Bobby

Bobby

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16 - 20 von 30
Bobby vor 6 Jahren 9
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
10
Duft
Sonne im Herzen
In warmen Ländern ist die Zeit des Sonnenaufgangs eine der schönsten. Noch ist es leicht kühl, aber man kann schon barfuß vor die Tür. Ein erfrischender, würzig - zitrischer Auftakt zaubert einen südlichen Sommermorgen in die Kopfnote, der durch das Eisenkraut wenig später kurz etwas fast Strenges bekommt. Allerdings darf man darauf vertrauen, dass der Duft, Creed-typisch, weit mehr kann, als man zu Beginn vermutet - so wie auch ein Morgen manchmal nicht erahnen lässt, was der Tag noch vorhat.
In unserem Alter darf man sich erste Gedanken darüber machen, wo man seinen Lebensabend verbringen will. Können wir es uns leisten, hier für immer zu wohnen? Oh sicher! Wir brauchen ja nichts außer diesem Häuschen, dem Garten, der Sonne und uns. Alles andere werden wir einfach aufgeben. Noch ein paar Jahre vielleicht in die Tretmühle, und dann für immer hier hin... Der Traum geht weiter, und auch der Duft endet keinesfalls als simpler Zitruserfrischer: Gegen Mittag wird er immer wärmer und sonniger, strahlend und goldgelb. Im Garten flirrt die Hitze. Wir werden alle Brücken abbrechen und du wirst hier wieder malen, ich werde Musik machen. Vielleicht werden wir damit Geld verdienen, vielleicht nicht. Es spielt keine Rolle, weil es darum nicht geht. Das Leben ist zu kurz für Berechnungen.
Später, am Nachmittag, überwältigt einen der liebliche Duft der blühenden Orangenbäume.
Langsam kündigt sich der Abend an.
Soll man noch weggehen, sich verabreden? Nicht doch. Wir bleiben im Garten! Zu zweit.
Du erzählst mir von deinen Plänen, ich träume mit dir und freue mich auf den Wein, den du kurze Zeit später aus der Küche nach draußen holen wirst. Auf der Gartenbank liegt deine Jacke, weil es bald kühler wird. Sie riecht nach dir, cremig und balsamisch, edel und gediegen.
Als du wieder zu mir kommst, hüllt mich dein zart-blumiger Duft ein.
Ich schichte Holz für ein kleines Feuer aus den frisch gesägten Zedernästen, die ich auf der Rückseite unseres Häuschens gestapelt hatte. Sie riechen von der Hitze des Sägeblatts noch leicht angebrannt.
Dein weiblich-weicher und der männlich-herbe Geruch des Feuers überlegen kurz, sich zu streiten, beschließen dann aber einfach, genau wie wir, den restlichen Abend zu genießen - was für eine gute Entscheidung und was für ein kuschelweiches, romantisches Ende...
Es heißt, Kitsch sei an fehlendem Widerstand gescheiterte Kunst - von mir aus, gerne doch. Widerstand zwecklos!
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Bobby vor 6 Jahren 17 7
8
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
5
Duft
Plastikorange
Kurzfassung: Schlimme Kopfnote, Rest geht...

Creed spaltet und emotionalisiert aus drei Gründen:
Zum einen sind die Preise recht hoch, das Image sehr elitär und die gehypten Promiverbindungen sind unnötig und anstrengend, da sie von den Düften selbst ablenken. Hier wenden sich die ersten genervt ab.
Zum anderen sind die Düfte, trotz der oft beschworenen „Creed-DNA“, schon sehr unterschiedlich und polarisieren den einzelnen Kunden: Ich zum Beispiel Liebe SMW und gebe ihm 100%, mich gruselts aber vor Millésime Imperial, der mich einfach nur an Omas Haarspray erinnert.
