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ISO E SUPER unter der Lupe

ISO E SUPER unter der Lupe vor 10 Jahren
In letzter Zeit stöbere ich wieder häufiger bei der Konkurrenz und da bin ich auch auf DAS gestoßen.

Sehr interessant, da hat sich jemand wirklich Mühe gegeben. Ob's auch alles stimmt, das ist die Frage. Vielleicht kann ja einer der Chemie-Kundigen das aufklären und knackig zusammenfassen, damit auch die, die von Chemie so wenig Ahnung haben wie ich, das besser verstehen. Auch denen, die kein Englisch können, wäre damit bestimmt geholfen. Vielen Dank im Voraus!

In jedem Fall spannend zu lesen, wenn man sich für solches Hintergrundwissen begeistern kann. Wink
vor 10 Jahren
Danke für den Link!
Warum war ich in Chemie so schlecht....??? Embarassed
vor 10 Jahren
Ja, das würde mich allerdings auch brennend interessieren. Zumal sich das Zeug auch hierin
www.parfumo.de/Parfums/Parfums_de_Marly/Royal_ Essence_Herod
befindet.
Zuletzt bearbeitet von WitweBolte am 02.12.2013, 22:14, insgesamt einmal bearbeitet
vor 10 Jahren
Na ja, so schwer ist das nicht zu verstehen:
Es gibt von dem Molekül verschiedene Isomere, die Methylgruppen stehen unterschiedlich. Jede Variante hat einen anderen Duft. Sowas ist ja auch von anderen Verbindungen bekannt.
Anscheinend hat beim Iso-E-Super ein Isomer einen besonders charakteristischen, starken Geruch.
Was ungeklärt bleibt, warum die Isomere nicht aufgetrennt werden. Vermutungen:
1. Es ist teuer.
2. Erst die Summe machts.
vor 10 Jahren 1
Das meiste stimmt, was da auf Basenotes geschrieben steht. Über den eher reißerischen Stil mag man geteilter Meinung sein.
In "Scent and Chemistry", was ich als glaubwürdige Quelle angeben würde, steht Folgendes:
1973 war ein grauenhafter Weinjahrgang und das einzig Spektakuläre war, dass die Bordeaux-Klassifikation von 1855 erstmals (und seit dem auch nicht wieder) angepasst wurde: seit diesem Jahr ist Château Mouton Rothschild nicht mehr 2ème, sondern 1er Grand Cru.
Bedeutender war 1973 für die Parfumerie: die IFF-Forscher Hall und Sanders synthetisierten Iso E Super und den Parfumeuren stand ein neuer Rohstoff zur Verfügung:

(sorry für die Formeln und die Größe der Bilder). Iso E Super war nicht irgendein neues Duftmolekül, was auf den Markt geworfen wurde, sondern es erlaubt ganz andere Art von Parfums zu erschaffen: es wirkt als eine Art Verstärker anderer Duftstoffe (Nasenglutamat): die können in ihrer Konzentration abgesenkt werden bei gleicher Wahrnehmung. Die Popularität erklärt sich allerdings nicht (zumindest nicht nur) darin, dass durch die Absenkung der Duftstoffkonzentration Rohstoffkosten gespart werden können, sondern dass bei gleicher Intensität die Parfums leichter, luftiger, transparenter und manche Note schmaler werden. In der Regel wird Iso E Super nicht um seines eigenen Geruchs wegen eingesetzt, sondern aufgrund der Wirkung auf andere Noten.
Hier ist eine Analogie zu Hedion zu sehen, der Substanz, die Frucht- und Blumennoten eine Frische verleiht und genau deswegen eingesetzt wird. Laut Ansicht der meisten Parfumeure hat keine Substanz so die Parfumerie im 20. Jhdt. beeinflusst und verändert wie Hedion (noch vor Iso E Super)- obwohl Hedion für sich alleine eher unspektakulär riecht: für mich seltsam diffusiv blumig in Kombination mit dem Geruch nasser Pappe.
Das ist freilich ganz anders bei Iso E Super: das hat einen attraktiven Eigengeruch, leicht pfeffrig, holzig, sehr transparent, schwer greifbar und irgendwie auch ... sinnlich. Zumindest Geza Schön ringt nach Worten für seinen Lieblingsduftstoff und landet schließlich bei "geil". Kein Wunder also, dass Iso E Super daher nicht nur seiner Verstärkungsfunktion wegen eingesetzt wird, sondern auch als eigene Duftnote.
Es dauerte bis zum Jahr 1990, bis eher zufällig entdeckt wurde, dass nicht das eigentliche, oben abgebildete Iso E Super für den Geruch verantwortlich ist , sondern ein Nebenprodukt mit dem Namen Arboron:

Die Geruchsschwelle ist um den Faktor 100000 tiefer als Iso E Super. Was ich freilich nicht weiß, welche der beiden Substanzen die verstärkende Wirkung auf andere Duftstoffe hat. Arboron entsteht inhärent als Nebenprodukt der Iso-E-Super-Snthese, eine Abtrennung der einzelnen Qualitäten ist wirtschaftlich nicht sinnvoll. Es gibt Synthesevarianten, mit denen der Arboron-Anteil um den Faktor 2-3 erhöht werden kann, und es resultiert eine besondere Iso-E-Super-Qualität, aber von einer Reinsynthese des Arborons ist man weit entfernt.
Es geht aber auch anders: Der Givaudan-Duftstoffchemiker Philip Kraft hat Georgywood entwickelt, ein Molekül, was so riecht wie Arboron, eine fast genau so tiefe Geruchsschwelle aufweist, aber vergleichsweise einfach synthetisch zugänglich ist:

"Golden Moments", "Higher" und "Be Delicious Men" sind Beispiele für hohe Dosen Georgywood.

