Aorta

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11 - 15 von 19
Aorta vor 11 Jahren 11 4
9
Duft
Ins Schwarze getroffen
... hat die freundliche Verkäuferin des hiesigen Karstadts, als sie mir beim Kauf des Lutens'schen Tannennadelmädchens eine Probe von "Serge noire" mitgab.

Ich rieche zarten Zimt, die Nelke hält sich brav zurück, eine feine Süße durch Labdanum sowie Oud oder Etwas-das-so-tout-als-wäre-es-Oud (okay, Kalaueralarm, ich höre schon auf). Irgendwo im Hintergrund taucht auch zuweilen Lavendel auf, getrocknet schon vor langer Zeit. Dann ist da noch Weihrauch, aber nicht übermäßig viel. Das alles fein miteinander verwoben.

Ja, Serge noire ist dunkel, aber keinesfalls so krachledern und laut wie "Black Afgano".

Es hat phasenweise eine Gummi-Asche-Note, welche mich an "Wonderwood" erinnert, hier jedoch dezenter im Ausdruck ist.

Freunde von "Grey Flannel" dürfen hier ruhig mal schnuppern, auch wenn ich sagen würde, dass beide Parfums eher entfernte Verwandte sind, jedenfalls sofern man nur auf die einzelnen Komponenten schaut. Als verbindendes Element würde ich hier so eine Art altmodische Förmlichkeit (im positiven Sinn) nennen, die beide aufweisen.

Serge noire ist eigen, weil es Dinge miteinander verbindet, die vorher (zumindest in Aortas Universum) nicht miteinander verbunden waren. Gekonnt wird hier Dunkelheit mit Luftigkeit verknüpft. Serge noire ist der Chiffonschal unter den schwarzen Düften. Der Duft ist präsent, bleibt aber nah bei mir. Er ist warm, jedoch nicht schwülstig, sondern quasi angenehm temperiert.

Für Männer, Frauen und alle dazwischen bestens geeignet.

Fazit: Ich rate zum Test.
4 Antworten
Aorta vor 12 Jahren 7 2
6
Duft
Citronella non bella
Nach ausgiebigem Testen von „Field Notes From Paris“ bin ich noch immer zwiegespalten: So ein fieser Auftakt, so eine schöne Basis! Doch offensichtlich konnte mich die Kopfnote nicht davon abhalten, mein Pröbchen restlos zu leeren. Nein, das ist nicht auf die viel gerühmte Sparsamkeit der schwäbischen Hausfrau zurückzuführen. Vielmehr hat FNFP trotz einer Schwäche eben richtig gute Seiten, aber man braucht Geduld.

Doch nun zur Kopfnote, mit ihr verhält es sich folgendermaßen: Da haben wir Bergamotte und jene ist auch genau so, wie sie sein sollte, frisch und ein wenig bitter, ihre Frische hält lange vor, während die Bitterkeit vom Typus "zack-und-weg" ist. Koriander dient lediglich zur Garnierung und macht den Auftakt etwas grüner. Kommen wir zum problematischen Teil, Citronella: Das Gras präsentiert sich dem Träger als Klosteinzitrone-Anti-Stechmückenkerze vom Feinsten, mehr Synthetik geht nicht. Dachte ich. Nun wollte ich nicht Opfer meiner eigenen olfaktorischen Standesdünkel werden und habe mal zu Testzwecken an Citronellaöl geschnuppert. Der Witz an der Sache ist, dass selbst ein hochwertiges ätherisches Öl aus Zitronengras (um genau zu sein: Cymbopogon nardus) leider nun mal genau so riecht, nämlich nach Klostein. Ab diesem Punkt hilft also nur noch wilde Spekulation. Könnte es womöglich sein, dass bei der Destillation von Citronella einige Bestandteile verloren gehen und das daraus entstehende Öl nur ein Schatten der eigentlichen Pflanze ist? Denn grundsätzlich mag ich Zitronengras sehr gerne und in frischer Form hat sein Geruch auch für mich rein gar nichts mit Toilettenreinigungsmitteln gemein. Wer Erhellendes zum Thema weiß, den bitte ich um weitere Aufklärung. Wie auch immer, jedenfalls ist Klostein-Citronella im vorliegenden Duft überaus ausdauernd und beglückt mich mit ihrer Penetranz bis tief in die Herznote.

