Maulwurf84

Hab bei ebay mal günstig einen 10ml Flakon von Gucci Rush abgestaubt. Da die Gucci-Düfte meistens meinen Geschmack treffen, hab ich mal nen Blindkauf gewagt - und nicht bereut. Die Flasche ist vermutlich uralt und evtl. auch schlecht gelagert worden. Schätze, der Duft ist nicht mehr mit all seinen Noten vorhanden und auch die Haltbarkeit hat wohl stark gelitten. Die Lavendel-Kopfnote kann man nur erahnen, der Weihrauch hat sich leider auch verabschiedet. Rush legt bei mir gleich mit einer kräftigen Zeder-Note los, um in einem cremigen Sandelholz-Fond zu enden. Sehr simpel also, aber sehr gut gemacht. Genau wie FrieMo fand ich den Duft anfangs etwas synthetisch, aber das hat sich jetzt gewandelt, finde ihn mittlerweile sehr authentisch und natürlich. Wer reine Holzdüfte mag (so wie ich), dem dürfte Rush gut gefallen. Die abartig hohen Preise, die man auf ebay zahlen muss, wären mir der Duft allerdings nicht wert. Sogern ich Rush mag, muss ich sagen, dass er auf meiner Haut nicht gut funktioniert: Wie so viele Zeder Düfte wird Rush auf meiner Haut leicht sauer.

Ich hab etwas recherchiert und ein paar Düfte aufgetrieben, die diesem vergriffenen Gucci Werk recht nahe kommen sollen. Trauernde Rush Fans sollten diese hier mal testen:
Diptyque - Tam Dao (sehr sehr ähnlich)
Carolina Herrera - 212 (ab der Herznote)
Creation Lamis - Si Sure Stormy Men (gibts schon für nen 10er)
Pal Zileri - Sartoriale (soll angeblich fast identisch sein)
Christian Lacroix - Tumulte pour homme

Magnetism beginnt mit einem abartig süßem Auftakt, der riecht, als hätte man 20 Süßstofftabletten in einem kleinen Glas Cola aufgelöst. Ich will den Duft nicht schlecht machen, bloß weil ich süße Düfte i.d.R. nicht mag, aber das, was Escada hier abliefert geht schon fast ins Lächerliche. Kurz nach der megasüßen Colanote taucht ein Holzakkord im Hntergrund auf, der recht interessant ist, aber von der Cola eindeutig überschattet wird.
Etwas später: Das Holz (=das einzig Positive hier) verschwindet dann, Magnetism riecht jetzt so, als hätte man alte, braune Pappkartons in Cola aufgelöst. Nicht mehr so brachial süß, dafür papierartig-muffig, gepaart mit einer zusätzlichen undefinierbaren Süße, die mich an klassisches Alte-Oma-Parfum erinnert. Grauenhaft!
Magnetism? Ja klar, aber nur mit einem gleichpoligen Magneten, den dieser Duft ist für eher abstoßend als anziehend.
Wer auf diese Kombination auf Holz und sirupartiger Cola-Süße steht, dem empfehle ich, mal M7 von YSL zu testen. M7 ist zwar auch sehr süß (aber tragbar) und etwas extrem, aber um Längen besser gelungen als der Schmarrn von Escada.

Saison:
Obwohl aquatisch angehaucht eher für den Herbst oder Winter geeignet, da sehr stark

Alter:
meine Empfehlung: ab 20 aufwärts

Eignung:
Freizeit, Weggehen, für die Arbeit m.E. zu intensiv

Intensität:
Der Duft ist sehr sehr stark (s.u.) hält aber "nur" so etwa 6 Stunden bei mir

Duft:
Issey Bleue beginnt mit einer vollen Ladung Gewürze: Obwohl die Duftpyramide etwas völlig anderes sagt, würde ich auf Kümmel, Anis und Kruzkümmel tippen. Zwei Sprühstoße auf die Seiten vom Hals und der Duft hat mich völlig überwältigt: Nach ein paar Sekunden haben mein Geuchs- und Geschmackssinn komplett aufgehört zu funktionieren, ein unangenhmes Kratzen hat sich im Hals- und Rachenraum breit gemacht.
Zwei Stunden später: Meine Nase funktioniert wieder, die Halsschmerzen sind auch weg, ebenso die Kopfnote. Ich mag Gewürze eigentlich ganz gern, hier finde ich sie aber äußerst unpassend, denn was jetzt kommt ist ein angenehm frischer, seifiger, irgendwie auch balsamischer und holziger Duft. Sehr schön gemacht, genau mein Ding. Diese holzige Frische bleibt dann auch bis zum Ende erhalten.

