19.01.2011 - 06:45 Uhr
Profumo
284 Rezensionen
Profumo
Top Rezension
36
Viel Moschus und ein Strauß Blumen
Es war noch während meiner Schulzeit, vielleicht ein oder zwei Jahre vor dem Abitur, als eine damalige Freundin von mir sich ‚Musk by Alyssa Ashley’ zulegte. Ich war so begeistert von ihrem neuen Duft, dass ich ihn mir unverzüglich auch besorgte. Fortan bildeten wir eine Art Moschus-Duo, was zu einiger Verwirrung führte, da Unisex-Düfte zu Beginn der achtziger Jahre noch nicht so ‚en vogue’ waren, wie sie es heute sind, und speziell dieser – auch wenn er beiden Geschlechtern gewidmet war – im Umfeld von Azzaro pour Homme und Kouros doch recht feminin wirkte. Mir war das aber egal, spielte ich doch damals ohnehin mit meiner geschlechtlichen Identität: mal trug ich Kajal und Alyssa Ahsley´s Musk, dann wieder eine Motorrad-Lederjacke und Antaeus (mitunter auch Lederjacke und Kajal etc.).
Nach dem Abitur trennten sich unsere Wege und auch meine Moschus-Phase neigte sich ihrem Ende zu. Aber noch heute, wenn ich reines Moschus rieche denke ich an diese Zeit. Wie kürzlich, als ein Bekannte aus Marokko zurückkehrte und eine Art Moschus-Stein mitbrachte, einen wächsernen, intensiv duftenden Klumpen den man nur über die Haut zu streichen brauchte, und ein warmes, süßlich-animalische Aroma erfüllte die Luft – schon ist sie da, diese unbeschwerte Zeit, als noch nichts festgelegt schien und alles möglich war.
Ähnlich erging es mir als ich zum ersten Mal an ‚Narciso Rodriguez for him’ schnupperte. Schon sein wunderbares ‚for her’ war ja ein auf kräftigen Moschus-Noten basierender Duft, mit floralen und fruchtigen Nuancen, und so war es auch sein ‚for him’, nur in eine andere Richtung gehend: in die des klassischen Fougères, kombiniert mit einer schönen Veilchen-Note.
In beiden Düften spielt Moschus zwar eine zentrale Rolle, aber Narciso Rodriguez, bzw. sein Parfumeur Francis Kurkdjian wählten einen besonderen Spielart, den ‚ägyptischen Moschus’. Dieser zeichnet sich vor allem durch eine besondere, fast strahlende Frische aus (ein fast ‚cleaner’ Moschus), kombiniert mit leichten Blüten-Nuancen. Dieser ‚ägyptische Moschus’ ist an sich schon ein facettenreicher und stimulierender Duft, der folgerichtig auch im Bereich der Aromatherapie zur Anwendung kommt.
Nun ist er, wie gesagt, in beiden Narciso Rodriguez Düften integraler Bestandteil und Dreh- und Angelpunkt des Geschehens, aber er ist dennoch ein Team-Player. Vollends zum Hauptakteur wird er erst in deren EdP-Varianten, der so genannten ‚Musc Collection’. Hier tritt er uns nun in jeder Phase der Düfte gänzlich ungeniert und massiv entgegen, in all seiner Frische, seiner blumigen Facetten und animalischen Andeutungen (die wirklich nur Andeutungen bleiben).
Man denke daher bitte nicht, es handle sich bei diesen Düften einfach um höher konzentrierte Ausgaben des ursprünglichen Duftes. Nein, die ‚Musc Collection’ stellt den Moschus in einen stark veränderten Kontext, der völlig auf ihn zugeschnitten ist. Zwar sind die Themen der originalen ‚for her’ und ‚for him’ Düfte noch zu erkennen, aber eher wie ein fernes Echo. Andere Akteure erscheinen auf der Bühne und lenken das bekannte Stück in eine gänzlich unerwartete Richtung.
Im Falle der ‚for him musc collection’ ist es eine auffallend florale, mit einem leichten Twist ins fruchtige. Dieses ‚for him’ nähert sich ein gutes Stück dem originalen ‚for her’ an, während zugleich der Lavendel verschwindet und auch das Patchouli so gut wie nicht mehr wahrnehmbar ist. Stattdessen tritt ein ganzes Blüten-Bouquet auf den Plan: Rose, Jasmin, Veilchen und zu guter letzt eine kräftig erblühende Iris. Allesamt getragen und umhüllt von strahlend frischem ‚ägyptischen Moschus’.
