Buchmensch

Buchmensch

Rezensionen
Filtern & sortieren
6 - 10 von 20
Buchmensch vor 9 Jahren 17 1
7.5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
6
Duft
Nur, wo Nutella draufsteht …
Mit Spannung erwartete ich das Erscheinen von Quelque Notes d'Amour - dem ersten größeren neuen Duft von Yves Rocher, meinem lieben alten Onkel Yves, seit ich meine Leidenschaft für Parfum wiederentdeckt und Parfumo gefunden hatte! Die Komponenten klangen verlockend - für Rose bin ich immer zu haben, holzig find ich gut, Patchouli und Pfeffer sollten dem ganzen ein bisschen Tiefe und Pfiff verpassen … Das einzige, was mich davon abhielt, mir den Duft sofort nach Erscheinen zu bestellen, war, dass sich dann die Lieferung mit meinem Urlaub überschnitten hätte, und ich wollte nicht, dass da ein Päckchen vergeblich in Aachen auf mich wartet, während ich im Harz weile. Aber warum nicht das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden? Ich schaute nach, wo von unserem Ferienort aus der nächste Yves-Rocher-Laden war: Dann konnte ich einen Städteausflug mit einer kleinen Parfumverkostung kombinieren und den Rest des Urlaubs über verführerisch nach holziger Pfefferrose duften.

Der nächste Laden, stellte sich heraus, war in Braunschweig. Da wollten wir sowieso hin, gab es dort doch auch das nächste indische Restaurant und genug alte Kirchen, die wir uns ansehen wollten. Mein Mann, der nicht für Parfümerien zu begeistern ist, weil die dominante Mischung verschiedenster Duft- und Trägerstoffe, die dort vorherrscht, bei ihm Asthma auslöst, willigte ein, mit mir zu Onkel Yves zu geben, als ich ihm versicherte, dass es ganz schnell gehen würde, ich wusste ja schon, was ich wollte. Aber als ich dann dachte, es ist mit "Reinmarschieren, kaufen, rausmarschieren" getan, hatte ich die Rechnung ohne Mann gemacht. Warum ich den Duft nicht mal vorher testen wollte? Über zwanzig Euro für ein unbekanntes Parfum? Ich versicherte, dass ich es bestimmt lieben würde, positive Kommentare, leckere Pyramide, blah blah blah, aber dann einigten wir uns, dass ich den Duft jetzt probesprühen würde, wir dann einen Kaffee trinken würden, ich abwarten, wie sich der Duft entwickelt, und danach kaufen - oder nicht kaufen.

Wir kauften nicht. Direkt nach dem Auftragen im Laden nahm ich nur ein belangloses Zuckerwasser wahr, mehr wie ein Avon-Duft denn etwas von Yves Rocher, und während ich noch versuchte, mich mit dem Duft anzufreunden und mein Empfinden meinen positiven Erwatungen anzupassen, wurde er immer nur nichtssagender und belangloser. Das französische Wort 'quelque' kann man auch mit 'irgendwelche' übersetzen, und genauso roch es auch: wie irgendwas. So oft ich auch an meinem Handgelenk schnuppern mochte, ich roch keine Rose, ich roch kein Holz, ich roch nur beiges Zuckerwasser. Schwer enttäuscht verließ ich den Shoppingcenter und ärgerte mich, dass Quelque Notes d'Amour ausgerechnet in Sachen Sillage und Haltbarkeit punktete, denn für den Rest des Tages wurde ich den Duft nicht mehr los. Lange war es her, dass Onkel Yves mich zuletzt derart versetzt hatte.

Aber ich bin ja nicht nachtragend. Sammelleidenschaft und der Zwang zu vervollständigen wogen schwerer als Enttäuschung, und ich habe schließlich auch genug andere Düfte in meiner Sammlung, die ich weniger liebe, und ausgerechnet einen Onkel Yves verpassen … Und so landete, ein gutes halbes Jahr nach dem enttäuschenden ersten Test, Quelque Notes d'Amour doch noch in meiner Sammlung, und weil ich mit versprochen hatte, jeden Duft, den ich mir kaufe, auch einmal zu tragen, um nicht das Gefühl zu bekommen, Geld zum Fenster hinausgeworfen zu haben. Heute war es dann soweit: Irgendwelche Noten der Liebe erleben ihren zweiten Feldversuch.

