Anosmia

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11 - 14 von 14
Anosmia vor 9 Jahren 32 9
Eine Katze namens Panter
Es war ganz klar der Katzenkopf-Flakon, der mich zur Anosmie-Version des Blindkaufs (quasi blind hoch zwei) verleitete. Ich sackte das Parfum ein ohne eine einzige Parfumo-Besprechung gelesen zu haben und das, obwohl ich mir sonst stundenlang gründlichst Besprechungen durchlese und über den Assoziationen grüble ob der passen könnte und ob ich so riechen will.
Total fahrlässig also.
Zurück zu Hause, vor Parfumo war ich dann schon mal ganz zufrieden damit, offensichtlich nicht totalen Mist gebaut zu haben, die Kommentare lasen sich überwiegend nicht schlecht.
Nicht wilder Panter, aber Kuschelkätzchen. Das klingt schön für jemanden, der schon seit vielen Jahren diversen Stubentigern als Personal zur Verfügung stehen darf. Dankbarkeit gibts dafür zwar nicht, dafür kann man die Lords und Ladies aus der Nähe erleben. Und lernt, dass Katzen souverän den Bogen schlagen von wunderbar elegant zu krass tolpatschig und von gewieft zu strunzdumm.

Dieses Kätzchen mit dem Namen Panter ist den Rückmeldungen zufolge so aufmerksamkeitsheischend wie alle Hauskatzen ("guck, wie ich über die Computer-Tastatur laufe, ist das nicht niedlich?") - Wahnsinns-Sillage, lange Haltbarkeit.
Einige behaupten hartnäckig, es würde nach Veilchen riechen, andere sprachen von einem Boudoir-Geruch - süßlich, pudrig, parfümig, ganz knapp an pentrant vorbei geschrammt.
Schweißig oder seifig fand den glücklicherweise noch niemand.
Gefallen hat er bis jetzt ausnahmslos immer - wer kann sich schon der Wirkung einer Katze entziehen und sei sie noch so nervig?

Und so "harmlos" die Duftpyramide auch rüber kommen mag, Panter wirkt erotisch. Er ist ein kleiner Komplimentefänger, gerade bei Männern, signalisiert aber offensichtlich nicht nur Sex, sondern auch Kuscheln.
Mein Eindruck ist, dass er auf halben Wege zwischen Kuschelduft und Erotik verharrt. Oder eben auf halben Wege zwischen Miss Kitty und Panter.
Das kann man schade finden oder sich darüber freuen dass man einen alltagstauglichen Duft mit erotischen Untertönen gefunden hat. (sparsamen Gebrauch voraus gesetzt)

Jaja, der Name. Aber auch eine Hauskatze kann mal Panter heißen. Wenn sie nicht gerade in einer uneleganten Halbdrehung vom Tisch segelt bei dem Versuch, eine Fliege zu fangen sondern statt dessen mit konzentriertem Blick und geschmeidigen Bewegungen durchs Gebüsch schnürt, dann passt der Name ja auch.
Fast.
9 Antworten
Anosmia vor 9 Jahren 53 11
Stinker oder schöne Bestie?
Habanita musste ich im Unterschied zu vielen anderen Düften gar nicht lange und oft "testen" (Reaktionen von anderen Menschen beobachten), provoziert er doch sehr starke, überschwängliche Reaktionen in zwei Richtungen: Abscheu und Begeisterung. Und nichts dazwischen.
Leider jedoch zumeist Abscheu: Mein Mitbewohner fragte mich nach dem allersten Auftragen, ob ich es etwas übertrieben hätte mit dem Eindieseln, mein Freund (nicht gerade ein Connaisseur in Sachen Parfum, der als Kategorien eigentlich nur "süß" und "noch mehr süß" kennt) meinte, man würde diesen Duft eher an einer Sexarbeiterin vermuten, aber nicht an einer im höheren Preissegment und meine Mutter schnupperte am Papier, guckte erst irritiert, dann angewidert und fragte, wie es sein könne, dass ein Parfum nach Käsefüßen riecht. Auch nach mehrmaligen Riechen war aus ihr nichts Anderes raus zu bekommen als: "Sennefladen in der Blumenwiese" (Sennefladen ist ein Schweizer Weichkäse, unglaublich lecker, aber selbst für Nichtriecher an der Grenze des Rezenten) und: "ungewaschen und drüber parfümiert".

Einzig mein bester Freund liebte Habanita sofort. Wir spazierten gerade die Straße entlang, als ich ihm mein Handgelenk unter die Nase hielt und sein begeisterter, nicht gerade vornehm formulierter Ausruf brachte einige Leute dazu, sich entsetzt nach uns umzudrehen: "Boah, is das ein krasser F**-Duft, den würd ich ja gerne nochmal nach 5 Stunden Sex riechen!"