Zunächst aber entwickelt sich dieser blütenreiche Anfangsakkord in einer Intensität, die einen zweifeln lassen könnte, ob es sich hierbei wirklich um ein maskulines Parfum handelt. Und im Ernst: es ist wirklich alles andere als maskulin, zumindest nicht im althergebrachten Sinne. Vielmehr entspricht es einer moderneren, eher knabenhafteren und romantischeren Auffassung von Männlichkeit, sehr schön illustriert von jenem jungen Mann, den sich Narciso Rodriguez als Model für sein ‚for him’ erwählte: ein wirklich gut aussehender, jugendlicher Beau (Evandro Soldati), mit männlich-markantem Kinn, ausgeprägter Nase, sinnlichen Mund und gut durchgebildetem Oberkörper - aber eben doch kein Thomas Magnum. Männlichkeit wird heute mitunter eben anders definiert, und für eine besondere Definition, die der ‚metrosexuellen’ Männlichkeit, mag dieser Duft - ähnlich wie ‚Dior Homme’ - eine perfektes Duft-Logo sein.
Hat man aber diesen fast schon exzessiv floralen Auftakt hinter sich gelassen, steuert der Duft zusehends in weichere und wärmere Gefilde. Allein das trockene Aroma der Iris, im Zusammenspiel mit einer leichten fruchtigen Süße, bleibt noch eine gute Weile präsent, bevor der Duft in einem nicht enden wollenden cremig-warmen Moschus-Ton, nebst Akzenten von Schokolade, Vanille, Zimt, leisen holzigen und ledrigen Noten verklingt.
Hört sich gut an, oder?
Ist gut!
Ein schöner floral-orientalischer Moschusduft und ein typischer Kurkdjian: meisterlich komponiert, mit opulenter Instrumentierung (auch wenn der Hersteller nur wenige Noten nennt) und reichhaltiger, dabei fein gewebter Textur. Die einzelnen Noten sind nahtlos verblendet und auf Hochglanz poliert – alles ‚sitzt’ (was dem Duft allerdings auch einen leichten Drall ins allzu glatte, saubere, ja fast aseptische verleiht).
Zudem hat er eine gute, für ein Kurkdjian-Werk überraschend zurückhaltende Projektion, und ist obendrein sehr haltbar. Noch am Morgen danach kann man auf der Haut das sinnliche und warme Moschusaroma entdecken.
Dieses ‚for him’ ist mir ein gutes Stück lieber als das Originale – ich finde es anregender und herausfordernder.
Manchmal aber auch etwas anstrengender...
Nach dem Abitur trennten sich unsere Wege und auch meine Moschus-Phase neigte sich ihrem Ende zu. Aber noch heute, wenn ich reines Moschus rieche denke ich an diese Zeit. Wie kürzlich, als ein Bekannte aus Marokko zurückkehrte und eine Art Moschus-Stein mitbrachte, einen wächsernen, intensiv duftenden Klumpen den man nur über die Haut zu streichen brauchte, und ein warmes, süßlich-animalische Aroma erfüllte die Luft – schon ist sie da, diese unbeschwerte Zeit, als noch nichts festgelegt schien und alles möglich war.
Ähnlich erging es mir als ich zum ersten Mal an ‚Narciso Rodriguez for him’ schnupperte. Schon sein wunderbares ‚for her’ war ja ein auf kräftigen Moschus-Noten basierender Duft, mit floralen und fruchtigen Nuancen, und so war es auch sein ‚for him’, nur in eine andere Richtung gehend: in die des klassischen Fougères, kombiniert mit einer schönen Veilchen-Note.
In beiden Düften spielt Moschus zwar eine zentrale Rolle, aber Narciso Rodriguez, bzw. sein Parfumeur Francis Kurkdjian wählten einen besonderen Spielart, den ‚ägyptischen Moschus’. Dieser zeichnet sich vor allem durch eine besondere, fast strahlende Frische aus (ein fast ‚cleaner’ Moschus), kombiniert mit leichten Blüten-Nuancen. Dieser ‚ägyptische Moschus’ ist an sich schon ein facettenreicher und stimulierender Duft, der folgerichtig auch im Bereich der Aromatherapie zur Anwendung kommt.
