Chris185

Chris185

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6 - 10 von 72
Chris185 vor 11 Jahren 8
7.5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Designer trifft Nische
Das Portfolio von Frédéric Malle finde ich ziemlich interessant: Man trifft dort auf naturalistische, zarte Blütendüfte, klassisch-frische Colognes für den Herren, oder auch auf grandiose Soloinszenierungen von Vetiver bis Rose. Orientalen sucht man jedoch, mit Ausnahme des süß-animalischen Musc Ravageur, bisher vergeblich. Mit Dries van Noten findet nicht nur ein weiterer Orientale den Weg in Malles Kollektion – der Duft markiert auch gleichzeitig den Start einer neuen Serie von Kooperationen mit bekannten Modedesignern. Dieser Start ist, wie ich finde, sehr gelungen; der Duft ist, gemäß dem Konzept „Nischen-Designerduft“, keine experimentelle, gewöhnungsbedürftige Komposition, überzeugt aber Malle-typisch mit erlesenen Inhaltsstoffen und einer handwerklich gekonnten Umsetzung.

Der Auftakt von Dries van Noten ist wirklich großartig: Alle Elemente des Dufts sind sofort präsent, es folgt nun kein typischer Duftverlauf, sondern lediglich eine Verschiebung der einzelnen Noten. Da ist auf der einen Seite die saftige Zitrone, deren kurzes, aber durchaus heftiges Intermezzo eine Frische suggeriert, die im weiteren Verlauf nicht weitergeführt wird. Dieser belebende, aufweckende Start wird von Gewürzen wie Nelke und Pfeffer noch zusätzlich unterstützt. Aus diesem würzig-frischen Start schält sich immer deutlicher das Sandelholz als Leitfaden der Komposition heraus, aufgepeppt durch eine prominente Patchoulinote, die aber nie übermäßig erdig oder muffig wird – der Duft bleibt stets glatt, geschmeidig und neigt eher zur Transparenz anstelle orientalischer Opulenz. Einen blumigen Aspekt kann ich trotz des angegebenen Jasmins überhaupt nicht ausmachen – allerdings sehr wohl und auch sehr früh das cremige Vanille-Tonka-Fundament, welches ab der Mitte immer mehr die Führung übernimmt. Und ab diesem Stadium wird der Duft schon ziemlich „foody“, ohne aber die üppige Süße und Durchschlagskraft eines reinrassigen Gourmands zu erreichen. Der Duft hat dann etwas Milchiges, Sahniges, ohne das holzige Hauptthema völlig aufzugeben. Mir gefällt diese warme, sinnliche Basis sehr gut – ich kann aber auch verstehen, dass man nach dem dynamischen, andersartigen Start von diesem behäbigen, einlullenden und etwas gewöhnlichen Vanillegemisch etwas enttäuscht ist. In dieser Form bleibt einem der Duft dann sehr lange erhalten, bei stets moderater Abstrahlung.

Ich bin überzeugt, Dries van Noten wird seine Anhänger finden. Im Gegensatz zu „komplizierteren“ Malle-Kreationen hat der Duft großes Potenzial, auch durchschnittliche Parfumbenutzer zu begeistern. An Tagen, an denen Carnal Flower zu anstrengend, Musc Ravageur zu intim, Une Rose zu gewagt oder L’eau d’hiver zu subtil und komplex ist, da würde ich gerne zu diesem stilvollen, glatt geschliffenen Duft greifen, der dennoch speziell genug ist, um aus dem Einheitsbrei der Masse hervorzustechen. Ein im besten Sinne einfach guter Duft, der anfängliche Raffinesse und größeres Potenzial zugunsten üblicher Riechgewohnheiten verschenkt – es steht diesmal eben auch der Name eines Modedesigners auf dem Flakon, nicht der eines Parfumeurs.
8 Antworten
Chris185 vor 11 Jahren 6
10
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Im Land, wo die Orangen blühen...
Dhajala – bereits der klangvolle Name dieses „Shooting Stars“ suggeriert einen geheimnisvollen, exotischen Duft; und in der Tat, Dhajala ist außergewöhnlich, prächtig und ausdrucksstark, und gleichzeitig doch so zart und elegant. Ein Elixir mit fast süchtig machender Potenz. Oft wird den Xerjoff-Kreationen vorgeworfen, Luxus-Kopien bekannter Mainstream-Düfte zu sein. Manchmal kann ich dies nachvollziehen, bei Dhajala muss ich allerdings passen. Etwas Vergleichbares ist mir definitiv noch nicht unter die Nase gekommen.