Apropos Herznote, diese schleicht sich so ganz gemächlich heran. Der Duft wird wärmer, ohne dass man festmachen könnte, woran das nun liegt. Das bleibt eine ganze Weile lang so, bis sich zunächst der Pfeffer offenbart, der für mich nicht die Schärfe der schwarzen Version aufweist, sondern eher mild wie geschälter weißer Pfeffer duftet. Patchouli gesellt sich dazu, ich empfinde es als luftig und hell. Zeder kann ich nicht entdecken, dafür umso mehr Tabak, der wirklich ganz wunderbar in die Komposition eingebunden ist, wohlige Süße und Wärme verbreitet, „sakriköstlich“. Dankbar nehme ich zur Kenntnis, dass ab diesem Abschnitt in der Duftentwicklung nun auch endlich Citronella den Rückzug antritt.

Es wird aber noch besser, denn der Tabak bekommt illustre Gesellschaft. Mit Bienenwachs kann man bei mir ohnehin wenig falsch machen, ich mag seinen Geruch sehr, weil er bei mir verschiedene Kindheitserinnerungen weckt. Ein Freund meiner Familie hatte mehrere Bienenvölker und so durfte ich manchmal dabei zusehen, wie Honig und Wachs in den Stöcken entstanden. Auch denke ich an Samstagnachmittage bei meiner Großmutter, die mit Bohnerwachs und schwerer Maschine den Treppenaufgang im Hausflur auf Hochglanz brachte, mir dabei missbilligende Blicke zuwerfend und über die Sünden der Jugend dozierend (bis Opa aus dem Garten kam, um mit mir in die nahe gelegene Eisdiele zu entschwinden, was stets noch mehr missbilligende Blicke zur Folge hatte).

Am Ende kommen Tabak und Bienenwachs dann zusammen mit der Tonkabohne zur Ruhe. Das Böhnchen bringt abschließend noch einen Hauch Dunkelkeit ins Spiel, erinnert mich an eine Mischung aus zartem Rauch und Bittermandel, weniger an Vanille. Sehr schöne Kombination!

Semi-hässliche Kopfnote, gutes (späteres) Herz, tolle Basis und dazu eine Haltbarkeit, die ich in der gehobenen Mittelklasse ansiedeln würde – das ergibt für mich insgesamt einen Duft, den ich zwar nicht kaufen würde, aber durchaus als eigenständig empfinde und der einen Wiedererkennungswert besitzt.
2 Antworten
Aorta vor 12 Jahren 19 9
9
Duft
Drei Geschichten
Psssst!

Ich bin's, die Reisende durch Zeit und Raum. Heute hab' ich mich allerdings an einen etwas außergewöhnlichen Ort verirrt. Es hat auch eine Weile gedauert, bis mir klar wurde, wo ich überhaupt bin. Muss leise sein, sonst werde ich noch entdeckt. Ist ziemlich dunkel, eng und warm hier drin. Ach ja, ich hab's noch gar nicht erwähnt, wir schreiben das Jahr 1993. Und ich sitze hier unter einem schwarzen Hut. Frag' mich nicht, wie ich dorthin gekommen bin. Vielleicht ist die Zeitmaschine kaputt. Die Trägerin des Huts ist jedenfalls eine wütende junge Frau, soviel hab' ich schon herausgefunden. Sie ist schwer alternativ angehaucht, trägt Dreadlocks und quarzt gerne mal bewusstseinserweiternde Substanzen (alles Bio!). Wenn sie lacht, wackeln die Wände (wenn sie singt, auch). Ihre Dreads könnte sie allerdings durchaus mal wieder waschen, ist das ein süßlicher Muff hier drin! Aber irgendwie finde ich's doch auch aufregend: Vorhin hab' ich mal unter'm Hut hervorgeschaut, da hat sie gerade ein Räucherstäbchen angezündet, den tiefschwarzen Kajal nachgezogen und dunkelroten Lippenstift aufgetragen. Ganz schön schrill, die Gute, aber sie hat Biss. Oh, jetzt schreit sie gerade mal wieder rum, etwas scheint ihr gegen den Strich zu gehen (das Patriarchat?). Übrigens, ihr Name ist Linda Perry.

