...Für mich hat Die Forrester  Milano die schönste Rosengeraniennote im Portfolio gehabt. Kann man in Czech & Speak (Made in Italy, vintage) riechen, als auch in Tremlett Black Tie und weniger klar in Domenico Caraceni EdT. Leider alles vintage, insofern nicht leicht zu finden. Forrester ist vor einigen Jahren pleite gegangen.

...Angela Flanders - very British, unbedingt Earl Grey EdT testen 😉und direkt am Covent Garden Bloom Perfumery mit einer sehr feinen Auswahl an Ultra-Niche Marken

...Bin in zweiwöchigen Schichten im internbat und habe daher um die 30 Flakons hier oben. Standards sind "Moustache 1949 EdT" "Aramis 900" und Pierre Bourdon's "Route des Épices" aber auch "Odori Tabacco" oder mal "Rose Povrée".

...Ich finde den Begriff Meisterwerk streng genommen unpassend, denn Parfüm ist letztlich nicht Kunst, sondern bestenfalls Kunsthandwerk, oft Kunstgewerbe und in 90% aller Fälle schlicht ein industrielles Massenprodukt. Was wären also die Kriterien? Wohl kaum, dass er mir persönlich ganz besonders gefällt. Das nennt sich Lieblingsduft. Eventuell ein Duft, der die Benchmark seines Genres darstellt, die Parfümwelt revolutioniert hat, kompositorisch schier Unmögliches vollbracht hat etc. pp.Das wären für mich Düfte wie Shalimar, Mitsouko, L'Origan, Coty Chypre...Gibt ja schöne Bücher von Michael Edwards darüber. Bei den Herren dächte ich sofort an Patou pour Homme, Eau Sauvage, Habit Rouge, Dunhill (1934), würde aber eher von Klassikern oder Meilensteinen sprechen, und dann gehört etwa auch Old Spice dazu und in neuerer Zeit dior Homme.

...Moderne Parfüms sind chemisch stabil, die kippen nicht mal eben so. Hast Du aus der miniatur auch gesprüht oder getupft - das macht einen Riesenunteschied in der Wahrnehmung?

...Ich sollte der Vollständigkeit halber noch ein sehr griechisch duftendes Parfüm erwähnen: Hepster von Annette Neuffer, das aufgrund seines deutlichen Mastix-Anteils ostmediterranes Inselfeeling aufkommen lässt. Und das hier:https://www.namuseum.gr/en/new/the-scent-of-antiquity-reborn/

...Der Thread erinnert mich an die Diskurschlachten auf basenotes um Creed-Geschichte. Sehr verbissen war das oft, weil das emotionale Investment in solche Stories bei Marken wie Creed nunmal oft größer ist als das in den eigentlichen Duft. Als historiker war mir schnell klar, dass die PR-Geschichte(n) von Creed, die bis in die 2000er besonders auf dem US-Markt kolportiert wurden (gerne von den Creed SAs in Luxuskaufhäusern) frei erfunden waren. Man hat die reale und dokumentierte Geschichte der Schneiderdynastie auf die Parfümmarke hin redigiert. Das ist im business ja nichts Neues. Die Ursprungsgeschichte von 4711 ist auch komplett erfunden und witzigerweise von Carthusia nochmal recycelt worden. Selbst ungarisches Wasser, das älteste europäische Parfüm, wurde von Legenden umrankt und rückdatiert. Diese Illusionen waren und sind wesentlich für ein Businessmodell, in dem Parfüm oft nur die Trägerflüssigkeit für die Status-Projektionen und Aufstiegs-Fantasien von Konsumenten bilden, welche die wahre Essenz des Produkts ausmachen.

