RapunzelR

Beim Suchteln auf diesem Portal habe ich mich mal wieder hinreißen lassen zuzuschlagen. Einen Duft, der mir eigentlich so gar nicht auf den Leib geschneidert ist und mich trotzdem sehr neugierig gemacht hat. Aria di Mare. Laut Duftpyramide hatte ich eine ungefähre Vorstellung, muss aber auch sagen, dass ich Ginster in Verbindung mit Tiaré nicht wirklich einordnen konnte. Und maritime Noten sind auch nicht wirklich meins. Also ran und testen, ich bin ja immer wieder offen, mich auch Unbekanntem zu nähern und es zu ergründen. Schon der erste Moment beim Sprühen hat mich begeistert. Was heißt denn hier maritime Noten-ich rieche Meer, richtig salziges Meerwasser, als hätte ich gerade meine Nase darin gebadet. Ich nehme einen Geruch war den jeder kennt, wenn er im Meer baden war, sich wie ein nasser Hund, zu faul zum Abtrocknen, leicht fröstelnd in die Sonne legt, die Wärme den Körper zu schnell heiß werden lässt und sich Salzkringel auf der Haut abzeichnen. Aber - es ist für mich nicht die Südsee, klar und ruhig, bei der man auch noch 10 m in der Tiefe den Sand durch das funkelnde, blaugrün schimmernde, klare Wasser erkennen kann, sondern eher ein etwas ungemütlicheres Meer. Hier peitschen auch schon mal die Wellen an die Klippen und man muss gut schwimmen können, wenn man sich ins Wasser wagen möchte. Also eher ein Surferparadies. Die Natur ist aber nicht karg und trocken, sondern üppig und grün. Die Lilie nehme ich sehr opulent war, obgleich sie sich nicht nach vorn drängelt. Sie gibt diesem Duft eher eine gewisse Eleganz. Tiaré nehme ich nur ganz schwach war und Moschus macht diesen Duft unheimlich clean. Ich fühle mich wie nach einem erfrischenden Bad, in einer Wanne die mitten im Grünen steht und mit dem Eimer gefüllt werden muss. Mir gefällt gerade so gut, dass es eine ganz andere Art von Urlaubsstimmung hervorruft als die klassischen Kokosnuss / Tiaré Düfte, die einen in die Raffaello Werbung schicken und bei mir wenig Platz für eigenen Fantasien und Assoziationen lassen. Für mich ist Aria di Mare ein gekonnt anderer Duft, der einen in die Ferne ziehen lässt, gute Laune und Lust auf Sonne, Meer und andere Menschen weckt, aber gleichzeitig sehr bodenständig und natürlich bleibt. Mit Aria di Mare sitze ich für einen Moment am frühen Morgen am Strand von Contis Plage, höre Möwen schreien, während ich neugierig zusehe, wie sich die Gezeiten abwechseln, die unterschiedlichsten Vögel nach Würmern picken und ich die Ruhe und Abgeschiedenheit in den frühen Morgenstunden nutze, um die Eindrücke aufzusaugen, die mir dieser Naturschauplatz bietet. Ich ganz und gar in meinen Eindrücken versinke, die über alle Sinne auf mich wirken. Kleiner Punktabzug für die Haltbarkeit und Sillage, da ich ja eher ein Fan von Krachern bin, aber es passt zu dem Duft etwas zurückhaltender zu sein.

