Atomico XXVI 2019

NuiWhakakore
27.11.2023 - 10:27 Uhr
27
Top Rezension
4
Preis
9
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
8.5
Duft

Die Apokalypse wird abgesagt

Sie haben uns gesagt, geht nicht über die Berge, dort erwartet euch nur Ödnis und Tod. Sie haben uns gesagt, bleibt hier im Tal, das Leben ist hart aber sicher. Sie haben uns gesagt, seit zufrieden mit dem was ihr hier habt, auch wenn es wenig und karg ist. Sie haben uns gesagt, strebt nicht nach mehr, das ist der Weg in den Untergang.

All das haben sie gesagt, immer und immer wieder, aber ich konnte nicht auf sie hören. Das Tal hier ist zu eng, der Horizont zu nah, immer in wenigen Stunden erreichbar, ohne Geheimnis. Also zog ich los, über Pässe und durch enge Täler, ein beschwerlicher Weg, doch jetzt stehe ich am Fuß der Berge und fühle den kühlen Wind, der scharf von der Höhen herab weht in meinem Rücken.

Und es ist öd hier, aber nicht leer. Die Bäume sind schwarz, aber es fließt Harz unter der verkohlen Rinde und zwischen der bloßen Erde zeigt sich zaghaftes Grün. Rauch zieht über das Land, doch die Luft ist warm und es duftet aromatisch. Der frische Wind aus den Bergen kämpft dagegen an, aber nach ein paar mehr Schritten verblasst er und die Wärme umgibt mich. Mit dem Rücken an einen verkohlten Baumstamm gelehnt sitze ich nun und selbst mein schweres, derbes Leder wird wundersam weich und sanft. Ich schaue in die Ferne, zum Horizont, und zum ersten mal scheint er unendlich weit entfernt und geheimnisvoll.

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Ehrlich gesagt bin ich mir nicht so ganz sicher, warum sich bei Atomico XXVI automatisch post-apokalyptische Bilder einstellen, sie sind aber immer da. Bilder wie bei Mad Max, The Road oder Fallout. Es liegt wohl nur am Namen, denn der Duft hat so gar nichts apokalyptisches an sich.

Er startet sehr pfeffrig und auch frische Noten sind mit dabei, vom Vetiver oder der Zeder ist nicht ganz klar. Dagegen stehen warme Harze und süßliche Vanille (zum Glück nicht zu viel und auch nicht zu süß). Das ist ein sehr schöner Gegensatz, der sich bei jedem mal tragen etwas anders darstellt. Mal überwiegt das süß-harzige, mal eher das pfeffrig-frische. Bald kommt cremiges, würziges Sandelholz mit rein, zwar nicht Mysore (kein Kleber), aber auch nicht generisch. Die Vanille wird etwas deutlicher und Amber kommt dazu. Mehr dürfte das für mich nicht werden und süßer auch nicht, so ist die Mischung aber perfekt gelungen. Die Leder-Note kommt erst zur Basis hin durch. Es ist ein sauberes, weiches Leder, leicht cremig und würzig und es schwingt auch ein wenig Süßholz mit, wie Lakritz, letzteres leicht angebrannt.

Womit wir dann vielleicht doch noch bei der Apokalypse wären: der Rauch. Er zieht sich durch den gesamten Duftverlauf, zu beginn noch relativ schwach, dann zunehmend wahrnehmbar, in der Basis dann wieder etwas weniger. Es ist aber kein dichter, schwarzer Rauch, sondern ein eher leichter und sanfter. In der Mitte des Verlaufs habe ich kurz mal das Gefühl eines ausgeblasenen Streichholzes, das bleibt aber nicht lange.

Die Apokalypse ist also erst mal abgesagt und sie kommt auch in `26 nicht, da habe ich nämlich schon was anderes vor. Atomico ist ein sehr warmer, kuscheliger Herbst- und Winterduft mit genügen Tiefgang, nicht zu langweilen, aber auch nicht so viel, anzustrengen. Somit gut tragbar für den ganzen Tag (10-12 Stunden hält er durchaus), wenn man ihn auf den Schal bekommt, hält er auch ein paar Tage.
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