Von Anfang an steht das Orangenmotiv im Zentrum des Dufts. Im Zusammenspiel mit einer spritzigen Bergamotte breitet sich zum einen ein Meer von Orangenblüten aus, zum anderen verströmen saftige, pralle Orangen ihr Aroma. Doch Dhajala wird zu keinem Zeitpunkt fruchtig-süß und kratzt lediglich am Gourmand-Genre – hierfür sorgt vor allem Galbanum, ein grün-bitter riechendes Harz, das oft in Chypre-Düften zum Einsatz kommt und die orangige Süße mit einer leicht herben Kante wunderschön ausbalanciert. Auch ein paar Pfefferkörner sorgen im Hintergrund für etwas Reibung. Die übrigen floralen Noten der angegebenen Duftpyramide, Jasmin und Rose, spielen keine eigenständige Rolle, vielmehr schaffen sie eine abstrakte Blumigkeit, die Dhajala Komplexität und Tiefe verleiht. Zur Basis hin entwickelt sich schließlich eine sinnliche, balsamische Ambernote, umspielt von einem Hauch unsüßer Vanille, ganz ohne animalische Kanten.

Dhajala ist ein Duft, der sich jeglicher Einordnung verweigert: Von einem zitrisch-grünen Start über eine fruchtige Blumigkeit bis hin zu einer warmen, orientalischen Basis führt der Duft diese unterschiedlichen Elemente mühelos zu einem harmonischen Ganzen zusammen. Da ist außerdem eine ordentliche Portion Erotik in dem Duft – sehr offen und direkt, aber niemals ordinär oder schwülstig. Nach dem anfänglichen fruchtig-floralen Feuerwerk ist die Sillage ebenfalls dezent – nur wer dem Träger näher kommt, wird vom unwiderstehlichen Zauber Dhajalas gefangen genommen. Ich würde mir etwas mehr Präsenz zwar durchaus wünschen; wäre der Duft jedoch voluminöser und greifbarer, er würde womöglich seinen Reiz verlieren. Und ein unterschwelliger Hauch reicht vollkommen aus, um dieser hinreißenden Kreation zu verfallen.
6 Antworten
Chris185 vor 11 Jahren 2
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
7
Duft
Die Rosen der Welt...
…so würde ich den Titel der neuesten Profumum Roma-Kreation mit meinen moderaten Lateinkenntnissen übersetzen – eine weitere kurze Recherche ergab jedoch, dass es sich bei der Rosa Mundi um eine bekannte Rosensorte handelt, mit kräftig gefärbten, pink-weiß gestreiften Blüten. Da der Duft in Deutschland scheinbar noch nicht erhältlich ist, kam Rosae Mundi als Teil einer Probenbestellung von Luckyscent bei mir an. Und da Profumum ja auch schon andere Duftnoten wie Patchouli, Amber oder Weihrauch zu monothematischen, aber grandiosen Werken verarbeitet hat, war mein Interesse an dieser Roseninterpretation entsprechend groß; zumal die angegebenen Ingredienzen auf eine ungewöhnliche, eher maskuline Rose schließen lassen.