Und zuletzt ist die bewundernswerte Fähigkeit der Creed-Parfumeure, innerhalb eines Duftes eine so klare Phasierung herzustellen, dass man fast das Gefühl hat, innerhalb von Kopf- Herz- und Basisnote drei eigenständige Düfte präsentiert zu bekommen, zugleich Fluch und Segen: Wenn alle drei Phasen den eigenen Geschmack treffen, hat man einen Volltreffer. Wenn eine davon nicht passt, ärgert man sich, weil man den Duft wegen dieser einen Nuance nicht tragen will. Bei mir trifft letzteres auf Aventus zu, bei dem ich Kopf- und Basisnote 100% geben würde, dessen krautige 70-er-Jahre-Brusthaarigkeit der Herznote es mir aber unmöglich macht, den Duft als ganzes zu mögen.
Bei „Viking“ hatte ich bereits im Werbespot ein Problem mit dem orangenen Kajak: Mitten in der wunderschönen Natur diese auffällig-künstliche Farbe und dieses Hartplastik. Der Duft bestätigt dieses Fremdkörper-Gefühl: Eine schwitzige Plastikorange, die mich fatal an „Crave“ von CK erinnert. Bei CK sorgte eine seltsame Klebstoffnote für die Künstlichkeit, die bei „Viking“ von DaveGahan als Tigerbalm identifiziert wird. Gemeinsam sind beiden das leicht Stechende. Zudem rieche ich so etwas wie Salbei, dass bei mir, durch seine Darreichung in Bonbons und Tees, Kindheitserinnerungen weckt – allerdings nicht gerade die besten, da ich in dem Zusammenhang meistens erkältet war. Als Kind hatte ich außerdem einen Schneeanzug, dessen Polyestergeruch in Verbindung von Schnee und Schweiß ebenfalls vor meiner inneren Nase auftaucht und in diesem Fall zwar Bestandteil schöner Erinnerungen ist, aber als Duft doch eher ungut scheint. Und das ist für mich das Problem dieser Kopfnote: Nicht erwachsen, nicht sexy. Kopfweh-Alarm.
Ich kann aber auch verstehen, dass einige hier die Bewertung langsam hochziehen, da man sich an die Kopfnote gewöhnt und schon beim zweiten Test nicht befürchtet, dass es noch schlimmer, sondern dass es gleich besser wird: Für mich wird die Minze vom Gletscher-Bonbon zu echter, durchaus beeindruckender Kühle und der Duft wird zunehmend britisch-eleganter. Was mir daran auch gefällt, ist, dass die Kälte, die sich langsam ausbreitet, das Thema dann doch noch trifft: Nordische Natur. Wenn da bloß nicht diese dämlichen Hartplastikboote wären...
Da der Duft im weiteren Verlauf für mich einfach nur nicht mehr schlimm ist, reicht es auch nur für eine recht mickrige Bewertung.
7 Antworten
Bobby vor 7 Jahren 29 6
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
...davon creed ich nie genug
"Man ist jung, solange man sich für das Schöne begeistern kann und nicht zulässt, dass es vom Nützlichen erdrückt wird." J. Paul.

SMW ist ein Duft, den ich mittlerweile so schön finde, dass ich ihn vermisse, wenn ich ihn länger nicht gerochen habe. Ich kann an ihn denken und ihn mir sofort vorstellen. Er wirkt auf mich stimmungsaufhellend und anregend, aber gleichzeitig auch beruhigend und entspannend. Dies gelingt, weil die zwei Grundthemen, spritzige Frucht und matt-grüner Tee, so unterschiedlich sind und sich hier so schön ergänzen. Ich sehe mich, Mitte November, in eine Decke gewickelt, an der Nordsee vor einem Reetdachhaus, ich trinke einen absichtlich zu lange gezogenen und daher leicht bitteren ostfriesischen Tee und rühre in meiner roten Grütze. Nicht der zuckrige Quatsch aus dem Supermarkt vom Festland, sondern die von Muttern, mit dem sauren Saft schwarzer Johannisbeeren.
Ich höre die Möven, rieche das Meer und lasse ein paar Kandiskrümel ins Tee-Glas fallen. Mein Blick schweift über die Dünen. Die letzten Touristen sind abgereist.
Endlich kehrt Ruhe ein.
Nur noch ich und mein Tee, und meine Gedanken, die immer langsamer und leiser kreisen, sich auflösen und eins werden mit der Brandung, dem Wind und der aufkommenden Dunkelheit.
