Asphaltblume

Diamond Sparkle hab ich nach der Sniff&Scratch-Probe an der Zellophanverpackung für einen süßen Rosenduft gehalten und mitgenommen. Tester gabs nicht.
Leider.
Denn das, was ich nach dem Aufsprühen roch, war mehr kräftiger Tee und säuerliche Noten von Rhabarber und sauren Zitrusfrüchten als Rose, und süße Rose schon gar nicht.
Die Entwicklung war dann doch versöhnlich, denn mit der Zeit schiebt sich die Rose in den Vordergrund, und süßer wird der Duft auch. Es ist jedoch eine Art der Süße, die ich als eher kristallig-kantig empfinde, keine weiche, sanfte Süße. Als ich klein war, habe ich im Frühsommer gern rohe, geschälte Rhabarberstangen in Kristallzucker getaucht und gegessen, daran erinnert mich dieser Duft. Intensive Säure trifft auf intensive Süße, und es krunscht und knirscht ganz herrlich.
Aber auch diese kantige Süße wird im Laufe der Zeit etwas weicher, und die Säure lässt spürbar nach. Dann dominieren der unermüdliche starke Tee und die Rosen.
Im Abklang machen sich dann leicht holzige Noten bemerkbar, der Gesamteindruck wird sanfter und runder.
Sehr haltbar ist dieser Duft nicht, nach fünf, sechs Stunden muss ich schon sehr nah an mein Handgelenk mit der Nase, um noch etwas zu riechen.

Ambre de Cabochard riecht wie eine elegante, gepflegte Dame, deren Parfum sich mit dem Rauch ihrer Zigarren vermischt. Gelegentlich gönnt sie sich wohl auch einen Zigarillo, sie liebt den verwegenen Glamour einer vergangenen Epoche, das Spiel mit der Androgynität, das Spiel mit der schlanken Zigarette in den perfekt manikürten Händen, dem aus dem rotgeschminkten Mund entweichenden Rauch.

Oder anders: Ambre de Cabochard riecht wie ein fruchtiger Amberduft an einer starken Raucherin. Den fruchtigen Amberduft - aromatisch, aber nicht besonders süß, weich und kraftvoll - mag ich sehr, aber den Rauchgeruch mag ich nicht. Ich rauche selbst nicht und wüsste wirklich nicht, warum ich so riechen sollte, als täte ich es.

Für Raucherinnen könnte es aber der perfekte Duft sein, die Harmonie mit dem Zigarettenqualm ist praktisch schon eingebaut.

Dieser Duft ist recht eindimensional, aber als "solinote" darf er das auch sein. Allerdings hatte ich etwas erwartet, das Ähnlichkeit mit der fetten, schweren, dunklen Erdigkeit des ätherischen Patchouliöls hat. Das ist hier nicht der Fall. Diese Interpretation von Patchouli riecht mehr nach Amber, wie man ihn aus der Mainstreamparfümerie kennt (echte Walkotze hatte ich noch nicht unter der Nase), und nach aromatischen Sägespänen. Nur die Kopfnote verströmt einen schwachen Anflug jener fast kühlen, dunklen Erdigkeit, die verfliegt jedoch schnell, und dann wird der Duft immer holziger, bis er am Ende als veritable Tischlerwerkstatt sein Leben aushaucht.
Das ist nicht unangenehm, und ich kann mir diesen Duft auch sehr gut zum Layern vorstellen. Aber es ist in meinen Augen Etikettenschwindel, denn wo Patchouli draufsteht, sollte auch Patchouli drin sein.

So wie derzeit kaum ein historischer Roman zu finden ist, der nicht eine (gern ausgefallene) weibliche Berufsbezeichung als Titel trägt, finden sich im Drogerieregal kaum Düfte, die nicht fruchtig-süß sind.

Jam Woman ist einer davon.

Frisch aufgesprüht, steigen zunächst Wolken von Alkohol und Grapefruit auf, aber gleich nach dem Trocknen zeigt sich, dass diese Marmelade eine gut gezuckerte Vielfruchtmischung ist. Die Marmeladenkocherin hat neben Ananas und schwarzen Johannisbeeren auch noch süße Brombeeren und Pfirsiche in den Topf geworfen. Blumen sind nicht im Topf, aber sie stehen wohl auf dem Fensterbrett dieser neu eingerichteten Küche - man riecht noch den Holz-und-Pappegeruch aus dem SB-Möbellager.

Die Sillage dieser Fruchtmischung ist im Verlauf eher dezent, wenn auch eindeutig mädchenhaft süß, die Haltbarkeit so lala. Einen halben Tag hält der Duft schon, dann ist wieder Platz für Neues.
Einen großartigen Duftverlauf kann ich nicht ausmachen, auch wenn gegen Ende das Holz stärker durchkommt und die Früchte etwas in den Hintergrund treten. Blumen nehme ich kaum wahr, obwohl meine Hautchemie eigentlich dazu neigt, vorhandene Blüten hervorzuheben.

Paradoxerweise finde ich, dass Jam Woman ein ganz freundliches Düftchen ist, unkompliziert, unprätentiös aber hübsch. Eindeutig massenmarkttauglich, genau wie so viele der historischen Romane, deren Titel eine weibliche Berufsbezeichnung ist.

Wenn ich "Rouge Intense" rieche, denke ich an die Giotto-Werbung mit dem Typen im Friesenhemd, der hartnäckig wissen will, ob die kleinen Dinger auch zum Tee passen.
Denn in diesem Duft kann man den Tee gut herausriechen. Er ist umlagert von üppigen exotischen Blumen und wird von einem gepflegt nach Sandelholzseife duftenden Kellner serviert, aber es ist Tee.
Und ich denke, es ist auch dieser Tee, der mich finden lässt, dass Rouge Intense bei aller üppigen Blumigkeit und holzigen Wärme frisch genug ist, um eher ein Sommer- als ein Winterduft zu sein. Ein Duft, der lieber draußen an der frischen Luft sein mag, wenn ein lauer Wind die Haut streichelt. Und es ist ein entspannter Duft, kein Hektiker wie der Werbefriese. Ein Inselduft, aber es ist eine tropische Insel, nicht Sylt oder Amrum. Hier gehören die Blumen hin, und auch der Tee ist an den grünen Berghängen zuhause.
Herausragend elegant ist er übrigens nicht, der Duft, mit High Heels läuft es sich einfach nicht gut auf Sandwegen. Ein entspannter Begleiter, aber durchaus mit Wiedererkennungswert!
Für mich ist er ein bisschen zu tropenselig - zu mir passt eher Amrum als Tahiti. Aber ich mag ihn.

Der klar geformte Flakon ist nur auf der Rückseite rot und mit einem stilisierten, blumengeschmückten Frauenkopf geschmückt. Außerdem sorgt eine halbkugelige Einwölbung von vorne betrachtet für einen irgendwie erdkugelig wirkenden 3D-Effekt. Der Sprüher ist gut, der Deckel aus transparentem rotem Kunststoff wirkt leider etwas billig, obwohl die Kanten sorgfältig zum Glaskörper hin ausgeschweift sind.