Die Zuckerwasser-Note, die mich im Herbst so gestört hatte, zeigt sich diesmal sehr viel zurückhaltender. Es macht vielleicht einfach einen Unterschied, ob man im kontrollierten Umfeld des eigenen Hauses testet oder mitten in einem belebten Shoppingcenter, wo man schlecht unterscheiden kann, was nun das Testparfum ist und was vielleicht die Dame vom Nebentisch. Jedenfalls erscheint mir der Duft im zweiten Test deutlich angenehmer, weniger penetrant und auch weniger belanglos. Die Rose kämpft sich weiterhin eher erfolglos an die Oberfläche, aber die Hölzer sind da - vor allem aber empfinde ich den Duft als nussig. Richtig nuss-nougat-nussig. Wie Nutella, die ein bisschen über das Mindesthaltbarkeitsdatum hinaus ist: noch ein paar Tage länger, dann wird es ranzig, aber noch kommt die Nuss schön rüber, währdend die Schokonote schon ins Hintertreffen geraten ist. Und über allem schwebt sanft eine Zedernnote, die für die Dauer des Tragens auf jeden Fall die Kleidermotten von mir fernhalten wird.

Immer mehr erinnert mich der Duft an meine Jugend, ohne dass ich den Finger drauflegen kann, aber während ich noch überlege, sehe ich es auch schon in der Liste der ähnlich duftenden Parfums: Voice, von Betty Barclay. Diesen Duft hatte ich von meiner Schwester zum Geburtstag bekommen, cirka 1996, aber mich nie wirklich damit anfreuden können. Ich wollte ihn mögen, weil er schließlich ein Geschenk war, aber er passte nicht recht zu mir, um so besser zu meiner besten Freundin, so dass ich ihn endlich schweren Herzens weiterverschenkte (was ich heute nicht mehr tun würde). Quelque Notes d'Amour ist auch so. Er ist kein schlechter Duft, und auch deutlich charakteristischer, als er sich mir bei seinem ersten Test gezeigt hatte. Aber er ist kein Duft für mich, jedenfalls nicht im Winter. Ich mag Düfte, die eine gewisse Schwere haben, bei denen auch eine Rose ordentlich Wumms mitbringt.

Dafür ist Quelque Notes d'Amour einfach zu leicht. Und dass ich eine Nussallergie habe, macht es nicht besser. Ich reagiere nicht allergisch auf das Parfum, aber meine Nase ist so drauf geschult, Nussnoten zu erschnuppern, bevor ich in Kuchen oder Kekse beiße, damit es eben nicht zu einer Reaktion kommt, und damit ist alles Nussige dann für mich tendenziell negativ belegt. Ich gebe Quelque Notes d'Amour gerne noch eine dritte Chance, diesmal im Frühling, wenn es selbst bei mir etwas leichter sein darf, und hoffe, dass dann vielleicht auch das Röschen vorstellig wird. Aber bis dahin lasse ich die Flasche ruhen. Und warte gespannt darauf, mit was für neuen Duftkreationen Onkel Yves mich in diesem Jahr erfreuen wird - oder enttäuschen. Und ich werde wieder genauso bereit sein, sie mit blind zu kaufen. Markentreue, einmal antrainiert, wird man so schnell nicht wieder los.
1 Antwort
Buchmensch vor 9 Jahren 19 1
5
Flakon
10
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Die kühle Schöne aus dem All
Normalerweise hätte ich diesen Duft überhaupt nicht auf dem Schirm gehabt. Weder spricht mich der Flakon sonderlich an, noch die Beschreibung, noch wäre ich auf die Idee gekommen, dass die Duftpyramide zu mir passen könnte. Der Name Calvin Klein steht stellvertretend für alles, was ich an den 90ern nicht gemocht habe, und den Namen assoziiere ich zu sehr mit Loreens gleichnamigem Eurovisions-Siegersong von 2012, ein Lied, das ich noch nie gemocht habe: Zwar bin ich langjähriger, und Hardcore, ESC-Fan, aber ich habe dem Titel übelgenommen, dass nicht der von mir favorisierte serbische Beitrag » Nije ljubav stvar« gewonnen hat. Und wenn ich einen Groll habe, muss auch mal ein unschuldiges Parfum drunter leiden.