So ein Mist, die Zeitmaschine spinnt schon wieder... also, das gibt’s doch gar nicht! Wo bin ich denn nun gelandet?! Ja, wie geht’s denn hier zu?! Sodom und Gomorrha!

Ich fass' es nicht: Meine Zeitmaschine hat mich drei Jahre in die Zukunft katapultiert, direkt ins Sündenbabel! Da vorne auf der Bühne tanzt eine dunkelhaarige, halbnackte Schönheit mit Glut in den Augen. Sie ist nicht alleine, sondern hat eine Schlange mitgebracht, die sich um ihren Prachtkörper windet. Im Rhythmus zur Gitarrenmusik wiegt sie ihre Hüften. Moment, ich muss mal kurz einen Knopf an meinem Kragen öffnen, mir ist ja sowas von heiß! Uuuuuh... ja, tanz' für mich, Baby! Mein Mund wird schon ganz trocken, ich sitze hier vollkommen paralysiert, gleich vergess' ich zu atmen, den Anderen scheint's ähnlich zu gehen. Jetzt kommt die Schönheit näher, nur noch wenige Zentimeter trennen uns, ich werd' bestimmt gleich ohnmächtig... oh mein Gott! Diese Bar ist die Hölle. Ich bin im Titty Twister gelandet und Santánico Pandemónium tanzt für mich!

Doch, was passiert denn jetzt?! Urplötzlich werde ich von hier fortgezogen, befinde mich wieder im Strudel der Zeitmaschine, was soll der Blödsinn denn, war doch gerade so spannend... arrrgh!

Ich sitze an meinem Schreibtisch. Wir befinden uns im Jahr 2012. Kurz durchatmen. So. Ich schließe das winzige Röhrchen, das Nasomattos „Black Afgano“ enthält und lächle selig, aber auch etwas erschöpft.
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Aorta vor 12 Jahren 7 3
5
Duft
Ewige Blumenkraft! (Störungsfrei.)
Zu Elie Saabs Kreation mit dem phantasievollen Namen kam ich wie die Jungfrau zum Kind, durch unbefleckte Empfängnis (einer *hüstel* Modezeitschrift). Wer nicht wagt, der nicht gewinnt und da ich ohnehin an diesem Tag noch unbeduftet war, siegte die Neugier.

Unterscheidet sich Mandarinenblüte eigentlich signifikant von Orangenblüte? Wie auch immer, Neroli gibt es hier jedenfalls zuhauf und auch die Gardenie mischt kräftig mit. Das Duo bringt einen Duft hervor, den ich als weich, zart süßlich, cremig und dabei tageslichttauglich opulent bezeichnen würde. Weiße Blüten im Überfluss. Außerdem nehme ich noch eine ziemlich deutliche Fliedernote und Jasmin wahr, vielleicht bilde ich mir beide aber auch nur ein. Jedenfalls handelt es sich insgesamt um eine sehr feminine, runde Angelegenheit – einerseits wirkt dies auf mich überaus gefällig und man kann ihm einen gewissen Charme nicht absprechen, andererseits finde ich es aber auch deutlich synthetisch-aldehydlastig. Ich fühle mich in die 90er Jahre zurückversetzt, denke an die Fruchtnoten bei „Happy“ von Clinique, die Blumen in „L'Eau d'Issey“ oder „Pleasures“. Würde man diese geschickt miteinander kombinieren, käme mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit etwas Ähnliches heraus. Spontan fallen mir noch einige weitere Düfte dieser Kategorie ein, die für derartige Experimente in Frage kämen („Flower“ von Kenzo oder das deutlich ältere „Anaïs Anaïs“ von Cacharel). Um nicht weiter um den heißen Brei herumzureden: „Le Parfum“ ist nicht gerade originell. Aber eben auch nicht wirklich schlecht. Eine großartige Entwicklung macht der Duft auf meiner Haut nicht durch, zum Ende hin nimmt die Süße ab, er wird weniger blümerant und stattdessen etwas pudriger, aber das war's dann auch schon. Die Haltbarkeit liegt zwischen vier und fünf Stunden.

