Nochoi

Hallo Zusammen,

ich bin ja Miller Harris Fan, keine Frage. Zu schade, dass es bei TK Maxx nach dem Brexit dort nichts mehr von zu finden ist. Aber ab und zu hat man doch das Glück, an einem Laden vorbeizukommen, der die Marke führt, so geschehen gestern in Venlo. Und nicht nur das, sondern sie hatten dort tatsächlich schon den Neuen!

Vollmundig fruchtig und knallerot kam mir der Duft vom Handrücken aus entgegen. Eine Erinnerung an die achziger Jahre kam auf - an Strawberry Musk. Süß, hell und rein. Der Duft passt in die Reihe der opaquen Flakons wie z. B. Blousy und Brighton Rock, ist auch auf seine Art ziemlich unangepasst und grell.

Später mischte sich erst langsam, dann immer doller der für mich liebliche, süßliche, reine Duft von Karmaseife von Lush unter, mit dem das ganze auch nach wenigen Stunden verklang.

Also, mir gefällt das, aber den Geschmack der Allgemeinheit wird das vielleicht eher nicht treffen.

Dies ist ein Duft der mittleren bis tieferen Tonlage, der im Sommer brav an seinem Platz stehenbleiben musste - er fiel mir nicht einmal ein. Aber jetzt, wo es wieder kühl geworden ist, habe ich ihn wieder in Gebrauch.

Eine frohe, laute und geradezu minzigfrische Tuberose entfaltet sich. Etwas samtige dunkle Schokolade mischt sich hinein in das würzig-warme rot/braun/grüne Gesamtbild. Eine großartige Entwicklung kann ich nicht feststellen. Der Duft hält lange und ist auch in der Endphase unverkennbar, in der ja viele Parfums recht generisch werden. Der Flakon ist schwarz, gold, schwer, soft touch und sprüht gut.

Letzten Winter habe ich ihn im Homeoffice gern und oft getragen, hingegen nie dann, wenn ich das Büro physisch aufsuchte. Die Kollegen sind ungewöhnliche Düfte nicht gewöhnt. Ist auch nicht wirklich ein Blindkaufkandidat, obwohl - bei mir hat es gepasst. Bin sowieso Miller Harris Fan. :-)

Direkt nach dem Aufsprühen weht mich süßlich etwas Vanille an. Oh je, denke ich, so habe ich mir das nicht vorgestellt... aber der Duft ist nicht so stark, daher kann er erst einmal bleiben und ich wende mich anderen Dingen zu.

Nach und nach fühle ich mich auf einer in bleiches Mondlicht getauchter Wiese stehen, das den Dingen ihre Farbe nimmt. Wolkenfetzen ziehen am Mond vorbei - etwas bitteres grün, mal aufgesteutes Süß. Blattlose Bäume strecken ihre Äste in die trockene Luft. In der Nähe muss es einen Teich mit Seerosen geben, ab und zu weht es mich ganz leicht aquatisch-blumig an.
Am nächsten Morgen begrüßt mich die Vanille wieder, die Nacht ist vorüber und ich gehe duschen. Bin nun mal kein Freund von Vanille, aber das dazwischen war eigenartig und schön.

Den Weils muss man ein bisschen Zeit widmen, und keine vorgefasste Meinung haben, so wenigstens meine Erfahrung, dann kann man durchaus etwas ungewöhnliches mit ihnen erleben.

Eigentlich wollte ich nur ein Statement schreiben, sah dann aber, dass noch kein Kommentar existiert. Jemand sollte diesen Duft ehren und doch etwas ausführlicher beschreiben, also will ich das mal versuchen.

Ich bin ein großer Fan von Miller Harris. Anders als bei anderen Marken, finde ich die etwas maskulinen Düfte besonders gelungen und hatte daher keine Probleme damit, mir diesen Duft blind zuzulegen, als sich die Gelegenheit bot. Ich erinner mich noch an den ersten Sprühversuch auf den Handrücken und nahm wahr: messerscharfes Holz. Daraufhin stellte ich den Flakon mitsamt Verpackung nach hinten und vergaß ihn erst einmal lange Zeit. Es war zu maskulin für meine Wenigkeit.