Den Duft umgibt eine zeitlose, freundliche Aura, er ist die Teezeremonie aus der Flasche, die Achtsamkeitsübung zum Aufsprühen, das Antidepressivum am Handgelenk.
Muss immer in meiner Nähe sein!
6 Antworten
Bobby vor 8 Jahren 14 2
8
Flakon
5
Sillage
6
Haltbarkeit
9
Duft
Synästhesie in C-Dior
Es ist ein lauer Sommerabend, in Strandnähe liegt das kleine Amphitheater, in dem heute Klassik gespielt wird: Ein Werk von Francois Demarchy steht auf dem Programm. Der Eintritt ist mit 60,- noch bezahlbar, die Veranstaltung gut besucht. Es dämmert langsam, man setzt sich. Die Bühne wird weißlich-gelb beleuchtet, alle warten gespannt auf den ersten Ton: Ein hoher, edler, durchdringender Geigenakkord macht den Anfang. Das Publikum atmet tief durch und entspannt sich. Man riecht das Salz des nahen Meeres, die Musik hebt die Laune, sie klingt nach Optimismus. Es wird schattig kühler, einige schlürfen fruchtige Getränke und fliegen in Gedanken wie Lärchen ganz nach oben, wo die Luft dünn ist und frisch. Wenn man sich konzentriert und den Hals etwas reckt, hat man immer noch Seeblick. Einige sind gerade erst vom Strand gekommen, andere vom Sport. Eine leichte Moschusnote ist bemerkbar. Das Werk heißt „1/7“, zwei gerade, klare, silbrige Zahlen, konsequent vertont, manchmal ist hier draußen das Pianissimo im zweiten Satz allerdings kaum mehr wahrnehmbar, man muss schon sehr genau hinhören. Kinder naschen Zitronen-Brause, immer mehr kleine Sommer-Bergamotten schwirren umher und fressen unmerklich kleine Löcher in die Erinnerung. Oh Augenblick, verweile doch...
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Bobby vor 8 Jahren 7
7.5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
„Das Beste der 90-er“
1998 habe ich Abitur gemacht – das letzte Jahr, in dem ich die Filmzeitschrift CINEMA abonniert hatte – wegen der Filmkritiken mit den Prozentangaben, wegen der Fotoserien von Schauspielerinnen und Models, und schließlich und endlich wegen der damals dort sehr häufig platzierten Duftproben, die man erhielt, wenn man einen Klebestreifen auf der Seite abzog und dann am Papier roch. So lernte ich auch diesen feinen Armaniduft kennen, und für mich haben alle damals dort beworbenen Düfte (z.B. auch CK escape, one und be) einen leichten Beigeruch von Papier und Druckerschwärze, weil ich sie immer zuerst über diese Zeitschrift kennenlernte. Dieser Beigeruch spielt, und das hatte ich vergessen, als ich jetzt den Duft nach vielen Jahren aus Freude an der Erinnerung wieder erwarb, auch ohne die CINEMA eine wichtige Rolle bei Armani he. Eben diese leicht bittere, fast schon abweisende Bleistift- oder Druckerei-Note verstärkt das Konzentrierte, Seriöse, etwas Traditionelle, das mit der verspielten Plastik-Pop-Coolness der 90-er korrespondiert. Der Flacon passt, so gesehen, perfekt zum Duft: reduziert, elegant, sexy, aber eben auch etwas künstlich. Trotzdem hat der Duft ein warmes Herz, das für mich ganz klar die Rose ist – ein ausgesprochen interessanter Kontrast, der da entsteht, und der Hauptgrund, warum ich diesen Duft (wieder) trage.
Zur Zeit erhält man ihn für 50 Cent pro Milliliter – man darf also etwas großzügiger dosieren, ohne Geld zu verschwenden. Am Besten, man sprüht sich den Bauch ein – die Hauptschlagader verteilt den Duft den ganzen Tag über so, das man ihn selbst deutlich wahrnehmen kann, auch ohne Nachsprühen. Für mich funktioniert der Nostalgietrip auf diese Weise viele Stunden lang wunderbar. Vielleicht kaufe ich mir ja auch mal wieder eine CINEMA – und sei es nur, um nach Parfumproben zu blättern.
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16 - 20 von 30