BeDe

Wieder einmal habe ich die Dame aus der Parfümerie etwas rennen lassen und sie kam mit "Y" an.

"hmmmm", dachte ich und dann sprühte sie es mir auf ein Zettelchen.
"mmmmmmh?" fragte ich mich.
"Neeee", war meine Antwort und ich sagte der Dame: "Mann, was für ein Chemiecocktail ist denn das?"
Dann zeigte sie mir den Flakon (ein recht einfallslosen dazu) . Ich lupfte die Augenbraue und sah den hohen Preis.
"Das ist von YSL. Ganz neu. Ganz exklusiv. Ganz jung und frisch. Warten Sie einen Moment", sagte sie. "Wie jeder gute Duft braucht der etwas, um sich zu entwickeln."
Ich bin doch nicht blöd, dachte ich und wartete....
- Mandarine
- Bergamotte
- Rose?
- Chemie - Chemie -
- Weichspüler? Zeder?

"So riecht der exklusive Man(n)" sagte sie abschließend und ich bedankte mich ....

Ich gab auf. Das Zettelchen roch immer noch nach Chemie und ich sprühte mir aufs Handgelenk und wartete wie exklusiv sich "Y" entwickeln würde. Mein Kollege bekam auch einen Sprüher ab und er war sofort begeistert. Ich haderte immer noch mit der Chemiekeule.

Später im Restaurant wehte dann immer wieder ein intensiv blumig-frischer Duft heran, und keine Dame saß in der Nähe. Das mussten mein Kollege und ich sein! :-p
- Blume - Chemie - Weichspüler - Chemie ...
Okay. Nach 1 Stunde roch ich nichts mehr und hauchte aufs Handgelenk und sofort war er wieder da, der Weichspüler und der Rest des Potpourris im "Y" Flakon. Was für ein Psychadelic Zeugs ist das, fragte ich mich und dachte an Super-E und ertappte mich immer wieder, wie ich das Handgelenk anhauchte und daran schnüffelte.

Ich bin mir immer noch nicht sicher, wie sehr ich es mag, das Y. Mein Kollege hat es auf die Weihnachtswunschliste geschrieben. Ich warte lieber noch. Mir ist der Duft ein wenig zu Unisex.

So unterschiedlich wie die Typ, Haut, Träger und Grundgeruch eines Menschen sind, so unterschiedlich sind Duftempfindungen, was man hier bei Bottled Tonic gut erkennen kann ... von völliger Ablehnung bis Begeisterung gibt's alles. Letztendlich muss man selbst entscheiden, ob der Duft zu einem passt. Es ist wie mit einem guten Wein; die einen erkennen rot/weiß, süß/sauer und andere fruchtig/erdig/leicht/schwer bis hin zu differenzierten Geschmackskomponenten. Aber wer Johannisbeere nicht mag, dem wird ein guter Merlot nicht schmecken! Genauso ist es mit Parfüms.

Normalerweise bin ich jetzt nicht so der Boss EDT Träger/Fan. Und wenn ich in der Parfumerie mit der Kakophonie der Düfte konfrontiert werde, bin ich überfordert, da ich nichts mehr herausrieche. Auch gefallen mir die meisten 0815 Düfte nicht, die mit synthetischen warmen vanilligen, Moschus und Amber geschwängerten Basistönen daherkommen und irgendwann nach billigem Deo riechen.

Doch als ich unlängst in einer großen Parfumerieabteilung in Stuttgart unterwegs war und ich wieder einmal auf der Suche nach einem Duft war, der nahe an Michel Comptes Shared Water Men (nicht mehr erhältlich!) kommt, sprühte mir die nette Verkäuferin blind einen Duft auf, der mir gleich in die Nase drang und mich tatsächlich an die Shared Water Basisnote erinnerte mit dem zitrigen (nicht zittrigen ;-)) Kopf und solider Sandelholznote, wenn auch zu Beginn etwas chemisch. Aber da ich konstruierte und frische Düfte faszinierend finde (siehe M0°C), war ich gleich angetan. Und wieder einmal stelle ich fest: Sandelholz und Grapefruit mag ich, sowie geeister Apfel bzw Granny Smith Noten.

Ich sprühte mich nochmals ein und trug den Duft eine Weile spazieren - und ich roch und genoss ihn ständig, was man meinem Grinsen wahrscheinlich ansah. Also kaufte ich das Wässerchen und wurde auch Tage danach nicht enttäuscht. Beim Aufsprühen stach kurz ein alkoholischer, chemischer Cocktail hervor, der aber schnell in eine würzig-zitrische und leicht bitter anmutende Sommernote wechselt. Und auch wenn die Duftbeschreibung eine andere ist, ich meine Sandelholz zu riechen und nicht Vetiver, was aber auch vom Ingwer und dem grünen Apfel kommen kann, die sehr dominant hervorstechen. Die Frische des Duftes geht nicht verloren, wandelt sich aber im Laufe der Zeit in eine holzige Note, begleitet durch Ingwer und Grapefruit und eben Granny Smith Apfel. Letzteren erschnüffel ich den ganzen Tag ;-).