Dass ich Euphoria trotzdem besitze, liegt daran, dass ich es bei Ebay im Bündel mit dem vergriffenen Yves Rocher-Duft Yria bekommen habe, eine noch halbvolle 25ml-Flasche. Ich habe einmal an der Düse geschnuppert, mich nicht entscheiden können, ob mir das gefällt oder nicht, und dann den Duft mit bibliothekarischer Gründlichkeit erfasst, katalogisiert, und weggeräumt. Ich habe viele Parfums, die ich noch nie getestet habe, und dieses war quasi ein Kollateralgewinn. Erst, als ich an meiner besten Freundin Obsession kennenlernte, und toll genug fand, um es mir selbst zu kaufen, kam mir wieder das Euphoria in den Sinn. Während ich noch auf die Lieferung meines Obsession wartete, habe ich, an einem Tag, wo ich sonst nichts vorhatte, Euphoria getestet.

Und nicht nur ich war positiv überrascht. Mein Mann, der es normalerweise nicht so mit Parfums hat, kam herein und fragte, nach was ich da röche. Sein Kommentar, nachdem ich ihm die Flasche gezeigt habe, war »Das riecht hochwertig!«, und ich nahm das als Kompliment, allerdings mit dem etwas bitteren Beigeschmack, dass offenbar alles, was ich davor getragen hatte, für meinen Mann billig gerochen hatte. Ich nutzte jedenfalls die Gelegenheit, meinen Mann für Markenparfums zu interessieren und weswegen ein Parfum dann auch mal etwas mehr kosten darf, und als ich dann Weihnachten tatsächlich das heißersehnte Samsara bekam, wusste ich, die Zeit der Dupes ist endgültig vorbei. Und das verdanke ich natürlich nur Euphoria. Da verzeihe ich sogar Loreen den Sieg.

Tatsächlich ist Euphoria für mich ein sehr untypischer Geruch, und nicht nur für mich. Ich würde ihn eindeutig als Winterduft klassifizieren, aber wo andere Winterdüfte mich wärmen und meine Seele streicheln, empfinde ich Euphoria als eher kalt. Das fängt mit dem Flakon an, der sich wegen seiner metallenen Oberfläche immer kühl anfühlt, vor allem in meinem unbeheizten Schlafzimmer, wo die Kartons mit dem Parfum stehen - memo an mich: im neuen Haus Lösung für Parfumunterbringung finden! - aber die Kälte zieht sich auch durch den Duft selbst. Euphoria ist kein Abend am Kamin, eingemummelt in eine Wolldecke, eine Tasse heißen Kakaos an der Seite - Euphoria ist ein Spaziergang im Schnee, ein Tanz auf dem Eis, es feiert den Winter in seiner Schönheit, statt ihn zu bekämpfen. Und die rosige Farbe, die das Parfum offenbar mal hatte - mit der Zeit verblasst es, und meines war schon klar wie Wasser, als ich es bekam - spiegelt die von gutdurchbluteten Wangen wieder, wenn man am Ende des Spaziergangs nach Hause zurückkehrt.

Am Anfang kommt Euphoria mir noch sehr befremdlich vor, und die ersten fünf bis zehn Minuten nach dem Auftragen denke ich immer noch, dass es ein Fehler war und ich mich für den Tag doch besser für einen anderen Duft entschieden hättre: Da ist etwas chemisches, alkoholisches, das, gepaart mit dem eher säuerlichen Granatapfel, wirklich nicht zu mir passen will. Aber dann kommen die Blumen, die holzigen Noten, betörend, dunkel, wie man es von so einem unscheinbar farblosen Wässerchen nicht erwarten mag, und behält dabei immer noch die kühle Distanz, die es so edel erscheinen lässt. Dass der Flakon dabei ein wenig an eine halbgeschlossene Blütenknospe erinnert, ein aufgerolltes Rosenblatt, aber leider auch an ein Ufo, einen Schornstein oder den sprichwörtlichen »Griff zum Wegschmeißen«, passt gut dazu: Es läd ein, es lockt, und dann macht es einem die Tür vor der Nase zu. Nur gucken, nicht anfassen.

