Rose Prick, der Stecher, der ... der Rosenpimmel?! Oh Maria hilf, was hat man sich denn hierbei gedacht?

Dem einen oder anderen aufmerksamen Leser mag aufgefallen sein, dass ich den Flakon relativ schlecht bewertet habe. Zum Vergleich: Der Großteil der Private Blends erhält von mir 8/10 Punkten. Das ist meiner Meinung nach großzügig, da andere Hersteller qualitativ einfach besser sind. Fords Zerstäuber sind ok, die Cap hält nach kurzer Zeit nicht mehr so gut, die Verpackung ist auch nur Pappe und noch nie saß ein Aufkleber mittig oder gerade. Rose Prick reiht sich nahtlos in das neue Design der Private Blends ein. Ursprünglich war jeder Flakon im gleichen Look: Braunes Apothekerglas mit goldenem Aufkleber. Und führt man sich vor Augen, dass Tom Ford selbst die Intention hatte, die erste große Luxusmarke für Parfums zu etablieren, dann halte ich das ursprüngliche Design für absolut perfekt. Wenn ich also als Privatperson in meine Vitrine schaue und diese edle Optik von Braun und Gold erhasche, dann fühle ich mich darin bestätigt, etwas wahrhaftig kostbares zu besitzen. Aber das ist seit der Oud- und Portofino-Collection ja schon passé. Wer weiß, vielleicht gefallen ja nur mir die bunten Flakons nicht. Die nachlassende Qualität untermalt das Problem; mir kann keiner erzählen, dass Noir de Noir oder Tuscan Leather noch derselbe potente Stoff ist, das es zum Release mal war. Back zu the topic: Rose Prick schießt den Vogel endgültig ab. Mattes Altrosa - wirklich? Zusammen mit dem schmierigen Rot von Lost Cherry, welches für mich nach wie vor aussieht wie eine Flasche Nagellack, habe ich den Eindruck, günstige Drogeriedüfte erworben zu haben (hypothetisch, habe ja nur eine Abfüllung). Die Freude daran, im eigenem Heim die Private Blends als Sammlung zu besitzen, verblasst einfach. Unterstützt wird dies, wie zuvor bereits angeschnitten, auch von der Namensgebung. Doppeldeutige und anstößige Namen entsprechen einer jugendlichen Zielgruppe und nicht jenen, die den Anspruch und das Kleingeld haben, eine solche Sammlung zu erwerben. Hihi... Prick. Aber dass Ford junge Kunden werben möchte sieht man ja bereits an dem Ausbau der überall erhältlichen Aqua-Serie. Ich fühle mich darin bekräftigt, dass Tom Ford nicht mehr die high-Standard Marke ist, die ich lieben gelernt habe. Schade drum.

Und nun zum Duft selbst, der ein Ebenbild dieser Odyssee der Enttäuschung ist:

Das Opening ist makellos. Fast hätte ich denken können, Ford hätte zumindest vom Duft her die Kurve bekommen. Saftig, blumig, vollmundig, wie Ford selbst es beschreibt, hätte nicht besser passen können. Das Bouquet an Rosen ist derart saftig und spritzig, dass ich schon Anklänge von Früchten vermute. Daher fühlte ich mich auch unmittelbar an Portrait of a Lady erinnert mit seinen saftigen Beeren. Ein Direktvergleich beider Düfte bestätigte meinen Eindruck. Womöglich ist es der Pfeffer oder die türkische Rose, mit ihrer würzigen Art, das ein Bild von Safran erzeugt und eine gewisse Ledrigkeit birgt. Spannend!

Leider aber zerfällt die bezaubernde Illusion binnen Minuten. Auf der Haut fast unmittelbar, der Teststreifen ist eine gute halbe Stunde geduldiger.
Alsbald verschwinden die Rosen so schnell wie sie gekommen sind und mich trifft eine gewaltige Dosis von schwerem, grün-erdigem Patchouli. Die Begründung, dass ein Rosengarten schließlich auch auf Erde wächst, mag richtig sein, dennoch kommen keine realistischen Impressionen von Sommerwiese auf. Nein, es ist einfach nur Patchouli. Mehr nicht, keine komplexe Komposition. Auf dem Teststreifen rieche ich minimal orientalische Anklänge, vielleicht Kurkuma, jedoch kein bisschen auf der Haut.

Der Dry-Down (Haut) hält sich linear bis zum Ende. Der Patchouli beruhigt sich und Tom Fords Lieblings Basisnote der letzten Jahre knallt erneut volle Kanne rein: Tonka. Der Duft ist fortan einfach nur schwer und süß. Dabei erinnert er mich an unzählige Damendüfte, die ich schon so oft in Drogerien und Parfümerien gerochen habe, wie auch an unzählige fremde Frauen, an denen ich zufällig irgendwann mal vorbei gelaufen bin. Dabei könnte ich jene Düfte noch nicht einmal beim Namen nennen, derart beliebig riecht Rose Prick. Süße Cremigkeit auf Cumarin Basis ohne auch nur irgendeinen Anklag von etwas anderem zu haben; Absolut nichts, das dem Einheitsbrei Spannung verleihen würde. Einfach nur süßer Patchouli.