Das Sicherheitsdatenblatt des Standard-IFF Iso E Super weist als weitere Bestandteile ein Koservierungsmittel (BHT) und folgendes Nebenprodukt auf:


Die Verhältnis der einzelnen Reaktionsprodukte der Iso-E-Super-Synthese erklärt, warum die Produkte unterschiedlicher Hersteller eben nicht alle gleich riechen.
Zuletzt bearbeitet von Ronin am 10.12.2013, 22:13, insgesamt einmal bearbeitet
vor 10 Jahren
Super, danke! Smile
vor 10 Jahren
Auch von mir ein Danke!

Heißt im Klartext, ISO E Super eignet sich hauptsächlich zum Layern bei Frucht- und Blumennoten, korrekt?

Muss mir das von dem Herrn Schön da mal anschauen Smile
vor 10 Jahren
Nee, so war das nicht gemeint, denke ich. Es geht darum, dass das Zeug nicht (nur) wegen seines Geruchs, sondern vor allem wegen seines Effekts eingesetzt wird - so wie Hedione.
vor 10 Jahren
Ronin:
Das meiste stimmt, was da auf Basenotes geschrieben steht. Über den eher reißerischen Stil mag man geteilter Meinung sein.
In "Scent and Chemistry", was ich als glaubwürdige Quelle angeben würde, steht Folgendes:
1973 war ein grauenhafter Weinjahrgang und das einzig Spektakuläre war, dass die Bordeaux-Klassifikation von 1855 erstmals (und seit dem auch nicht wieder) angepasst wurde: seit diesem Jahr ist Château Mouton Rothschild nicht mehr 2ème, sondern 1er Grand Cru.
Bedeutender war 1973 für die Parfumerie: die IFF-Forscher Hall und Sanders synthetisierten Iso E Super und den Parfumeuren stand ein neuer Rohstoff zur Verfügung:

(sorry für die Formeln und die Größe der Bilder). Iso E Super war nicht irgendein neues Duftmolekül, was auf den Markt geworfen wurde, sondern es erlaubt ganz andere Art von Parfums zu erschaffen: es wirkt als eine Art Verstärker anderer Duftstoffe (Nasenglutamat): die können in ihrer Konzentration abgesenkt werden bei gleicher Wahrnehmung. Die Popularität erklärt sich allerdings nicht (zumindest nicht nur) darin, dass durch die Absenkung der Duftstoffkonzentration Rohstoffkosten gespart werden können, sondern dass bei gleicher Intensität die Parfums leichter, luftiger, transparenter und manche Note schmaler werden. In der Regel wird Iso E Super nicht um seines eigenen Geruchs wegen eingesetzt, sondern aufgrund der Wirkung auf andere Noten.
Hier ist eine Analogie zu Hedion zu sehen, der Substanz, die Frucht- und Blumennoten eine Frische verleiht und genau deswegen eingesetzt wird. Laut Ansicht der meisten Parfumeure hat keine Substanz so die Parfumerie im 20. Jhdt. beeinflusst und verändert wie Hedion (noch vor Iso E Super)- obwohl Hedion für sich alleine eher unspektakulär riecht: für mich seltsam diffusiv blumig in Kombination mit dem Geruch nasser Pappe.
Das ist freilich ganz anders bei Iso E Super: das hat einen attraktiven Eigengeruch, leicht pfeffrig, holzig, sehr transparent, schwer greifbar und irgendwie auch ... sinnlich. Zumindest Geza Schön ringt nach Worten für seinen Liblingsduftstoff und landet schließlich bei "geil". Kein Wunder also, dass Iso E Super daher nicht nur seiner Verstärkungsfunktion wegen eingesetzt wird, sondern auch als eigene Duftnote.
Es dauerte bis zum Jahr 1990, bis eher zufällig entdeckt wurde, dass nicht das eigentliche, oben abgebildete Iso E Super für den Geruch verantwortlich ist , sondern ein Nebenprodukt mit dem Namen Arboron:

Die Geruchsschwelle ist um den Faktor 100000 tiefer als Iso E Super. Was ich freilich nicht weiß, welche der beiden Substanzen die verstärkende Wirkung auf andere Duftstoffe hat. Arboron entsteht inhärent als Nebenprodukt der Iso-E-Super-Snthese, eine Abtrennung der einzelnen Qualitäten ist wirtschaftlich nicht sinnvoll. Es gibt Synthesevarianten, mit denen der Arboron-Anteil um den Faktor 2-3 erhöht werden kann, und es resultiert eine besondere Iso-E-Super-Qualität, aber von einer Reinsynthese des Arborons ist man weit entfernt.
Es geht aber auch anders: Der Givaudan-Duftstoffchemiker Philip Kraft hat Georgywood entwickelt, ein Molekül, was so riecht wie Arboron, eine fast genau so tiefe Geruchsschwelle aufweist, aber vergleichsweise einfach synthetisch zugänglich ist:

"Golden Moments", "Higher" und "Be Delicious Men" sind Beispiele für hohe Dosen Georgywood.