Als Anais Anais auf den Markt kam, habe ich noch nicht an mein erstes "My Melody" gedacht und trotzdem hat sich dieser Duft in mein Duftgedächtnis gebrannt. Anais Anais ist für mich der Duft für eine Ära, die für die sexuelle Selbstbestimmtheit steht, als auch für verspielte Weiblichkeit. Ein vermeintlicher Kontrast, der hier zu einer runden Komposition vereint wurde. Mir kommt sofort das Bild von Nastassja Kinski oder Valerie Kaprisky im legenderen Film "Atemlos". Hatten wir in den zwanziger Jahren noch Frauen mit Bubiköpfen und weiten Hosen a la Marlene Dietrich und Düfte, die mehr in die Unisexrichtung gingen wie Mitsouko, sind wir bei Anais Anais bei einem Duft angekommen, der einen mit Blumen aus dem Kübel überschüttet. Blumen, die nach Unbeschwertheit und Reinheit riechen, gleichzeitig unterlegt mit einer Würze die eine große Leidenschaft preisgibt, die gelebt werden möchte. Während Marilyn Monroe und Jane Russell für ein Frauenbild von sexueller Verfügbarkeit stehen, enscheidet die Anais Anais Dame selber wen und was sie will, ohne dabei die Freude am Spiel zu verlieren oder gar ihre Unbekümmertheit. Sie gibt sich niemals plumb oder derb, schießt nicht übers Ziel hinaus und ist auch nicht naiv. Eher mädchenhaft mit einem lodernden Feuer in sich, einer intensiven Leidenschaft. Nach dem Blütenfeuerwerk am Start, unter welches sich meines Erachtens auch noch leckere unsüße Früchte mischen, die aber eher von einem orientalischen Marktstand mit Trockenobst stammen, gewinnt Anais Anais zunehmend an Tiefe. Ambra und Weihrauch hauchen ihm Sinnlichkeit und Wärme ein, die zu keiner Zeit im Kontrast zur mädchenhaften Reinheit stehen, sondern eine harmonische Verbindung zwischen Selbstbewusstsein, Weiblichkeit und zarter Jungend schaffen. Die Anais Anais Dame habe ich als kleines Mädchen bewundert. So wollte ich sein. Umgeben von einer geheimnisvollen Aura, die kokett um die Ecke kommt und mir ihrem bloßen Sein, alles und jeden für sich einnimmt. Unwiderstehlich und verführerisch, selbstbewusst und elegant feminin.

...dieses Gefühl gibt mir Fath de Fath. Als toughe und mit beiden Beinen im Leben stehende Frau, der Alltag oft anstrengend, immer auf der Überholspur, aber durchaus beseelt, nicht gefällig aber immer auf Harmonie bedacht, brauche auch ich in eher seltenen Momenten auch einmal einen absoluten Seelentröster. Wenn nichts mehr geht, wenn der Boden unter den Füßen durchlässig wird, wenn Zweifel die Klarheit überschattet, ich nicht mehr weiß wo ich im Leben stehe und was der nächste Tag bringen mag, wenn ich völlig kraftlos bin und nicht weiß in welche Ecke ich mich setzen soll, in authistischer Haltung auf meiner Couch sitze und mir die Decke bis über die Nasenspitze ziehe, weil ich mich nicht mehr leiden mag, mich nicht sehen möchte und schon gar kein anderes menschliches Wesen, dann-ja dann, ist Fath de Fath mein Rettungsanker. Dann fühle ich mich geschützt und geborgen, kann in Ruhe meine Wunden lecken, kann mich ganz auf mich zurückbesinnen in all meiner Nacktheit ohne zu befürchten, dass ich in diesem Zustand verletzt werden könnte, um am nächsten Tag wieder wie Phönix aus der Asche zu steigen. Er gibt mir das Gefühl wieder bei Mama zu sein, die zärtlich ihre Arme um mich legt und wortlos, aber mit viel Gefühl den Trost spendet, den ich mir von keinem anderen Menschen vorstellen kann, als nur von meiner "Mama".

Auch wenn es der eine Millionen siebente Kommentar ist-ich kann nicht anders. Und auf die Gefahr hin euch zu langweilen-ich bin bemüht mich kurz zu fassen.

Ich habe schon als junge Frau Shalimar getragen und ich habe ihn zu keiner Zeit als "Altfrauenduft" empfunden. Düfte unterstreichen die Persönlichkeit in all ihren Facetten und ich glaube, egal welchen Alters, wenn Shalimar passt, wird aus jeder Frau oder auch Mann ein unglaublich geheimnisvolles Wesen.

Noch kurz die Kurve zu Medusa-auch ich habe den Eindruck, dass Shalimar heute gezähmter ist und etwas an Kraft und Ausdrucksstärke eingebüßt hat, aber seine Schönheit hat er bis heute nicht verloren.