Die allgemeine Haltbarkeit dieses Duftes ist gleichsam bescheiden. Auf dem Teststreifen ist er gute 5-6 Stunden zu riechen, auf der Haut verblasst das Erlebnis binnen einer Stunde, in diesem Fall wohl nicht weiter schlimm. Von Projektion kann hier jedenfalls nicht die Rede sein.

Was ist mein Fazit? Ich liebe dieses Opening, wirklich. Es ist wie eine Version von Portrait of a Lady, ohne den kratzigen Rauch. So saftig, sommerlich und edel. Leider sehr leise und zaghaft. Der Rest, und auf meiner Haut heißt das, ab spätestens zehn Minuten, ist es eine absolute Enttäuschung. Minimal pudrig, dadurch subtil seifig, sonst cremiger, pappsüßer Patch.

Mit diesem neusten Dufterlebnis und dem erläuterten Dilemma mit dem Flakondesign, der Namensgebung, des Preisanstiegs und der nachlassenden Qualität neuer Releases und Intensität alter Düfte, komme ich zu meinem Eingangs erwähnten Standpunkt:

Oh Tom, wir müssen reden...
14 Antworten
FungShangLou vor 5 Jahren 13 8
4
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
4
Duft
Skurriles Geruchs-Glücksrad - oder aber auch: SOS, der Medizinschrank ist von der Wand gefallen!
Keine Ahnung. Ich weiß es wirklich nicht. Wie soll ich bitte diesen Duft, diese vielen, vielen Düfte zu unterschiedlichen Zeiten des Duftverlaufs, akkurat wiedergeben? Ich bin überfordert.

Okay, schauen wir uns doch zunächst die Dufttyp-Einordnung der Community unten an.
Dieser Duft hat verdammt viele unterschiedliche Stimmen bekommen! Sieht man sich das etwas versteckte Radardiagramm an, sogar noch mehr. Und ziemlich genau so empfinde ich Sparkling Sand!

Sparkling Sand ist wie... wie hieß es noch in Game of Thrones? Shade of the Evening, das Getränk der Hexenmeister, das nach allem schmeckt das man je geschmeckt hat und noch mehr. Sparkling Sand ist Alles und Nichts zur gleichen Zeit. Leder? Ja und Nein. Holz? Ja und Nein. Aprikose? Ihr seht worauf ich hinaus will..?!

Ich mache noch einen Versuch und beschreibe den Duft von Beginn an:

Opening: Kratzige Zitrone, sehr frisch und sauer mit minimal krautigem Einschlag. Fast hätte es ein Sommer-Duft sein können. In wenigen Minuten hat sich die Illusion abgewandt, es riecht rauchiger. Gleichzeitig ist es, als wäre man in einem geschlossenen Raum in dem Kräuter-Tee aufgesetzt wird. Nicht so, als rieche man direkt an der Tasse, sondern als läge dieser schwere Wasserdampf des Tees in der Luft - Vermutlich ist es die Kamille. Nochmals später, die frische Zitrone wurde verarbeitet, in dem Tee liegt eine bittere Zitronenzeste, die Frucht wurde entsorgt. Der Duft wird warm und schwer, ich rieche kräftiges Zedernholz. Da Zeder schnell ledrig riechen kann, ist auch eine Assoziation von Leder möglich, aber nein, kein authentisches Leder. Sieh an, Oma ist aus dem Bad gekommen und setzt sich zu ihrem Tee. Sie riecht raumfüllend nach ihrer Hautcreme, die sehr süß, sehr cremig, sehr pudrig und sehr synthetisch daher kommt. Wie stark parfümierte Chemie eben. Entfernt mag man darin Iris und Vanille erkennen, aber nur entfernt. Ich beschwere mich über den starken Duft, da meint sie es gut und versprüht einen Lufterfrischer. Eine dumpfe Wolke von "Aprikose" erfüllt den Raum. Es kam aus einer Sprühflasche, was soll man erwarten: nein, das ist keine authentische Aprikose, dafür ist sie zu dumpf und nicht spritzig oder fruchtig genug. Ich bekomme Kopfschmerzen, was für ein Durcheinander! Aber das ist nur der Duft in den ersten 10 Minuten.