Das Sicherheitsdatenblatt des Standard-IFF Iso E Super weist als weitere Bestandteile ein Koservierungsmittel (BHT) und folgendes Nebenprodukt auf:


Die Verhältnis der einzelnen Reaktionsprodukte der Iso-E-Super-Synthese erklärt, warum die Produkte unterschiedlicher Hersteller eben nicht alle gleich riechen.

Das ist einer der erleuchtendsten Sachen, die ich bisher hier auf Parfumo lesen konnte. Mad propz!

vor 10 Jahren
Thoddü:
(...)Heißt im Klartext, ISO E Super eignet sich hauptsächlich zum Layern bei Frucht- und Blumennoten, korrekt?(...)
Nee, Hedion ist die Substanz, die Tautropfen auf Blüten zaubert und Fruchtnoten wie frisch gepresst riechen lässt. Iso E Super wiederum verstärkt alle möglichen Duftstoffe, aber nicht alle gleich: fast alle Holznoten aktueller Parfums enthalten ordentlich davon, Blumennoten werden transparenter und intensiver ... Am besten selbst ausprobieren (und das sagt jemand, der kein Layeringfan ist ...) Rolling Eyes

P.S. Natürlich hat auch Erik Kormann etwas sehr Lesenswertes zu dem Thema geschrieben: http://www.aromatisches-blog.de/2010/03/05/iso -e-super/
vor 10 Jahren
Very Happy Ich würd´ ihn nochmal heiraten. Exclamation

Thanx Ronin für Die Iso-E-Super-Aufklärung!

Nur noch wenige Fragen bleiben da übrig:

- Wer hat sich warum diesen bescheuerten Namen ausgedacht?

- Warum gibt es Skrupel diesen Bestandteil aufzulisten? Ähnlich wie bei Hedion. Wenn in allen Pyramiden von Parfums, in denen es enthalten ist, auch der Name erscheinen würde, wäre es wohl so häufig wie _Moschus_. Liegt es daran, dass marketingtechnisch eine Pseudo-Natürlichkeit aufrechterhalten werden soll? Hat denn irgendwer bislang geglaubt, dass Moschus aus Moschushirschen, Amber aus Walen und Zibet aus Raubkatzen gequetscht wird? Na ja... sollte es daran liegen, dürfte sich der Trendwandel hin zur Akzeptanz synthetischer Riechstoffe positiv auswirken.

- Warum wird Dannyboy nicht von Parfumo ausgeschlossen, wenn er hier offen zugibt, bei Basenotes zu lesen? Wink
vor 10 Jahren
Die Auftrennung der Isomere wäre extrem teuer und auffwändind, wenn überhaupt möglich, weil alle Isomere die gleiche Molmasse haben und sich in der Molekülform auch nur unwesentlich unterscheiden. Daher liegen die Siedepunkte der Verbindungen weniger als 1°C auseinander, man kann also durch fraktionierte Destillation keine grosse Aufreinigung erreichen, ähnlich wie bei den Methyljononen. Durch die thermische Belastung bei der Destillation hat man auch nur eine Chance - sonst verbrät man das Zeug. Daher wurden, wie bei den Methyljononen, große Anstengungen unternommen - und zwar erfolgreich - die Reaktionsbedingungen so zu trimmen, dass man schon im Reaktionsgemisch die gewünschten Isomere in höchst möglicher Anreicherung erhält. (z. Bsp. TIMBERSILK, die neue Iso E Qualität von IFF).
Warum allerdings erst 1990 bei Givaudan jemand auf die Idee gekommen ist, die einzelnen Isomere auf ihre geruchlichen Eigenschaften zu untersuchen, ist mir ein Rätsel. Schließlich wußte man, das es kein einheitliches Produkt ist. Bei den Methyljononen hat man ja auch ziemlich früh die einzelnen Isomere, auch wenn diese nach wie vor nicht rein auf dem Markt sin, examiniert.
vor 10 Jahren
Es ist eine Freude, diese intelligente Diskussion zu verfolgen.

Off Topic - Mir kommt dabei der Gedanke, dass man mit diesen neuen wissenschaftlichen Moeglichkeiten sehr schoene Parfums herstellen kann und dass man aufhoeren sollte, den Vintage nachzutrauern. Wenn sie gut reformuliert werden - und nicht bequem oder absichtlich an Kosten gespart wird - so wie z. B. erfolgreich bei Oriza L. Legrand, dann wird die Wissenschaft gut ausgenutzt.
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