Ich wollte Habanita, weil hier soviel archaische Bilder beschworen wurden von etwas Wilden, Urigen, Nicht-Gefälligem.
Nach dem "Testen" habe ich das Gefühl, das Habanita im Unterschied zu anderen Meilensteinen der Parfümgeschichte nicht mit Leder, Rauch, Zibet oder ähnlichen verwirrt - Habanita menschelt offensichtlich.
Deshalb finde ich es auch logisch, dass die Fraktion meines Umfelds mit dem längsten täglichen Pflegeprogramm, die selbst einen Gammeltag zuhause mit einer Dusche beginnt, dieses Parfüm schlicht widerlich findet und das mein bester Freund, der gerne die Überpflegtheit und Eigengeruchslosigkeit der meisten Menschen beklagt, Habanita so klasse findet.

Nach all diesen gesammelten Eindrücken und allem, was ich hier gelesen habe riecht Habanita in meiner Vorstellung so: Man riecht nach der Vorbereitung für den Ausgang schon so, als hätte man die Nacht bereits hinter sich (erst mit nem Orientalen einsprühen, dann ab in die verrauchte Kneipe, Tanzen und Schwitzen im Club, anschließend noch ein One Night Stand und beim Spaziergang im Morgengrauen nach Hause eine Duftschleppe aus Rauch, Schweiß, Sex und ein bisschen süßen Parfümrest hinter sich herziehen).

Ich mag diesen Zustand morgens nach einer langen Party wirklich sehr. Und die beschriebene Duftmischung gehört zu den Dingen, die ich wirklich furchtbar gern mal riechen würde - gerade weil sie so extrem ist. Ich versteige mich sogar zu der Behauptung, ich würde sie bestimmt mögen. Ich werde es aber nie erfahren.

Was mache ich jetzt mit dieser Urgewalt? Um sie zur eigenen Bespaßung zu tragen bräuchte ich eine funktionierende Nase. Und ob ich meiner Umwelt einen Duft um die Ohren hauen will, der überwiegend als "Stinker" wahr genommen wird ... ?
Ich mag es, wenn Leute mein aktuelles Parfum als "interressant" oder "ungewöhnlich" oder "speziell" bezeichnen, bin bis jetzt jedoch noch nicht sicher, ob in diesem Fall das Ganze nicht etwas zu "speziell" wird.
Aber:
Ich werde weiter testen. Todesmutig. :-D
Denn auch nach dem 100.000ten gelesenen Parfümkommentar bin ich sicher: Wenn eine Fee käme und sagen würde, ich dürfte einmal ein Parfüm riechen - aber wirklich nur eines! - und ich müsste mich entscheiden -
ich würde Habanita riechen wollen.
Unbedingt.
11 Antworten
Anosmia vor 10 Jahren 22 5
grown-up punk: die geschichte hinter dem duft
wie gehabt - zum duftverlauf kann anosmia nix sagen, aber möglicherweise etwas licht ins dunkel bringen, wie der von euch beschriebene duftverlauf mit westwoods punk-attitude, dem namen und england zusammen geht.
ich schneidere gern und lese mich zum voranbringen der ideen und fertigkeiten auch gern duch tonnenweise literatur. und westwood gehört definitiv zu meinen lieblingen unter den designern.

sie fing an mit punk und fetisch, klar. dann begeisterte sie sich jedoch zunehmend für die englische schneiderkunst, die wirklich ihres gleichen sucht in sachen schlichtheit und präzision (eine ausführliche geschichte findet sich z.b. im buch "the cutting edge"). Zu diesem Zweck wühlte sie sich durch die geschichte und schnittmuster des englischen anzugs (der im zuge der entwicklung der bürgerlichen staaten seinen siegezug über den kontinent antrat)und brachte sich selbst die fertigkeiten des englischen maszschneiderns bei. aus dieser beschäftigung entstand die kollektion "anglomania", mittlerweile wohl sogar eine eigene linie.

anglomania, dass ist das gesamte wissen und können der schneiderkunst, gepaart mit westwoods liebe für gute englische stoffe (es gibt tatsächlich noch traditionellen manufakturen, die fast ausschlieszlich fü die haute couture arbeiten) - tweed und tartan - und: dem il ne sait quoi, das immer dabei ist, der punk. aber eben nicht mehr der "ich scheisz auf alles, hauptsache provo"-punk, sondern wohldurchdachte provokation, wohldurchdachte formveränderung, wohldurchdachtes "dagegen-sein". englische tradition mit besonderem twist.
mit einem wort: grown-up punk.

als ich eure duftbeschreibungen und -assoziationen hier lasz dachte ich sofort: natürlich "anglomania", was sonst? der duft zur kollektion, die fetzenklamotten hinter sich liesz und punk auf ein ganz neues level hob, nach welcher der spruch "the punk is a lady" durch die feuilletons geisterte.

ich vermute, diese entwicklung wollte sie im duft festhalten, und deshalb auch dieses durcheinander an assoziationen:charakterstärke, wärme, raffinesse, lady-duft, punk-duft...