Es ist kein Duft für jeden Tag, und auch nicht für jedermann, obwohl es sicher kein Nischenduft ist, und er erscheint mir, die ich mit dem großgeworden bin, was Yves Rocher in den Neunzigern produziert hat, sehr modern. Und das liegt nicht nur an seinem futuristisch anmutenden Flakon - ich kann mir nicht vorstellen, dass es für diesen Duft vor zwanzig Jahren schon einen Markt gegeben hätte. Zehn Jahre hat er jetzt auf dem Buckel, und ob es ihn in weiteren zehnen noch geben wird, weiß ich nicht: Er ist modern, aber nicht zeitlos, und so gut er noch in dieses Jahrzehn zu passen scheint, wird er um so schneller antiqiert wirken, ein Relikt seiner Epoche, so wie heute das klassische Chloe nach den Siebzigern riecht, Obesssion nach den Achtzigern oder Burberry nach den Neunzigern. Ein ein, zwei Jahren wird uns Obsession als Signaturduft der Nullerjahre erscheinen, und von da an ist es kein weiter Weg mehr ins Museum.

Für mich ist Euphoria ein Duft voller Widersprüche, aber gerade das macht es so interessant. Es ist nicht aufdringlich, aber charakterstark, angenehm, aber nicht beliebig, und anders als vieles, das gerade auf dem Markt ist, ist es alles andere als austauschbar. Die Sillage ist im Vergleich zu anderen Düften aus dem Hause Klein eher zurückhaltend, dafür ist die Haltbarkeit um so stabiler, und wenn ich ihm auch einen anderen Namen gegeben hätte - für Euphorie ist er mir zu kühl, steckt mehr meine persönliche Schutzzone ab, in die man besser nicht eindringen sollte, statt zum Umarmen aufzufordern - passt er immerhin sehr gut zu seinem Flakon, und, an manchen Tagen, auch zu mir. Wenn mein halbleeres Fläschchen am Ende ist, werde ich mir den Duft vermutlich nachkaufen. Diesesmal aber mit Absicht. Und vielleicht höre ich mir dann auch noch einmal Loreens Lied mit anderen Ohren an.
1 Antwort
Buchmensch vor 9 Jahren 10 2
5
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
6
Duft
Von ferne grüßt der Sidolin
Mit Avon ist das ja so wie mit vielen anderen Parfümeuren - wenn sie einen Klassiker auf den Markt gebracht haben, oder was, das sie für einen Klassiker halten, kommen die Spinn-Offs. Auf Euphoria folgen Euphoria Blossom und Forbiddden Euphoria. Auf Cašmir folgt Cašmir Festival. Aber wenn eine Firma ohnehin jedes Jahr gefühlt 500 neue Düfte auf den Markt bringt, dann darf es auch etwas mehr sein. Und so folgten auf Far Away, den Avon-Dauerbrenner von 1994, nicht weniger als sieben Spinn-Offs, die Herrenvariante nicht mitgerechnet. In willkürlicher Reihenfolge: Dreams, Exotic, Paradise, Fantasy, Bella, Sensual Embrace - ich stelle mir vor, wie das Avon Marketingteam verzweifelt im Wörterbuch blättert, was sie denn bis jetzt noch nicht mit Far Away kombiniert haben, bis ein Mitarbeiter schreit: »Gold! Wir hatten noch keine Gold Edition!« Und so kam 2014, als bislang letzter Vertreter der Serie, Far Away Gold auf den Markt.