Der Duft startet mit einer opulenten, fruchtigen Rose, die von einer leicht alkoholischen Weinnote begleitet wird – eine Kombination, die mich gleich an „Une Rose“ von Frédéric Malle erinnert hat. Dieser zeigt zwar im Verlauf erdige, leicht animalische Nuancen, bleibt aber doch ein Rosensoliflor - die Profumum-Rose bekommt dagegen ziemlich schnell einen weiteren Mitspieler an die Seite gestellt. Und nein, diesmal ist es nicht das bewährte Patchouli, sondern eine eindeutig holzige Komponente, die ich auf Grund der veröffentlichten Noten dem Zedernholz zuschreibe. Zedernholz kenne ich als relativ kühlen, leicht medizinischen Duft – in Rosae Mundi reichert es die Rose mit einem rauen, würzig-herben Aroma an. Ja, das hat eindeutig Unisex-Potenzial und erfordert von männlichen Rosenliebhabern weitaus weniger Mut als andere Rosendüfte. Hinzu kommt, dass die Rose im weiteren Verlauf immer mehr von ihrer anfänglichen Pracht einbüßt; der Duft wird immer holziger, sogar ein wenig schroff und kantig – wahrscheinlich der ebenfalls zunehmende Einfluss des Vetivers.

Profumum Roma verbindet man häufig mit zuckersüßen Gourmands wie Vanitas oder Confetto; Rosae Mundi ist ein weiteres Beispiel dafür, dass die Marke mehr zu bieten hat. Das Rosen-Holz Thema ist, erstaunlicherweise ganz ohne Oud, gut umgesetzt worden. Mir persönlich bleibt die Rose nach ihrem fulminanten Start leider etwas zu blass, ich hätte mir statt viel Holz und wenig Rose eher das Gegenteil gewünscht. So rosig, wie der Titel, ist Rosae Mundi nämlich gar nicht – und schon gar nicht so üppig, prachtvoll und feminin, wie die Blüten, die mir Google als Bilder der „Rosa Mundi“ ausspuckt, vermuten lassen.
2 Antworten
Chris185 vor 12 Jahren 3
10
Flakon
5
Sillage
10
Haltbarkeit
8
Duft
Amour + Iris = Amyris?
Lange habe ich gespannt auf die Veröffentlichung von Kurkdjians neuestem Geniestreich gewartet – seit ein paar Tagen beschäftige ich mich nun mit Amyris Homme, es wird Zeit für einen Kommentar.
Von obigem Wortspiel las ich vor längerer Zeit und erwartete folglich, dass die Iris nach der Orangenblüte in APOM und der Rose in Lumière Noire der Hauptakteur von Amyris wird; mittlerweile weiß ich, dass es sich bei Amyris um eine eigenständige Duftnote, eine Sandelholzart, handelt. Mit Sandelholz als dominante Note habe ich häufig Probleme. Oft in der Basisnote wunderschön eingearbeitet als goldbraune Basslinie vieler Orientalen zu finden, empfinde ich zu vordergründiges Sandelholz meist als zu altmodisch, konservativ und langweilig. Amyris hat eine deutliche, typische Sandelholznote – doch Herr Kurkdjian weiß wieder einmal, mit einer erstaunlichen, ungewöhnlichen Interpretation zu faszinieren…

Amyris Homme startet mit einer spritzig-würzigen und wirklich sehr ausgeprägten Colognenote. Das passt nun wirklich nicht zu den aktuellen Temperaturen, wirkt aber ungemein belebend und erfrischend. Die Zitrone hält durchaus einige Zeit wacker durch, bis sich langsam das Sandelholz aus der zitrischen Frische herauskristallisiert. Ich kenne die Unterschiede zwischen gewöhnlichem Sandelholz und Amyris nicht, aber ich erkenne deutlich die bekannte leicht süßliche, balsamische Sandelholznote, die für Wärme nach dem frischen Auftakt sorgt. Dieser wird nun die Iris als Begleiter an die Seite gestellt – und die bringt ordentlich Pepp ins Spiel! Hier handelt es sich nicht um eine pudrige Irisnote wie in Dior Homme, die an Lippenstift und alte Bücher erinnert. Nein, in Amyris Homme präsentiert sie sich metallisch klar, kühl, in direkter Nähe zur Haut sogar medizinisch-bitter. In Kombination mit der Sandelholznote ergibt sich in der Projektion ein faszinierender, bittersüßer Duftakkord, der zwischen behaglicher Wärme und exotischer Kühle schwankt. Ab hier verändert sich Amyris Homme nicht mehr großartig; in der Basis klingt die aus Gaultier-Zeiten typische Kumarinnote an, die ich der Tonkabohne zuschreibe.