ich sortiere düfte nicht nur nach anlässen, sondern auch nach klamotten-stilen (macht ihr das auch, oder ist das mein privat-ding, weil ich nicht riechen kann?) und "anglomania", das ist in meinem kopf definitiv tartan-faltenrock mit schnürstiefeln und gut-sitzendem schwarzen jacket.

und weils gerade so schön regnet ist das wohl eine gelungene kombination für heute!
5 Antworten
Anosmia vor 10 Jahren 70 16
10
Flakon
10
Duft
World on Fire
Ein paar Worte vorweg: Dies ist mein erster Kommentar. Und: Ich kann nicht riechen (von Geburt an nicht), was mich in diesem Forum wohl zu einer Art Einhorn macht: "Unfassbar, dass es das hier gibt." Aus diesem Grund habe ich nie daran gedacht, hier je einen Kommentar zu verfassen, auch wenn ich an dieser Stelle euch allen aus tiefstem Herzen danken will: Gefühlte 1001 Nächte auf diesem Forum waren Wegweiser durchs Parfümlabyrinth, unglaubliche Märchen und Geschichten, eine Wahnsinns-Hilfe bei der Wahl zu mir passender Düfte und definitv der Grund warum ich nun des Öfteren zu hören bekommen: Du riechst so gut! Danke!!!

Aber was soll ich schon über Düfte schreiben? Samsara hat mich umgestimmt. Ich kann keinen Duftverlauf wiedergeben, aber ich möchte ihm gern meine Liebe erklären.

Wir trafen uns zufällig: Ich war auf der Suche nach einem Ausgehparfum und hatte mal wieder meine Mutter, die Nase (der Familienwitz besagt, dass mein Bruder und ich nichts riechen, weil meine Mutter unseren Geruchssinn für sich behalten wollte), zwangsrekrutiert sich durch eine endlose Reihe Düfte zu riechen, während ich sie parallel mit den von mir gewünschten Duft-Assoziationen traktiere. In die engere Wahl kamen "Sensuous Noir" und "Samsara" und schlieszlich landeten auch beide im Körbchen. Samsara beschrieb meine Mutter als feines, trocken-pudriges, gar nicht lautes Parfum. "Sensuous Noir, das ist Liza Minelli in Cabaret. Samsara, das ist eher die stille, leise Verführung!" Da ich mich mit Liza Minelli in Cabaret spontan deutlich mehr identifizieren konnte als leiser Verführung wurde Sensuous Noir das Ausgeh-Parfum und Samsara rutschte, nur aufgrund der Beschreibung "leise" in die Rubrik "Kann frau immer mal machen."
Weshalb ich es oft trug.
Und dann stürzte jedesmal eine Flut von Komplimenten auf mich ein. Insbesondere von Männern und nochmal mehr von den diversen Flirts, Affären und Beziehungen.
"Es ist das Sandelholz! Das ist ein natürliches Aphrodisiaka." mutmaszte ein Bekannter. Und meine Mutter wiederum meinte, es läge an dieser weichen Pudrigkeit, die sofort Körper- und Nähe-Assoziationen aufmachen würden.
Samsara rutschte also in die erste Reihe im Parfumfach.
Nicht zuletzt, nachdem ich es kürzlich zu einem Treffen mit meiner Lieblings-Affäre trug. Eine dieser Affären von denen ich glaube, jede_r sollte sowas mal gehabt haben: Über Jahre, über Distanz, über alle Wechselfälle des Lebens trifft man sich immer wieder um sich eine wortreiche Nacht in diversen Bars um die Ohren zu schlagen und den Rest der Nacht zusammen im Bett zu verbringen und sich morgens zu trennen. Kein Alltag, keine Ansprüche, nur Leidenschaft.
Im Bett landeten wir natürlich auch beim letzten Mal, waren schlieszlich schon am Einschlafen, als er seine Nase an meinen Nacken drückte, einmal tief einatmete und dann...schliefen wir doch noch nicht.
Für mich ein Wunder, dass Düfte solche Macht besitzen.
Am nächsten Tag schwelgte ich noch in den Erinnerungen an diese Nacht und starrte auf den roten Flakon, als würde sich so sein Geheimnis offenbahren.

Möglicherweise ist das das Geheimnis von Samsara - nicht laut, nicht leise; nicht die grosze Liebe, nicht die alltägliche Beziehung, aber auch nicht der belanglose One-Night-Stand; nicht durchkomponiertes Meisterwerk a la Shalimar oder L'heure bleue aber eben auch kein Aqua Allegoria.

Für mich jedenfalls wird Samsara - ohne das ich es riechen kann - für immer mit der Magie der ersten Begenung verknüpft sein, in der noch alles möglich, aber nichts versprochen ist. Und natürlich mit der Magie dieser wunderschönen Affäre.
Und deshalb wird, wenn das aktuelle Fläschchen leer ist, ein Samsara im Festgewand einen Weg ins Parfum-Fach finden, auf das dieser Duft mich weiter bei allen Abenteuern begleitet.
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