Fazit:
Issey Bleue ist für meinen Geschmack der interessanteste und gelungenste Duft von Miyake. Frisch, sauber, holzig und leicht aquatisch gefällt mir sehr gut. Den Anfang finde ich aber sehr störend, die bitter-muffigen Gewürznoten passen nicht zum Rest des Duftes, die brachiale Intensität, die einem im wahrsten Sinnde des Wortes die Sinne raubt, finde ich auch nicht gerade toll. Was bleibt ist ein bemerkenswerter Seifen-, Holz- und Aquaduft, den man auf jeden Fall mal ausprobieren sollte. Ich gebe 70% für die gelungene Herz- und Basisnote, der Auftakt verleidet mir aber einen Kauf.
Zum Vergleich:
Nicht identisch, aber in eine ähnliche Richtung, besonders die Gewürz-Holz-Kombo, gehen auch Kenzo Air und Kenzo Indigo.

Tokyo beginnt mit einer ansprechenden Ingwer und Zitrus Note, was mir ganz gut gefällt. Dior Homme Sport lebt ja größtenteils von dieser Kombo und dieser Duft hat es mir im Moment schwer angetan. Der Rest der Duftpyramide liest sich ganz interessant, hält aber sein Versprechen nicht. Alles was dann kommt, ist nur noch Muskatnuss. Hier gilt das selbe fürs Essen: In kleinen Mengen ist dieses Gewürz durchaus reizvoll, bei einer derarigen Überdosierung wie in Tokyo, wird das ganz schnell ungenießbar.
Schade, hab einen interessanten, frischen, würzigen und holzigen Herbstduft erwartete. Tut mir sehr leid, einen Kenzo Duft schlecht zu bewerten, denn obwohl ich nicht alle Düfte dieser Marke tragen möchte, empfinde ich sie als sehr gut gemacht. Tokyo bewerte ich schlecht, da er mir zu unausgewogen ist. Hätte man das Muskat abgeschwächt und die anderen Noten stärker betont, würde er mir wahrscheinlich erheblich besser gefallen.

Saison:
Tiefster Winter only

Alter:
definitiv nix für junge Männer

Intensität:
nicht auf der Haut getest; die Intensität und Projektion gelten als aüßerst brachial, auf Papier verfliegt M7 aber sehr schnell

Duft:
M7 beginnt mit einer klebrig-süße sirupartigen Note, die Anfangs etwas an "Bronchicum" Hustensaft erinnert. Das legt sich schnell wieder, die heftige Süße bleibt, der Duft erinnert mich dann stark an Cola. Wer meine Kommentarer liest, weiß, dass ich nicht so der Fan von ausgeprägt süßen Düfte bin. M7 ist mir auch ein bisschen zu krass, aber irgendwie gefäält er mir trotzdem. Trotz aller Süße bleibt M7 immer klar auf der maskulinen Seite. In der Basis entfaltet sich ein wunderbar warmer Holzduft, das Sirupartige lässt nach, die Amber-Süße gefällt mir da wesentlich besser. Ein typischer Tom Ford Duft halt: ultramännlich, stark holzlastig und auch sehr schwer.

Fazit:
M7 ist ein sehr erwachsener Duft, nicht unbedingt altbacken, aber Assoziationen in Richtung Großväterchen kann ich nicht abschütteln. Ganz klar ein Duft für den reiferen Herren (vielleicht so 40+), aber keinesfalls ein billiger Opa Duft à la Irisch Moos. Wer an Oud Düften interessiert ist, und nicht gleich ein Vermögen für ein Parfum von Montale ausgeben möchte, kann ja mal einen Versuch mit M7 wagen. Wer die anderen Tom Ford Düfte (Rive Gauche, Envy, Gucci Pour Homme)und deren Old School Vibe mochte, dem könnte M7 sicher auch gefallen. Im Moment (noch) kein Duft für mich, aber in ein paar Jahren, wer weiß... Auf jeden Fall sehr interessant und ungewöhnlich das Ganze, aber nicht so ganz einfach zu tragen. Fürs Büro zu extrem, zum Weggehen etwas zu reif.

P.S.: Die Produktion soll angeblich eingestellt werden, deshalb nicht zu lange warten mit dem Testen.