Die nächste Etappe des Dufts wird noch schwieriger. Omas Hautcreme und der Lufterfrischer schwinden, sie verharren noch seicht in der Luft, oder meine Nase hat sich einfach daran gewöhnt. Es riecht holzig-ledrig, keines von beidem so richtig oder als solches zu erkennen. Es wäre verfehlt den Duft holzig zu nennen, es geht nur in die Richtung. Vielmehr ist er dunkel und rauchig. Es gesellt sich eine grüne Komponente hinzu, die gleichsam dunkel ist. Herbe, kratzige Kräuter ohne jeglichen Hauch der Frische. Wären die Kräuter sowas wie Salbei oder Lavendel, wären sie Barbershop-mäßig frisch und belebend. Diese hier sind abgestorben, wie Unkraut an dem noch Erde klebt. Durch das rauchige könnte man auch meinen, es wäre eine absurde Tabakmischung für Opas Pfeife. Nehmen wir noch die restlichen Anklänge von Hautcreme und Lufterfrischer hinzu, eher eine noch absurdere Mischung aus der Shisha-Bar.

Nochmals später ist das krautige noch viel ausgeprägter, ohne die diabetische Süße hintenrum zu verlieren. Es riecht scharf medizinisch. Opa verköstigt seinen Lieblings Kräuterlikör und der, mit dem ich mich unterhalte, hat einen unangenehmen Atem von Salmiak-Pastillen. Man möchte behaupten es riecht so, als wäre der gut sortierte Medizinschrank von der Wand gefallen und in die Hausbar gekracht. Pfui, so müssen vor ein paar hundert Jahren traditionelle Apotheken gerochen haben! Im späten Drydown empfinde ich ihn kühler und staubig. Ist das der namensgebende Sand? Ich denke nicht, riecht eher wie staubige Luft nachdem in der Wand gebohrt wurde. Resümierend war der Duft die meiste Zeit über sehr süß, subtil fruchtig und daher für mich eher feminin. Aber bei diesem ganzen Drum-Herum und von allem Etwas, was bedeutet da noch feminin?

Und damit haben wir echt so ziemlich jeden Duft und jede Duftrichtung abgearbeitet, alles und nichts zur gleichen Zeit: Obstig, aschig, zitrisch, ledrig-holzig, warm, pudrig, krautig, grün, vanillig, rauchig, dunkel, frisch, schwer, Tee, Kamille, würzig, bitter, medizinisch, staubig, kühl. Was bitte ist das?

Ja, dieses Parfum ist unique. Einzigartig. Selten. Unvergleichbar.
Aber ist es als Gesamtkomposition gut? Für mich ist es wirklich alles aber kein Gedicht!

Es gibt ja Parfum das derart schlimm ist, das man es gar nicht mehr als Parfum bezeichnen kann. Das kann ich von Sparkling Sand nicht behaupten; Es riecht trotzdem wie "gewollt" und nach Parfum. In dem Sinne: Nein, keine Duft-Vollkatastrophe, aber allemal ein skurriles Geruchs-Glücksrad!
8 Antworten
FungShangLou vor 5 Jahren 6 4
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Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
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Duft
Ein Hauch von Nichts...
Swim / SX (sporty sexy) ist Pierre Guillaume‘s neuer Aquat. Ein Sommer-taugliches Parfum auf mineralisch-aquatischer Basis mit Anklängen von Sonnencreme und Hanf. Die Vision von sinnlicher, salziger Haut im Sommer - so der Hersteller.

Der Duft startet unmittelbar nach dem Aufsprühen scharf-alkoholisch und sogar etwas zitrisch. Sofort danach wird er süß-aquatisch mit markant grünem Einschlag. Für mich schwer zu sagen ob ich Alge oder Hanf rieche. Dank der Salzigkeit, der Alge und dem Rosenholz fühle ich mich zu meiner Überraschung entfernt an Ton Fords Oud Minérale erinnert - nur süßer und vor allem sehr viel schwächer. Ich empfinde den Duft als flach, bzw. anders gesagt als Duft mit wenig Tiefe. Ich kann keine der Duftnoten klar den Kopf-, Herz-, oder Basisnoten zuordnen weil sie für mich zu nah beeinander sind, wenn ihr versteht was ich meine..? In Summe ist das Opening okay, nichts was mich umhaut. Allerdings bemängel ich bereits hier die schwache Intensität.

Im weiteren Duftverlauf verschwindet das aquatische fast vollkommen und der Duft ist nicht mehr frisch. Anstelle rückt süß-pudriges Ylang nach und die Hersteller-Beschreibung von Sonnenmilch wird klar nachvollziehbar. Hier ist der Duft recht feminin. Ein Hauch von „Grün“, vermutlich Alge, bleibt subtil erkennbar. Der Duft bleibt ab diesem Zeitpunkt konstant und entwickelt sich nicht mehr.

Am besten gefällt mir der Duft im Opening, allerdings gibt es zahlreiche andere Parfums die diese Duftrichtungen, aquatisch-grün bzw. später Sonnencreme, schlichtweg besser können.

