29.10.2024 - 15:42 Uhr
ElAttarine
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ElAttarine
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39
Eine Vision von Seelenlicht und Erdentieren
Da war das Licht, helles Licht, sehr viel Licht, das sogar durch meine noch geschlossenen Augenlider zu spüren war. Und diese ganz hellen Stimmen, Hildegard-Musik. Sehr feiner hoher Gesang. Mit meinen bloßen Füßen konnte ich die offene Erde spüren, auf der ich stand, und auch ihren rauen, kräftig-erdig-herben und manchmal leicht lösungsmittelartigen Duft einatmen. Immer, wenn es mir gelang, meine Augen zu öffnen, sah ich die hellen Streben, die weit nach oben reichten, fast wie in einer sehr hellen gotischen Kathedrale, die aber nach oben offen war, so dass ich bis in den Himmel sehen konnte. Diese Streben waren lebendig, pflanzlich, sie wuchsen immer weiter und in neuer Zahl aus der Erde. An ihnen wuchsen grüne Bergamotten und ihr herbes Aroma verströmende Beifußblüten. Als es mir das nächste Mal gelang, meinen Blick zu öffnen und nicht abzuwenden, entfalteten sich an den Strebungen die knitterigen hauchdünnen zart-rosigen und weißen Blütenblätter von Zistrosen, immer wieder neue. Aus ihnen tropften Harztropfen wie herb-animalischer Honig, die auf herbe Tabakblätter und von dort in die Erde fielen, und es begannen sich die hellen Weihrauchfäden zu entspinnen. Die Strahlen des hellen Lichts kreuzten die Weihrauchfäden und brachten die Staubpartikel zum Leuchten, die in der Luft tanzten. Und jetzt kamen sie, die Luftwale, majestätisch und doch mit unendlich ruhiger Leichtigkeit schwebten sie zwischen den Weihrauchfäden und den wie papiernen Zistrosenblüten durch die Streben hindurch…
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„Cistus“ von D:Sol MMXVI hat einerseits eine erdig-erdende Seite, beifuß-herb, rau, mit dezenter Animalik aus Cistus und Ambra. Die Animalik bleibt aber sehr kultiviert (und wird nie so kräftig wie beim von mir auch geliebten Labdanum mit seinen Ziegennoten, wenn von guter Qualität). Gleichzeitig ist der Duft für mich durchweg sehr hell, im Auftakt ätherisch-lösungsmittelartig, und dann zartblumig in einer Verbindung von dezenter Rose und vor allem der namensgebenden Zistrose. Auch der danach einsetzende Weihrauch ist hell. Die Ambra in der Basis fügt eine dezent animalische Tiefe hinzu, ohne dass sich der Duft verdunkelt.
Das Berliner Haus D:SOL von Dennis Werner hat als erklärtes Programm, Düfte „zwischen Mallorca und Berlin“ zu entwickeln, die die mediterrane Sonne und Kräuter mit der urbanen Lebendigkeit von Berlin verbinden und alle auf jeweils unterschiedliche Weise Spannungen zwischen Polen thematisieren. Bisher haben Marie Urban Le Febvre und Delphine Thierry für D:SOL als Parfümeurinnen gearbeitet.
Im Dossier des Hauses zu „Cistus“ wird Delphine Thierry mit ihren Zistrosen in ihrem Garten in Grasse gezeigt. Sie sagt: „Cistus ist eine außergewöhnliche Essenz, die eine faszinierende Dualität verkörpert […]. Diese erdige Fülle ruft eine rohe, fast ursprüngliche Verbindung zur Natur hervor. Doch Zistrose hat auch eine sakrale Seite, die an die ruhige Gelassenheit alter Kirchen erinnert - polierte Kirchenbänke, gealtertes Papier, Weihrauch und der Staub vergessener Geschichten. Es ist diese sakrale Wärme, die […] den Duft der Zistrose erhebt und ihn zu einem zutiefst erdenden und transzendenten Duft macht. Cistus verwurzelt dich mit der Erde und erhebt deine Seele in den Himmel.“
„Cistus“ zeichnet sich durch eine tolle Qualität der Zutaten aus – und das Thema ist richtig gut umgesetzt: Verwurzelt in der Erde und ihren animalischen Tiefen, und die Seele fliegt in den Himmel.
Dankeschön an Knopfnase für das Sharing – der Duft hat es jetzt auf meine Wunschliste geschafft.
Der Klang dazu: "O Pastor Animarum" von Hildegard von Bingen, vom Album "Canticles of Ecstasy" (ist leicht zu finden, der link hatte hier das Layout gesprengt.)
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„Cistus“ von D:Sol MMXVI hat einerseits eine erdig-erdende Seite, beifuß-herb, rau, mit dezenter Animalik aus Cistus und Ambra. Die Animalik bleibt aber sehr kultiviert (und wird nie so kräftig wie beim von mir auch geliebten Labdanum mit seinen Ziegennoten, wenn von guter Qualität). Gleichzeitig ist der Duft für mich durchweg sehr hell, im Auftakt ätherisch-lösungsmittelartig, und dann zartblumig in einer Verbindung von dezenter Rose und vor allem der namensgebenden Zistrose. Auch der danach einsetzende Weihrauch ist hell. Die Ambra in der Basis fügt eine dezent animalische Tiefe hinzu, ohne dass sich der Duft verdunkelt.
Das Berliner Haus D:SOL von Dennis Werner hat als erklärtes Programm, Düfte „zwischen Mallorca und Berlin“ zu entwickeln, die die mediterrane Sonne und Kräuter mit der urbanen Lebendigkeit von Berlin verbinden und alle auf jeweils unterschiedliche Weise Spannungen zwischen Polen thematisieren. Bisher haben Marie Urban Le Febvre und Delphine Thierry für D:SOL als Parfümeurinnen gearbeitet.
Im Dossier des Hauses zu „Cistus“ wird Delphine Thierry mit ihren Zistrosen in ihrem Garten in Grasse gezeigt. Sie sagt: „Cistus ist eine außergewöhnliche Essenz, die eine faszinierende Dualität verkörpert […]. Diese erdige Fülle ruft eine rohe, fast ursprüngliche Verbindung zur Natur hervor. Doch Zistrose hat auch eine sakrale Seite, die an die ruhige Gelassenheit alter Kirchen erinnert - polierte Kirchenbänke, gealtertes Papier, Weihrauch und der Staub vergessener Geschichten. Es ist diese sakrale Wärme, die […] den Duft der Zistrose erhebt und ihn zu einem zutiefst erdenden und transzendenten Duft macht. Cistus verwurzelt dich mit der Erde und erhebt deine Seele in den Himmel.“
„Cistus“ zeichnet sich durch eine tolle Qualität der Zutaten aus – und das Thema ist richtig gut umgesetzt: Verwurzelt in der Erde und ihren animalischen Tiefen, und die Seele fliegt in den Himmel.
Dankeschön an Knopfnase für das Sharing – der Duft hat es jetzt auf meine Wunschliste geschafft.
Der Klang dazu: "O Pastor Animarum" von Hildegard von Bingen, vom Album "Canticles of Ecstasy" (ist leicht zu finden, der link hatte hier das Layout gesprengt.)
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