Optisch, klar, ist die Flasche golden. Ansonsten hat die die gleiche ziemlich austauschbare Far Away-Optik, mit rundem Knubbeldeckel und einem neckischen Troddel, der orientalisch wirken soll, aber dann doch mehr etwas tantig rüberkommt. Ich will keinen Bommel an meinen Gardinen, dann will ich erst recht keinen an meinen Flaschen. Tatsächlich hat aber Gold vom ganzen Franchise mit die edelste Optik. Und die hat mich immerhin genug angesprochen, um es mir als ersten Vertreter der Reihe zu kaufen. Hätt ich besser nicht getan, natürlich - ich konnte mit dem Zauber der Reihe noch nie entziehen, und jetzt brauche ich natürlich alle anderen Far Aways auch noch. Die Avon von wissen schon, was sie tun.

Vom Duft her soll die Gold-Variante, mit der immerhin der 20. Geburtstag des Duftes gefeiert werden sollte, wie eine veredelte Fassung des Originals daherkommen. Ich habe beide probiert und muss schon sagen, dass mir Gold deutlich besser gefällt - es ist weniger obstsalatig als die Version von 1994 und weniger flach in seinem Auftreten, es sind aber doch so viele Parallen zwischen den beiden Varianten, dass man, wenn man nicht vom Sammelfieber gepackt ist, nur einen von beiden braucht, und dann würde ich zu Gold raten. Allerdings ist auch dieser Duft von der janusköpfigen Sorte. An manchen Tagen finde ich ihn ganz toll und liebe ihn über alles. An anderen finde ich ihn ekelig, übelkeitserregend und will ihn so schnell wie möglich wieder loswesen, und gerade dann merkt man, was Avon dem Zeug für eine Haltbarkeit mit auf den Weg gegeben hat. Echt einer von den Duracellhasen unter den Düften!

Die angegebenen Kompnenten Ylang-Ylang, Jasmin und Vanille machen sich hier gar nicht die Mühe, sich auf eine Duftpyramide zu verteilen. Weiß doch jeder Avon-Nutzer, dass die Kopfnote immer Avon ist, und nur Avon: typisch, chemisch, synthetisch, leicht stechend. Dann bahnt sich langsam das Jasmin seinen Weg - mit der typischen Jasminangewohnheit, erstmal tüchtig nach Putzmitteln zu riechen. Ob der Hauch von Sidolin Streifenfrei jemals ganz verschwindet, hängt bei mir von der Tagesform ab oder der Verfassung meiner Nase: Ich trage den Duft jetzt zum vierten Mal. Beim ersten und dritten Mal war er super, beim zweiten widerlich, und gerade ist er irgendwo dazwischen, weswegen ich nicht objektiv bewerten kann. Heute ist es jedenfalls sehr sidolinig.

Noch so ein Problemfall ist Ylang-Ylang: Der folgt dem Jasmin und meldet sich mit klarer, lauter Stimme. Nur auch er trifft nicht immer die Töne. Mal finde ich ihn toll und freue mich, dass es möglich ist, exotische Düfte zu haben, die klar nach Blumen riechen und nicht nach Kokos oder Ananas oder sonstwelchem Kompott. Aber an anderen Tagen nehme ich eine modrige Verwesungsnote wahr, immer noch eine Blume, aber eine, die lieber Fliegen anlockt als Schmetterlinge. Süße Verwesung. Nicht unbedingt das, wonach ich riechen will. Und dann ist da noch die Vanille. Die riecht immer nach Vanille, sie hat gar keine andere Wahl, auch wenn sie mal mehr nach echter Vanille riecht und mal mehr nach künstlichem Backaroma.

Das Ergebnis, klebrig-süßer Orientale, geht sehr in Richtung Cašmir, ohne gleich ein Dupe zu sein, aber die, nennen wir es mal freundlich Inspiration, lässt sich nicht verleugnen - beide (Cašmir und Orignal-Far Away) entstammen den Neunzigern. und das sehr, beide bestechen mit Knubbeloptik, und beide wollen nicht mehr ganz zeitgemäßig wirken. Far Away Gold mag den alten Duft veredeln, aber es holt ihn trotzdem nicht wirklich ins neue Jahrtausend, geschweige denn unser Jahrzehnt. Wer nicht seine Reihen komplettieren will, an keinem Orientalen vorbeikommt oder zumindest einen Avon-Duft besitzen will, der macht mit Far Away Gold nichts falsch und muss sich über die Anschaffung auch nicht ärgern.