Das absolut größte Problem an Swim / SX ist die allgemeine Performance. Die Haltbarkeit ist noch okay, allerdings ist der Duft beängstigend schnell nur noch hautnah zu riechen, maximal nach einer Stunde, eher früher. Die Intensität und folglich die Sillage sind unterirdisch. In diesem Sinne kann ich dieses Parfum wohl nur als „Hauch von Nichts“ bezeichnen. Sicherlich kann man großzügig auftragen oder auf Textilien sprühen, aber das ist wohl nicht der Sinn der Sache.
4 Antworten
FungShangLou vor 5 Jahren 19 5
7
Flakon
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Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
Erotisch. Schmutzig. Männlich.
Zweifelsohne kenne ich keinen anderen Duft den ich derart schwierig empfinde. Musc Ravageur ist ein Parfum das ich nur kaum wage aufzutragen, dem ich größten Respekt zolle und mit dem ich mich gleichermaßen unwohl fühle wenn ich ihn benutze. Warum? Auch das ist schwierig...

Zimt und Vanille vernehme ich sofort und zu jedem weiteren Augenblick. Aber nein, es duftet nicht weihnachtlich oder nach wärmendem Balsam in der kalten Jahreszeit - denn ich empfinde ihn nicht wirklich süß (nicht im klassischen Sinne); Die Duftnoten täuschen, das ist definitiv kein Gourmand - was so riecht sollte besser nicht gegessen werden! Zimt und Vanille stinken, sie riechen muffig, fast etwas kalt und kratzig. In diesem Sinne, eben weil es kein Gourmand ist, denke ich nicht, dass Musc Ravageur ein klassischer Herbst- und Winterduft ist, vielleicht dort etwas zugänglicher, letztlich aber wirkt er im Frühjahr oder im Sommer ebenso. Stichwort "Wirkung", warum sollte ich einen muffigen Duft tragen?

Das wohl wichtigste das es zu Musc Ravageur zu sagen gibt ist, dass die Klientel, die Spannweite der Menschen, die diesen Duft tragen können, meines Erachtens nach unglaublich gering ist. Genauer gesagt: So darf ein bärtiger, behaarter Mann riechen - Typ Magnum und auch mit mehr Fleisch auf den Rippen, wenn ihr versteht was ich meine. Tut mir leid dass ich in eine stereotypische Richtung gehen muss, aber ich kann und möchte mir den Duft wirklich nicht an einer Dame vorstellen. Musc Ravageur riecht für mich nach schwergewichtigem Bauarbeiter, der bis in die letzte Pore traditionelle Männlichkeit ausstrahlt und sich dessen absolut und mit gewisser Genugtuung bewusst ist. Und wenn er am Abend nach Hause kommt, darf er als Liebhaber vermutlich auch so riechen. Und damit sind wir bei der Headline: Erotisch. Schmutzig. Männlich.

Das was Musc Ravageur letztlich wirklich unvergleichbar und einzigartig macht, wird die Tatsache sein, dass es eine wahre Moschus-Bombe ist. Da Moschus in der heutigen Zeit (hoffentlich) nur noch chemisch imitiert wird, kann die Duftnote sehr unterschiedlich ausfallen. Zum Vergleich: Acca Kappas Muschio Bianco / White Moss EDP ist ebenfalls eine Moschus-Bombe, aber der Moschus darin könnte nicht unterschiedlicher sein. Dieser hier in Musc Ravageur ist derart animalisch und dreckig, als wäre es echtes, reines Sekret des männlichen Moschustieres. Es riecht wirklich nach Tier und erinnert mich an Fell... vielleicht deshalb die oben genannte Körperbehaarung?

Schlussendlich will ich sagen, dass Musc Ravageur ein Niche-Duft ist wie er im Buche steht. Das hier ist unvorstellbar weit weg von Mainstream Parfums. Es riecht animalisch, dreckig, männlich aber trotzdem mit einer gewissen Geborgenheit. Ich habe höchsten Respekt für den Duft als Gesamtwerk und finde ihn auch tatsächlich gut. Allerdings, ich habe es oft versucht, ist es kein Duft für mich. Ein Duft kommuniziert non-verbal eine gewisse Botschaft, man hat mit einem Parfum einfach eine ganz eigene Attitude, aber ich fühle diesen Duft nicht und umgekehrt auch nicht. Schätze ich bin nicht der richtige Typ Mann dafür, mit Frederic Malle's French Lover klappt das dann schon besser.

Ich hoffe dass meine Annotationen zur Duftwirkung nicht unbeabsichtigter Weise sexistisch geworden sind und dass ich dem einen oder anderen mit dieser, für mich doch schwierigen, Duftbeschreibung helfen konnte.
5 Antworten