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Terras Blog
vor 10 Jahren - 24.07.2014
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Von der Kritik an Haltbarkeit und Sillage

vermutlich sind das die häufig genanntesten Kritikpunkte an Düften, die man hier zu lesen bekommt. Der Duft hat eine schlechte Sillage, die Haltbarkeit ist ungenügend.

Ich finde mit solch einer Kritik wird man dem Duft nicht gerecht. Ich kann es natürlich irgendwo verstehen, dass man bei einem teuren Cologne das ganze als kurzes Vergnügen ansieht, doch sollte man es vielleicht von einer anderen Seite versuchen zu betrachten; und hierzu möchte ich auch mit dem Beispiel eines bekannten Colognes beginnen.

Wenn man das klassische, 1979 erschienene Eau d'Orange Verte von Hermès mit dem etwas länger anhaltenden Concentré d'Orange Verte von 2004 vergleicht, wird einem auffallen, dass die Version von 79 deutlich spritziger und frischer rüberkommt. Die Orange ist dort nochmals schöner, knackiger, saftiger. In der 2004 erschienenen Version haben wir immer noch eine tolle Umsetzung, aber ein wenig Spritzigkeit wurde meiner Empfindung nach eingebüßt. Aufmerksam wurde ich dadurch erst, als ich die Concentré-Version testete, und eine Parfümerieverkäuferin mich darauf aufmerksam machte - zuvor hatte ich den Klassiker nie getestet.

Mit der Zeit ist mir das bei vielen Colognes aufgefallen. Entweder sie halten etwas länger, sind aber weniger spritzig und von Beginn an etwas "müde", oder sie sind wunderbar frisch, verschwinden aber recht schnell.

Zitrische Noten scheinen wie manch andere einfach recht flüchtig zu sein. Was machen also die Hersteller, um diesen eine gewisse Haltbarkeit zu verleihen? Ich nehme an, es werden unter anderem synthetische Moschusduftstoffe zugefügt, die den frischen Auftakt in die Länge ziehen sollen. Das kann aber nicht funktionieren, ohne den Duft zu verändern. Etwas Spritzigkeit geht verloren, die Schönheit leidet eventuell.

Es wäre nicht einfach nur damit getan, die Duftstoffkonzentration zu erhöhen. Dann könnte man ja einfach einmal mehr sprühen und hätte einen ähnlichen Effekt. Man muss den Duft verändern.

Zudem schätzt man Düfte meiner Erfahrung nach viel mehr, wenn man sich nach dem langsamen Abklingen denkt "bitte verlass mich nicht", als wenn man diese noch viele Tage lang in den Klamotten hängen hat. Irgendwann stört mich dann tendenziell eher der Geruch und ich will ihn nur noch auswaschen, egal wie schön er eigentlich ist. Doch das ist eine sehr persönliche Empfindung.

Was ich jedoch sagen möchte: Wäre es nicht sinnvoll, Schönheit zu genießen, auch wenn diese nicht von langer Dauer ist? Kann ein kleines, großartiges Pra­li­né nicht schöner sein, als eine simple 200g-Tafel Schokolade?

Nun gibt es auch die Kritik, Düfte seien zu "laut", zu raumgreifend. Da gibt es auch wieder Duftstoffe, die nun einen derartigen Charakter haben. Amber, Oud, Patchouli usw. sind nun einfach keine äußerst diffusen Duftnoten, sondern eher opulent und laut. Doch ist die Lösung da nicht noch einfacher? Ambre Dore, ein von mir sehr geliebter Duft, ist sogar für meine recht abgehärtete Nase sehr laut. Doch wo ist das Problem? Ich halte den Flakon einfach eine Armlänge von mir entfernt und betätige nur leicht den Sprühknopf - dann ist auch ein lauter Duft nicht zu laut.

Ich möchte mich an dem Duftgenuss, an dem Moment erfreuen - und vielleicht andere dazu anregen, Sillage und Haltbarkeit weniger als Kritikpunkt, sondern als Bestandteil eines Kunstwerks zu sehen :). Und für Unterwegs gibt es auch wunderbare Taschenzerstäuber ;).

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