Aber der neue Referenzduft wird das sicher nicht, und auch wenn Avon das Wort 'Klassiker' gar nicht oft genug gebrauchen kann im Zusammenhang mit seiner Far Away-Reihe, sind die einzelnen Vertreter (ich habe auch Exotic getestet) untereinander so austauschbar, dass man, wenn man wie ich zwanghaft Reihen komplettieren muss, nur hoffen kann, dass Gold der krönende Abschluss der Reihe war und keine weiteren folgen werden. Und wenn doch, dann bitte in Zukunft ohne Bommel.
2 Antworten
Buchmensch vor 9 Jahren 25 6
7.5
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
7
Duft
Dann stinke ich eben zurück!
Cantate von Yves Rocher markiert einen Wendepunkt in meiner Parfümkarriere: Es ist der erste Duft, den ich tatsächlich getragen habe, regelmäßig und öffentlich und ohne mich an den gerümpften Nasen meiner Mitmenschen aufzuhalten. Ich hatte keine andere Wahl. Es war eine Frage von Stinken oder Bestunken werden.

Damals, im Winter 2004/05, arbeitete ich als Buchhändlerin in Münster im Vertrieb eines Verlags. Ich mochte meine Arbeit, aber das Betriebsklima war entsetzlich, der Chef tyrannisierte seine Mitarbeiter, wo immer er konnte, und als ich nach vierzehn Monaten wieder vor der Tür stand, war ich ein Fall für die Therapie. Mit meinen Kollegen verstand ich mich gut, zumindest mit den meisten, aber es gehörte schon einiges dazu, um in mir so eine Ellbogenmentalität zu erwecken, dass ich bereit war, rücksichtslos niederzustinken, was immer mir in den Weg kam - war ich doch sonst allzu scheu, zurückhaltend und nur darauf bedacht, bloß nicht zu sehr anzuecken, am wenigsten auf der olfaktorischen Seite.

Aber zwei Dinge stellten sich meiner Nase in den Weg, und ich zog erhobenen Hauptes in die Schlacht. Wenn ich mich schon von meinem Chef tyrannisieren lassen musste, dann würde ich nicht auch noch meine Nase den Kürzeren ziehen lassen! Da war zum einen mein neues Auto. Mein geliebert zitronengelber Daihatsu Move hatte Anfang Dezember 2004 einen Totalschaden erlitten, als ich unglücklich mit einem LKW kollidierte, und so brauchte ich kurzfristig ein neues Auto - nicht zu teuer und, wenn irgendwie möglich, wieder ein Move. Ich wurde fündig, das Auto war erschwinglich, aber leider stellte sich bald heraus, dass die Vorbesitzerin im Auto geraucht haben musste. Ich bin beim Fahren ohnehin schon nervös, so kurz nach meinem Unfall erst recht, und der unterschwellige Nikotingeruch machte mir zu schaffen. Ich versuchte es mit Lufterfrischern, aber die verstärkten den Effekt nur noch. So sehr ich mich auch bemühte, mein neues Auto zu mögen: Es müffelte.

Und dann war da noch die Kollegin aus der Buchhaltung. Frau B, Immer freundlich, immer elegant, eine echte Dame - wenn da nicht ihr Parfüm gewesen wäre. Es roch nicht mal besonders schlecht, aber holla die Waldfee, was für eine Sillage! Da wir immer mit offenen Bürotüren arbeiten mussten, Teil der Permanentüberwachung durch den Chef, musste die gute Frau noch nicht mal in unser Büro kommen - wir rochen es, wenn sie auf dem Flur an unserem Raum vorbeiging, und das auch noch eine halbe Stunde später. Ich war auch so schon ein Nervenbündel, und die ständige olfaktorische Herausforderung brachte mich an den Rand meiner Belastsamkeit. Da half nur eins: zurückstinken.