Bei diesem Duft muss ich immer an die Hohepriesterin aus dem Rider Waite Tarot denken. Für alle die sie nicht kennen: sie steht für tiefe innere Gewissheit, Hingabe und Fürsorge. Für intuitives Wissen, verkörpert das Yin-Prinzip und die Kunst des Geschehen-Lassen-Könnens. Sie weiß, dass alles seine zwei gleichberechtigen Seiten hat. Sie ruht in sich selbst und ist als Einzige in der Lage in das tiefe Unbewusste abzutauchen, um auch die letzten Geheimnisse zu lüften-ohne sich dabei in ihren Tiefen zu verlieren.

Wenn Shalimar bei mir auch nicht wunschgemäß startet und Bergamotte mit mir nicht eins werden will, so werde ich spätestens nach 5 Minuten reich belohnt und entschädigt. Hier entfaltet sich Shalimar in all seiner Pracht-seine Rauchigkeit mit einem Hauch Jasmin in dunkler, weicher und warmer Vanille lässt mich fast den Verstand verlieren. Ich kann mir diesen Duft sehr gut an einem Mann vorstellen-aber vorsicht-nicht in meine Nähe kommen!!! Rose und Iris kommen bei mir nur kurz vorbei, wobei ich mir einbilde (ich bin leider nicht so eine Supernase), beide auch noch in der Basis wahrzunehmen, wenn auch nur ganz schwach. Dafür dominieren Tonkabohne und Opoponax und lassen ihn zunehmend weicher und verführerischer werden. Sie ist einfach ein Star, auch unter den Klassikern und lässt sich so leicht nicht das Wasser reichen. Sie ist die "Hohe Priesterin"!

Gestern abend kam ich nochmal in den Genuss von Poison-vielen Dank meine allerliebste Anabelle. Hätte mich vorher jemand gefragt, ich hätten diesen Duft nicht mehr beschreiben können, aber ein kleiner Sprühstoß und ja-da ist er wieder. Innerhalb von Sekunden wurde ich zurück in meine Vergangenheit katapultiert und ich konnte gar nicht mehr aufhören an meinem Arm zu schnuppern (an den anderen Stellen war kein Platz mehr), was aber gar nicht nötig war, da er alle zuvor getesteten Düfte mit seinem einnehmenden Wesen verdrängte. Es waren keine Bilder die in meinem Duftgedächtnis getriggert wurden, sondern eher ein lang nicht mehr gekanntes Lebensgefühl. Poison war ein Duft, den ich von Freunden die zu Besuch aus Italien kamen, geschenkt bekam. Es war der erste Duft, der mich hat fraulich fühlen lassen, wenn ich auch noch weit davon entfernt war. Vorher gab es Raphael No 1, 2 und 3 und da war noch Loulou. Poison ging über dieses kleine Mädchen hinaus. Es war die Schwelle von kindlicher Unbekümmertheit und Neugier auf das was sich in der großen weiten Welt da draußen tat-in eine neue Zeit all diese Dinge die ich mir in meinem Kopf so rosarot ausgemalt hatte, umzusetzen. Teils mit sehr schönen Erfahrungen, teils mit einer blutigen Nase in Verbindung mit spürbarem Schmerz. Eine sehr prägende Zeit, die ich nicht mehr missen wollte, vielleicht aber neu kreieren würde. Das Einzige an was ich mich bildlich erinnern kann ist ein schwarzgrüner Ringelpullover, der derzeit wie auch Poison zu meinen Lieblingen gehörte und unverzichtbar war. Bis gestern hatte ich diese Erinnerung nicht mehr abgerufen.
Poison ist für mich auf jeden Fall auch heute noch tragbarer als der Hypnotic, nur nicht den ganzen Tag. Aber in einer ruhigen Stunde, die ganz für mich ist und die ich dazu nutzen kann nostaligischen Gedanken an längst vergangene Tage nachzuhängen um darin ganz und gar aufzugehen-immer wieder gern. Er hat auf jeden Fall einen festen Platz in meinem Regal als auch in meinem Herzen