...Creed haben mal eine beratende Tätigkeit von Bourdon eingeräumt, Turin, der ja nun reichlich Insider-Wissen hat, hat auch Bourdon genannt. Olivier und Erwin Creed dürften trotz PR-Photos mit Duftorgel bestenfalls eine ähnliche Rolle wie Lutens haben, eben als art / creative director. Die Düfte sind schon immer recht klar als Profiarbeiten zu identifizieren, angefangen bei Royal English Leather mit seiner eingearbeiteten L'Origan DNA oder Vintage Tabarôme, einem Nachbau des opulenten 20er Jahre Stils. Kommen noch die offensichtlichen Bezüge von Orange Spice zu Kouros, GIT zu cool water, Original Vetiver zu Mugler Cologne etc. dazu spricht Vieles für Bourdon als Hauptmitarbeiter und einige andere Beauftragte.

...Mir fällt da auf Anhieb nur Korres ein, aber es wird wie in Spanien und Italien eventuell international unbekannte Marken geben, gerade im unteren Preissegment - ich denke da an Äquivalente zu Heno de Pravia, Gal etc. in Spanien.Sarantis ist aber eher unter Globalisierung einzuordnen (und gehört inzwischen P&G)sonst wäre da noch: https://www.theoparfums.com/en/home/

...Das ist zum Beispiel echt: https://attarperfumes.net/shop/pure-attars/oud-caravan-n3/

...Tabarôme PrivéBaie de GenièvreBois du Portugal

...Was zum LVMH Moloch gehört wird strikten Profitmaximierungskriterien unterworfen. Daher hat es seit der Übernahme auch immer weniger gute Guerlains gegeben und nicht einen wahrhaft großen Duft. Thierry Wassers Name spricht Bände ;-)

...Es wird wenig mit dem Vintage Duft zu tun haben - ein grandios-urinöses Ungetüm von für heutige Konsumentem höchstens paläontologischen Interesse. Aber vielleicht ist das neue ja wenigstens gut gemacht undkein Zombie wie Patou ph reloaded.

...Nofretete:An die hundert. Aber es werden bestimmt noch mehr.Die einen haben Parfums, nur um sie zu benutzen - die sind auf parfumo wohl eher nicht anzutreffen. Andere möchten ein breites Spektrum an Düften besitzen. Und wieder andere sind Sammler. Zu denen gehöre ich, ich gebe es zu: ja, ich bin Jägerin und Sammlerin. Ein Sammler braucht eigentlich keine Begründung für einen Neuerwerb. Die Wertschätzung, die er den gesammelten Gegenständen entgegenbringt, reicht völlig. Meist macht der Weg zum Erwerb des Objekts einen Teil der subjektiven Wertzuschreibung aus. Parfum hat überdies den großen Vorteil, daß man es auch benutzen und mit anderen teilen kann: durch den schönen Duft, den die anderen an einem riechen, und durch das Palaver hier in dieser Community. Aber anders als bei einer Weinsammlung wird das Objekt bei Genuß nicht zerstört, es geht nur allmählich zur Neige.Das Kommentieren vervollständigt die Dialektik: einerseits verschwindet das Parfum materiell, andererseits wird es bzw. sein subjektives Wahrnehmungsbild bewahrt. So gesehen ist das Parfumsammeln eine verdoppelte kulturelle Leistung.Insofern haben wir hier eins der schönsten Hobbies, das es gibt!Beste Rationalisierung von Parfümkaufsucht EVER!!! ;-) Und wahr :-)!

...Solange ich Creed Produkte kenne, waren Packaging und Flakons ziemlich unterste Schublade. Die Verarbeitung der Creed Leder-Atomiseure war z.B. ein schlechter Witz, wie auch die Lederhauben und Schnüre der alten Großflakons, und die Sprüher machten früher auch laufend Probleme. Schiefer unsauberer Druck auf den Kartonagen war auch nicht selten. Handarbeit halt, haha. Der Nonsens von Tinkturen und Natur und Millésime gehört ins Creed Märchenreich, genau wie die angeblichen Ursprungsdaten und adeligen oder Hollywood Auftraggeber der ganzen Düfte. In der Hinsicht war Creed schon fake bevor es fake gab. Kein Zufall, dass so viele junge männliche Amerikaner mit Statusaspirationen auf Creed stehen, wegen des Images, nicht des Duftes. Obwohl ich ja viele der Creeds aus den 70er und 80er Jahren tatsächlich grandios finde. Umso mehr hat mich immer das BS-Marketing genervt...