Ich hatte die fromme Hoffnung, dass, wenn ich mich in meine eigene Wolke hüllen würde, diese alle anderen Gerüche aussperren und mir eine Arbeitsatmosphäre schaffen, so behaglich das unter den Umständen möglich war. Immerhin besaß ich eine gutsortierte Sammlung von Yves-Rocher-Düften aus den Neunzigerjahren, die meisten komplett ungetragen, und so suchte ich mir denjenigen heraus, der mir am Dominanstesn erschien: Cantate. Man darf mich bitte nicht falsch verstehen: Ich liebe den Duft von Cantate sehr, bis heute. Aber er hat schon ordentlich Wumms und Charakter. Man muss ihn mögen oder nicht mögen. Ich mochte ihn, und er erfüllte seinen Zweck: Im Auto roch ich kein Nikotin mehr, und auch unser Sillagemonster aus der Buchhaltung musste jetzt vor mir zurückweichen.

Weniger begeistert waren die Kollegen aus dem Vertrieb, mit denen ich das Büro teilte. Vor allem Studentische Aushilfe T., ein Lehramtsstudent, der ungefähr einen Meter von mir entfernt saß, bekam die volle Dröhnung ab und verstand die Welt nicht mehr. Man kannte mich als den legeren Geek-Nerd mit Jeans, T-Shirt und abgewetzten Schuhen, nichts an mir war irgendwie Damenhaft oder elegant - und dann toppte ich das plötzlich mit einem Duft, der von der reinen Optik unserer Buchhalterin besser zu Gesicht gestanden hätte.

Cantate ist süß, würzig und ein bisschen streng, mit leichtem Hang ins Stechende. Wie die meisten guten alten Yves-Rocher-Düfte ist er sofort da - er hat nicht viel Potenzial, sich zu entwickeln, und wirkt dadurch auf die Dauer ein bisschen eindimensional, aber dafür bekommt man auch genau das, was draufsteht, vom ersten Sprühstoß bis zum anderen Morgen. Kräftige Sillage. Haltbar wie nur was. Ein Sprühstoß reicht für den vollen Acht-Stunden-Arbeitstag, plus Hin- und Rückfahrt. Cantate ist ein Gesamtkunstwerk, aus dem sich die Einzelnoten nicht herausheben - ich rieche keine Rose, kein Sandelholz, nur Cantate, aber das kann auch die Gewöhnung sein: Immerhin habe ich Cantate schon so lange getragen, bevor ich angefangen habe, mir über einzelne Duftkomponenten Gedanken zu machen.

Der Name ist vielleicht ein bisschen zu beliebig, die Flasche ein bisschen zu sehr Chloé Narcisse für Arme, und sein Jahrzehnt, die Neunzigerjahre auf ihrem Höhepunkt, vertritt der Duft immer noch mit Stolz. Für heutige Verhältnisse ist er zu direkt, zu aufdringlich, nicht gourmandig genug, nicht süß genug, als Orientale weder klassisch noch innovativ, und insgesamt zu seifig - und trotzdem war er das erste Parfüm, für das ich ein Kompliment bekommen habe, allerdings erst Jahre nach meinem Intermezzo bei diesem Verlag - wo meine Kollegen zugegebenermaßen wenig begeistert waren von meinem Versuch, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben.

Das erstaunlichste für mich ist, dass ich Cantate immer noch lieben kann. Das Jahr, das ich in diesem Verlag verbracht habe, war eines der Schlimmsten meines Lebens, und vieles, was ich damit assoziiere, weckt heute noch schlimme Erinnerungen in mir: nicht so Cantate. Das umschmeichelt heute wie damals meine Nase, und da ich mittlerweile freiberuflich bin, muss ich auch keine Rücksicht mehr auf Kollegen nehmen. Und eines hat sich bis heute nicht geändert: Cantate nimmt mir beim Autofahren die Nervosität, auch jetzt, zehn Jahre und zwei Autos später. Danke, Onkel Yves. Du hast mir in einer schweren Zeit geholfen.
6 Antworten
Buchmensch vor 9 Jahren 7 2
5
Flakon
5
Sillage
5
Haltbarkeit
4
Duft
Italienische Leidenschaft? Wohl eher westfälisch!
Bei der Taufe meines Neffen erzählte mein Schwager, was an meiner Schwester ihm die größten Gewöhnungsprobleme bereitet hätte: ihre westfälisch-trockene Art. Als die beiden sich kennenlernten, auf einer Party, unterhielten sie sich prächtig, und mein (damals noch zukünftiger) Schwager musste sofort hin und weg gewesen sein von meiner Schwester und überlegte fieberhaft, was er tun könnte, damit sie in Kontakt blieben. Am Ende begleitete meine Schwester ihn noch bis zum Auto und meinte dann: »Jetzt können wir auch langsam mal Telefonnummern austauschen, ne?«

