DieNase

So so, na dann mal ein weiterer Kommi zu einem Charakterkopf :-)

Sahara Noir konnte ich erstmals vor einigen Wochen auf dem Flughafen in Delhi testen - und widerstehen. Aber er ging mir nie ganz aus dem Kopf. So durfte ich mir die naechste Gelegenheit, ihn auf einer Dienstreise in Duesseldorf zu testen, nicht entgehen lassen. Und ja, diesmal durfte er mit. Auf dem Frankfurter Flughafen habe ich schliesslich zugeschlagen.

Weihrauch. Ich stimme zu. Aber es gibt solchen und solchen Weihrauch. Es gibt den Duft von abgestandenem kalten Weihrauch in kuehlen Kirchengemaeuern. Sakral, rein, knarzig, unnahbar. Dieser Duft ist - finde ich - in CdGs Avignon gut dargestellt. Ebenso in Zagorsk.

Aber dann gibt es noch die andere Seite. Und das ist Sahara Noir. Der Weihrauch, der gerade geraeuchert wird. Ich blicke in die Glut, waehrend der Priester durch den Mittelgang des Kirchenschiffs schreitet und dabei den Weihrauch schwenkt. Reinigendes Feuer. Heiss sollt ihr sein, die Lauwarmen werde ich ausspeien.

Feuer von Nadelhoelzern. Der Holzsaft, das Harz bruzzelt und qualmt, bevor es schliesslich in den Flammen aufgeht.

Wueste. Trockener heisser Wuestensand. Klare naechtliche Luft und funkelnde Sterne. Dann milde Wuestennacht bei Jaisalmer (Sahara kann ich nicht beurteilen).

Im Drydown gesellt sich eine leichte ambrierte Suesse zum immernoch praesenten Weihrauch. Ich kann nachvollziehen, dass dies den ein oder anderen an Tom Fords Amber Absolute erinnert. Wobei jener mir insgesamt sehr viel brachialer erscheint. Bei Sahara Noir dreht sich der Amber um den Weihrauch, bei Amber absolute ist es umgekehrt.

Sahara Noir ist fuer mich vielmehr eine dezente, tragbare Variante des vor einiger Zeit leider eingestellten Incense von Norma Kamali. Ein Duft, der mich beim ersten Riechen Ehrfurcht gelehrt hat. Von dem ich zwar eine Abfuellung besitze, an der ich hin und wieder rieche, den ich aber wohl kaum tragen wuerde.

Perfekt fuer den Winter, am besten auf einen groben Wollpulli gesprueht. Ein Kamin-Abend-Emulator.

Habe mir kuerzlich hier in einem Sharing eine Abfuellunge von Interlude Man blind zugelegt. Er hat ja einen gewissen Ruf, eine Bombe zu sein. Und da ist was dran.
Ich bin daher entsprechend vorsichtig zu Werke gegangen und habe immer nur ganz vorsichtig aus der Tropfflasche getupft. Wie heftig und unertraeglich er bei Ueberdosierung ist, kann ich daher gar nicht beurteilen. Bei meiner Dosierung fand ich ihn ausgesprochen angenehm, ueberhaupt nicht nuklear und ueberhaupt sogar buerotauglich. Die Dosis macht eben das Gift. Aber da tatsaechlich eine winzige Menge ausreicht, kann ich mir vorstellen, was bei hoeherer Dosierung passiert. Ich weiss daher auch nicht, wer von diesem Duft einen ganzen Flakon braucht, es sei denn, man besitzt nur zwei oder drei Duefte oder findet die Flasche schoen.

Nach dem Auftupfen steigt mir zunaechst ein leicht bitter-medizinischer kraeuteriger Geruch in die Nase. Dann kommt etwas leicht suesslich-wuerziges hinzu, das ich fuer Kardamom halte. Ich lieeeebe Kardamom. In Parfum und Essen.
Der Duft wird zunehmend gruener, waldiger, alles unterlegt von einer schoenen Weihrauchnote. Ich meine auch, da ist etwas bitter-gruenes im Spiel, das mich an das Absinth aus Memoir Man erinnert. Vielleicht soll das leicht Bittere ja auch die Ledernote sein. Keine Ahnung. Insgesamt nimmt der Duft an Rauchigkeit zu. Nicht nur Weihrauchigkeit, sondern Rauchigkeit generell. Kann das leider nicht besser beschreiben. Es ist aber fuer meine Nase kein beissender Qualm, sondern eher ein weicher Rauch, obwohl schon ein wenig kokelig (vielleicht Oud?). In der Basis wird er zunehmend weicher und suesslicher. Ich meine gar, sowas wie Vanille in der Basis zu riechen, auch wenn sie hier nicht in der Pyramide zu sehen ist. Ach ja, und nicht zu vergessen - Interlude riecht richtig hochwertig. Diese Quali bekommt man glaube ich kaum bei einem 50 Euro Duft, auch wenn es in der Preisklasse durchaus tolle Duefte gibt. Aber dies ist schon 'a class of its own'.
Der zunehmend weiche und suessliche Charakter macht den Duft meiner Meinung nach trotz der gruenen Waldigkeit, der Wuerze und der Rauchigkeit auch locker fuer Frauen tragbar. Bei sparsamer Dosierung allemal. Also auch in meinem Duftschrank ist er sicher keiner der maskulinsten Vertreter (aber einer der besten). Voll neutral.