Das EDT passt zu (fast) jedem Anlass und hat aus meiner Sicht eine eher sportlich-moderne Ausrichtung, ohne an irgendeine Jahreszeit gebunden zu sein. Außerdem finde ich, es ist KEIN Allerweltsduft mit mittellanger Haltbarkeit.... übrigens wurde ich im Office von Kollegen sowie Kolleginnen gefragt, welchen tollen Duft ich da trage ;-) Also so schlecht kann er dann nicht sein :-D

Also mir gefällt Boss Bottled Tonic sehr gut und ich werde dieses EDT ganz weit nach rechts stellen - zu meinen Lieblingsdüften :-)

Ich habe heute in der Lieferung meiner Bestellung von Anvers 2 auch eine Probe dieses Wuchbrummers Private Label erhalten. Nein, ich stehe nicht auf harzige Duftkonzentrate mit Patchouliherz, aber der erste Erschnupperer dieses Duftes auf Papier kam unvorbereitet mit voller Breitseite; ein olfaktorischer Blattschuss, der meine Geruchsnerven betäubte und wie eine Kirchenglocke lange nach klang - und ich spreche hier von Stunden, in denen ich den Geruch nicht aus meiner Nase bekam. Das Papier selbst roch selbst nach 1 Tag immer noch intensiv nach Patchouli, Leder und Holz. Das nenne ich mal Haltbarkeit.

Der Duft an sich versetzt mich nun auch bei der zweiten Kostprobe in ein Beduinenzelt, ausgekleidet mit Tierfellen, Räucherstäbchen in jeder Ecke, etwas muffig und beißend. Ein Sprühstoß genügt, um den ganzen Tag in diesem Zelt zu verbleiben. Die Duftfahne, die ich hinter mir herziehe, lässt alle schnuppern. Sie wandelt sich vom scharfen Beginn hin zu einer fast süßlichen, harzigen Ledernote mit schwerem Patchouli Hintergrund.

Private Label hat keine eindeutig männliche oder weibliche Ausprägung - daher ist es wahrscheinlich auch unisex angegeben.

Ich habe mir Anvers 2 aufgrund der sehr positiven Kommentare blind gekauft, weil ich ein Fan von zitrischen Düften bin und mir ein Stück weit ein neues Lieblings-EDT erhofft hatte.

Freudig öffne ich das Paket und befreie die herbstliche Verpackung mit dem Blätterwald und dem männlichen Bartträger mit weichem Winterschal. Die Erwartung ist ob der konservativen Verpackung ein wendig gedämpft. Habe ich etwa einen alten Ladenhüter erwischt? Schnell vom Schuber und der Schachtel befreit halte ich das gute Stück in der Hand. Schlicht und schön, mit etwas schief aufgeklebtem Etikett. Aber ich will mal nicht so kritisch sein, schließlich kommt es auf den Inhalt an.

Ein leichter holziger Schweif weht mir entgegen als ich den Flakon in der Hand habe. Etwas vorsichtig sprühe ich das erste Mal auf meinen Puls. Ein tolles Buket mit Limette, Zitrone und Rhabarber (ich bilde mir ein auch Mandarine wahrzunehmen) mit warmer holziger Grundnote und einem pfeffrigen Akzent erreicht mich. Sofort errieche ich Vetiver (nicht so mein Liebling) und auch die Zeder und Pfeffer, die für mich schon fast penetrant rüber kommen.

Die anfängliche Frische verfliegt recht schnell und wird blumig (der Blumenstrauß aus Rose, Lilie und Jasmin ist sehr markant wie eine Stippvisite in einem Blumenladen). Nach 10 Minuten setze ich meinen olfaktorischen Spaziergang in die Schreinerei um die Ecke fort, doch dann gewinnen Vetiver, Sandelholz und Vanille leider viel zu schnell die Oberhand. Einzig der Pfeffer und die Zeder bleiben mir von dem anfänglichen Potpourri erhalten. Ich warte und rieche immer wieder. Cremig und warm mit einem rauchigen Aroma würde ich die Basisnote beschreiben. Nach einer Stunde frische ich auf und je länger ich Anvers 2 an mir habe, umso besser gefällt er mir.

Eine Bekannte meint ein paar Stunden später, ich dufte als ob ich gerade Kuchen gebacken hätte :-)
Anvers 2 wird sicher nicht mein neuer Lieblingsduft (der ist und bleibt Shared Water Men, der leider nicht mehr produziert wird und von dem es leider auch keinen Twin gibt).

Für mich ist Anvers 2 ein solides EDT das mich eher an den Herbst erinnert als an den Sommer. Die Duftreise des Anvers 2 beginnt bei Früchten des Südens über einen Blumenladen und einen Wald und endet bei den Backzutaten eines Kuchens. Alles in Allem interessant und überraschend und einen Tick zu warm.