Monoliths & Dimensions von Phronema Perfumes

Monoliths & Dimensions 2022

Ropanski2020
14.04.2023 - 15:54 Uhr
14
Top Rezension
8.5Duft 7Haltbarkeit 7Sillage

Sein Antlitz dem Zeitlosen zuwenden

Phronema Perfumes ist eine noch recht junge Marke des US Amerikaners Weston Adam, der sich in erster Linie als multimedia artist versteht.

Sein vielschichtiges Repertoire spricht für sich, ist transmedial angelegt. Ob sein kreatives Ausleben in der Duftwelt einer transformativen Logik folgt, die auf eine spezifische olfaktorische Wahrnehmung seiner Düfte abzielt, entzieht sich meiner Kenntnis und auch Vorstellungskraft.

Ich lehne mich nicht allzu weit aus dem Fenster, wenn ich sage: Was soll’s! Mein Interesse gilt vornehmlich den Düften - in ihrer konkreten Beschaffenheit -, weniger dem Ursprung ihrer Entstehungsprozesse, den Ideen und Aphorismen ihrer Schöpfer, ohne jetzt allzu despektierlich oder gar verächtlich gegenüber dem Handwerk im Allgemeinen klingen zu wollen.

Versuche ich mich dennoch seiner Geschichte(n) anzunehmen, dann wird relativ schnell klar: So (musikalisch) experimentierfreudig das gleichnamige Album der Band Sunn O))) auch erscheinen mag, welches Weston hier als Kontrastfolie diente, so vergleichsweise unaufgeregt puristisch wirkt Monoliths & Dimensions als Duftkreation.

Der Auftakt gleicht zunächst einem triumphalen Einzug ins Bernstein-Zimmer. Die prächtigen Türen öffnen sich und der Blick schweift über die mit Ornamenten verzierten Wände. Der gülden schimmernde, balsamische Schweif wirkt grenzenlos, überbordend wie zeitlos zugleich - er frisst sich in den geistigen Speicher der Gegenwart. Umrahmt von barocker Historizität wird alsbald nach Luft gerungen, der Blick giert nach Ruhe und Erdung. Das gewünschte Bild ähnelt dem einer Zigarrenlounge auf einem entlegenen Landgut, wo die massiven Holzvertäfelungen an den Wänden - im warmen Kerzenschein - tanzende Schatten in den Raum werfen, während dezent platzierte Sitzgelegenheiten zum Verweilen einladen. Der Aufenthalt währt gute fünf bis sechs Stunden, Tendenz: hautnah.

Weston selbst spricht von einem Dufterlebnis, das in erster Linie klassische Basisnoten in den Vordergrund stellt. Zwischen rauchig-warmen Amberakkorden und verschiedenen Sandelholznoten soll der balsamische Saft in seiner Eigentümlichkeit möglichst formvollendet schimmern. Darüber hinaus soll die Verwendung von verschiedenen Oud-Sorten das Duftbild um weitere spannende Facetten abrunden. Das klingt und riecht letztlich sehr ansprechend, aber halt auch irgendwie bekannt.

Monoliths & Dimensions ist, soweit lässt sich festhalten, ein qualitativ überzeugender (dichter) Amber-Duft, der auf bekannte Mechanismen zurückgreift. Das Ergebnis ist für mich nicht komplex, aber durchaus raffiniert zu Ende gedacht. Der eigentliche Charme besteht in der Zusammenführung diverser Basisnoten, die eine schier untrennbare Einheit bilden. Der Verlauf wirkt eindimensional, zumindest auf den ersten Blick. Liebhaber werden nach mehreren Tests durchaus die qualitativen Kniffe bemerken, die Weston seinem Werk voranzustellen sucht; angefangen beim Zusammenspiel der diversen Sandelholz-Destillate bis hin zu den fruchtig-rauchigen Untertönen des kambodschanischen Ouds (mutmaßlich aus der Provinz Koh Kong), die das Labdanum so gekonnt umspielen und zum Ende hin ein eher warm-erdiges, leicht liebliches Duftprofil auf der Haut zeichnen.