...KJV gibt sich hier eine Menge Mühe zu helfen, und das mit viel Geduld und Freundlichkeit, chapeau!Ich bin da eher der direkte Typ, meine es aber wirklich nur gut. Kurzum: Wenn Du Influencer wie Jeremy ernst nimmst wartet noch eine Menge Lebenserfahrung auf Dich und Parfüm ist da nur eine Nebensache. Auch wenn unsere Unis vom Zeitgeist nicht verschont werden, bieten sie doch immer noch Möglichkeiten, sich von seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit (Immanuel Kant) zu befreien, d.h. nicht auf irgendwelche Pseudo-autoritäten zu hören, sondern sich selber mit der Welt ernsthaft und reflexiv auseinanderzusetzen und dadurch auch sich selber zu kennen, mit anderen worten: erwachsen zu werden und Verantwortung für sich zu übernehmen. Da kann schon eine Menge passieren in den ersten Semestern - und das passende Parfüm kommt dann ganz von alleine...Für alle fälle empfehle ich aber mal diese Lektüre von der geschätzten Claire Vukcevic, die wirklich weiß, wovon sie spricht und hier eine schöne Hilfe zur Selbsthilfe für Dufteinsteiger verfasst hat:http://www.basenotes.net/features/3278-the-top-ten-male-designer-fragrances-every-beginner-should-sample

...Es ist populär, weil es nach Duschgel riecht. Ein konformistischer Massenduft, mit dem Axe Bodyspray oder Cool Water User zu Marke dior hingeführt werden sollen. Übrigens, an der Uni gibt's eher junge Frauen als Mädchen, außer in der Uni-KITA. Na ja, StudentInnen mit wenig entwickelter Parfümnase werden's eben als "clean" tendenziell positiv zur Kenntnis nehmen und jene, die selber individuellere Düfte tragen werden es langweilig finden. Und nicht vergessen: Parfüm kann zur falschen Partnerwahl führen, es ist genetisch wie beziehungstechnisch äußerst sinnvoll, den natürlichen Geruch eines Partners sehr zu mögen.https://academic.oup.com/beheco/article/14/5/668/186534

...Es ist schon korrekt, dass wir , d.h. der Westen, eine okularozentrische Kultur sind, in der visuelle Paradigmen dominieren und Geruch traditionell als "niedrigster Sinn" betrachtet wurde. Zwar wird natürlich viel gerochen, aber wir sind einerseits eine Desodorierungskultur in der Gerüche stark reglementiert sind und andererseits eine Duftmanipulationskultur, d.h. es klafft eine ziemliche Lücke zwischen dem Volumen der Riechstoff- und Aromenindustrie und der Fähigkeit zum bewussten, reflektierenden, souveränen Umgang mit Geruch. Eine Semantik des Riechens, olfaktorische Kunst, Gerüche als ganz zentrale Träger von Emotion und Erinnerung, das steckt alles noch in den Kinderschuhen. Sieh dazu u.a. die vielfältigen Arbeiten und Projekte von Sissel Tolaas oder der großartige Smeller 2.0 von Wolfgang Georgsdorf.

...Urban wer? Dann doch lieber Kurkdjian bespoke für € 30000.

...Rivegauche:Ich persönlich würde mir ein update des ersten Buches mit den aktuellen Formulierungen der Klassiker wünschen :-)Das würde ja mehr Selbstmorde zur Folge haben als seinerzeit die Leiden des jungen Werthers...