Fazit: Hier wird man nichts finden, woran man sich reiben kann, sehr wohl aber ein üppiges Bouquet weißer Blumen, mit dem man nicht allzu viel falsch macht und dessen Haltbarkeit ganz ordentlich ist. Quasi ein optimaler Büroduft und auch das kann, also soll, nein, muss man würdigen.
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Aorta vor 12 Jahren 16 4
5
Duft
Likörell, Motiv: Schminkflintenweib
„I wish I could drink like a lady
I can take one or two at the most
Three and I'm under the table
Four and I'm under the host“

Zum Wohl, verehrte Parfumos!

Heute trinken wir einen, vielleicht aber auch zwei oder drei, jedenfalls so viele, dass wir schrecklich albern werden, am lautesten über die eigenen Witze lachen und Fremdsprachen sprechen, die wir vorher nicht beherrschten. Dabei verschmiert der Lippenstift (es war sowieso viel zuviel davon auf dem Mund), auch sonstige Toilettenfehler und groteske Szenen sind nicht ausgeschlossen. Ach ja, was wird eigentlich kredenzt? Kein Martini, sondern Likör mit Pflaume und Honig! Dazu knabbern wir ein wenig Popcorn, das kann man im späteren Verlauf des Abends auch prima als Wurfgeschoss benutzen. Gott, ist das schwül hier, die Luft riecht erdrückend süß und abgestanden. Wenn wir jetzt noch einen Likör... die schummrige Kaschemme mausert sich langsam zum Palast und der Typ im abgewetzten Cordsakko neben uns am Tresen verwandelt sich in den Mann unserer Träume. Wir spielen ein wenig an unserer Korsagenblume, einem kümmerlichen Röslein, herum und werfen ihm einen Blick zu, der lasziv sein soll, aber nüchtern betrachtet wohl eher grenzdebil aussieht. Nüchtern?! Moment. Schluckauf. Filmriss.

Am nächsten Morgen würden wir uns aus lauter Scham am liebsten in ein Paralleluniversum beamen. Wie gut, dass jegliche Schamgefühle bei uns nur akzidentieller, nicht substanzieller Natur und ergo schnell vorüber sind. Langsam öffnen wir ein Auge, dann das zweite, nicht ganz sicher, wo wir uns befinden und wie wir dorthin gekommen sind. Der Typ von gestern Abend ist jedenfalls weg, aber sein Cordsakko hat er hier gelassen. Irgendwie rührend, das.

Das Resümee: „Moulin Rouge“ ist wie ein Trip, allerdings kein guter, sondern eher wie ein kleines bisschen Horrorshow. Die likörartige, pappige Süße zusammen mit der Lippenstiftnote am Anfang erschlägt die Trägerin förmlich. Die Rose ist zwar vorhanden, aber vernachlässigbar. Ganz originell wiederum ist der Geruch nach altem Cord oder Samt, der sehr realistisch wirkt. Bedauerlich, denn diese Komponente hätte in anderer Kombination womöglich einen richtigen Kracher ergeben. Aber in der vorliegenden Variante und eingedenk des nicht gerade geringen Preises darf das beschwipste Schminkflintenweib gerne zur nächsten Bar weiterziehen. Das Duo Schminke und Rose ist beispielsweise bei „Paris“ von YSL oder „Lipstick Rose“ von Frédéric Malle gekonnter umgesetzt worden.
4 Antworten
11 - 15 von 19