Die Haltbarkeit des Dufts ist ausgezeichnet, die Sillage eher im mittleren Bereich. Dafür ist die moderate Duftwolke auch noch nach vielen Stunden im näheren Umkreis deutlich wahrzunehmen.
Die Faszination von Amyris Homme hält sich über Stunden; klar, aufgeräumt und transparent, eine raffinierte Leichtigkeit, wie wir sie auch von den großartigen Vorgängern bereits kennen.
3 Antworten
Chris185 vor 12 Jahren 1
7.5
Flakon
5
Sillage
10
Haltbarkeit
8
Duft
Unscharfe Geschlechtertrennung
Lui und Lei – simpel und ziemlich deutlich werden diese hervorragenden Kreationen aus dem Hause Mazzolari den beiden Geschlechtern zugeordnet. Meine Wahrnehmung der zwei Düfte stimmt dieser eindeutigen Trennung nicht zu – beide sind um Patchouli als zentralen Baustein herum komponiert, beide klingen nach vielen Stunden mit einer ähnlich trockenen, unsüßen Patchoulibasis aus.
Doch während bei Lui animalische Noten und insbesondere Leder auf diesem Gerüst aufbauen, übernehmen bei Lei freundlichere, zugänglichere Noten diese Rolle. Dadurch ist Lei keinesfalls der Gipfel der Weiblichkeit; wer sich vom dreckigen Lui naserümpfend abwendet, der sollte, ganz unabhängig vom Geschlecht, einen Test wagen. Auch Freunden von L’Instant de Guerlain pour Homme oder Dior Homme ist dieser Duft wegen der prominenten Kakaonote als Begleiter für den kommenden Winter zu empfehlen.

Eine zitrische Kopfnote kann ich entgegen der oben angegeben Pyramide nicht ausmachen – Lei startet direkt mit einer köstlichen Kakaonote. Kakaopulver auf Vanillepudding ist das erste Bild, das ich nach dem Aufsprühen vor Augen habe. Doch Lei breitet das Gourmandthema nicht weiter aus und bleibt ein spannender, bittersüßer Grenzgänger. Hölzer, Gewürze sowie eine amberähnliche Note (vermutlich Labdanum) balancieren die Süße wunderbar aus, woraus ein herrlich sinnlicher, cremig-warmer Akkord resultiert. Das Patchouli übernimmt im weiteren Verlauf immer weiter die Führung und bleibt lange bis zum Finale am Ende des Tages erhalten – wer sich traut, kann nun für nächtliche Unternehmungen mit Lui nachlegen…

Das Schoko-Patchouli Thema wird in Lei schnörkellos und gekonnt umgesetzt. Im Gegensatz zu Alessandro (ebenfalls von Mazzolari) entpuppt sich der Duft nicht als herkömmlicher Gourmand und weist einiges mehr an Tiefgang auf. Die Sillage bleibt durchweg auf moderatem Niveau, die Haltbarkeit ist exzellent. Unter dem Strich bleibt zwar kein markerschütterndes Dufterlebnis, das der große Bruder bietet, aber ein toller Duft, der besonders für kuschelige Winterabende bestens geeignet ist. Für Sie und Ihn.
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