So sind wir. Ob das an unserer westfälischen Art liegt oder einfach in unserer Familie, wir zeichnen uns alle nicht durch überbordende Gefühlsäußerungen aus. Und als ich heute »Police Passion Woman« testete, ein Ebay-Schnäppchen, musste ich gleich an diese Annekdote denken. Wenn das Passion sein soll, Leidenschaft, dann von der allerwestfälischsten Sorte. Das, oder man hat dem Duft einfach den unpassendsten Namen gegeben, der gerade möglich war. Wo die Kombination aus »Police« und »Passion« nach Lack, Leder und strippenden Polizisten auf dem Junggesellinnenabschied klingt, transportiert der Duft selbst nichts davon.

Er beginnt synthetisch, zuckig und pink. Und da bleibt er auch. So vielseitig die Duftpyramide klingen mag - es kommt nichts rüber außer rosa Zuckerwatte. So erwachsen der Name daherkommt, riecht das Ergebnis für mich wie ein Kinderparfüm. Mein Mann meinte noch, eine an Duschgel erinnernde Note wahrgenommen zu haben, aber leider, rosa Duschgel und Zuckerwatte erweckten in keinem von uns beiden die Leidenschaft. Nach einer Weile, wenn man sich ein wenig an die Rosakeit und Zuckrigkeit gewöhnt hat, kommt ein Hauch von Bitterkeit durch, ähnlich dem Stoff, den man in Badeschaum gibt, damit Kinder das Zeug nicht trinken, sondern sofort wieder ausspucken - vielleicht war es das, was mein Mann mit Duschgel gemeint hat.

Die guten Parfumo-Bewertungen - 80%, allerdings erst nach zwei Wertungen - der durchaus ansehnliche Flakon und die spannende Pyramide hatten mich zum Kauf verleitet, sowie die Tatsache, dass ich mit »Pure DNA Femme« schon einen durchaus interessanten, ungewöhnlichen Duft von Police besaß. Aber an »Passion« ist wirklich nichts ungewöhnlich oder besonders. Er erinnert mich mehr an »Gandali« von Isabel Derroisné, was die gleiche rosafarbene Nichtigkeit mit sich bringt.

Immerhin, die Sillage ist zurückhaltend und die Haltbarkeit hält sich in Grenzen, dass ich zumindest nicht unter dem Duft leiden muss. Aber wo ich sonst gerne in einen Duft eintauche und darin Inspiration suche, lege ich mich hier eindimensional auf die Nase. Statt Leidenschaft gibt es Langeweile. Von der Duftpyramide vermag ich allein den Karamell herauszuriechen, in Form der Zuckerwatte. Der Rest ist Fehlanzeige.

Für meinen Schwager hat die Geschichte ein Happyend mitgebracht. Die beiden sind seit zwei Jahren verheiratet, der Kleine ist ein halbes Jahr alt, und wenn ich die beiden sehe, entgeht mir nicht, wie meine Schwester strahlt und funkelt vor Liebe. Wir Westfalen mögen sie nicht so deutlich zeigen, unsere Leidenschaft, aber wir haben sie durchaus. Man muss nur wissen, wo man danach suchen muss. Bei dem italienischen Duftwässerchen ist dagegen Schicht im Schacht. Wir haben keine Telefonnummern ausgetauscht. Es darf in meiner Sammlung bleiben. Aber tragen werde ich in Zukunft etwas anderes.
2 Antworten
6 - 10 von 20