Wann traegt man den Duft nun idealerweise? Wie schon erwaehnt, halte ich ihn bei geringer Dosierung fuer recht vielseitig einsetzbar, auch wenn man ihn ansonsten wohl eher als Ausgehduft bezeichnen wuerde. Aber wer geht bitte schoen staendig aus? Wenn ich direkt von der Arbeit aus noch weggehe, werde ich mich auch gewiss nicht umparfuermieren. Hoechstens ein wenig nachlegen. Insgesamt sicher nichts fuer den taeglichen Gebrauch, dafuer ist er dann doch ein wenig zu speziell.

Kurz, von den Amouages, die ich bislang testen konnte, ist dieser definitiv mein Liebling. Ebenfalls sehr gerne mag ich den gruen krautigen Memoir Man, der mit maessiger Sillage aber bombastischer Haltbarkeit aufwarten kann, sowie das dunkle Epic Man. Letzteres aber schon in die herb-maskuline Richtung tendierend und fuer daher eher etwas zum Geniessen fuer zu Hause. Mit den Damendueften des Hauses konnte ich bislang leider nicht soooo viel anfangen. Am wenigsten mit dem schwuelstigen Dia. Eben nicht meins.

Obwohl bei der Ergiebigkeit voellig irrational, halte ich dieses Meisterwerk fuer fbw (full bottle worthy). Aber ich werde mich zuegeln, zumal mir die 10 ml sicher sehr lange reichen werden.

....Lederchypre den ich kenne. Aber nun von vorne.

Ja, letztes Wochenende hatte ich nach ein paar Tests irgendwie genug von suess und wollte was Unsuesses, was aber nicht frisch oder zitrisch ist. Irgendwie hatte ich ganz ploetzlich ein Craving nach Lederchypres. Ein Genre, das ich immer interessant fand, aber mit dem ich nie ganz warm geworden bin, riecht man ihnen ihr Alter doch recht deutlich an.

Nun ja, mein Craving fuehrte irgendwie dazu, dass ich Azuree, der ja noch sehr gut erhalten sein soll, (fast) blind bestellt habe. Und natuerlich habe ich meine Proben von Miss Balmain, Ma Griffe und Bandit wieder rausgekramt. Ma Griffe war mir zu suess. Nicht dass ich keine suessen Duefte mag, ich liebe Ambre Narguile und dergleichen. Aber blumige Suesse in dieser Art Duefte mag ich nicht. Miss Balmain ging schon in die richtige Richtung. Sie ist schon recht trocken, faengt so schoen krautig an. Aber auch hier gibt es ein wenig von dieser Seifigkeit, die ich nicht unbedingt haben muss. Ungeschlagen bleibt Bandit.

Bandit unterscheidet sich fuer meine Nase von den anderen dadurch, dass er absolut trocken und unpudrig ist. Die bluemelige Suesse und Seifigkeit, die ich stark mit aelteren Damen assoziiere und die mir einfach auf die Nerven geht, fehlt hier.

Bandit beginnt trocken und glatt. Und bitter, ja ziemlich bitter. Ein bisschen Motor-Oel. Es riecht dunkel. Ich bilde mir immer ein, soetwas wie eine leichte Paprika-Note zu riechen. Das Animalische in Form von Zibet sticht fuer mich jetzt nicht so stark heraus, moeglicherweise traegt es noch zum Eindruck von glattem Leder und zu seiner subtilen Erotik bei.
Das Moos, das ja eigentlich zum Chypre gehoert und was denk ich teils fuer dessen Seifigkeit verantwortlich ist, nehme ich nicht deutlich wahr. Vielleicht ist es der leicht saeuerliche Einschlag, der dem Moos zuzuschreiben ist.
Das Schoene, Bandit ist und BLEIBT trocken und ledrig. So muss das sein. Durch die Abwesenheit der Blumenseife finde ich Bandit deutlich zeitloser als seine Artgenossen. Ich habe auch deutlich weniger Assoziationen in Richtung aeltere Dame und finde ihn fuer mich persoenlich viel tragbarer. Bandit ist fuer mein Empfinden auch nicht so heftig und laut, wie mitunter behauptet wird.
Im spaeten Drydown kommen gewisse Herrenduft-Assoziationen auf. Aber in dieser Phase ist der Duft fuer mein Empfinden so koerpernah und verbindet sich so perfekt mit der Haut, dass es nicht grossartig stoert oder fremd wirkt. Im Gegenteil, ich halte den Duft fuer ausgesprochen sexy auf weiblicher Haut!