Eine zweite Charge ist laut Weston bereits geplant. Das erlaubt auch anderen, denen der Duft oder die Marke noch kein Begriff sein sollte, in den Test-Genuss zu kommen.
18 Antworten
GandixGandix vor 3 Jahren
Ein wunderbares Bild. Bei Bernsteinzimmer und balsamisch seh ich sonst eh nix 🙈😂
Can777Can777 vor 3 Jahren
Wirklich eine hochinteressante und sehr informativen Rezension von Dir über einen Duft der schon in meinem Fokus war. Und ich denke nicht umsonst. Spricht mich sehr an der Duft..!
Klasse Vorstellung…!
Ropanski2020Ropanski2020 vor 3 Jahren
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Danke dir! Wenn dir Düfte a la Sandal Amber (Parfums Vintage) , Amber Absolute (Tom Ford) oder Ô Hira (Stéphane Humbert Lucas) zusagen, dann auf jeden Fall.
ChizzaChizza vor 3 Jahren
Schöner Kommentar, bin nun doch neugierig, wobei ich die Flakons schon mal sah, damit aber nicht viel anzufangen wusste.
Ropanski2020Ropanski2020 vor 3 Jahren
Ich muss gestehen, mir ging es recht ähnlich. Hinzu kam der Preis, der für einen 30ml-Flakon schon ordentlich ist. Kenne bislang nur zwei Düfte der Marke. Wenn sich die Gelegenheit bietet, teste ich mich da mal komplett durch. Der Being Towards Death dürfte noch interessant sein.
AxiomaticAxiomatic vor 3 Jahren
Die Dufteröffnung klingt recht gelungen, falls sie so schöne Bernsteinbilder evoziert. Aber auch die dunkle holzige Basis.
Über den Flakon kann ich nicht hinwegsehen, dass hier bekannte europäische Nischen als Vorlage dienen.
Sehr informative und sympathische Rezension.
Ropanski2020Ropanski2020 vor 3 Jahren
Solche Aufmachungen sind für mich ja häufig nur Störfeuer. Der Inhalt muss überzeugen.
BillyBumblerBillyBumbler vor 3 Jahren
Sehr spannend! Kannte ich noch gar nicht.
Ropanski2020Ropanski2020 vor 3 Jahren
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Ist auch relativ neu, die Marke. Diese harzige Zeitgenosse könnte dir womöglich gefallen...
MonMedusaMonMedusa vor 3 Jahren
Ein Duft in Bezug zu Sunn O))) wie aufregend, ebenso wie das Ganze transmedial zu denken! ... ach ja, der Duft klingt auch gut :)
Ropanski2020Ropanski2020 vor 3 Jahren
Ja, der ist gelungen. Die Bezugnahme ist spannend, da mir das musikalische Genre bislang gänzlich unbekannt war bzw. ich in selbiges nie zuvor aktiv reingehört habe. Das Ergebnis lässt sich sehen - gemeint ist der Duft.
SeejungfrauSeejungfrau vor 3 Jahren
Sein Antlitz dem Zeitlosen zuwenden.Ich mag diesen Header.Sunn O))) war mir bis eben kein Begriff.Hab kurz geyoutubed.
Letztendlich zählt der Geruch.Wobei das drumherum unbedingt dazugehört.Eine Weile.Dein Bernsteinzimmer klingt so schön gediegen.Im Gegensatz zum crazy Flacondeckel. :)) 8.5 von dir ist eine Ansage.Lehn dich weiter aus dem Fenster.
SeejungfrauSeejungfrau vor 3 Jahren
Schwammkopfdeckel :-)))
Ropanski2020Ropanski2020 vor 3 Jahren
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Die Band sagte mir bislang auch nicht, ein spezielles Genre. Da bin ich ganz bei dir. Ja, die Deckel sind "komisch" - wie ein eckiger Schwammkopf. Bei der Wertung habe ich mich schwerer getan als gedacht. Eventuell habe ich ihn aber (wohlwollend) um 0.5 zu gut bewertet, aber ich stehe zu meiner Wertung. Sie wurde nach mehreren Tests so getroffen :-)
FloydFloyd vor 3 Jahren
So wie Du das beschreibst, passt der Duft sehr gut zu genanntem Sunn O))) Sound. Viel Bass und Wärme, darüber allmähliches Changieren zwischen Nebeln der Dunkelheit.. Tolle Rezension. Der Kunst gerecht werdend ohne Dich "aus dem Fenster zu lehnen"!
Ropanski2020Ropanski2020 vor 3 Jahren
Das glaube ich dir gerne. E-Gitarre kann sehr vielschichtig klingen und nicht nur kalt, wie von vielen empfunden.
MarieposaMarieposa vor 3 Jahren
In meinen Ohren klingt deine Beschreibung wie Musik - so viel zu transmedial :D
Ropanski2020Ropanski2020 vor 3 Jahren
So kann man sich, in seinem eigenen Ansinnen, irren. Nicht-intendierte Transferleistung :-)