vor 5 Jahren 1
OK, vielleicht noch ein paar Ideen meinerseits:
Frucht I:
Rosa Pfeffer heißt im Französischen auch baies roses. Wenn das in einer Pyramide steht und das wird - ob via Research für Parfumo oder auf Händlerseiten etc. - übersetzt, kann es auch schnell mal in "rosa Beeren" übersetzt werden. Und wenn so etwas in einer Pyramide steht, riechen viele auch einfach einen Beerencocktail, auch wenn gar keine Früchtchen im Parfum sind. Erwartungshaltung. Wobei ich nun wiederum finde, dass rosa Pfeffer durchaus fruchtige Facetten aufweist. Wenn auch eher Richtung Zitrus ...
Frucht II:
Der Rosennote in "Perles de Lalique" ist eine elegante Komposition aus 1,0 % eines Rosenabsolues, 0,7 % türkisches Rosenöl, 0,1 % delta-Damascon, 0,45 % alpha-Iron und etwas Paradisone. Während das alpha-Iron als synthetische Iris den Rosenakkord mit eine kühlen Pudrigkeit abrundet (Iris concrete behauptet Lalique? Pfff.) und Paradisone für Frische und Leuchten sorgt, betont das delta-Damascon die fruchtigen Facetten der Rose (so Richtung Apfel und v.a. Cassis). Wenn jetzt die eine Nase "Perles de Lalique" als fruchtig empfindet, die andere nicht, so kann das daran liegen, dass die Frucht entweder als Teil der Rose empfunden wird oder als Ergänzung.
Flackern:
Es gibt nur wenige Parfums, die die 80 % Iso-E-Super des "Perles de Lalique" übertreffen. Bei so hohen Gehalten ist eine Adaption nicht unwahrscheinlich. D.h. relativ schnell gewöhnt sich die Nase an den Duft, blendet ihn aus und nur, wenn aufgrund eines Lufthauchs o.ä. die Konzentration des eingeatmeten Iso-E-Supers deutlich zunimmt, wird es wieder wahrgenommen – und dann sehr deutlich: das „Flackern“. Das ist dann aber Adaption und nicht Anosmie. Anosmie würde bedeuten, dass man/frau/nase in keinem Duft Iso-E-Super wahrnimmt (bzw., wenn das Iso-E-Super nicht sehr rein ist, die Nebenbestandteile).
Männlich/weiblich:
Mit Hormonen hat die Geschlechterzuordnung von Parfum nun herzlich wenig zu tun, sondern das sind kulturelle Prägungen. Und in Mitteleuropa ist die Prägung oftmals so, dass blumige Chypres als Damen- und frische Fougères dem männlichen Geschlecht zugesprochen werden. Selbst wenn die Zusprechungen nicht mehr aktuell sind, Begriffe wie Chypre oder Fougère längst nicht mehr wirklich passen, um Parfums zu kategorisieren, uswusf. – zumindest sind es Prägungen: allein schon, weil sich vielleicht die Eltern, Onkel, Tanten, entlang dieser Einteilung parfümierten. Nehmen wir das zentrale Rose-Patchouli-Thema von "Perles de Lalique" und würden es mit etwas Aldehyden oder einer Pfirsichnote und ordentlich Eichenmoos kombinieren, hätten wir einen sehr klassischen, blumigen Chypre (bei dem ich z.B. an eine ältere Dame beim Opernbesuch denken könnte – meine Prägung). Nun wird aber bei diesem Parfum aus dem Jahre 2006 die zentrale Rose-Patchouli-Kombination mit den oben genannten weiteren Komponenten quasi in die Stratosphäre gebeamt – gleißend hell, kalt, transparent. Ich finde, damit streift das Parfum jede Geschlechterzuordnung ab und steht für sich selbst, in keine Kategorie fassbar. Aber das ist natürlich nur meine Wahrnehmung. Wer nun das skizzierte Chyprefragment sehr deutlich als solches wahrnimmt, riecht vielleicht einen Damenduft. Wer Kühle mit After-Shave-Splashes assoziiert, vielleicht einen Herrenduft.