Nun ist er, wie gesagt, in beiden Narciso Rodriguez Düften integraler Bestandteil und Dreh- und Angelpunkt des Geschehens, aber er ist dennoch ein Team-Player. Vollends zum Hauptakteur wird er erst in deren EdP-Varianten, der so genannten ‚Musc Collection’. Hier tritt er uns nun in jeder Phase der Düfte gänzlich ungeniert und massiv entgegen, in all seiner Frische, seiner blumigen Facetten und animalischen Andeutungen (die wirklich nur Andeutungen bleiben).
Man denke daher bitte nicht, es handle sich bei diesen Düften einfach um höher konzentrierte Ausgaben des ursprünglichen Duftes. Nein, die ‚Musc Collection’ stellt den Moschus in einen stark veränderten Kontext, der völlig auf ihn zugeschnitten ist. Zwar sind die Themen der originalen ‚for her’ und ‚for him’ Düfte noch zu erkennen, aber eher wie ein fernes Echo. Andere Akteure erscheinen auf der Bühne und lenken das bekannte Stück in eine gänzlich unerwartete Richtung.
Im Falle der ‚for him musc collection’ ist es eine auffallend florale, mit einem leichten Twist ins fruchtige. Dieses ‚for him’ nähert sich ein gutes Stück dem originalen ‚for her’ an, während zugleich der Lavendel verschwindet und auch das Patchouli so gut wie nicht mehr wahrnehmbar ist. Stattdessen tritt ein ganzes Blüten-Bouquet auf den Plan: Rose, Jasmin, Veilchen und zu guter letzt eine kräftig erblühende Iris. Allesamt getragen und umhüllt von strahlend frischem ‚ägyptischen Moschus’.
Zunächst aber entwickelt sich dieser blütenreiche Anfangsakkord in einer Intensität, die einen zweifeln lassen könnte, ob es sich hierbei wirklich um ein maskulines Parfum handelt. Und im Ernst: es ist wirklich alles andere als maskulin, zumindest nicht im althergebrachten Sinne. Vielmehr entspricht es einer moderneren, eher knabenhafteren und romantischeren Auffassung von Männlichkeit, sehr schön illustriert von jenem jungen Mann, den sich Narciso Rodriguez als Model für sein ‚for him’ erwählte: ein wirklich gut aussehender, jugendlicher Beau (Evandro Soldati), mit männlich-markantem Kinn, ausgeprägter Nase, sinnlichen Mund und gut durchgebildetem Oberkörper - aber eben doch kein Thomas Magnum. Männlichkeit wird heute mitunter eben anders definiert, und für eine besondere Definition, die der ‚metrosexuellen’ Männlichkeit, mag dieser Duft - ähnlich wie ‚Dior Homme’ - eine perfektes Duft-Logo sein.
Hat man aber diesen fast schon exzessiv floralen Auftakt hinter sich gelassen, steuert der Duft zusehends in weichere und wärmere Gefilde. Allein das trockene Aroma der Iris, im Zusammenspiel mit einer leichten fruchtigen Süße, bleibt noch eine gute Weile präsent, bevor der Duft in einem nicht enden wollenden cremig-warmen Moschus-Ton, nebst Akzenten von Schokolade, Vanille, Zimt, leisen holzigen und ledrigen Noten verklingt.
Hört sich gut an, oder?
Ist gut!
Ein schöner floral-orientalischer Moschusduft und ein typischer Kurkdjian: meisterlich komponiert, mit opulenter Instrumentierung (auch wenn der Hersteller nur wenige Noten nennt) und reichhaltiger, dabei fein gewebter Textur. Die einzelnen Noten sind nahtlos verblendet und auf Hochglanz poliert – alles ‚sitzt’ (was dem Duft allerdings auch einen leichten Drall ins allzu glatte, saubere, ja fast aseptische verleiht).
Zudem hat er eine gute, für ein Kurkdjian-Werk überraschend zurückhaltende Projektion, und ist obendrein sehr haltbar. Noch am Morgen danach kann man auf der Haut das sinnliche und warme Moschusaroma entdecken.
Dieses ‚for him’ ist mir ein gutes Stück lieber als das Originale – ich finde es anregender und herausfordernder.
Manchmal aber auch etwas anstrengender...
8 Antworten