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vor 1 Monat - 30.03.2024
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Mes amours à Grasse Teil 6 - Ohne die Gärten des Parfummuseums, mit einem Parfumworkshop, Phantasien zur Stadtgeschichte und dem Gewand des Parfumeurs

Mes amours à Grasse Teil 6 - Ohne die Gärten des Parfummuseums, mit einem Parfumworkshop, Phantasien zur Stadtgeschichte und dem Gewand des Parfumeurs

Ich kann heute nicht, wie gewollt, von den Gärten des Musée International de la Parfumerie berichten, aber das bringt mich dazu, über weitere Aspekte der Stadt Grasse nachzudenken. Ich hätte es vielleicht geschafft, wenn ich sehr viel früher gestartet wäre. Es ist eigentlich nicht weit, quasi das nächste Dorf an der Route de Cannes, aber Blechlawinen hinderten den Bus, vorwärts zu kommen und dann wusste der Busfahrer nicht, wo die Gärten sind. So musste ich umkehren, um rechtzeitig beim Parfumworkshop zu sein. Ich hätte den Garten gerne auch bei bedecktem Himmel und etwas Nebel fotografiert und ihn einfach genossen.

Die Stadt Grasse wirkt nicht reich. Was bei Wikipedia über sie zu erfahren ist, ist knapp. Von hier aus kann ich nicht mehr in Erfahrung bringen, aber mir scheint, dass mit der Verlagerung der Blütenproduktion und dem Import der Rohstoffe die Felder im Verlauf des 19. Jahrhunderts nach und nach bebaut wurden. Ich habe entlang der Route de Cannes, die nach Süden führt, keines gesehen - und im Norden sind die Berge. Dafür aber Neubauten wie eher billige Wohnblocks, Gewerbegebiete, die verbleibenden Fabriken von Fragonard und Molinard, wo vor allem verpackt und Seife hergestellt wird, die Bereiche der Parfumherstellung wurden uns nicht gezeigt, aber zumindest Fragonard produziert wohl noch selbst. Also gibt es die Parfümindustrie, die früher die Stadt ernährte, im 20. Jahrhundert  so nicht mehr, die Landwirtschaft wird dafür nicht mehr gebraucht, die Stadt verarmt, bewahrt aber ihre Kunst in den zwei Parfumeurschulen (von vier in Frankreich - ich habe einmal von einer, einmal von zwei Schulen gehört) und produziert auf einem Nischenlevel weiter, was tatsächlich eine ungeheure kulturelle Leistung wäre. So stelle ich mir das jedenfalls vor. Erst seit 2018, der Titelverleihung als immaterielles Welterbe, tritt allmählich wieder eine Wende ein und ermöglicht eine nachhaltige Neuerfindung der alten Kunst, das erwähnte ich gestern bereits.

Ich muss mich also im Gewerbegebiet zurechtfinden und die "Fabrique des fleurs" von Fragonard finden. Galimard erinnert an seine Geschichte mit einem Museum.

Fragonard hat aus dem alten Blech eine eindrucksvolle Skulptur gestalten lassen.

Der Workshop bei Fragonard bietet Basics, etwas Parfumgeschichte seit den 70er Jahren und eine spannende Erweiterung der Nuancen der Erfahrung der neun ausgewählten Substanzen (mit 7% Alkohol) für ein Eau de Cologne (siehe Titelbild). Ich erfahre zum Beispiel, dass Rosmarin nach Eucalyptus, Bonbons, Tanne, Harz und Weihrauch riechen kann, Petitgrain auch nach Pilzen, Laub, Tabak, eingelegten Gurken und Whisky. Für den Selbstversuch bekommen wir als Vorgabe, Orange, Zitrone und Bergamotte mit jeweils 20 ml, alle anderen mit je 1 ml als Grundlage zusammenzugeben, danach sind wir frei, bis das Becherglas voll ist, das ließ einigen Spielraum - unter Beachtung der sehr unterschiedlichen Intensität der Düfte. Das Ergebnis verfliegt sehr schnell, aber der weniger flüchtige Teil ist hübsch anzusehen.

Touristisch wirkt die Stadt nicht überlaufen, gut besucht, aber es gibt andere Orte, die ich als Hotspots bezeichnen würde, sicher ist es im Sommer noch anders, wenn mehr blüht. - So dachte ich, inzwischen aber habe ich es anders erfahren: Grasse ist auch im Sommer eine Einöde, in die es Parfumpilger zieht, aus der die Einwohner aber eher abwandern und in der um 18 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt werden.

Ich denke, mein Bericht endet hier. Wenn ich mich heldinnenhaft morgen in aller Frühe aufraffen sollte und es nicht regnet wie heute, versuche ich, ohne Blechlawinen in angemessener Zeit den Garten zu besuchen und Fotos zu machen. Ich reise morgen über Nizza wieder zurück und schließe mit der Skulptur "Das Gewand eines Parfumeurs", die ich heute im Schaufenster der Boutique von Gallimard am Cours Honoré Cresp entdeckte. Ende des 17. Jahrhunderts fertigte Nicolas de Larmessin die Zeichnung, Gerrit Valck die Radierung eines mit seinem Handwerkszeug bepackten Parfumeurs, das Leder in der Hand, das er parfümiert. Ich habe das aus der Zeitschrift "BeauxArts" über das Parfümmuseum abfotografiert.

Der Parfumeur ist mir im Museum und schon öfter in der Stadt begegnet. Ich mag die Verfremdung durch die Glasscheibe, weil diese Zeit weit von uns entfernt ist und dennoch in unserer Zeit lebendig ist.

Morgen breche ich ähnlich bepackt mit Flacons und Glasröhrchen von hier auf. Ich danke allen, die mich auf meiner Reise begleitet haben und würde mich freuen, wenn die Kunst von Grasse die Sprachbarriere überwinden könnte, parfumo ein paar Lücken schließt, der eine oder andere Duft oder die Marken vielleicht bei uns bekannter würden. 

Das war eine schöne Reise, salut Grasse, salut ihr Parfumbegeisterten! Und kommt her, hier riecht's gut!

Aktualisiert am 12.04.2024 - 18:35 Uhr
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