Ich vermute, es wird nicht bei der Flasche Azuree bleiben, auf die ich wahnsinnig gespannt bin. Auch Bandit wird ueber kurz oder lang in meine Sammlung einziehen!

Mist, wieder abgestuerzt beim Senden des fertigen Kommis, also noch mal....

Also, letztes Jahr im Sommer war ich mit Aava zur Testorgie bei Wuchsa. Bei den Carons angekommen, wurden zunaechst die Damenduefte getestet. Gruselig, ganz ganz schlimm, zumindest die getesteten. Dann wurde 3e Homme aufgesprueht, bis dato mein Liebslings-Caron. Konnte mich leider nicht ganz zum Kauf durchringen, und gewisse kritische Blicke haben meine Zweifel ueberhand nehmen lassen (aber nun muss ich ihn doch haben, aetsch). Dann Yatagan (erinner ich nicht mehr genau, vollgepinkelter Patchouli oder so?) und l'Anarchiste.
Anarchiste fand ich damals ... ok halt. Mehr nicht. War aber ueberstimmt - sowohl Wuchsa-Beraterin als auch Aava fanden ihn klasse an mir, und so kam ein Proebchen mit in die Tuete.

Dieses habe ich nun, ueber ein Jahr spaeter aus der Versenkung geholt und zunaechst ohne Blick in die Pyramide geschnuppert:

Coca-Cola (Kardamom-Orange?)
Kaugummi im Auftakt
Nelke mit einer Prise Tabak (ein Schuss 3e Homme oder Caron-Akkord?)

I love it!
Ups, fast null Ueberschneidung mit der offiziellen Pyramide. Nun ja, wenn man es weiss, sind Mandarine und Zimt plausibel.

Eine unkonventionelle, ja anarchische Mischung.
Geschlecht? Die Wuerze koennte man als maennlich interpretieren. Ich finde den Duft aber weit entfernt davon, machohaft zu wirken und halte ihn auch fuer die Dame als tragbar. Schon allein wg der leicht suesslichen und gar blumigen (Neroli?) Anklaenge. Ich wuerde zumindest die Anschaffung einer Abfuellung fuer mich in Betracht ziehen. Ein ganzer Flakon muss nun nicht sein - nicht wg des Dufts, sondern weil der Flakon einer der haesslichsten ist, die mir bislang untergekommen sind.
Was sind Gelegenheiten, Anarchiste zu tragen? Hm, ich halte ihn fuer vielseitig, wuerde ihn aber eher als Tagesduft einordnen. Im Sommer auch fuer den Abend. Buerotauglich, Freizeit. Eher casual als geschniegelt.

Nach meinem Oden-Vergleich moechte ich nun ein paar Worte ueber diesen Shalimar-Flanker verlieren. Vorab, ich finde ihn sehr gelungen und obwohl ich ihn nicht oft trage, habe ich mich kuerzlich durchgerungen, meine Abfuellung durch einen Flakon zu ergaenzen.

Von Anfang an hatte es mir die Kopfnote besonders angetan. Very Guerlain. Leicht zitrisch, leicht pudrig, ein klein wenig animalisch (ich tippe auf die Bergamotte) - aber ganz anders als das Original - und vor allem eine wunderschoene Irisnote. Cremig, aber doch trocken-silbrig, nur leicht pudrig. Dies war immer meine allerliebste Phase des Dufts, leider viel zu schnell weg. Koennte man die Zeit anhalten.
Schnell wird der Duft pudrig-suess. Patchouli ist mein Haupverdaechtiger, Hand in Hand mit Karamell. Riecht eher jugendlich.'Es kommen einem Duefte wie Coco Mademoiselle in den Sinn. Es hat gedauert, bis ich auch diesen Hauptteil des Dufts zu schaetzen gelernt habe, aber jetzt habe ich ihn doch lieb gewonnen. Dies ist ein pudrig heller Karamell, nicht so dunkel-cremig wie in der Mexico-Ode. Tonka kommt immer deutlicher durch. Und ja, sehr spaet nach hinten raus erkenne ich eine ich ganz klar die Verwandtschaft mit Tonka Imperiale. Wesentlich mehr Aehnlichkeit mit Tonka Imperiale als mit dem originalen Shalimar.
Wer Tonka Imperiale liebt, sollte Shalimar Initial unbedingt testen!

Die Haltbarkeit ist sehr gut, die Sillage raumgreifend. Hier in China habe ich ihn schon oefter an jungen Frauen gerochen. Beachtlich, wo hier doch generell wenig Parfum getragen wird. Aber wenn, dann offenbar richtig. Allerdings war der Duft immer so dezent dosiert, dass er die Traegerinnen in eine ganz leichte Aura gehuellt hat. Wie man das bei dem Duft hinbekommt, ist mir ein Raetsel, zumal ich schon mal mit einem Tropfen einen Raum geflutet habe. Aber ihr wisst ja, meine Nase stumpft ab.