In letzter Zeit, auch bedingt durch Homeoffice, wo ich auf meine Kollegen keine olfaktorische Rücksicht nehmen muss, tue ich mir öfter mal Terre de Bois (auch von MH) in stärkerer Konzentration auf. Sicher kein Büroduft, aber so wohltuend... Dabei fiel mir dann Le Cedre wieder ein und dachte, auch ihm mal wieder eine Gelegenheit zu geben. Hierbei half es, die Röhre des Sprühers erst einmal zu leeren, um die Schärfe zu mindern.

Zuerst wieder der Holzhammer. Dann fiel mir auf, dass, wenn ich mit meiner Nase mindestens 4 cm entfernt bleibe, der Duft ganz anders wirkt. Es ist ein schwebender, mittelschwerer Duft nach Holz und Torf, Blumen und Laub, der sich je nach Distanz ständig lebendig verändert. Dies ist mir auch bei anderen der neuerern MHs aufgefallen und ich trage sie alle nur auf einem Handrücken, um durch ständigen Distanzwechsel und Bewegung den Duft zu beleben.

Der Duft hält sehr lange, ist auch nach 24 Stunden noch cremig wahrzunehmen, obwohl oft mit Wasser in Berührung gekommen. Zum Nachsprühen suche ich mir eine andere Hautstelle, damit sich der Bestandteil, der am längsten verbleibt, sich nicht unharmonisch verstärkt.

Dieser Duft ist nicht sehr parfümig, sondern duftet einfach angenehm. Zeitweise riecht er auch sehr sauber nach frischer Wäsche. Wie gesagt, er ist wechselhaft durch Bewegung. Dadurch kann man ihn auch wirklich als unisex bezeichnen.

Er erinnert mich leicht an Nasomatto und China White in seiner schwebenden Art, ohne dabei aber morbide zu sein. Ich habe noch den durchsichtigen Flakon mit Papieretikett drauf. Nachdem ich den Duft nun doch besser kennengelernt habe, kann ich verstehen, dass ihn Miller Harris im Programm behalten hat, wenngleich im schwarzen Flakon. Die haben ihr Angebot ja kräftig zusammengestrichen - bin sehr gespannt, in welcher Richtung es dann weitergeht!

Endlich, endlich konnte ich meine Sammlung der Weils vervollständigen. Schon vor einiger Zeit hatte ich mal ein paar Flakons bei TK Maxx gesehen, dachte aber, es eile nicht damit. Und dann war von jetzt auf gleich kein einziger Flakon davon mehr zu haben, bis gestern. Sofort zugegriffen, denn: was weg ist ist weg.

Mit den Weils kann ich ja. Zuerst ist es immer eine Schreckminute, bis das Unerwartete völlig angekommen ist. Und dann bekomme ich gute Laune. Also sprühe ich heute morgen ein paarmal auf den Handrücken und warte was da kommen soll. Und damit hätte ich nie gerechnet: einen stickigen Augenblick von Muffigkeit und dann der Duft von Seife! Nicht schlecht, sondern schön sauber. Und das bei Weil? Komisch... und dann wurde es süßer. Und feiner. Bis es nicht nur nach Seife duftete, sondern nach DER Karma-Seife von Lush. Genau dieses süße und leicht fruchtigbittere Patchouli. Das Weilsche DNA ist dennoch zu erkennen. Ich war anfangs vorsichtig mit der Dosierung (ich kenne ja Weil), und das war gut so, denn ein bisschen zuviel bringt im Auftakt Aprikose mit sich, die allerdings bald verfliegt. Der Karmaduft hält dann trotzdem schon ein paar Stunden.

Ich freue mich über den gelungenen Blindkauf zum kleinen Preis.